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CRESCENDO 6/19 Oktober-November 2019

CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Lucas Debargue, Gabriela Montero, Baiba Skride und Martina Gedeck.

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Interviews unter anderem mit Lucas Debargue, Gabriela Montero, Baiba Skride und Martina Gedeck.

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L E B E N S A R T<br />

obwohl die meisten Leute das tatsächlich kaum nutzen. Außer es<br />

sind spannende Projekte und Reihen. Wir machen zum Beispiel<br />

alle 24 Versionen aller Bruckner-Sinfonien in den nächsten drei,<br />

vier Jahren für das Bruckner-Jubiläum. Wir können uns solche<br />

Projekte heute leisten, weil das Geld übers Streaming reinkommt.<br />

Viele renommierte Labels wurden in den letzten Jahren verkauft<br />

und produzieren nur noch eine Handvoll neuer Aufnahmen.<br />

Die haben alle geschlafen. Sie meinten, es geht immer so weiter:<br />

teuer produzieren und zum Hochpreis verkaufen – das geht heute<br />

einfach nicht mehr.<br />

Aber bei Spotify, Amazon und Apple gehen doch so ambitionierte<br />

Produktionen trotzdem völlig unter?<br />

Darum ist ja die Naxos Music Library für die Klassik so wichtig.<br />

Na gut, wir arbeiten auch schon seit 16 Jahre daran. Aber sagen wir<br />

mal so: Die Music Library selbst trägt sich ja eigentlich auch nicht.<br />

Es ist enorm teuer, so eine Plattform zu betreiben. Wir zahlen<br />

allein drei Millionen Dollar im Jahr an ein Content Distribution<br />

Network, das die Musik via Internet an die Hörer ausliefert. Dazu<br />

kommen etwa 100 Leute für die Datenpflege, Kundenservice,<br />

Entwickler und Computerspezialisten – das kostet ein Heidengeld.<br />

Aber es hilft natürlich in all den anderen Bereichen, die wir<br />

machen. Wir können uns das hauptsächlich leisten, weil wir auch<br />

sehr viele eigene Aufnahmen auf der NML draufhaben.<br />

Sie waren ja schon sehr früh in China tätig – für die meisten<br />

Europäer war Asien damals noch am Ende der Welt. Welche<br />

Rolle spielt klassische Musik in China?<br />

Zum Beispiel die Provinz Sichuan, beziehungsweise die Stadt<br />

Chengdu, möchte gern eine Zentrale für Musik sein. „Chengdu can<br />

do“ läuft da im Fernsehen. Ich kenne den Dirigenten. Das ist einer<br />

unserer Hausdirigenten, der das Orchester dort aufbaut. Der will<br />

richtig investieren. Es gibt auch immer wieder Stimmen innerhalb<br />

der Politik, die diese Hinwendung und diese Investments in die<br />

Kultur als Verwestlichung kritisieren. Man muss immer vorsichtig<br />

sein, dass nicht doch mal wieder ein Rückschlag kommt.<br />

Oder Long Yu, der Initiator des Bejing Music Festivals ...<br />

Den kenne ich, seit er zwölf Jahre alt war. Sein Großvater ist Ding<br />

Shande, der berühmte chinesische Komponist der Langer-Marsch-<br />

Sinfonie. Die Rechte dafür hatte ich erworben, da war Long zwölf<br />

Jahre alt. Und sein Bruder, der inzwischen mein Geschäftspartner<br />

in China ist, war acht Jahre alt. So lange bin ich da schon. (lacht)<br />

Man kann Yu Long wirklich als den Begründer der klassischen<br />

Musikkultur in China sehen. Die Familie ist enorm gut politisch<br />

vernetzt. Seine Mutter war mal Direktorin einer meiner Firmen.<br />

Eine gute Pianistin, sie hat auch für uns aufgenommen. Und die<br />

Tante ist Geigenlehrerin am Konservatorium in Schanghai.<br />

Gibt’s inzwischen auch ein Publikum?<br />

Ja, aber selten ein zahlendes Publikum. Zahlendes gibt es nur für<br />

bekannte chinesische Künstler, zum Beispiel beim Bejing Music<br />

Festival, aber was in den Provinzen stattfindet, da wird noch viel<br />

investiert. Es gibt inzwischen einen Klassik-Videokanal und<br />

mittlerweile 80 Orchester. <strong>19</strong>82 gab’s nur zwei: eins in Peking und<br />

