11.05.2020 Aufrufe

CRESCENDO 7/19&1/20 Sonderausgabe Beethoven

Beethoven! Sonderausgabe zum 250. Geburtstag. Von CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Offizielle Publikation zum Beethovenjahr 2020. Mit großem Veranstaltungsteil.

Beethoven! Sonderausgabe zum 250. Geburtstag.
Von CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Offizielle Publikation zum Beethovenjahr 2020. Mit großem Veranstaltungsteil.

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BEETHOVEN IST MIT<br />

SEINEM BRIEF<br />

EIN MEISTERWERK<br />

DER VERRÄTSELUNG<br />

GELUNGEN, DAS GANZE<br />

FORSCHERGENERATIONEN<br />

BESCHÄFTIGTE<br />

verbrachte mit ihr eine Liebesnacht. Zweifellos ging er davon aus, die Geliebte später<br />

noch einmal zu treffen. Dass sich der Brief nach seinem Tod jedoch in seinem Nachlass<br />

fand, könnte ein Zeichen dafür sein, dass das Schreiben zurückgesandt worden war,<br />

weil die Adressatin ihren Aufenthaltsort wieder verlassen hatte.<br />

Bis heute ist die Identität der „Unsterblichen Geliebten“ nicht geklärt. Unzählige<br />

Namen wurden genannt. Gleich der erste ist eine falsche Fährte: Julie Guicciardi, Widmungsträgerin<br />

der Mondscheinsonate. 31 Jahre alt war <strong>Beethoven</strong>, als er sich im Haus<br />

der mit ihm befreundeten Brunsviks in die 19-Jährige verliebte. Vor allem Franz Brunsvik<br />

war es, der seine Cousine Julie als Widmungsträgerin des Briefes ins Spiel brachte<br />

– in der Hoffnung, Spekulationen, seine eigene Schwester Josephine sei die „Unsterbliche<br />

Geliebte“, verstummen zu lassen.<br />

„Leider ist sie nicht von meinem Stande“, schrieb <strong>Beethoven</strong> zwei Jahre später<br />

einem Freund über Julie, als diese 1803 einen Adligen heiratete. Sechs Jahre später<br />

musste <strong>Beethoven</strong> erneut Heiratspläne aufgeben: Sein Freund Ignaz von Gleichenstein<br />

hatte den Komponisten mit der 18-jährigen Therese Malfatti bekannt gemacht. Bei ihr<br />

war er häufig zu Gast, gab Klavierunterricht und beriet den Vater in musikalischen<br />

Dingen. <strong>Beethoven</strong> hoffte auf eine Heirat, doch Thereses Eltern ließen ihm ausrichten,<br />

dass er nur als Musiker willkommen sei.<br />

Das einzige musikalische Geschenk an Therese ist ein anspruchsloses Stückchen.<br />

<strong>Beethoven</strong> machte sich nicht einmal die Mühe, ihm einen richtigen Titel zu geben, sondern<br />

nannte es nur Für Therese. 1865 wurde es entdeckt und wegen des undeutlich<br />

geschriebenen Namens fälschlich als Für Elise gelesen. Unter diesem Titel hat es eine<br />

Popularität erlangt, die sich weder musikalisch noch biografisch erklären lässt.<br />

Mit den Maßstäben des 21. Jahrhunderts würde man Bettina Brentano als Groupie<br />

bezeichnen, denn sie war erfahren darin, die Nähe berühmter Männer auszukosten. Ihre<br />

Affäre mit <strong>Beethoven</strong> dauerte 1810 nur einige Wochen: In dieser Zeit spazierten beide<br />

Hand in Hand durch Wien, Bettina begleitete den 15 Jahre Älteren zu Orchesterproben.<br />

Ihre romantisierende Beschreibung hat viel zum Geniekult um <strong>Beethoven</strong> beigetragen.<br />

