11.05.2020 Aufrufe

CRESCENDO 7/19&1/20 Sonderausgabe Beethoven

Beethoven! Sonderausgabe zum 250. Geburtstag. Von CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Offizielle Publikation zum Beethovenjahr 2020. Mit großem Veranstaltungsteil.

Beethoven! Sonderausgabe zum 250. Geburtstag.
Von CRESCENDO – Das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Offizielle Publikation zum Beethovenjahr 2020. Mit großem Veranstaltungsteil.

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DISCOVER BEETHOVEN<br />

250 Jahre <strong>Beethoven</strong><br />

Foto: David Ertl<br />

An der Bonner Touristen-Information<br />

hängt derzeit eine Countdown- Uhr<br />

für <strong>Beethoven</strong> <strong>20</strong><strong>20</strong>. Wie ist die<br />

Stimmung?<br />

Ein bisschen wie zu Weihnachten – der<br />

Feiertag kommt völlig überraschend<br />

und niemand kann so recht sagen, was<br />

die Bescherung bringt. (lacht) Von einer<br />

Stimmung in der Stadt ist noch nicht<br />

die Rede, aber auf jeden Fall von einer<br />

Einstimmung auf Hochtouren. Das Jubiläumsprogramm<br />

steht konzeptionell,<br />

die Akteure sind mitten in den Vorbereitungen,<br />

und die ersten sichtbaren<br />

Projekte, wie der inszenierte Stadtrundgang<br />

entlang der authentischen <strong>Beethoven</strong>-Orte<br />

oder die jüngste Ankündigung<br />

des Kraftwerk-Konzertes, verbreiten<br />

Vorfreude. Hin ter den Kulissen geht es<br />

derweil noch zu wie bei der Echternacher<br />

Springprozession …<br />

… dort springen die Teilnehmer<br />

zu Polka-Rhythmen in Reihen durch<br />

die Straßen der Stadt bis zum Grab<br />

des Heiligen …<br />

Ich meine eher zwei Schritte vor und ein<br />

Schritt zurück. Von einem Grab oder<br />

Heiligen will ich gar nichts hören. Bonn<br />

ist die Wiege <strong>Beethoven</strong>s. Und der war<br />

nicht heilig, allenfalls welthaltig.<br />

Was ist die konkrete Zielsetzung<br />

der Gesellschaft?<br />

Zum einen, Bonn als <strong>Beethoven</strong>-Stadt öffentlich<br />

bekannt zu machen und stärker<br />

zu profilieren. Eine weitere Zielsetzung<br />

besteht darin, <strong>Beethoven</strong> zeitgemäß zu<br />

feiern. Es soll ein Programm entstehen,<br />

das möglichst viele Menschen erreicht<br />

und international ausstrahlt. Schließlich<br />

wollen wir zeigen, dass klassische Musik<br />

nach wie vor gesellschaftlich relevant ist.<br />

BTHVN<strong>20</strong><strong>20</strong> ist das Logo des<br />

<strong>Beethoven</strong>jubiläums <strong>20</strong><strong>20</strong>.<br />

<strong>Beethoven</strong> hat gelegentlich mit seinen<br />

Konsonanten BTHVN unterschrieben,<br />

im SMS-Stil des 19. Jahrhunderts sozusagen.<br />

BTHVN klingt wie der Name einer<br />

Unternehmensberatung. Wie komplex<br />

ist das Unterfangen?<br />

Das Logo ist erst mal ein visuelles Signet<br />

mit hohem Wiedererkennungswert. Auf<br />

der Tonspur spricht es sich schon noch<br />

<strong>Beethoven</strong>. Die Buchstaben können<br />

dabei mit jedem Inhalt gefüllt werden.<br />

Für uns zeigt das nicht nur die ständige<br />

Wandelbarkeit <strong>Beethoven</strong>s, sondern es<br />

funktioniert auch als Dachmarke oder<br />

Fenster, durch das man auf das Gesamtprogramm<br />

mit seinen ca. 300 Projekten<br />

schauen kann.<br />

Sie veranstalten 300 Projekte?<br />

Das nicht, die Jubiläums Gesellschaft<br />

hat eher eine koordinierende Funktion.<br />

Schauen Sie, wir wollten angesichts der<br />

Dichte herausragender Kulturorganisationen<br />

in der Region keine zusätzliche<br />

Institution schaffen und auch kein<br />

Intendantenfestival aus einer Hand.<br />

Stattdessen haben wir ein umfangreiches<br />

Förderprogramm aufgesetzt und<br />

damit zahlreiche <strong>Beethoven</strong>-Projekte<br />

in und über Bonn hinaus aktiviert.<br />

BTHVN<strong>20</strong><strong>20</strong> ist ein wirklich kollaboratives<br />

