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2. Chemische Synthese von Peptiden - Online Media Server

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<strong>2.</strong> <strong>Chemische</strong> <strong>Synthese</strong> <strong>von</strong> <strong>Peptiden</strong><br />

Heute ist die chemische <strong>Synthese</strong> <strong>von</strong> <strong>Peptiden</strong> und Proteinen mit<br />

Molekulargewichten <strong>von</strong> 3.000 – 10.000 Da möglich. Zwei Entwicklungen machten<br />

dieses im Wesentlichen möglich:<br />

- Kupplungsausbeuten <strong>von</strong> > 99,5%<br />

- Razemisierungsfreiheit der Kupplung<br />

Heute werden Peptide und Peptidomimetika auf zwei Wegen synthetisch hergestellt:<br />

1) Flüssigphasenchemie<br />

2) Festphasenchemie<br />

Beide Methoden beruhen auf einer ausgeklügelten Schutzgruppenchemie. So<br />

müssen die Seitenketten der Aminosäure permanent geschützt werden. Die α-<br />

Aminogruppe wird temporär geschützt und die Carbonsäurefunktion wird zur<br />

Kupplung aktiviert.<br />

<strong>2.</strong>1 Die N α -Schutzgruppe<br />

Für die Kupplung muss die Aminogruppe der Aminosäure geschützt werden, da<br />

sonst nach Aktivierung der Säure die Aminosäure mit sich selber reagieren würde.<br />

Nach der Kupplung muss diese Schutzgruppe schnell und mild abspaltbar sein,<br />

damit eine weitere Kupplung erfolgen kann. Die <strong>Synthese</strong> <strong>von</strong> <strong>Peptiden</strong> wird somit<br />

vom C- zum N-Terminus durchgeführt. Als temporäre α-Aminoschutzgruppe sind<br />

heute zwei Urethan-Schutzgruppen gebräuchlich.<br />

1) tert-Butoxycarbonyl (Boc) abspaltbar mit H +<br />

2) Fluorenylmethoxycarbonyl (Fmoc) abspaltbar mit sek. Aminen<br />

1


Die Fmoc-Schutzgruppe wird unter Bildung einer Carbanion-Zwischenstufe nach<br />

einem E1cb-Mechanismus abgespalten. Die Boc-Schutzgruppe eliminiert nach E1<br />

über eine Carbokation-Zwischenstufe (Abb. 1).<br />

Abb. 1 Entschützung der Boc-Schutzgruppe (links) nach E1 und der Fmoc-Schutzgruppe<br />

(rechts) nach E1cb (aus R. Brückner, Reaktionsmechanismen).<br />

2


<strong>2.</strong>2 Die Schutzgruppen der Seitenketten<br />

Die Schutzgruppen der Seitenketten müssen orthogonal sein. Diese Schutzgruppen<br />

müssen während der Entschützung der N α -Schutzgruppen (Boc oder Fmoc) stabil,<br />

am Ende der <strong>Synthese</strong> aber abspaltbar sein.<br />

<strong>2.</strong><strong>2.</strong>1 Ser, Thr und Tyr<br />

Für die Boc- und Fmoc-<strong>Synthese</strong>strategie schützt man die OH-Gruppen meist als<br />

Ether. Im Fall der Boc-Chemie wird das Peptid am Ende mit HF entschützt und vom<br />

Harz abgespalten. Im Fall eines Fmoc-<strong>Synthese</strong>protokolls wird zum Schluss mit<br />

Trifluoressigsäure TFA (90%) abgespalten. Im Boc-<strong>Synthese</strong>protokoll werden daher<br />

Schutzgruppen verwendet, die bedingt säurestabil sind. Sie überleben die temporäre<br />

Entschützung der Boc-Schutzgruppe mit TFA, werden aber mit HF abgespalten. Es<br />

wird die Benzoyl-(Bz)-Schutzgruppe eingesetzt. Im Fmoc-<strong>Synthese</strong>protokoll wird der<br />

tert-Butylether verwendet. Dieser ist während der temporären Entschützung mit<br />

Piperidin stabil, wird aber am Ende mit TFA gespalten.<br />

Für die Aminosäure Tyr wechselt man oft auf die 2,6-Dichlorbenzylschutzgruppe.<br />

<strong>2.</strong><strong>2.</strong>2 Asp und Glu<br />

Hier werden im Fall der Boc-Chemie die Benzylester (Bn) verwendet. Für die Fmoc-<br />

