CRESCENDO 5/19 September-Oktober 2019
CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Anne-Sophie Mutter, Christoph Eschenbach und Marlis Petersen.
CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Interviews unter anderem mit Anne-Sophie Mutter, Christoph Eschenbach und Marlis Petersen.
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Julian Steckel<br />
Musikalität und<br />
Ausdruckskraft<br />
Zoltán Kodály war der Erste, der das Cellorepertoire rund 200<br />
Jahre nach Johann Sebastian Bachs Suiten um ein Solowerk bereicherte<br />
– und was für eines! Seine Solosonate verlangt neben vielen<br />
technischen Herausforderungen eine Skordatur: Die beiden unteren<br />
Saiten werden einen Halbton tiefer gestimmt. Julian Steckel widmet<br />
diesem Werk seine neue CD. Ihm zur Seite stellt er die Sonatina für<br />
Cello und Klavier und das Duo für Cello und Geige. Dabei hat Steckel<br />
kongeniale Partner: Violinistin Antje Weithaas und Pianist Paul Rivinius.<br />
Selbst urteilte der Komponist, der sich (hörbar) sehr für die<br />
Volksmusik Ungarns einsetzte, über seine <strong>19</strong>15 entstandene Solosonate:<br />
„In 25 Jahren wird kein Cellist akzeptiert werden, der sie<br />
nicht gespielt hat.“ Julian Steckel ist natürlich schon längst „akzeptiert“.<br />
Aber er beweist hier einmal mehr seine wahnsinnige Musikalität<br />
und Ausdruckskraft. Sein Spiel ist technisch versiert, aber alles<br />
andere als glatt und langweilig. Er kann zupacken,<br />
ungestüm werden, wenn es nötig ist,<br />
vermag es aber genauso, sein Cello singen<br />
und flüstern zu lassen. SK<br />
Zoltán Kodály: „Sonatina für Cello und Piano“ u. a.,<br />
Julian Steckel, Paul Rivinius, Antje Weithaas (Avi)<br />
KAMMER-<br />
MUSIK<br />
Nicolas Altstaedt<br />
Wiederentdeckt<br />
Nicolas Altstaedt, Leiter des Kammermusikfestes Lockenhaus im<br />
österreichischen Burgenland, ruft zwei sträflich vernachlässigte<br />
Werke in Erinnerung. Mit seinem Streichtrio gelang Bartóks<br />
musikethnologischem Mitarbeiter Sándor Veress im Schweizer<br />
Exil <strong>19</strong>50 eine spannende Synthese aus Zwölftonstrukturen, klassischer<br />
Sonatensatzform und dem in der ungarischen Volksmusik<br />
formbildenden Wechsel von einem langsamen Beginn in einen<br />
beschwingten Schlussteil. Bartóks Pianoquintett von <strong>19</strong>03/04, dessen<br />
Autograf erst nach der Wiederentdeckung <strong>19</strong>70 gedruckt<br />
wurde, offenbart sich in dieser von rhapsodischer Beschwingtheit<br />
getragenen Einspielung als vitales Frühwerk mit spätromantischen<br />
Harmonien und einem prägnanten rhythmischen Eigenleben.<br />
Wenige Jahre später wird Bartók mit seinen Forschungen<br />
einen anderen musikalischen Weg einschlagen. Hier steht er<br />
noch im hypnotischen Bann des langen <strong>19</strong>. Jahrhunderts. DIP<br />
Sándor Veress: „String Trio“, Béla Bartók: „Piano<br />
Quintet“, Vilde Frang, Barnabás Kelemen, Katalin<br />
Kokas, Lawrence Power, Nicolas Altstaedt, Alexander<br />
Lonquich (Alpha)<br />
Track 10 auf der <strong>CRESCENDO</strong> Abo-CD: Klavierquintett<br />
C-Dur Sz 23. IV. Poco a poco più vivace von Béla Bartók<br />
Vocal Concert Dresden<br />
Sangesfreudige Freimaurer<br />
Freimaurermusik ist das Motto der neuen Einspielung vom Vocal Concert Dresden unter der Leitung von Peter Kopp.<br />
Was verbirgt sich dahinter? Keine geheime Musik, aber ein großer Fundus an Liedern von der Eröffnung bis zum Schluss<br />
der Loge. Die Freimaurer waren musikbegeistert und sangesfreudig. 27 Kostproben haben die Sänger (und Instrumentalisten)<br />
dokumentiert. Es ist Männerchorliteratur aus dem 18. Jahrhundert von überraschenderweise nicht ganz so unbekannten<br />
Komponisten wie Carl Philipp Emanuel Bach oder Wolfgang Amadeus Mozart, am häufigsten ist Johann Gottlieb<br />
Naumann vertreten. Die Musik erinnert an die Priesterchöre in der Zauberflöte, besitzt aber auch den Charme typischen<br />
Männergesangs. Das nimmt der Darbietung Würde, soll aber diese nicht schmälern. Wissenschaftlich scheint die Freimaurermusik<br />
reizvoller zu sein (ein ausführliches Booklet liegt bei) als musikalisch. UH<br />
„Freimaurermusik“,<br />
Vocal Concert<br />
Dresden, Peter Kopp<br />
(Berlin Classics)<br />
Track 9 auf der<br />
<strong>CRESCENDO</strong> Abo-CD:<br />
Schlusslied von<br />
Johann Gottlieb<br />
Naumann<br />
FOTO: FRANK HÖHLER<br />
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