11.05.2020 Aufrufe

CRESCENDO 7/19&1/20 Sonderausgabe Beethoven

Beethoven! Sonderausgabe zum 250. Geburtstag. Von CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Offizielle Publikation zum Beethovenjahr 2020. Mit großem Veranstaltungsteil.

Beethoven! Sonderausgabe zum 250. Geburtstag.
Von CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Offizielle Publikation zum Beethovenjahr 2020. Mit großem Veranstaltungsteil.

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Daniel-Hope-Kolumne<br />

BEETHOVENS GRIFF NACH DEN STERNEN<br />

Malte Boecker, Künstlerischer Geschäftsführer von BTHVN<strong>20</strong><strong>20</strong>, blickt mit Daniel Hope in die Zukunft<br />

– und in die Vergangenheit. Und will im Jubiläumsjahr dem düsteren Bild <strong>Beethoven</strong>s Farben verpassen.<br />

Daniel Hope: <strong>20</strong><strong>20</strong> schaut die ganze Welt<br />

auf <strong>Beethoven</strong>. Es gibt aber jetzt schon<br />

Kleingeister, die sagen, es sei zu viel. Was<br />

versprichst du dir von diesem Jahr?<br />

Malte Boecker: Wir brauchen diese vielen<br />

unterschiedlichen Veranstaltungen. Ich<br />

fände es toll, wenn wir es schaffen, Leute<br />

dadurch neugierig zu machen, sich doch<br />

noch mal intensiver auf <strong>Beethoven</strong><br />

einzulassen, als es vielleicht der Fall ist.<br />

Wir haben von <strong>Beethoven</strong> nur eine ganz<br />

verengte Wahrnehmung. In der Regel<br />

kennt man nur ein Kernrepertoire, das<br />

sich immer wiederholt. Vieles wird<br />

einfach beiseitegelassen. Zudem gibt es<br />

viele Menschen, die klassische Musik für<br />

ein Relikt aus alten Zeiten halten. Aus<br />

dieser Ecke wollen wir sie herausholen!<br />

Wie siehst du die Rolle des <strong>Beethoven</strong>-<br />

Hauses nach dem <strong>Beethoven</strong>-Jahr? Wie<br />

soll es weitergehen?<br />

Das <strong>Beethoven</strong>-Haus ist der zentrale Ort<br />

für <strong>Beethoven</strong>. Hier begann alles, und hier<br />

ist die weltweit größte Sammlung<br />

beheimatet. Unser Ziel ist es, aus diesem<br />

Haus eine lebendige Kultureinrichtung zu<br />

machen, die nicht nur <strong>Beethoven</strong> repräsentiert,<br />

sondern mit Musik so umgeht,<br />

wie <strong>Beethoven</strong> mit Musik umgegangen ist.<br />

Wir wollen offen sein für neue Denkanstöße<br />

im Bereich der Musikszene.<br />

Viele von uns haben einen ganz persönlichen<br />

<strong>Beethoven</strong>-Moment erlebt.<br />

Hattest du auch einen in deinem Leben?<br />

Am 23. Dezember 1989 hörte ich in Berlin<br />

die Neunte Sinfonie unter Bernstein als<br />

Ode an die Freiheit – mit einem Orchester,<br />

das aus Ost und West zusammengesetzt<br />

war. Ich habe kürzlich den ganzen Tag in<br />

der Library of Congress in der Bernstein<br />

Collection verbracht und viele Dokumente<br />

angesehen, wie dieses Konzert nach dem<br />

Daniel Hope mit Malte Boecker<br />

Mauerfall angebahnt wurde. Ich denke,<br />

<strong>Beethoven</strong> hat immer dann eine besondere<br />

Berechtigung, wenn sich gesellschaftliche<br />

Dinge verändern. Wahrscheinlich<br />

war diese Musik nie passender als in dem<br />

Moment, in dem sich die Welt mit der<br />

Öffnung der Mauer total verändert hat.<br />

Wir haben durch den Film Amadeus alle<br />

ein Bild von Mozart, als würden wir ihn<br />

kennen. <strong>Beethoven</strong> ist als „erkennbare<br />

