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CRESCENDO 6/19 Oktober-November 2019

CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Lucas Debargue, Gabriela Montero, Baiba Skride und Martina Gedeck.

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O U V E R T Ü R E<br />

„Es braucht kein anderes Design!“<br />

Anruf bei Douglas Bostock, der gerade das Abschiedskonzert der Argovia Philharmonic hinter sich und<br />

das Antrittskonzert bei der Südwestdeutschen Kammerphilharmonie vor sich hat.<br />

<strong>CRESCENDO</strong>: Wobei störe ich Sie gerade?<br />

Douglas Bostock: Ich befinde mich gerade genau zwischen Konzertplanung<br />

und Partiturstudium.<br />

Auf Ihrer Agenda stehen kurz aufeinanderfolgende Projekte. Zunächst<br />

das Willkommenskonzert mit Ihrem neuen Orchester und<br />

vier Tage später gleich eine deutsche Uraufführung mit dem Sinfonischen<br />

Blasorchester Ulm. Zwei derart unterschiedliche Dinge<br />

so kurz hintereinander zu dirigieren – ist das kompliziert?<br />

Wenn es immer nur zwei wären! Nein,<br />

es ist völlig normal, dass sich die Vorbereitungszeiten<br />

und Probenphasen überlappen.<br />

In Pforzheim probe ich drei Tage,<br />

in Ulm dann auch kompakt an Probenwochenenden.<br />

Dass die Musiker<br />

ihren Teil können sollten, versteht sich<br />

von selbst. In der Zwischenzeit werde<br />

ich dann in Pforzheim weilen, um die<br />

Abläufe kennenzulernen, werde mit<br />

dem Förderverein sprechen und mit<br />

Geschäftsführer Andreas Herrmann.<br />

Sie kennen das Orchester schon – half<br />

diese Kenntnis auch dabei, sich unter<br />

115 Bewerbern durchzusetzen?<br />

Das möchte ich nicht überbewerten.<br />

Douglas Bostock<br />

Dass man mich kennt, hätte ja auch ein Nachteil sein können. (lacht)<br />

Vor allem sollte das nicht die Hauptrolle gespielt haben. Es ehrt<br />

mich, dass man sich für mich entschieden hat.<br />

Vorher waren Sie 18 Jahre lang Chef des Argovia Philharmonic im<br />

Aargau in der Schweiz. Wie schwer fiel Ihnen der Abschied dort?<br />

Die Antwort ist leicht: Der Abschied fiel mir sehr schwer! Allerdings<br />

hatte ich bereits im Januar 2017 erste Gespräche darüber geführt,<br />

aufhören zu wollen. Man wusste also zwei Jahre vorher Bescheid.<br />

Das Orchester ist gut aufgestellt, hat einen guten Nachfolger<br />

für mich gefunden und bekommt bald einen neuen Konzertsaal, für<br />

den ich mich lange eingesetzt habe. Schwer fiel mir der Abschied vor<br />

allem deshalb, weil ich mich im Aargau wirklich heimisch gefühlt<br />

habe. Der Abschied war also auch sehr emotional – aber tatsächlich<br />

im guten Sinne!<br />

Ungeachtet dessen, dass nun Ihr Nachfolger Rune Bergmann den<br />

neuen Saal einweihen wird?<br />

Im Englischen sagt man: Go while the going is good. Und so war es:<br />

Ich bin auf dem Höhepunkt gegangen.<br />

Wird das Willkommenskonzert Ihre Handschrift tragen?<br />

Die Saison ist ja schon lange geplant. Lediglich das 6. Abo-Konzert<br />

verfügt noch über eine „Carte Blanche“. Aber das Willkommenskonzert<br />

ist mit Grieg, Mozart und Strawinsky ein sehr repräsentatives<br />

Konzert. „Altes im neuen Glanz“ ist das<br />

Motto. Die nächste Saison wird dann<br />

wirklich meine Handschrift tragen.<br />

Denn Programmieren ist etwas, was ich<br />

liebe! Das kostet viel Zeit, die ich mir<br />

suchen muss.<br />

Sie waren 18 Jahre Dirigent der<br />

Argovia Philharmonic, 22 Jahre Erster<br />

Gastdirigent der Tschechischen Kammerphilharmonie<br />

und sind seit <strong>19</strong>96<br />

Leiter des Sinfonischen Blasorchesters<br />

Ulm. Langfristig zu arbeiten, scheint<br />

Ihnen wichtig zu sein.<br />

Ich suche das nicht aktiv. Aber ich setze<br />

mich gerne mit dem Ensemble, der<br />

jeweiligen Stadt, der Region und dem<br />

Publikum auseinander – auch wenn es ja meistens nur meinen Rücken<br />

sieht. Ich finde es wichtig, dass man sich mit seiner Umgebung<br />

identifiziert.<br />

Seit Kurzem sind Sie deutscher Staatsbürger. Ist der Brexit schuld?<br />

Ich spiele gerne britische Musik – und die wird auch bleiben, was<br />

sie ist. In England aber hat man einen Drachen losgelassen, der das<br />

Land spaltet. Und ich muss es so deutlich sagen: Ich schäme mich<br />

für mein Land. Und ja, auch deshalb habe ich die deutsche Staatsangehörigkeit<br />

angenommen. Ich will nicht unbedingt sagen, dass ich<br />

mich als Deutscher fühle, aber man sagt mir viele deutsche Eigenschaften<br />

nach. Der Südwesten Deutschlands ist meine Heimat. Ich<br />

lebe nun seit 40 Jahren am Bodensee. Letztlich aber bin ich überall<br />

gern und fühle mich schnell heimisch. Ich finde, es braucht kein<br />

anderes Design auf dem Pass. <br />

■<br />

Wettbewerbe<br />

sind für Pferde,<br />

nicht Künstler.<br />

Béla Bartók<br />

HINTER DER BÜHNE<br />

Die erste Kamera bekam Karel Kuehne von<br />

seinem Vater, als er elf Jahre alt war. Ein<br />

Fotolabor wurde alsbald eingerichtet, und<br />

Karel begann, Licht und Schatten zu erforschen.<br />

Das Resultat: Nicht nur die deutsche<br />

Schauspielerinnenelite wie Martina Gedeck<br />

(siehe „Auf einen Kaffee mit ...“ Seite 12),<br />

Karoline Herfurth und Nora Tschirner<br />

ließen sich von ihm fotografieren, auch<br />

Scarlett Johansson und Ewan McGregor<br />

standen vor seiner Kamera.<br />

Nach 15 erfolgreichen Jahren in Paris und New York lebt er in heute<br />

in Berlin und in der Uckermark.karelkuehne.com<br />

FOTOS: KAREL KUEHNE<br />

10 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>Oktober</strong> – <strong>November</strong> 20<strong>19</strong>

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