Chemie kommt der tert-Butylester zum Einsatz.<br />

<strong>2.</strong><strong>2.</strong>3 Lys<br />

O<br />

O<br />

H 2N COOH<br />

O<br />

O<br />

H 2N COOH<br />

Die ε-Aminogruppe <strong>von</strong> Lysin muss unbedingt geschützt werden. Im Boc-<strong>Synthese</strong>-<br />

protokoll wird hierzu die Fmoc-Gruppe verwendet. Alternativ kann die 2-Chlorbenzyloxycarbonylschutzgruppe<br />

(2ClZ) eingesetzt werden. Diese ist labiler als die<br />

klassische Z- Schutzgruppe (Z = Benzyloxycarbonylschutzgruppe).<br />

3


H 2N<br />

COOH<br />

H<br />

N<br />

O<br />

O Cl<br />

H 2N<br />

COOH<br />

Wird Fmoc-Chemie betrieben, so verwendet man meistens die Boc-Schutzgruppe.<br />

<strong>2.</strong><strong>2.</strong>4 Arg<br />

Die Guanidiniumgruppe muß mit ihrem pKa-Wert <strong>von</strong> 1<strong>2.</strong>5 nicht unbedingt geschützt<br />

werden. Allerdings ist dann die Löslichkeit schlecht. Praktisch werden meistens<br />

Benzolsulfonylschutzgruppen verwendet. Innerhalb der Boc-Chemie ist die 4-Toluol-<br />

sulfonyl (Tos) und die Mesitylen-2-sulfonyl-Gruppe (Mts) beliebt.<br />

H 2N<br />

COOH<br />

N<br />

H<br />

NH<br />

N<br />

H S<br />

O<br />

O<br />

H 2N<br />

COOH<br />

N<br />

H<br />

Tos Mts<br />

H<br />

N<br />

O<br />

NH<br />

N<br />

H S<br />

O<br />

O<br />

Betreibt man Fmoc-Chemie, so wird die Mtr-Schutzgruppe oder die Pmc-<br />

Schutzgruppe verwendet.<br />

H 2N<br />

COOH<br />

N<br />

H<br />

NH<br />

O<br />

NH<br />

S O<br />

OCH 3<br />

H 2N<br />

COOH<br />

Mtr Pmc<br />

N<br />

H<br />

NH<br />

O<br />

O<br />

NH<br />

S O<br />

Die Säureempfindlichkeit dieser Schutzgruppen nimmt in der Reihe wie folgt ab:<br />

<strong>2.</strong><strong>2.</strong>5 His<br />

Pmc > Mtr >> Mts > Tos<br />

Im Fall des Histidins wird entweder N τ oder N π geschützt. So kann das N τ einfach<br />

Tosyl geschützt werden. Im Boc-<strong>Synthese</strong>protokoll wird hingegen meistens die 2,4-<br />

Dinitrophenylschutzgruppe (DNP) eingesetzt. Im Fall der Fmoc-Strategie wird N τ<br />

O<br />

4


häufig Boc oder einfach Trityl (Tr) geschützt. Für N τ wird häufig die BOM- (=<br />

Benzyloxymethyl) oder die Bum-Schutzgruppe (= tert-Butoxymethyl) verwendet. Die<br />

Verwendung <strong>von</strong> N π Schutzgruppen reduziert das Razemisierungsrisiko.<br />

H 2N<br />

H 2N<br />

COOH<br />

N<br />

N<br />

DNP<br />

COOH<br />

N<br />

H 2N<br />

N<br />

H<br />

Nτ Nπ NO 2<br />

NO 2<br />

<strong>2.</strong><strong>2.</strong>6 Asn und Gln<br />

HSCH 2CH 2OH<br />

COOH<br />

H<br />

N<br />

N<br />

H 2N<br />

HO<br />

COOH<br />

N<br />

N H<br />

S<br />

NO 2<br />

NO 2<br />

H 2N<br />

COOH<br />

N<br />

N<br />

Tr<br />

BOM<br />

O His<br />

O His<br />

Bum<br />

Diese Seitengruppen werden meist ungeschützt gelassen. Allerdings kann es zu<br />