eins in Schanghai. So hat sich das entwickelt.<br />

Welche Künstler verkaufen sich in China? Sind das die europäischen<br />

Stars oder chinesische Künstler?<br />

Bei den Violinisten sind es Siqing Lu, Tianwa Yang, Ning Feng und<br />

der Cellist Liwei Qin. Bei den Pianisten natürlich Lang Lang, aber<br />

auch Yuja Wang. Also die chinesischen verkaufen sich wirklich<br />

sehr gut – die Chinesen sind da recht patriotisch.<br />

n<br />

Klaus Heymann privat<br />

Wie halten Sie sich fit?<br />

Japanische Frau, veganes Essen mit Fisch und<br />

ohne Öl und viel Sport.<br />

Wie lange essen Sie schon vegan?<br />

Seit vier Jahren. Ich wollte einfach keine Pillen<br />

schlucken. Der Kardiologe hatte mir damals gesagt,<br />

ich solle jetzt dies gegen hohen Blutdruck<br />

und jenes gegen Cholesterin nehmen. Ich hatte<br />

aber gerade ein Buch gelesen und meinte: „Ach<br />

was, ich mach jetzt mal vegan!“ Nach einem<br />

Monat waren alle Werte unter denen, die er mir<br />

empfohlen hatte. Was ich erwähnen sollte: Wir<br />

haben eine Haushälterin, die kocht fantastisch<br />

vegan. Unsere Gäste wissen oft gar nicht, dass es<br />

sich um vegane Gerichte handelt. Und es ist erstaunlich:<br />

Man kann so viel essen, wie man will,<br />

und ist eigentlich immer satt. Sie macht Hamburger<br />

aus Pilzen, dazu eine wunderbare Portwein-<br />

Soße. Es wird sehr viel mit Wein gekocht, anstatt<br />

Salatöl nehmen wir einen herrlich klebrigen Süßwein<br />

– es schmeckt einfach toll. Im Hotel haben<br />

wir eine Suite mit einer kleinen Küche, und unsere<br />

Haushälterin ist oft mit dabei und kocht, was<br />

meine Frau auf dem Markt eingekauft hat.<br />

Das ist natürlich auch eine Lösung.<br />

Vor allem das Frühstück! Morgens gibt es sehr<br />

viel frisches Obst, eine fettfreie Gemüsesuppe,<br />

da wird dann Reispulver reingerührt, und das ist<br />

dann mein Frühstück.<br />

Manchmal gibt’s anschließend noch einen Kaffee<br />

Klaus Heymann und seine Frau, die<br />

Geigerin Takako Nishizaki<br />

mit Mandel- oder Sojamilch. Zum Mittagessen<br />

einen Salat mit fettfreiem Dressing und wieder<br />

eine fettfreie Gemüsesuppe. Fisch kommt ebenfalls<br />

fettfrei auf den Tisch. Wir bauen auch unser<br />

eigenes Gemüse an in Hongkong – wir haben einen<br />

Schrebergarten außerhalb der Stadt gemietet.<br />

Also essen wir eigentlich nur unser eigenes<br />

Gemüse, das organisch angebaut wird. Und Fisch,<br />

den meine Frau in Neuseeland gefangen hat.<br />

Ihre Frau fischt?<br />

Ja, wir haben einen zweiten Wohnsitz in Neuseeland,<br />

wo wir jedes Jahr vier bis fünf Monate verbringen.<br />

Wir chartern ein Fishing Boat, laden<br />

Freunde ein und gehen dann fischen. Anfang Mai<br />

sind wir mit 60 Kilo Fisch zurückgekommen, jetzt<br />

sind immer noch 40 Kilo im Gefrierschrank.<br />

Wie sieht ein Tag bei Heymanns aus?<br />

Ich stehe morgens immer um 6.30 Uhr auf und<br />

gehe für eine Stunde an meinen Laptop. Um acht<br />

Uhr kommt meine Frau runter, dann wird erst<br />

mal gefrühstückt, Kaffee getrunken, ein bisschen<br />

Smalltalk gemacht. Dann zurück an meinen Laptop,<br />

bis zum Mittagessen, das um zwölf Uhr auf<br />

dem Tisch steht. Danach eine Stunde Mittagsschlaf,<br />

mindestens, und zurück zum Laptop.<br />

Schließlich gehe ich meine fünf Kilometer laufen,<br />

und wenn ich nach Hause komme, gibt’s ein Glas<br />

Wein. Abendessen, noch ein Glas Wein, Laptop,<br />

noch ein Glas Wein vorm Schlafengehen so gegen<br />

23.30 Uhr. Ist ein langer Tag, aber relaxed. In<br />

Hongkong spiele ich einmal die Woche Golf, in<br />

Neuseeland dreimal die Woche. Also ich bin<br />

heute gesünder als vor 30 Jahren.<br />

Und wie lange wollen Sie das noch machen?<br />

Wie geht das weiter mit Naxos, wenn Sie keine<br />

Lust mehr haben?<br />

Ich habe eine sehr gute Mitarbeiterin, Astrid<br />

Angvik, eine Norwegerin, die in Hongkong lebt.<br />

Sie hat Musik studiert, einen MBA und arbeitet<br />

seit Jahren im Naxos-Führungskreis. Dazu gehören<br />

in jedem Land gute Leute wie Matthias<br />

Lutzweiler in Deutschland. Nicht anders in England<br />

und in den USA. In Japan macht’s mein Neffe,<br />

und Mohamed El Wakil verantwortet die globale<br />

Logistik. Wenn da irgend etwas passiert, kann ich<br />

jederzeit einspringen, sozusagen als Nothilfe. n<br />

74 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>19</strong>

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