Festival mit Hunderten Partnern,<br />

die <strong>Beethoven</strong> zeitgemäß thematisieren<br />

wollen.<br />

Wer ist für Sie der <strong>Beethoven</strong><br />

unserer Zeit?<br />

<strong>Beethoven</strong> heute müsste jemand sein,<br />

der Musik von Grund auf neu gedacht<br />

hat. Ich denke an Leute wie David Bowie.<br />

Aber es liegt ja nicht an mir, das zu<br />

entscheiden. Niemand kann die Deutungshoheit<br />

für sich beanspruchen.<br />

Es gibt <strong>Beethoven</strong> immer nur in Annäherungen.<br />

Deshalb vermitteln wir<br />

auch kein bestimmtes <strong>Beethoven</strong>bild,<br />

beispielsweise <strong>Beethoven</strong> – der Europäer.<br />

Uns geht es um eine offene Auseinandersetzung<br />

mit <strong>Beethoven</strong> und eine<br />

größtmögliche Multiperspektivität.<br />

Das Motto des Jubiläumsjahres lautet<br />

„<strong>Beethoven</strong> neu entdecken“.<br />

Wie versuchen Sie das umzusetzen?<br />

Mit über 300 Projekten geben wir Raum<br />

für die unterschiedlichsten Sichtweisen<br />

auf <strong>Beethoven</strong>. Von breitenwirksam bis<br />

extrem anspruchsvoll, von sehr ernst bis<br />

wirklich humorvoll. Mal steht der Bonner<br />

<strong>Beethoven</strong> im Zentrum, mal sein<br />

Spätwerk oder auch sein Humanismus,<br />

mal seine Wirkung auf andere Künstler-<br />

Innen oder seine Relevanz für junge<br />

Menschen heute. Insofern sollte jeder<br />

sein Fenster, seinen Zugang zu <strong>Beethoven</strong><br />

finden. Viele Menschen denken, dass<br />

<strong>Beethoven</strong> ein 250 Jahre altes Fossil und<br />

Stoff von gestern sei. Das ist aber nicht<br />

der Fall und das soll das <strong>Beethoven</strong>-<br />

Jubiläumsjahr erfahrbar machen. Man<br />

kann immer wieder neue faszinierende<br />

Dinge entdecken. <strong>Beethoven</strong> steht für<br />

Inhalte, die auch Menschen faszinieren,<br />

die mit der vermeintlichen Hochkultur<br />

sonst nicht so in Berührung kommen.<br />

Nike Wagner, die Intendantin des<br />

<strong>Beethoven</strong>festes, hat sich gemeldet mit<br />

den Worten: die Neunte nur gezielt!<br />

Ja das ist ein gewaltiges Werk – „larger<br />

than life“ sagt man im Englischen. Es verdient<br />

viel Respekt. Es würde sich unbedingt<br />

lohnen, einen Verein zum Schutz der<br />

Neunten zu gründen. Wo wird sie nicht<br />

überall durchgenudelt und instrumentalisiert.<br />

Das Haus der Geschichte widmet<br />

der politischen Vereinnahmung von Musik<br />

übrigens eine eigene Ausstellung. Unser<br />

Jubiläumsjahr wird gerahmt von der<br />

„kleinen“ Neunten im Eröffnungs- und<br />

der „großen“ Neunten im Abschlusskonzert.<br />

Dazwischen weiten wir den Blick<br />

aber auf all die vielen anderen Werke. Der<br />

Sechsten Sinfonie beispielsweise haben<br />

das Klimasekretariat der Vereinten Nationen<br />

und die <strong>Beethoven</strong> Jubiläums Gesellschaft<br />

sogar ein eigenes Großprojekt gewidmet:<br />

The <strong>Beethoven</strong> Pastoral Project.<br />

Es ruft KünstlerInnen weltweit dazu auf,<br />

sich zum Thema Mensch und Natur zu<br />

äußern.<br />

Ihr <strong>Beethoven</strong>-Haus ist komplett neu<br />

gestaltet und erstrahlt rechtzeitig zum<br />

Jubiläum in neuem Glanz. Aber die<br />

<strong>Beethoven</strong>halle ist nicht verfügbar.<br />

Wir haben deshalb das Opernhaus zur<br />

zentralen Spielstätte für das Jubiläum<br />

erklärt. Notgedrungen stellt Bonn die<br />

inhaltliche Auseinandersetzung mit<br />

<strong>Beethoven</strong> in den Vordergrund, keine repräsentativen<br />

Neubauten. Ich finde das<br />

mittlerweile gar nicht mal so verkehrt.<br />

Wie fordert <strong>Beethoven</strong> Sie persönlich?<br />

<strong>Beethoven</strong> fordert mich heraus, an die<br />

menschliche Kreativität zu glauben. Mit<br />

ihr sind alle Probleme lösbar. <strong>Beethoven</strong><br />

hatte mit so vielen Rückschlägen zu<br />

tun, dass er allen Grund hatte zu resignieren.<br />

Aber er schreibt am Ende über<br />

die Freude. Wie großartig ist diese Lebenszuversicht!<br />

Mir gibt die Musik und<br />

diese Haltung viel Kraft. Ich hoffe, diese<br />

Erfahrung teilen im nächsten Jahr sehr<br />

viele Menschen.<br />

Verlagssonderveröffentlichung 15

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