CRESCENDO 6/19 Oktober-November 2019

CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Lucas Debargue, Gabriela Montero, Baiba Skride und Martina Gedeck. CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Interviews unter anderem mit Lucas Debargue, Gabriela Montero, Baiba Skride und Martina Gedeck.

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R Ä T S E L & L E S E R B R I E F E GEWINNSPIEL Wer verbirgt sich hinter diesem Text? LESERBRIEFE Betr.: Brüggemanns Klassik-Woche „Singen und Musizieren war zwar kein Heilmittel, aber schenkte Erleichterung“ Ich war ein aufgewecktes Kind einer jüdischen Familie, voller Energie und Ideen. Nach dem plötzlichen Tod meines Vaters musste ich meiner Mutter, die ihre Gesangskarriere zugunsten der Familie aufgegeben hatte, in der gepachteten Gastwirtschaft helfen. Immer mehr flüchtete ich mich in Fantasiewelten und schrieb erste Gedichte, Märchengeschichten und kleine Theaterstücke. Diese wurden in deutschen, tschechischen, österreichischen und Schweizer Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht. Ich heiratete 1930 und brachte zwei Söhne auf die Welt. Die politischen Ereignisse aber bereiteten mir immer mehr Sorgen. Schweren Herzens schickten wir unseren ältesten Sohn zu meiner alten Brieffreundin nach England. Die alltägliche Gefahr und finanzielle Not zwang uns, nach Prag umzusiedeln. Voller Angst und Zweifel waren die Briefe für meinen Sohn das Einzige, was ich in dieser Zeit schreiben konnte. 1942 wurde ich mit meiner Familie nach Theresienstadt deportiert und bei unserer Ankunft von ihr getrennt. Ich begann in der Kinderkrankenstube zu arbeiten und wieder Gedichte und Lieder zu schreiben. Singen und Musizieren war zwar kein Heilmittel, aber schenkte Erleichterung, Ablenkung und ein Lächeln auf den Gesichtern der Kinder. Ich verfasste lyrische Trostgesänge, sanfte Wiegenlieder für meine Schützlinge, zarte Naturschilderungen, jüdische Glaubensbekenntnisse, aber auch kämpferische Aufrufe und Schreie nach Vergeltung. Von meinen Texten und Volksliedern ging eine Heilkraft aus, die das Sammellager mit Trost und Hoffnung erfüllte. Kurz vor dem Osttransport gelang es meinem Mann, die Blätter mit den Liedtexten im Boden eines Geräteschuppens einzumauern. Er kehrte als Auschwitz-Überlebender zurück und grub mein lyrisches Werk aus. Er holte unser ältestes Kind wieder zu sich und gab lange die Hoffnung nicht auf, den Rest seiner Familie wiederzusehen. Doch ich hatte mich freiwillig gemeldet, als der Transport der Kinder bevorstand, und hatte sie zusammen mit meinem jüngsten Sohn nach Auschwitz begleitet. Ein letztes Mal hatte ich mit den Kindern gesungen: „Denn alles wird gut, denn alles wird gut, ertrag geduldig das Warten, vertraue der Zukunft, verlier nicht den Mut: Die Welt wird wieder zum Garten!“. AM RÄTSEL LÖSEN UND EINE CD-BOX GEWINNEN! Wer ist hier gesucht? Wenn Sie die Antwort kennen, dann nehmen Sie an der Verlosung teil unter www.crescendo.de/mitmachen. Diese CD-Box gibt es zu gewinnen: „Le Poème Harmonique“ (Alpha), Vincent Dumestre dirigiert. Einsendeschluss: 22.11.2019. Gewinner unseres letzten Gewinnspiels ist Marianne Kinmayer, Berlin. Die Lösung war Claude Debussy. „Willkommen in der neuen Klassik-Woche“ beginnt Axel Brüggemann jeden Montag seine Newsletter-Kolumne. Mit der er pointiert über aktuelle und angesagte Themen der Klassik berichtet. „Wir haben Nachrichten, bevor sie woanders stehen, und berichten über das, was ist, was war und was lohnt“, lautet die Devise. Und gelegentlich wird der Newsletter auch zitiert, ohne zitiert zu werden. Kürzlich berichtete die Mopo aus Dresden, dass sich das ZDF von Christian Thielemann und der Staatskapelle für das Silvesterkonzert trennen will. Axel Brüggemann: „In den Medien wurde berichtet – nein, liebe Mopo: Im CRESCENDO Newsletter wurde berichtet … nachgehakt und festgestellt … zitieren tut doch nicht weh :-). Sollte man abonnieren diese Brüggemanns Woche.“ Die folgenden Facebook-Kommentare wurden im Original und ohne Rechtschreibkorrektur übernommen. Friederike Rentzsch Stimmt. Und ich finde es unsagbar schade. Es gibt meines Erachtens gerade keinen Besseren als Thielemann, vor allem was Spätromantik z. B. angeht. Aber hey, was weiß ich schon, und es geht eh nur um Politik. Gefällt mir · Antworten · Nachricht senden Axel Brüggemann Ich glaube, es geht eher um Benehmen... Gefällt mir · Antworten · Nachricht senden Friederike Rentzsch Wenn ich mir anschaue, wie lange und mit was andere geduldet wurden und werden (ich sage nur Domingo), kann das nicht der Grund sein. Es gibt einen Unterschied zwischen „Mit dem würde ich mich gern mal herzhaft streiten“ und einem praktischen Berufsverbot. Als wären die anderen alle Säulenheilige. Gefällt mir · Antworten · Nachricht senden Bernhard Ernst Zech Vor Jahren wurde Thielemann bei den Münchner Philharmonikern abgewählt und der Vertrag nicht verlängert, was in München mit großem Brimborium und Medienecho vonstatten ging. Christian Thielemann hat seitdem die Münchner Philharmoniker nicht mehr und erst einmal im Gasteig sein jetziges Orchester, die Staatskapelle Dresden wieder dirigiert! Gefällt mir · Antworten · Nachricht senden Peter Schubert Jetzt nur noch Kiwis Gartenparty zu RTL... dann wird alles gut!!! Gefällt mir · Antworten · Nachricht senden Bernhard L Guettler Naja, mit ein bisschen Abstand könnte man es auch so sehen, dass sowohl in Salzburg als auch ZDF die (großartige, keine Frage) Staatskapelle immer nur als Karte gegen die Berliner Philharmoniker gespielt wurde (die in beiden Fällen um mehr Kohle gepokert hatten und jeweils verloren hatten.) Und jetzt mit Petrenko wird halt das Blatt neu verteilt. Das ist das Libretto im Kern. Der Rest ist Inszenierung. Gefällt mir · Antworten · Nachricht senden 38 w w w . c r e s c e n d o . d e — OktoberNovember 2019

