CRESCENDO 7/19&1/20 Sonderausgabe Beethoven

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L E B E N S A R T und Landhaus, zu denen wir noch kommen, merkt man: Hier geht jemand mit großen Orchestern in kleinen Räumen wirklich ans Extrem. Was man heute mit Lautsprecherverstärkung erreicht, wird Beethovens Lebzeiten, Aufführungen all seiner Sinfonien beherbergte. Für Haselböck ist der prunkvolle Saal mit seinem relativ niedrigen Gewölbe und dem größten zusammenhängenden Deckengemälde dort schon durch die Räume hervorgerufen! Österreichs von Antonio Stefan Weinzierl hat mich mit seinem Beduzzi „eigentlich der allerschönste, Buch Beethovens Konzerträume vor auch für Aufnahmen: unglaublich Jahren dazu inspiriert, die erhaltenen Säle wieder zu bespielen. Er rechnete aus, intensiv“. Des im 8. Wiener Gemeindebezirk gelegenen Theaters in der Josefstadt, für dessen Wiedereröffnung nach dass man im Musikverein eine absurde Martin Haselböck und sein Orchester Orchestergröße brauchen würde – ich Wiener Akademie im Wiener Musikverein einem Umbau 1822 Beethoven seine glaube, 2.000 Musiker –, um den Schalldruck des Eroica-Saals im Palais Lobkowitz zu erreichen!“ Wir biegen links daneben zum Josephsplatz ein und blicken in der gegenüberliegenden Front der altehrwürdigen Mauern der Hofburg zum Großen Redoutensaal empor. „Die beiden ersten Aufführungen der Neunten, die eine im längst abgerissenen Kärntnertortheater, die andere im Großen Redoutensaal, müssen sich akustisch unterschieden haben wie Tag und Nacht“, sagt Haselböck. „Außerdem sind Bräuche des Konzertwesens mitzubedenken, die uns heute völlig unverständlich erscheinen: Wir müssen uns Beethoven-Akademien eher wie Rockkonzerte vorstellen, nicht nur durch die Lautstärke, sondern auch mit stehendem Publikum, ohne feuerpolizeiliche Zugangslimitierung. Auch die Achte Sinfonie wurde im Großen Redoutensaal uraufgeführt – und dort, wo man jetzt 900 Sitze unterbringen darf, drängten sich laut Anton Schindler 5.000 Menschen! Er schreibt auch von schwachem Applaus, weil ‚das große Gedränge der Zuhörer den freyen Gebrauch der Hände nicht gestattete‘.“ Jenseits des Michaelerplatzes verläuft die Herrengasse – und auf der Höhe des berühmten Café Central befindet sich das Palais Niederösterreich (das vormals Liechtensteinische Landhaus), das seit 1513 im Besitz der Stände als Vorläufer des niederösterreichischen Ouvertüre Zur Weihe des Hauses geschrieben hat, gedenken wir nur von fern: „Viele sagten, in dieser extrem trockenen Akustik könne man gar nicht spielen. Unsere Aufnahme von dort ist aber ungeheuer plastisch und tiefenscharf geworden.“ Stattdessen machen wir kehrt Richtung Stephansdom und gehen noch ein bisschen weiter: zur Alten Universität, wo heute die Akademie der Wissenschaften residiert. Deren überakustisch-prunkvollem Festsaal (das Programm des Deckenfreskos wurde von Pietro Metastasio mitentworfen) hat Beethoven seine Schlachtensinfonie Wellingtons Sieg geradezu einkomponiert – mit riesigem Erfolg. Haselböck präzisiert nochmals mit Zahlen: „Die Lautstärke einer einzelnen Violine, gespielt im Freien, steigt im Musikverein um den Faktor 2,2. Im Eroica-Saal aber um 6,8 und in der Akademie der Wissenschaften gar um 7,1.“ Der beklemmenden Macht des Schlachtengetümmels im Surroundsound konnte sich das Publikum damals ebenso wenig entziehen wie heute: „Die Leute haben wegen Überfüllung des Saals teilweise im Stiegenhaus zugehört. Die über die beiden Türen von außen anrückenden ‚Heere‘, die beiden Balkone: An diesem Originalschauplatz wird alles plausibel. Und man bekommt Gänsehaut, wenn man als Dirigent an derselben Stelle steht wie damals Beethoven! Genau gleichzeitig hat übrigens im Konvikt gegenüber der 16-jährige Franz Schubert seine Erste Sinfo- Landtags war und in den Jahren 1819–27, also noch zu nie geschrieben: So etwas gibt es nur in Wien.“ ■ Tipps, Infos & Adressen Reiseinformationen rund um Ihren Besuch in Wien. Beethoven privat Auch das Haus der Musik (Seilerstätte 30) widmet sich 2020 Beethoven – und feiert selbst 20. Geburtstag. Zum festen Beethoven- Raum kommen Projekte hinzu, z. B. „Inside Beethoven“ – Musik aus dem Hörwinkel von Orchester musikern. Zudem zeitgenössische Kunst: Bildhauer Márton Barabás schafft aus alten Klavierelementen eindringliche Skulpturen. Ein Muss: das Sommerhaus Beethovens in Baden bei Wien, wo seine Neunte entstand. Essen & Trinken Im Griechenbeisl, dem wahrscheinlich ältesten Gasthaus der Stadt (Fleischmarkt 11), haben Beethoven, Schubert, Einstein und viele andere schon gegessen und sich an Wänden und Decke verewigt. www.griechenbeisl.at Bei Entler (Schlüsselgasse 2) nah des Mozartbrunnens geht es in einem Gewölbe aus dem 18. Jahrhundert moderner zu, aber nicht minder kunstsinnig aufgrund wechselnder künstlerischer Ausstattung. Kulinarisch top. www.entler.at Übernachten Das Hotel Beethoven liegt ganz verkehrsberuhigt (Papagenogasse 6) direkt gegenüber dem Papagenotor des Theaters an der Wien – mehr historisches Musikflair geht kaum. www.hotel-beethoven.at Im Ruby Sofie (Marxergasse 17) und Ruby Marie (Kaiserstraße 2 - 4) können kostenlos E-Gitarren mit professionellen Verstärkern im Hotelzimmer ausprobiert werden! www.ruby-hotels.com/Marie/Wien FOTOS: STEPHAN POLZER/MUSIKVEREIN; PIXABAY; RUBY HOTELS 176 w w w . c r e s c e n d o . d e — Dezember 2019 – Januar 2020
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