11.05.2020 Aufrufe

CRESCENDO 7/19&1/20 Sonderausgabe Beethoven

Beethoven! Sonderausgabe zum 250. Geburtstag. Von CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Offizielle Publikation zum Beethovenjahr 2020. Mit großem Veranstaltungsteil.

Beethoven! Sonderausgabe zum 250. Geburtstag.
Von CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Offizielle Publikation zum Beethovenjahr 2020. Mit großem Veranstaltungsteil.

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Fidelio auf Kölsch<br />

<strong>Beethoven</strong>s Oper als KARNEVALSPRODUKTION<br />

Foto: Bühnenspielgemeinschaft „Cäcilia Wolkenburg“<br />

Cäcilia Wolkenburg<br />

Fidelio am Rhing<br />

25.1.–25.2.<strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Oper Köln im Staatenhaus<br />

kmgv.de<br />

Wenn das keine einzigartige Operntradition<br />

ist, was dann? Schon 1874 setzten Mitglieder<br />

des ehrwürdigen Kölner Männer­<br />

Gesang-Vereins erstmals die glorreiche Idee<br />

in die Tat um, während des Karnevals ein<br />

parodistisches Musiktheaterwerk zu kreieren<br />

und dem begeisterten Publikum vorzustellen<br />

– mit Männern in Frauenkleidern für<br />

die weiblichen Rollen, wie es sich für ein reines<br />

Männerensemble geziemt, sowie natürlich<br />

in der Landessprache, also auf Kölsch.<br />

Spätestens seit den 1970er-Jahren haben<br />

sich die Produktionen der Bühnenspielgemeinschaft<br />

Cäcilia Wolkenburg zum<br />

Kassenschlager entwickelt und locken als<br />

umjubelte „Divertissementchen“ seither<br />

sowohl die Karnevals- wie auch die Musikfreunde<br />

aus nah und fern ins Opernhaus<br />

beziehungsweise umbaubedingt ins Ausweichquartier<br />

Oper Köln im Staatenhaus.<br />

Mit schmissiger Musik aus allen Genres,<br />

eigens arrangierten Chorstücken für rund<br />

100 SängerInnen, mit neuen Ballett-Choreografien,<br />

von Laien ausgeführt, mit dem<br />

vollen Elan des rund 100 DarstellerInnen<br />

umfassenden Ensembles sowie begleitet von<br />

einem Sinfonieorchester und einer Band<br />

verspricht jede Aufführung beste Unterhaltung,<br />

ganz im ureigenen Stil eines von<br />

Grund auf rheinischen Musiktheaters. <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

wird, was sonst, <strong>Beethoven</strong>s einzige Oper<br />

urwüchsig rheinisch: Mit Fidelio am Rhing<br />

kehrt die Befreiungsoper des gebürtigen<br />

Bonners im Rheinland ein – und zwar erstmals<br />

in der Operngeschichte in der vom<br />

Komponisten persönlich gepflegten Mundart<br />

seiner Heimatregion. Pathos hin oder<br />

her, das wird gewiss nicht ohne Lachtränen<br />

abgehen – aktuelle Anspielungen inklusive.<br />

Objektivierte Freiheitsoper<br />

FIDELIO für das 21. Jahrhundert<br />

Seit seinem Textbuch Die andere Seite (nach<br />

Alfred Kubins Roman) für Michael Obst ist<br />

Hermann Schneider ein Experte für musiktheatrale<br />

Parallelsichten. Bereits Annette<br />

Schlünz modifizierte am Staatstheater<br />

Darmstadt für die Inszenierung von Paul-<br />

Georg Dittrich das die Freiheit verherrlichende<br />

zweite Fidelio-Finale. Jetzt hinterfragt<br />

die Komponistin Charlotte Seither am<br />

Musiktheater im Revier auf Schneiders<br />

Text das durch <strong>Beethoven</strong> zur Musiktheater-Apotheose<br />

von ehelicher Liebe und Freiheitsgedanke<br />

verdichtete Sujet. Geht es in<br />

dieser Oper, die <strong>Beethoven</strong> vom singspielhaften<br />

Beginn bis zur Jubelkantate am Ende<br />

in einer beispiellosen musikalischen Verdichtung<br />

steigert, um mehr als Gattenliebe,<br />

die Berge versetzt? Ordnet sich Leonore, die<br />

als Mann verkleidet den Zugang in das<br />

rechtsfreie Verlies eines Staatsgefängnisses<br />

erzwingt, einem repressiven Geschlechterbild<br />

unter – oder ist ihre Aktion der Beweis<br />

für selbstbestimmtes Handeln? Nach einer<br />

Periode der Bemühung um historisch informierte<br />

Aufführungspraxis und einer Hinterfragung<br />

der erfolglosen Erstfassungen<br />

bestimmen Umdenkprozesse die Fidelio-<br />

Rezeption im <strong>Beethoven</strong>jahr: Lassen<br />

sich die auf Fidelio lastenden und deshalb<br />

eine objektive Auseinandersetzung<br />

mit dieser „Fest- und Freiheitsoper“<br />

erschwerenden Attribute<br />

abtragen? Wie verändert Leonore<br />

sich durch die Befreiungsaktion? Was<br />

sind die Auswirkungen ihrer Befreiungsaktion<br />

auf die Kollektive der<br />

Gefangenen, der ausführenden<br />

Instanzen und ihre Mitwelt?<br />

Das Unbehagen an Fidelio<br />

artikuliert Charlotte Seithers<br />

Fidelio schweigt mit neu<br />

komponierten Werkteilen.<br />

Eine kritische Revision<br />

aus Perspektive der positiven<br />

Utopie des Gender-Mainstreaming<br />

ist dabei nicht ausgeschlossen.<br />

Charlotte<br />

Seither<br />

Foto: Marko Bussmann<br />

Fidelio schweigt<br />

17.12.<strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Musiktheater im Revier<br />

Gelsenkirchen<br />

musiktheater-im-revier.de<br />

64 BTHVN DAS MAGAZIN ZUM BEETHOVEN-JAHR<br />

<strong>20</strong><strong>20</strong>

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