ERLEBEN Die wichtigsten Termine und Veranstaltungen von Oktober bis November im Überblick (ab Seite 42) Von alten Mythen und Träumen: Mulo Francel hat mit Chris Gall ein nachdenkliches Album eingespielt (Seite 45) Große romantische Sinfonik: die neue Spielzeit der Essener Philharmoniker unter Generalmusikdirektor Tomáš Netopil (Seite 48) 5. Oktober bis 12. Januar, Dresden A. R. Penck in seinem Dresdner Atelier, Gostritzer Straße 92 A. R. Penck – Bilder als Signale Die Ausstellung „Ich aber komme aus Dresden (check it out man, check it out)“ erinnert an einen herausragenden Künstler unserer Epoche. Als Ralf Winkler wurde er 1939 in Dresden geboren. Von der Kunstakademie abgelehnt, fand er in Rembrandt und Picasso seine Vorbilder. Den Namen Albrecht Ralf Penck nahm er von dem Geologen und Eiszeit-Spezialisten an, der 1945 starb. 1961, kurz nach dem Bau der Berliner Mauer, malte er sein erstes Weltbild. Es wurde zu einem Schlüsselwerk für Pencks neuen Begriff von Malerei. „Ich wollte Bilder malen, die als Signale funktionieren“, erläuterte er. Einen positiven Beitrag zum Sozialismus habe er leisten wollen. Was ihn beschäftigte, waren die Analyse menschlicher Realität sowie die Beweggründe strukturierten Verhaltens. So fand er den Weg zu seinem Standart-Programm. 1967 erarbeitete er damit eine neue Sprache, die er schriftlich als Theorie festhielt. Ein Baukasten sollte es werden mit „klar formulierten abstrakten Zeichen“, die er wie ein Techniker zur Anwendung bringen wollte. Sinn dieser Zeichen war es, „eine zwischenmenschliche Beziehungslogik“ sichtbar zu machen. Als „Verbindung von Ich, Tun und Signal“ beschrieb Penck Standart. Das Ich sollte „eine abstrakt verdichtete Figur“ sein. Die Abstraktion führte allerdings zum Ausschluss aus dem Verband Bildender Künstler und 1980 zur Ausbürgerung aus der DDR. Gezeigt werden im Albertinum A. R. Pencks Arbeiten aus seiner Dresdner Zeit bis 1980. Dazu gehören auch Künstlerbücher, Filme und die Schallplatten, die Penck als Musiker mit wechselnden Formationen aufnahm. Dresden, Albertinum, albertinum.skd.museum/ausstellungen FOTO: ARCHIV STÄDTISCHE GALERIE DRESDEN – KUNSTSAMMLUNG, MUSEEN DER STADT DRESDEN, FOTOGRAF: ERHARD PESCHKE, REPRO: FRANZ ZADNICˇEK, © VG BILD-KUNST, BONN 2019 39

