11.05.2020 Aufrufe

CRESCENDO 7/19&1/20 Sonderausgabe Beethoven

Beethoven! Sonderausgabe zum 250. Geburtstag. Von CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Offizielle Publikation zum Beethovenjahr 2020. Mit großem Veranstaltungsteil.

Beethoven! Sonderausgabe zum 250. Geburtstag.
Von CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Offizielle Publikation zum Beethovenjahr 2020. Mit großem Veranstaltungsteil.

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H Ö R E N & S E H E N<br />

KAMMER-<br />

MUSIK<br />

Patricia Kopatchinskaja<br />

Entrückt<br />

Letztlich geht es wohl um das Theodizee-<br />

Problem, die Rechtfertigung Gottes angesichts<br />

des Übels in der Welt, bei diesem<br />

wunderbar quer gedachten Konzeptalbum<br />

der Camerata Bern und ihrer künstlerischen<br />

Leiterin, der Geigerin Patricia<br />

Kopatchinskaja. Das Programm erstreckt<br />

sich vom <strong>20</strong>. bis zurück ins 14. Jahrhundert<br />

und entrückt einen beim Hören<br />

rasch in eine eigene Welt. Von Hartmanns<br />

beziehungsreich (an-)klagendem<br />

Concerto funebre (1939) spannen sich<br />

Brücken zu jüdischen, katholischen und<br />

russisch-orthodoxen Beiträgen. Die musikalischen<br />

Begegnungszonen, Assoziationsräume<br />

und auch Reibeflächen, die damit<br />

erschlossen werden, setzen sich fort<br />

in Martins Spätwerk Polyptique (1973),<br />

zwischen dessen sechs Sätze Choräle aus<br />

Bachs Johannespassion treten. Fragil und<br />

glühend, zärtlich und voller Leidenschaft<br />

ist Kopatchinskajas Ton; in der Camerata<br />

Bern hallt diese Intensität in jedem Takt<br />

wider. WW<br />

„Time & Eternity“, Patricia Kopatchinskaja, Camerata Bern (Alpha)<br />

FOTO: WWW.PATRICIAKOPATCHINSKAJA.COM<br />

OPER<br />

Emmanuelle Haïm<br />

Herzzerreißend<br />

Nur kurz ist Rodelinda wieder mit ihrem geliebten<br />

Bertarido vereint, dann wirft ihn sein<br />

Feind Grimoaldo ins Gefängnis. Das schmerzerfüllte<br />

Duett Io t’abbraccio am Ende des<br />

zweiten Akts der Oper Rodelinda gehört zum<br />

Berührendsten, das Georg Friedrich Händel<br />

komponiert hat. Die französische Barockexpertin<br />

Emmanuelle Haïm suchte es für<br />

ein Konzertprogramm aus, das sie verzweifelt<br />

Liebenden gewidmet hat. An der Oper<br />

Lille dirigierte sie im vergangenen Herbst<br />

die gesamte Oper, die von Jean Bellorini eindrucksvoll<br />

in Szene gesetzt wurde. Ein Mitschnitt<br />

ist jetzt beim Label Erato als DVD<br />

erschienen. In der Titelrolle glänzt die Sopranistin<br />

Jeanine De Bique, die der trauernden<br />

Rodelinda mit ihrer warmen Stimme seelische<br />

Tiefe verleiht. Bertarido verkörpert der<br />

mit Händels Musik bestens vertraute Countertenor<br />

Tim Mead. Jakub Józef Orliński, der<br />

neue Shooting-Star in diesem Stimmfach, ist<br />

als Unulfo zu erleben. Mit ihrem Alte-Musik-<br />

Ensemble Le Concert d’Astrée bietet Haïm<br />

eine spannungsreiche Interpretation, die<br />

unter die Haut geht. CK<br />

Georg Friedrich Händel: „Rodelinda“,<br />

Jeanine De Bique, Tim Mead,<br />

Benjamin Hulett u. a., Le Concert<br />

d’Astrée, Emmanuelle Haïm, Jean<br />

Bellorini, Opéra de Lille (Erato)<br />

Daniel Müller-Schott<br />

Grenzenlos<br />

SOLO<br />

Wie ein Laserschwert leuchtet Daniel<br />

Müller-Schotts Cellobogen auf dem Cover<br />

seiner neuen CD. „#CelloUnlimited“ heißt<br />

sie – und der Name ist Programm! Denn<br />

Müller-Schott hat erreicht, wonach viele<br />

Musiker streben: traumwandlerische Sicherheit<br />

auf dem Instrument, die es ihm erlaubt,<br />

sein Repertoire vollkommen frei zu wählen.<br />

Dieses Mal bleibt er deshalb ganz allein und<br />

widmet sich den großen Solokompositionen<br />

für Cello. Von Prokofjew über Hindemith,<br />

Crumb und Henze bis hin zu Casals. Nicht<br />

nur seine virtuose Eigenkomposition<br />

Cadenza, sondern auch die Widmung<br />

an seinen verstorbenen Vater machen<br />

„#CelloUnlimited“ zu Müller-Schotts bislang<br />

persönlichstem Album. Direkt zu Beginn<br />

wagt er sich an Zoltán Kodálys berühmte<br />

– und berüchtigt schwere – Solosonate. Das<br />

technisch extrem herausfordernde Stück<br />

ist für Müller-Schott der „Mount Everest“<br />

des Repertoires – er erklimmt ihn leichtfüßig.<br />

Dieser Cellist muss nichts beweisen,<br />

kein Jedi-Ritter sein. Sein ausdrucksstarkes,<br />

klares Spiel ist auch so schon beeindruckend<br />

genug. SK<br />

Kodály, Prokofjew, Hindemith<br />

u. a.: „#CelloUnlimited“,<br />

Daniel Müller-Schott (Orfeo)<br />

Sunnyi Melles<br />

Mit Wumms<br />

und Witz<br />

Schräge Gestalten, ein pompöses Rüschending<br />

und ein kapitaler Fliegenfurz: Die<br />

Geschichte Wum und Bum und die Damen<br />

Ding Dong von Brigitte Werner ist so schräg<br />

wie ihr Titel. Der Komponist Gordon<br />

Kampe hat dazu hinreißende Musik geschrieben,<br />

die der Geschichte in nichts an<br />

Originalität nachsteht. Herausgekommen ist<br />

ein Stück, das Kinder mit Wumms und Witz<br />

unterhält, bei dem aber auch Erwachsene<br />

ihren Spaß haben können. Dafür sorgt nicht<br />

zuletzt das <strong>Beethoven</strong> Orchester Bonn, das<br />

die Sache unter der Leitung von Dirk Kaftan<br />

mit Schmackes angeht. Kaftan mobilisiert<br />

das Orchester fulminant, geht aber auch<br />

ins feinsinnige Detail. Mit Sunnyi Melles als<br />

Sprecherin ergibt das ein höchst unterhaltsames<br />

und rundum vergnügliches Stück,<br />

das auch den musikalischen Nachwuchs<br />

aktiviert. Die Kinder der Grundschule<br />

Niederbachem und der Bonner Lyngsbergschule,<br />

die hier mitwirken, sind jedenfalls<br />

mit Feuereifer bei der Sache. GK<br />

„WUM und BUM und die<br />

Damen DING DONG“, Sunnyi<br />

Melles, <strong>Beethoven</strong> Orchester<br />

Bonn, Dirk Kaftan (MDG)<br />

FÜR<br />

KINDER<br />

42 w w w . c r e s c e n d o . d e — Dezember <strong>20</strong>19 – Januar <strong>20</strong><strong>20</strong>

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