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CRESCENDO 6/19 Oktober-November 2019

CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Lucas Debargue, Gabriela Montero, Baiba Skride und Martina Gedeck.

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E R L E B E N<br />

Ioan-Holender-Kolumne<br />

DIE OPER VERKOMMT<br />

ZUM KONSUMGUT<br />

Die Oper ist die szenische Erzählung der Komposition.<br />

Aber kann man das noch so erleben? Die konzertanten<br />

Aufführungen von Opernwerken verbreiten<br />

sich in den letzten Jahren wie eine Hydra mit immer größeren<br />

Armen. Die Unsitte der simplifizierten Wiedergabe<br />

dieser Un-Form begann mit der Renaissance der Barockopern,<br />

die derzeit weitgehend in konzertanter Weise aufgeführt<br />

werden, obwohl jedermann bekannt ist, dass<br />

Barockopern in der Blütezeit ihrer Entstehung von Cesti,<br />

Monteverdi bis Händel immer und überall in prachtvoller<br />

Ausstattung als Gesamtkunstwerk für Auge und Ohr aufgeführt<br />

wurden. Die mythologischen Vorlagen von Homer bis<br />

Ovid und bis zu den germanischen Heldensagen sind heute<br />

dem Publikum und auch den szenischen Gestaltern nicht<br />

mehr bekannt, und eine szenische Wiedergabe wird – ob<br />

in historischer Form oder im Versuch, die Handlung heutig<br />

zu erzählen – nicht intendiert.<br />

Nicht nur bei den Salzburger Festspielen greift die künstlerische<br />

Unsitte um sich, dass man unbedenklich Werke, in<br />

denen ein verkaufsträchtiger Mitwirkender besetzt werden<br />

kann, konzertant aufführt. Die dramaturgisch programmatische<br />

Rechtfertigung dazu sind die kurze Probenzeit, die<br />

Zweitrangigkeit des „begleitenden“ Orchesters, keinerlei<br />

Dekoration und natürlich der gute Verkauf zu denselben<br />

Bedingungen – sprich zu denselben Preisen – wie die teuren<br />

szenischen und lange geprobten Aufführungen. Also sind alle<br />

froh und zufrieden, der Veranstalter ebenso wie das Publikum,<br />

das sich nicht bemühen muss, eine szenische Gestaltung<br />

zu verstehen oder sich damit zu beschäftigen, und vor allem<br />

die zu schnellem Geld gelangten Sänger.<br />

Hinzu kommt die Garderobe der Solisten als bezahlte<br />

Modenschau. Werden sinfonische Werke aufgeführt, bei<br />

denen Sänger mitwirken, kleiden sich diese zumeist in<br />

Abendkleid und Frack. Bei konzertanten Operndarbietungen<br />

dagegen zeigen die Sänger und vor allem die Solistinnen<br />

wahrhaft schrille Modevorführungen, für die sie von Modeschöpfern<br />

auch noch bezahlt und beschenkt werden. Auf<br />

diese Weise wird die Oper immer mehr zum Konsumgut.<br />

„kulTOUR mit Holender“ auf<br />

ServusTV Deutschland:<br />

20.10. Krim – Kulturleben am Schwarzen Meer (Wh.)<br />

27.10. Philipp Hochmair – Ein Leben für die Kunst (Wh.)<br />

1. und 3.11. Savonlinna – Oper im hohen Norden<br />

8. und 10.11. Athen – Die ewige Kulturhauptstadt<br />

15. und 17.11. Amsterdam – Weltkulturhauptstadt?<br />

22. und 24.11. Modena<br />

10. <strong>November</strong><br />

ALZENAU BR-CHOR<br />

Bibel und Koran haben viel gemeinsam. Biblische<br />

Überlieferungen finden sich auch im Koran<br />

wie etwa die Schöpfungsgeschichte, Mose, Kain<br />

und Abel, Josef und seine Brüder, und an etwa<br />

25 Stellen wird Jesus erwähnt. Der Chor des<br />

Bayerischen Rundfunks widmet sich dem Licht<br />

als Symbol beider Religionen. Hassan Sadeghi<br />

rezitiert den Lichtvers (Sure 24, Vers 35), und der Chor singt György<br />

Ligetis sphärisches A-cappella-Stück Lux aeterna. Ligeti verglich die<br />

harmonischen Bewegungen des Stückes mit dem Kräuseln einer Wasseroberfläche,<br />