R Ä T S E L<br />

& L E S E R B R I E F E<br />

GEWINNSPIEL<br />

Wer verbirgt sich hinter diesem Text?<br />

LESERBRIEFE<br />

Betr.: Brüggemanns Klassik-Woche<br />

„Singen und<br />

Musizieren war<br />

zwar kein<br />

Heilmittel,<br />

aber schenkte<br />

Erleichterung“<br />

Ich war ein aufgewecktes Kind einer jüdischen Familie, voller<br />

Energie und Ideen. Nach dem plötzlichen Tod meines Vaters<br />

musste ich meiner Mutter, die ihre Gesangskarriere zugunsten der<br />

Familie aufgegeben hatte, in der gepachteten Gastwirtschaft helfen.<br />

Immer mehr flüchtete ich mich in Fantasiewelten und schrieb<br />

erste Gedichte, Märchengeschichten und kleine Theaterstücke.<br />

Diese wurden in deutschen, tschechischen, österreichischen und<br />

Schweizer Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht.<br />

Ich heiratete <strong>19</strong>30 und brachte zwei Söhne auf die Welt. Die<br />

politischen Ereignisse aber bereiteten mir immer mehr Sorgen.<br />

Schweren Herzens schickten wir unseren ältesten Sohn zu meiner<br />

alten Brieffreundin nach England. Die alltägliche Gefahr und<br />

finanzielle Not zwang uns, nach Prag umzusiedeln. Voller Angst<br />

und Zweifel waren die Briefe für meinen Sohn das Einzige, was ich<br />

in dieser Zeit schreiben konnte.<br />

<strong>19</strong>42 wurde ich mit meiner Familie nach Theresienstadt<br />

deportiert und bei unserer Ankunft von ihr getrennt. Ich begann<br />

in der Kinderkrankenstube zu arbeiten und wieder Gedichte und<br />

Lieder zu schreiben. Singen und Musizieren war zwar kein Heilmittel,<br />

aber schenkte Erleichterung, Ablenkung und ein Lächeln<br />

auf den Gesichtern der Kinder. Ich verfasste lyrische Trostgesänge,<br />

sanfte Wiegenlieder für meine Schützlinge, zarte Naturschilderungen,<br />

jüdische Glaubensbekenntnisse, aber auch kämpferische<br />

Aufrufe und Schreie nach Vergeltung. Von meinen Texten und<br />

Volksliedern ging eine Heilkraft aus, die das Sammellager mit<br />

Trost und Hoffnung erfüllte.<br />

Kurz vor dem Osttransport gelang es meinem Mann, die Blätter<br />

mit den Liedtexten im Boden eines Geräteschuppens einzumauern.<br />

Er kehrte als Auschwitz-Überlebender zurück und grub mein<br />

lyrisches Werk aus. Er holte unser ältestes Kind wieder zu sich und<br />

gab lange die Hoffnung nicht auf, den Rest seiner Familie wiederzusehen.<br />

Doch ich hatte mich freiwillig gemeldet, als der Transport<br />

der Kinder bevorstand, und hatte sie zusammen mit meinem jüngsten<br />

Sohn nach Auschwitz begleitet. Ein letztes Mal hatte ich mit den<br />

Kindern gesungen: „Denn alles wird gut, denn alles wird gut, ertrag<br />

geduldig das Warten, vertraue der Zukunft, verlier nicht den Mut:<br />

Die Welt wird wieder zum Garten!“.<br />

AM<br />

RÄTSEL LÖSEN UND EINE<br />

CD-BOX GEWINNEN!<br />

Wer ist hier gesucht? Wenn Sie die Antwort kennen,<br />

dann nehmen Sie an der Verlosung teil unter<br />

www.crescendo.de/mitmachen. Diese CD-Box<br />

gibt es zu gewinnen: „Le Poème Harmonique“ (Alpha), Vincent Dumestre<br />

dirigiert. Einsendeschluss: 22.11.20<strong>19</strong>. Gewinner unseres letzten Gewinnspiels<br />

