15.05.2020 Aufrufe

CRESCENDO 6/19 Oktober-November 2019

CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Lucas Debargue, Gabriela Montero, Baiba Skride und Martina Gedeck.

CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Interviews unter anderem mit Lucas Debargue, Gabriela Montero, Baiba Skride und Martina Gedeck.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

K Ü N S T L E R<br />

IN DER KUNST GIBT<br />

ES KEINEN BESTEN<br />

Er gilt als musikalisches Wunderkind. Bereits mit neun Jahren gab Daniel Lozakovich in<br />

Moskau sein Debüt als Solist. Jetzt hat sich der 18-jährige Geiger wieder Russland zum Thema<br />

gemacht: mit Tschaikowsky. Ein Gespräch über Einsamkeit, Isolation und Melancholie.<br />

VON PATRICK WILDERMANN<br />

FOTO: JOHAN SANDBERG<br />

Das Café „Klein und Kaiserlich“<br />

ist im stilechten<br />

Wiener Plüsch gehalten,<br />

liegt aber nur einen Steinwurf<br />

von der Hamburger<br />

Elbphilharmonie entfernt.<br />

Am Abend hat der Violinist<br />

Daniel Lozakovich<br />

dort seinen Auftritt mit<br />

dem Moscow Chamber<br />

Orchestra. Nichts, was den<br />

gerade 18-jährigen Shootingstar<br />

aus der Ruhe bringen<br />

würde. Er nimmt sich<br />

viel Zeit, um über seine<br />

Tschaikowsky-Aufnahme<br />

„None but the lonely heart“<br />

und die gemischte russische<br />

Seele zu sprechen.<br />

<strong>CRESCENDO</strong>: Sind<br />

Städte für Sie mit Musik<br />

verbunden?<br />

Daniel Lozakovich: Es kommt natürlich auf die Stadt an. Jede<br />

hat ihre eigene Kultur, die wiederum eine spezifische Musik<br />

atmet. Wenn es eine Komponistenstadt ist, wird die Inspiration<br />

natürlich größer. In Leipzig spüre ich den Einfluss von Bach, in<br />

Salzburg natürlich den Mozarts. Und in Moskau ist es<br />

Tschaikowsky.<br />

Stellen Sie sich einen Soundtrack zusammen, der Sie auf Reisen<br />

begleitet?<br />

Sobald ich aufwache, höre ich Musik. Heute Morgen war es<br />

Beethoven, die Rasumowsky-Quartette,<br />

Streichquartett<br />

Nr. 7. Es gibt<br />

natürlich auch Momente,<br />

in denen ich mich nach<br />

Stille sehne. Während<br />

eines Konzerts zum<br />

Beispiel (lacht). Da halte<br />

ich es mit Vladimir<br />

Horowitz, der gesagt hat,<br />

es gehe ihm nicht um<br />

Applaus, sondern um<br />

Stille. Natürlich freue ich<br />

mich über Beifall. Aber<br />

echte, konzentrierte Stille<br />

nach einem Stück kann<br />

atemberaubend sein.<br />

Erleben Sie den Hype,<br />

der um Sie tobt, manchmal<br />

wie Lärm?<br />

Nein, um ehrlich zu sein,<br />

denke ich darüber nicht viel nach. Ich bin fast ausschließlich von<br />

großartigen Musikern umgeben, die ich bewundere – und von<br />

Menschen, die mit Musik gar nichts zu tun haben. Das brauche<br />

ich als Ausgleich. Ich habe gerade die Schule abgeschlossen, Gott<br />

sei Dank, die war ein schwerer Rucksack auf meinen Schultern.<br />

Während des Übens kreisten meine Gedanken immer darum,<br />

welchen Unterrichtsstoff ich versäumt habe, welche Prüfungen<br />

anstehen. Jetzt kann ich mich ausschließlich meiner Kunst<br />

widmen, daneben gibt es nichts.<br />

Ihnen werden viele Label verpasst: „Wunderkind“, „Der neue<br />

22 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>19</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!