CRESCENDO 7/19&1/20 Sonderausgabe Beethoven

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BEETHOVEN IM WANDEL 250 Jahre Beethoven HYMNE Foto: youtube BTHVN2020 Die Europa-Abgeord neten um Parteichef Nigel Farage kehrten dem Plenum des Europaparlaments den Rücken zu, als die Hymne zur Eröffnung der Sitzung erklang. Allen Dekonstruktionsversuchen zum Trotz fasste der Europarat 1971 den Beschluss, das Hauptthema der Ode an die Freude aus dem vierten Satz der Neunten Sinfonie von Beethoven zur Europahymne zu wählen und künftig „bei allen offiziellen europäischen Veranstaltungen“ zu spielen. Auch wenn die gute Intention überwog, die Geschichte der politischen Vereinnahmung dieses Werkes wurde damit ein weiteres Mal fortge schrieben. Nota bene: 1974 bestimmten militante Apart heid-Politiker Rhodesiens eine Kurzfassung von Beethovens Neunter zur Hymne ihres Unrechtsstaates. Die Gleichzeitigkeit und jederzeitige Verfügbarkeit unterschiedlichster Perspektiven zu Beethoven be stimmt das globalisierte 21. Jahrhundert. Die Programmplanung von BTHVN2020 reagiert darauf, indem sie kein bestimmtes Beethoven- Bild präsentiert und vermittelt, sondern auf eine Multiperspektivität setzt, die möglichst vielen Menschen Zugänge zu Beethoven eröffnen soll. DISCOVER BEETHOVEN MALTE BOECKER, Künstlerischer Geschäftsführer von BTHVN2020 erläutert die Konzeption des Jubiläumsjahres 14 BTHVN DAS MAGAZIN ZUM BEETHOVEN-JAHR 2020
DISCOVER BEETHOVEN 250 Jahre Beethoven Foto: David Ertl An der Bonner Touristen-Information hängt derzeit eine Countdown- Uhr für Beethoven 2020. Wie ist die Stimmung? Ein bisschen wie zu Weihnachten – der Feiertag kommt völlig überraschend und niemand kann so recht sagen, was die Bescherung bringt. (lacht) Von einer Stimmung in der Stadt ist noch nicht die Rede, aber auf jeden Fall von einer Einstimmung auf Hochtouren. Das Jubiläumsprogramm steht konzeptionell, die Akteure sind mitten in den Vorbereitungen, und die ersten sichtbaren Projekte, wie der inszenierte Stadtrundgang entlang der authentischen Beethoven-Orte oder die jüngste Ankündigung des Kraftwerk-Konzertes, verbreiten Vorfreude. Hin ter den Kulissen geht es derweil noch zu wie bei der Echternacher Springprozession … … dort springen die Teilnehmer zu Polka-Rhythmen in Reihen durch die Straßen der Stadt bis zum Grab des Heiligen … Ich meine eher zwei Schritte vor und ein Schritt zurück. Von einem Grab oder Heiligen will ich gar nichts hören. Bonn ist die Wiege Beethovens. Und der war nicht heilig, allenfalls welthaltig. Was ist die konkrete Zielsetzung der Gesellschaft? Zum einen, Bonn als Beethoven-Stadt öffentlich bekannt zu machen und stärker zu profilieren. Eine weitere Zielsetzung besteht darin, Beethoven zeitgemäß zu feiern. Es soll ein Programm entstehen, das möglichst viele Menschen erreicht und international ausstrahlt. Schließlich wollen wir zeigen, dass klassische Musik nach wie vor gesellschaftlich relevant ist. BTHVN2020 ist das Logo des Beethovenjubiläums 2020. Beethoven hat gelegentlich mit seinen Konsonanten BTHVN unterschrieben, im SMS-Stil des 19. Jahrhunderts sozusagen. BTHVN klingt wie der Name einer Unternehmensberatung. Wie komplex ist das Unterfangen? Das Logo ist erst mal ein visuelles Signet mit hohem Wiedererkennungswert. Auf der Tonspur spricht es sich schon noch Beethoven. Die Buchstaben können dabei mit jedem Inhalt gefüllt werden. Für uns zeigt das nicht nur die ständige Wandelbarkeit Beethovens, sondern es funktioniert auch als Dachmarke oder Fenster, durch das man auf das Gesamtprogramm mit seinen ca. 300 Projekten schauen kann. Sie veranstalten 300 Projekte? Das nicht, die Jubiläums Gesellschaft hat eher eine koordinierende Funktion. Schauen Sie, wir wollten angesichts der Dichte herausragender