11.05.2020 Aufrufe

CRESCENDO 7/19&1/20 Sonderausgabe Beethoven

Beethoven! Sonderausgabe zum 250. Geburtstag. Von CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Offizielle Publikation zum Beethovenjahr 2020. Mit großem Veranstaltungsteil.

Beethoven! Sonderausgabe zum 250. Geburtstag.
Von CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Offizielle Publikation zum Beethovenjahr 2020. Mit großem Veranstaltungsteil.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

B E E T H O V E N !<br />

EWIG DEIN<br />

EWIG MEIN<br />

EWIG UNS<br />

So lautet das Ende von <strong>Beethoven</strong>s Brief an die unsterbliche Geliebte.<br />

Der Anfang: „Mein Engel, mein alles, mein ich“. Dazwischen tiefe Liebe – und der<br />

Schmerz, die Angebetete nicht ganz besitzen zu können. Wer aber war sie?<br />

VON HAGEN KUNZE<br />

Was werden die zwei Herren wohl erwartet haben, als<br />

sie am 26. März 1827 den Schreibtisch des verstorbenen<br />

Ludwig van <strong>Beethoven</strong> öffneten? Der Ältere<br />

der beiden, Ludwigs Bruder Johann, erhoffte sich<br />

Geld und Aktien. Der Zweite im Bunde, Sekretär Anton Schindler,<br />

ersehnte eher Notenblätter unvollendeter Werke.<br />

Doch was sie stattdessen fanden, ließ ihren Atem stocken: ein<br />

Testament, in dem <strong>Beethoven</strong> seinen Besitz einer „Unsterblichen<br />

Geliebten“ vermachte, sowie einen zehnseitigen Brief an eben jene<br />

Dame. Nie zuvor hatten Schindler und<br />

Johann <strong>Beethoven</strong><br />

so leidenschaftliche Zeilen des Verstorbenen gelesen wie in diesem<br />

Brief, der mit den Worten „Mein Engel, mein alles, mein ich“<br />

beginnt. Aber wer war mit der stürmischen Anrede gemeint? Hatten<br />

die beiden, wie sie stets behaupteten, wirklich nicht den blassesten<br />

Schimmer? Oder wussten sie doch mehr und taten nur alles, um<br />

die Wahrheit zu verbergen?<br />

Denn es passte einfach nicht ins Bild vom titanischen, durch<br />

Ertaubung von der Umwelt abgeschnittenen <strong>Beethoven</strong>, dass der<br />

lebenslänglich Unverheiratete auch sinnliche Liebe genoss. Wer die<br />

ganze Menschheit umarmt – „Seid umschlungen, Millionen“ –,<br />

dem ist der Mantel der Geschichte näher als der Hemdzipfel einer<br />

Geliebten. Die Forschung aber hat keinen Zweifel daran: Der gern<br />

als menschenscheu beschriebene <strong>Beethoven</strong> war<br />

oft leidenschaftlich verliebt – allerdings meistens<br />

nur für „höchstens sieben Monate“, wie er selbst<br />

zu Protokoll gab.<br />

Die Geschichte des bekanntesten Schriftstücks<br />

aus <strong>Beethoven</strong>s Nachlass enthält alle<br />

Zutaten eines Krimis: Spurenleger und Spurenverwischer,<br />

Fälscher und unzuverlässige Zeugen,<br />

planvoll ins Spiel gebrachte Verdächtige,<br />

Dokumente, die nur in zweifelhaften Kopien<br />

kursieren, und Machenschaften von Familien,<br />

die belastendes Material verschwinden lassen.<br />

Warum aber lässt sich die Adressatin so<br />

schwer identifizieren? Tatsächlich ist <strong>Beethoven</strong><br />

mit seinem Brief ein Meisterwerk der Verrätselung<br />

gelungen, das ganze Forschergenerationen<br />

beschäftigte. Das Schreiben enthält keine<br />

Frauennamen. Nicht einmal die sonst so gern<br />

benutzten Kürzel lassen sich finden. Als wäre<br />

dem Autor aber selbst aufgefallen, dass sich<br />

spätere Leser über zu dürftige Informationen<br />

beschweren könnten, schrieb er am Anfang eines<br />

jeden Abschnitts zumindest den Wochentag und<br />

das Datum ohne Jahreszahl. Dank solcher<br />

Hinweise und der Wasserzeichen wissen wir heute,<br />

dass <strong>Beethoven</strong> den Brief im Juli 1812 im<br />

böhmischen Badeort Teplitz schrieb, wo er sich zur<br />

Kur aufhielt.<br />

Auf dem Weg dahin traf der Komponist in Prag<br />

unvermutet eine ihm bekannte verheiratete Frau und<br />

FOTO: LA MARA: BEETHOVEN UND DIE BRUNSVIKS, LEIPZIG 19<strong>20</strong><br />

62 w w w . c r e s c e n d o . d e — Dezember <strong>20</strong>19 – Januar <strong>20</strong><strong>20</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!