Person“ noch nicht so richtig in der<br />

Allgemeinkultur angekommen. Wird<br />

sich das durch das <strong>Beethoven</strong>-Jahr<br />

deiner Meinung nach ändern?<br />

Das wäre wünschenswert! Denn das Bild,<br />

das die Menschen mit sich tragen, ist ja<br />

der weißhaarige alte, taube Misanthrop –<br />

ein absolut negatives <strong>Beethoven</strong>-Bild.<br />

Mozart hingegen ist immer der junge,<br />

schrille Komponist. Wir hier in Bonn<br />

haben großes Interesse und Spaß daran,<br />

den Blick auf den jungen <strong>Beethoven</strong> zu<br />

richten. Der konnte ziemlich gut hören, er<br />

griff nach den Sternen und begeisterte die<br />

Menschen. Es wird einen <strong>Beethoven</strong>-Film<br />

geben, der den jungen <strong>Beethoven</strong> in den<br />

Blick nimmt. Dort trifft <strong>Beethoven</strong> auf<br />

Mozart – wohlgemerkt der junge <strong>Beethoven</strong><br />

auf den deutlich älteren Mozart. Wir<br />

haben zudem mit den uns zur Verfügung<br />

stehenden Techniken ein „Phantombild“<br />

vom jungen <strong>Beethoven</strong> erstellen lassen.<br />

Da sieht man einen ziemlich smarten Typ.<br />

Dem Künstler Ottmar Hörl, dem Schöpfer<br />

der kleinen <strong>Beethoven</strong>-Figuren, war es ja<br />

auch wichtig, einen lachenden <strong>Beethoven</strong><br />

zu zeigen. Ich glaube, es könnte gelingen,<br />

im Jubiläumsjahr die Wahrnehmung<br />

etwas zu verändern.<br />

Gibt es, was die <strong>Beethoven</strong>-Erinnerungskultur<br />

angeht, eine gesunde Rivalität<br />

zwischen Bonn und Wien?<br />

Wir haben nicht vor, Robert Musils<br />

Parallelaktion zu kopieren. Wien ist, was<br />

es ist: nichts weniger als die europäische<br />

Musikmetropole. Wir hier in Bonn wollen<br />

und können das nicht kopieren, allenfalls<br />

mit Blick auf <strong>Beethoven</strong> ergänzen.<br />

Immerhin hat er hier ein Drittel seines<br />

Lebens verbracht. Mit Blick auf das<br />

<strong>Beethoven</strong>fest, das <strong>Beethoven</strong> Orchester<br />

und das <strong>Beethoven</strong>-Haus glaube ich, dass<br />

wir uns mit <strong>Beethoven</strong> auf interessante<br />

Art und Weise beschäftigen. Insofern<br />

denke ich, dass beide Städte miteinander<br />

dieses Jubiläumsjahr begehen können.<br />

Wir bauen ja auch verschiedene Brücken<br />

zwischen den <strong>Beethoven</strong>-Städten, etwa in<br />

der Forschung, beim Hofgartenkonzert<br />

oder beim BTHVN<strong>20</strong><strong>20</strong> Musikfrachter. n<br />

Daniel Hope hat seit fast elf Jahren an dieser<br />

Stelle seine Kolumne für <strong>CRESCENDO</strong><br />

geschrieben. Es waren immer kurzweilige<br />

Interviews mit spannenden Partnern aus der<br />

Musikszene. Er macht nun auf eigenen Wunsch<br />

eine Pause, um seinen zahlreichen anderen<br />

Verpflichtungen und Aufgaben, unter anderem<br />

als designierter Präsident des <strong>Beethoven</strong>-<br />

Hauses, gerecht werden zu können. Er bedankt<br />

sich bei seinen Lesern – <strong>CRESCENDO</strong> bedankt<br />

sich bei Daniel Hope für seine vielen wunderbaren<br />

und interessanten Beiträge.<br />

ZEICHNUNG: STEFAN STEITZ<br />

FOTO: PRIVAT<br />

178<br />

w w w . c r e s c e n d o . d e — Dezember <strong>20</strong>19 – Januar <strong>20</strong><strong>20</strong>

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