CRESCENDO 7/19&1/20 Sonderausgabe Beethoven

„SPEERSPITZE“
DEUTSCHER KUNST
Von Richard Wagners (1813–1883) Schriften über Beethoven (1870) bis zu Houston
Stewart Chamberlain (1855–1927), der mit seinen Grundlagen des 19. Jahrhunderts
dem Nationalsozialismus die ideologische Basis verschaffte: In einer Zeit, die ein
geeintes Deutschland und starkes Vaterland anstrebte, wurden Beethovens Lebensmittelpunkte
in Bonn und Wien ebenso nationalistisch gedeutet wie seine „schicksalsüberwindende“
Haltung als Zukunftsperspektive der „verspäteten“ Nation.
Von den Nationalsozialisten wurde Beethoven ideologisch vereinnahmt und missbraucht.
Diabolisch stürzten sie sich gerade auf jene Werke, deren ideeller Gehalt ihrer Politik diametral
entgegenstand. Am 3. Mai 1935 dirigierte Wilhelm Furtwängler die Berliner Philharmoniker in
Anwesenheit von Hitler, Göring und Goebbels bei der Aufführung der Fünften Sinfonie (Foto),
jenes Werks, mit dem 1945 über zahlreiche Sender der Sieg über die Barbarei verbreitet werden
sollte. Und zu Hitlers Geburtstag erklangen abwechselnd die Freiheitsoper Fidelio sowie die
Neunte Sinfonie, 1942, während des Krieges, abermals mit Furtwängler am Pult der Berliner
Philharmoniker.
ZEIT DES
NATIONALSOZIALISMUS
Foto: Archiv Berliner Philharmoniker
12 BTHVN DAS MAGAZIN ZUM BEETHOVEN-JAHR
2020