Keiner der beiden dachte an eine dauerhafte Verbindung.<br />

Im Gegenteil: Zeitgleich drängte Bettina<br />

Achim von Armin auf Heirat, denn möglicherweise<br />

gab es schon Gerüchte über die Affäre.<br />

Zu den Menschen, die Bettina dem Musiker<br />

vorstellte, gehörte auch ihre Schwägerin Antonie<br />

von Brentano. Die kränkelnde junge Frau nahm<br />

zur Aufheiterung Klavierstunden bei <strong>Beethoven</strong>.<br />

Da Antonie im Juli 1812 in Prag weilte, halten viele<br />

Forscher sie für die Unbekannte. Dafür spricht,<br />

dass sie sich vom Komponisten ein Exemplar des<br />

ihr gewidmeten Liedes An die Geliebte erbat.<br />

Dagegen sprechen logische Erwägungen: Antonie<br />

war nicht allein in Böhmen, sondern hatte Ehemann, Kind und Kindermädchen dabei<br />

– eher ungünstige Voraussetzungen für eine leidenschaftliche Liebesnacht.<br />

An einem Namen, der bereits auftauchte, führt kein Weg vorbei: Josephine von<br />

Brunsvik. Verliebt hatte sich der 29-jährige <strong>Beethoven</strong> in die zehn Jahre Jüngere ebenfalls<br />

im Klavierunterricht. Doch auch Josephine musste standesgemäß heiraten – einen<br />

Galeristen, der wenige Jahre später starb. Unmittelbar danach schrieben sich beide<br />

Briefe, deren Tonfall jenem an die „Unsterbliche Geliebte“ ähnelt. Doch Josephine<br />

scheute die Heirat und begann ein Verhältnis mit dem Privatlehrer ihres Sohnes, von<br />

dem sie schwanger wurde.<br />

Diese zweite Ehe geriet zur Katastrophe, und wahrscheinlich suchte Josephine im<br />

Juli 1812 in Prag juristischen Rat für eine Scheidung, als sie dort zufällig <strong>Beethoven</strong> traf.<br />

Just zu dieser Zeit wurde sie erneut schwanger und so war die reumütige Rückkehr zum<br />

Ehemann eher nüchterne Berechnung: Das Kind, das sie austrug und ihrem Mann „unterschob“,<br />

war vermutlich <strong>Beethoven</strong>s Kind. Die Geschichte nahm dennoch kein gutes Ende:<br />

Die Ehe zerbrach, die Kinder wurden ihr weggenommen, und nur durch die diskrete<br />

Hilfe des Komponisten hielt sie sich noch die wenigen Jahre, die ihr bis zu ihrem frühen<br />

Tod blieben, über Wasser. Ein Ehepaar wurden die beiden jedoch nie.<br />

Wer auch immer also jene Frau war, für die Ludwig van <strong>Beethoven</strong><br />

im Juli 1812 den leidenschaftlichsten Brief seines Lebens mit „ewig dein,<br />

ewig mein, ewig uns!“ unterschrieb: In seiner Biografie und in seinen<br />

Werken hat sie deutliche Spuren hinterlassen. <br />

■<br />

„<strong>Beethoven</strong> und die Liebe“: Hagen Kunze (Minibibliothek, Buchverlag für die Frau)<br />

63<br />

Profil<br />

Edition<br />

Günter<br />

Hänssler<br />

Zum Jubiläumsjahr <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Ludwig van <strong>Beethoven</strong><br />

Interessante Vergleiche zwischen<br />

frühen und späteren Interpretationen<br />

Martino Tirimo spielte sämtliche Klavierwerke<br />

<strong>Beethoven</strong>s neu ein. 16 CDs HC19032<br />

Jukka-Pekka Saraste zählt zu den herausragenden<br />

Dirigenten seiner Generation und zeichnet sich<br />

insbesondere durch seine außergewöhnliche<br />

musikalische Tiefe und Integrität aus.<br />

Diese Einspielung sämtlicher Sinfonien <strong>Beethoven</strong>s<br />

wurde von der Presse hochgelobt. 5 CDs PH18066<br />

Eine diskografische Sensation –<br />

Richters Spiel ist wahrhaft furchtlos, hier nun wirklich<br />

strotzend vor Selbstvertrauen. 12 CDs PH16030<br />

Erhältlich im Fachhandel<br />

Profil Medien GmbH & Hänssler Classic · www.haensslerprofil.de<br />

Vertrieb: Haenssler Alliance Distribution

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