11.05.2020 Aufrufe

CRESCENDO 7/19&1/20 Sonderausgabe Beethoven

Beethoven! Sonderausgabe zum 250. Geburtstag. Von CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Offizielle Publikation zum Beethovenjahr 2020. Mit großem Veranstaltungsteil.

Beethoven! Sonderausgabe zum 250. Geburtstag.
Von CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Offizielle Publikation zum Beethovenjahr 2020. Mit großem Veranstaltungsteil.

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B E E T H O V E N !<br />

MUSIKALISCHE<br />

LIEBESERKLÄRUNGEN<br />

Unter zeitgenössischen Komponisten genießt <strong>Beethoven</strong><br />

uneingeschränkte Bewunderung. Eine kollektive Hommage.<br />

VON RUTH RENÉE REIF<br />

<strong>Beethoven</strong> war der vielleicht größte<br />

musikalische Revolutionär, dem wir<br />

nicht nur großartige Musik verdanken,<br />

sondern sogar den Beginn einer<br />

Modernität, die wir heute noch spüren, und<br />

zugleich ein Innovator, an dem wir alle teilhaben“,<br />

ist Claus-Steffen Mahnkopf<br />

überzeugt. „Ich liebe und bewundere<br />

ihn grenzenlos.“ Unter dem<br />

Titel <strong>Beethoven</strong>-Kommentar<br />

nahm er <strong>20</strong>04 eine „Rekomposition“<br />

des Menuetts von <strong>Beethoven</strong>s<br />

letzter Diabelli-Variation<br />

vor, um sie als eines der Nebenstücke<br />

in seinen Prospero-Zyklus einzufügen.<br />

Labyrinthisch verzweigte Zyklen,<br />

die ein Hören aus mehreren Perspektiven<br />

beabsichtigen, sind charakteristisch für Mahnkopfs<br />

Œuvre. Doch unabhängig davon, welcher<br />

Richtung das eigene Schaffen folgt – zeitgenössische<br />

Komponisten lieben und verehren <strong>Beethoven</strong>.<br />

Peter Michael Hamel etwa sieht die Schaffung<br />

einer vielgestaltigen, Gegensätze eingliedernden<br />

Musik als seine Lebensaufgabe an. In seinem im<br />

Juni <strong>20</strong>19 uraufgeführten Klavierstück Freude für<br />

<strong>Beethoven</strong>, das er mit klassischen indischen Rhythmusstrukturen<br />

umrahmt und in dem er Zitate aus der karnatischen<br />

Musik von <strong>Beethoven</strong>s indischem Zeitgenossen Tyagaraja<br />

sowie Erinnerungen an Melodien seiner eigenen Kindheit<br />

anklingen lässt, setzt er mit den versteckten Zitaten „Seid<br />

umschlungen Ich liebe dich so wie du mich Freude schöner“<br />

Zeichen seiner Liebe zu <strong>Beethoven</strong>.<br />

Enno Poppe, der <strong>20</strong>19 mit Schnur in Anlehnung an <strong>Beethoven</strong>s<br />

Violinkonzert D-Dur op. 61 eine Komposition zum<br />

Thema „StreicherVibrato“ schrieb, begreift sein ganzes Leben<br />

als „eine tiefere kompositorische Auseinandersetzung mit<br />

<strong>Beethoven</strong>“. Beim Komponieren schaue er ihm immer über<br />

die Schulter. Als „ein dauerhaftes musikalisches Rätsel“<br />

erscheint Konstantia Gourzi seine Musik. Auch wenn sie es<br />

für eine bestimmte Zeit gelöst habe, tauche es wieder auf.<br />

Deutlich empfinde sie „das dichte musikalische Denken“. <strong>20</strong>05<br />

komponierte sie zur Einfügung in <strong>Beethoven</strong>s Ballettmusik<br />

Die Geschöpfe des Prometheus vier Miniaturen. Unter dem<br />

Titel Gedichte zu Prometheus op. 28 eröffnen sie eine zusätzliche<br />

Sicht auf Prometheus und bringen<br />

durch eine scheinbare Unruhe in der<br />

Musik, die Gourzi mittels häufiger Taktwechsel<br />

und die Verteilung von Melodien<br />

auf verschiedene Instrumente hervorruft,<br />

zum Ausdruck, welche unterschiedlichen<br />

göttlichen Kräfte auf ihn wirken.<br />

Der „unbändige Wille, stets einen Weg<br />

ins Freie zu finden“, ist es, was Moritz<br />

Eggert an <strong>Beethoven</strong>s Musik ermutigt und<br />

bewegt. <strong>Beethoven</strong> ist für Eggert „ein<br />

Erzähler der Freiheit“. Seine Musik symbolisiere<br />

„das positive und schöpferische<br />

Potenzial im Menschen“. Charakteristisch<br />

für <strong>Beethoven</strong> sei das Aufbauen<br />

einer Ordnung durch Wiederholungen,<br />

die er jedoch plötzlich aufbreche,<br />

um einen radikal neuen Weg<br />

einzuschlagen, „der uns überrascht<br />

und sich befreiend anfühlt“. <strong>20</strong>16<br />

brachte Eggert ihm mit seinem Stück<br />

Hämmerklavier XXV. Abweichung<br />

„eine ästhetische Hommage“ dar.<br />

Der Titel bezieht sich nach Eggerts<br />

Worten auf die virtuose Intensität, die<br />

dieses Stück vom Interpreten fordere und die keine neutrale<br />

Herangehensweise zulasse. <strong>Beethoven</strong>s geistige Kraft und sein<br />

künstlerischer Wille, die stärker gewesen seien als seine<br />

Krankheit, wecken auch die Bewunderung Georg Friedrich<br />

Haas’: „<strong>Beethoven</strong> hat uns eine Klangwelt geschenkt, von der<br />

er wusste, dass er selbst sie niemals werde hören können.“<br />

Bernhard Lang lässt die Bewältigung des Lebens und „dessen<br />

Transformation in eine Musik, die versucht, über sich selbst<br />

hinauszugehen“, sogar eine menschliche Nähe zu <strong>Beethoven</strong><br />

empfinden. An seiner Musik reibt er sich. Was ihn fasziniert,<br />

ist die Ambivalenz zwischen den großartigen intensiven<br />

Momenten und den Entgleisungen „ins Triviale“. So gehört<br />

<strong>Beethoven</strong> zu den ersten Komponisten, die Lang <strong>20</strong>03 mit seiner<br />

Komposition Differenz/Wiederholung 12 überschrieb, um<br />

sich <strong>20</strong>14/15 in seiner Monadologie XXX erneut mit ihm zu<br />

befassen. Als einen „Dialog mit einem Giganten“ begreift er<br />

diese Arbeiten. Übergroß sei die <strong>Beethoven</strong>-Figur, „da kann<br />

man nur darunter kauern, da ist man zerquetscht von diesem<br />

Schatten“.<br />

■<br />

FOTO: WIKIIMAGES<br />

64 w w w . c r e s c e n d o . d e — Dezember <strong>20</strong>19 – Januar <strong>20</strong><strong>20</strong>

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