ist Marianne Kinmayer, Berlin. Die Lösung war Claude Debussy.<br />

„Willkommen in der neuen Klassik-Woche“ beginnt Axel<br />

Brüggemann jeden Montag seine Newsletter-Kolumne. Mit der er<br />

pointiert über aktuelle und angesagte Themen der Klassik berichtet.<br />

„Wir haben Nachrichten, bevor sie woanders stehen, und berichten<br />

über das, was ist, was war und was lohnt“, lautet die Devise. Und<br />

gelegentlich wird der Newsletter auch zitiert, ohne zitiert zu werden.<br />

Kürzlich berichtete die Mopo aus Dresden, dass sich das ZDF von<br />

Christian Thielemann und der Staatskapelle für das Silvesterkonzert<br />

trennen will. Axel Brüggemann: „In den Medien wurde berichtet –<br />

nein, liebe Mopo: Im <strong>CRESCENDO</strong> Newsletter wurde berichtet …<br />

nachgehakt und festgestellt … zitieren tut doch nicht weh :-). Sollte<br />

man abonnieren diese Brüggemanns Woche.“<br />

Die folgenden Facebook-Kommentare wurden im Original und<br />

ohne Rechtschreibkorrektur übernommen.<br />

Friederike Rentzsch Stimmt. Und ich finde es unsagbar<br />

schade. Es gibt meines Erachtens gerade keinen Besseren als<br />

Thielemann, vor allem was Spätromantik z. B. angeht. Aber hey,<br />

was weiß ich schon, und es geht eh nur um Politik.<br />

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Axel Brüggemann Ich glaube, es geht eher um Benehmen...<br />

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Friederike Rentzsch Wenn ich mir anschaue, wie lange und<br />

mit was andere geduldet wurden und werden (ich sage nur<br />

Domingo), kann das nicht der Grund sein. Es gibt einen Unterschied<br />

zwischen „Mit dem würde ich mich gern mal herzhaft<br />

streiten“ und einem praktischen Berufsverbot. Als wären die anderen<br />

alle Säulenheilige.<br />

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Bernhard Ernst Zech Vor Jahren wurde Thielemann bei den<br />

Münchner Philharmonikern abgewählt und der Vertrag nicht<br />

verlängert, was in München mit großem Brimborium und<br />

Medienecho vonstatten ging. Christian Thielemann hat seitdem<br />

die Münchner Philharmoniker nicht mehr und erst einmal im<br />

Gasteig sein jetziges Orchester, die Staatskapelle Dresden<br />

wieder dirigiert!<br />

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Peter Schubert Jetzt nur noch Kiwis Gartenparty zu RTL...<br />

dann wird alles gut!!!<br />

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Bernhard L Guettler Naja, mit ein bisschen Abstand könnte<br />

man es auch so sehen, dass sowohl in Salzburg als auch ZDF die<br />

(großartige, keine Frage) Staatskapelle immer nur als Karte<br />

gegen die Berliner Philharmoniker gespielt wurde (die in beiden<br />

Fällen um mehr Kohle gepokert hatten und jeweils verloren hatten.)<br />

Und jetzt mit Petrenko wird halt das Blatt neu verteilt. Das<br />

ist das Libretto im Kern. Der Rest ist Inszenierung.<br />

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38 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>19</strong>

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