Kulturorganisationen in der Region keine zusätzliche Institution schaffen und auch kein Intendantenfestival aus einer Hand. Stattdessen haben wir ein umfangreiches Förderprogramm aufgesetzt und damit zahlreiche Beethoven-Projekte in und über Bonn hinaus aktiviert. BTHVN2020 ist ein wirklich kollaboratives Festival mit Hunderten Partnern, die Beethoven zeitgemäß thematisieren wollen. Wer ist für Sie der Beethoven unserer Zeit? Beethoven heute müsste jemand sein, der Musik von Grund auf neu gedacht hat. Ich denke an Leute wie David Bowie. Aber es liegt ja nicht an mir, das zu entscheiden. Niemand kann die Deutungshoheit für sich beanspruchen. Es gibt Beethoven immer nur in Annäherungen. Deshalb vermitteln wir auch kein bestimmtes Beethovenbild, beispielsweise Beethoven – der Europäer. Uns geht es um eine offene Auseinandersetzung mit Beethoven und eine größtmögliche Multiperspektivität. Das Motto des Jubiläumsjahres lautet „Beethoven neu entdecken“. Wie versuchen Sie das umzusetzen? Mit über 300 Projekten geben wir Raum für die unterschiedlichsten Sichtweisen auf Beethoven. Von breitenwirksam bis extrem anspruchsvoll, von sehr ernst bis wirklich humorvoll. Mal steht der Bonner Beethoven im Zentrum, mal sein Spätwerk oder auch sein Humanismus, mal seine Wirkung auf andere Künstler- Innen oder seine Relevanz für junge Menschen heute. Insofern sollte jeder sein Fenster, seinen Zugang zu Beethoven finden. Viele Menschen denken, dass Beethoven ein 250 Jahre altes Fossil und Stoff von gestern sei. Das ist aber nicht der Fall und das soll das Beethoven- Jubiläumsjahr erfahrbar machen. Man kann immer wieder neue faszinierende Dinge entdecken. Beethoven steht für Inhalte, die auch Menschen faszinieren, die mit der vermeintlichen Hochkultur sonst nicht so in Berührung kommen. Nike Wagner, die Intendantin des Beethovenfestes, hat sich gemeldet mit den Worten: die Neunte nur gezielt! Ja das ist ein gewaltiges Werk – „larger than life“ sagt man im Englischen. Es verdient viel Respekt. Es würde sich unbedingt lohnen, einen Verein zum Schutz der Neunten zu gründen. Wo wird sie nicht überall durchgenudelt und instrumentalisiert. Das Haus der Geschichte widmet der politischen Vereinnahmung von Musik übrigens eine eigene Ausstellung. Unser Jubiläumsjahr wird gerahmt von der „kleinen“ Neunten im Eröffnungs- und der „großen“ Neunten im Abschlusskonzert. Dazwischen weiten wir den Blick aber auf all die vielen anderen Werke. Der Sechsten Sinfonie beispielsweise haben das Klimasekretariat der Vereinten Nationen und die Beethoven Jubiläums Gesellschaft sogar ein eigenes Großprojekt gewidmet: The Beethoven Pastoral Project. Es ruft KünstlerInnen weltweit dazu auf, sich zum Thema Mensch und Natur zu äußern. Ihr Beethoven-Haus ist komplett neu gestaltet und erstrahlt rechtzeitig zum Jubiläum in neuem Glanz. Aber die Beethovenhalle ist nicht verfügbar. Wir haben deshalb das Opernhaus zur zentralen Spielstätte für das Jubiläum erklärt. Notgedrungen stellt Bonn die inhaltliche Auseinandersetzung mit Beethoven in den Vordergrund, keine repräsentativen Neubauten. Ich finde das mittlerweile gar nicht mal so verkehrt. Wie fordert Beethoven Sie persönlich? Beethoven fordert mich heraus, an die menschliche Kreativität zu glauben. Mit ihr sind alle Probleme lösbar. Beethoven hatte mit so vielen Rückschlägen zu tun, dass er allen Grund hatte zu resignieren. Aber er schreibt am Ende über die Freude. Wie großartig ist diese Lebenszuversicht! Mir gibt die Musik und diese Haltung viel Kraft. Ich hoffe, diese Erfahrung teilen im nächsten Jahr sehr viele Menschen. Verlagssonderveröffentlichung 15
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50 JAHRE UND KEIN BISSCHEN LEISE: J
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