in der ständig neue Spiegelbilder erscheinen. Rupert<br />

Huber (Foto) bringt seine neue Komposition Das Licht der Öllampe zur<br />

Aufführung.<br />

Alzenau, Wallfahrtskirche Kälberau, 10.11.; München, Prinzregententheater,<br />

23.11., www.br-chor.de<br />

3. <strong>November</strong><br />

DRESDEN LE GRAND MACABRE<br />

„Charaktere und Bühnensituationen sollen direkt,<br />

knapp gehalten, unpsychologisch und verblüffend<br />

sein“, beschrieb György Ligeti seine<br />

Vision einer Oper. Er stellte sich ein überfarbiges,<br />

dramatisches Geschehen vor, das aus dem<br />

Inneren der Musik herauswächst. In Michel de<br />

Ghelderodes Ballade du Grand Macabre fand er<br />

das ideale Stück: „ein Weltuntergang, der dann gar nicht wirklich stattfindet,<br />

der Tod als Held, der aber vielleicht nur ein Gaukler ist, die kaputte<br />

und doch glücklich gedeihende, versoffene, verhurte Welt des imaginären<br />

‚Breughellandes‘“. Calixto Bieito setzt Ligetis Grand Macabre mit<br />

Omer Meir Wellber am Pult in Szene. Amanda ist Katerina von Bennigsen<br />

(Foto), und Amando ist Christina Bock.<br />

Dresden, Semperoper, 3. (Premiere), 7., 13., 26. und 28.11., www.semperoper.de<br />

24. <strong>November</strong><br />

KÖLN HAMLET<br />

Staub als Symbol der Vergänglichkeit zieht sich<br />

leitmotivisch durch Brett Deans (Foto) Oper<br />

Hamlet. Emphatisch kehrt das Wort immer wieder.<br />

2017 veroperte Dean die berühmte Shakespeare-Tragödie<br />

zu einer dichten poetischen<br />

Collage. Matthew Jocelyn, der auch das Libretto<br />

verfasste, inszeniert die deutsche Erstaufführung.<br />

Hamlet verkörpert David Butt Philip. Die musikalische Leitung liegt<br />

in den Händen von Duncan Ward. Das Werk hebt an mit einem perkussiven<br />

Raunen, während Sänger im Orchester durch Zischen und Wispern<br />

ein verzerrtes Gewirr von Stimmen erzeugen, wie es den Kopf eines<br />

Wahnsinnigen erfüllt. Dean setzt das Phänomen Wahnsinn als Metapher<br />

für die marode Gesellschaft und die von ihr deformierten Personen ein.<br />

Köln, Oper, 24. (Premiere), 27. und 30.11., 5., 8., und 11.12., www.oper.koeln/de<br />

26. <strong>Oktober</strong><br />

MÜNSTER YOLIMBA<br />

Für den 2017 verstorbenen Komponisten Wilhelm<br />

Killmayer hatte Musik allein mit dem inneren<br />

Leben zu tun. Seine Werke durchziehen heitere<br />

und spielerische Elemente. <strong>19</strong>65/<strong>19</strong>70 komponierte<br />

er die Posse Yolimba oder die Grenzen<br />

der Magie. Die Kunstfigur Yolimba wurde von<br />

Professor Möhringer, der die Liebe hasst, so<br />

programmiert, dass sie jeden tötet, der von „Liebe“ spricht. Generalintendant<br />

Ulrich Peters (Foto) setzt die absurd-groteske Handlung in Szene,<br />

und Thorsten Schmid-Kapfenburg leitet sie musikalisch.<br />

Münster, Theater, 26.10. (Premiere), 2., 8., 17. und 28.11., 2.12. sowie 8. und<br />

24.11., www.theater-muenster.com<br />

FOTOS: DONAUESCHINGER MUSIKTAGE, STAATSOPER HAMBURG, JASPINDER KAUR, STEFFEN SCHINDLER, PRISKA KETTERER, ULRICH PETERS, ASTRID ACKERMANN, BRURIA HAMMER, DAVID REISLER; ALESSANDRO CAPPONE; ROBERT PERES; JONAS HOLTHAUS; BETTINA STOESS<br />

44 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>19</strong>

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