Dehydratisierung kommen was dann Nitrile ergibt.<br />

<strong>2.</strong><strong>2.</strong>7 Trp und Met<br />

Diese Seitenketten werden in der Regel nicht geschützt.<br />

<strong>2.</strong><strong>2.</strong>8 Cys<br />

Es handelt sich um eine sehr problematische Aminosäure, deren Schützung<br />

unbedingt erforderlich ist. Für Boc-Chemie bietet sich die Acetamidomethyl-<br />

Schutzgruppe (Acm) an. Sie ist ebenfalls kompatibel mit der Fmoc-Chemie. Die Acm-<br />

Schutzgruppe wird mit Hg 2+ - oder Ag + -Salzen gespalten. Auch die mit Säure<br />

abspaltbare Tr-Gruppe wird für Cys gerne verwendet.<br />

5


<strong>2.</strong>3 Acylierungen<br />

H 2N<br />

COOH<br />

S<br />

Tr<br />

H 2N<br />

COOH<br />

S<br />

Acm<br />

Um eine Peptidbindung bilden zu können, muss die Carboxylatfunktion aktiviert<br />

werden. Die unterschiedlichen Carboxylatderivate weisen eine unterschiedliche<br />

Resonanzstabilisierung auf, welche die Reaktivität herabsetzt. Das Carboxylat mit ca.<br />

30 kcal/mol, das Amid 22 kcal/mol und der Ester 14 kcal/mol sind relativ unreaktiv.<br />

Anhydrid und Säurechlorid haben kaum Resonanzstabilisierung und sind aus diesem<br />

Grund sehr reaktiv. Ziel der Carbonsäureaktivierung muss es also sein, Derivate zu<br />

erzeugen, in denen die Resonanzstabilisierung nur minimal ist<br />

O<br />

O<br />

<<br />

O<br />

NH 2<br />

<<br />

O<br />

OR<br />

<<br />

N<br />

H<br />

O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

Reaktivität nimmt zu<br />

Der Angriff des Nukleophils ergibt eine Tetraederzwischenstufe, in der die Resonanzstabilisierung<br />

nicht mehr existiert. Je größer der Verlust an Resonanzenergie, umso<br />

höher liegt der Übergangszustand der Reaktion und umso unreaktiver ist das Derivat<br />

(später Übergangszustand). Die Grundlagen der nukleophilen Substitution am<br />

Carboxylat Kohlenstoff sollten im Lehrbuch (z. B. im R. Brückner Reaktionsmechanismen)<br />

nachgelesen werden.<br />

<<br />

O<br />

Cl<br />

6


Abb. 2 Energieprofil (mit Mesomeriestabilisierung) zur Bildung der Tetraederzwischenstufe<br />

aus einem Carbonsäurederivat.<br />

Ein weiterer Punkt, der die Reaktivität beeinflusst, ist die Stabilisierung der tetraedrischen<br />

Zwischenstufe. Je stärker die Stabilisierung, umso energetisch tiefer liegt<br />

der Übergangszustand und umso schneller ist die Reaktion. Da die tetraedrischen<br />

Zwischenprodukte oft negativ geladen sind, was sich im Übergangszustand partiell<br />

bereits bemerkbar macht, wirken sich sehr elektronenziehende Substituenten (z. B<br />

das Cl im Säurechlorid) stabilisierend und damit ratenbestimmend aus. Auch der<br />

anomere Effekt stabilisiert die Tetraederzwischenstufe sehr stark. Der anomere<br />

Effekt ist in Strukturelementen Het-C-Het (Het = Heteroatom) bedeutsam. Es handelt<br />

sich um eine n-σ* Wechselwirkung (Abb. 3).<br />

Abb. 3 Anomerer Effekt.<br />

7


Carbonsäuren werden für die Amidbindungsbildung daher zunächst in reaktive<br />

Substanzen überführt. Sehr bekannt sind die Anhydride, die Pentafluorphenylester<br />

(A), Thioester (B, aktiviert wegen der geringen Neigung des Schwefels Doppel-<br />

bindungen zu bilden), Imidazolide (C) und natürlich die Aktivierung mit Hilfe des<br />

Steglich-Reagenzes Dimethylaminopyridin (D, DMAP). Beim Steglich-Reagenz<br />

würde eine Resonanz zu einer doppelt positiv geladenen Teilstruktur führen was<br />

energetisch sehr ungünstig ist<br />

O<br />

F<br />

F<br />

O F<br />

F F<br />

A<br />

O<br />

S<br />

N<br />

B C<br />

O O<br />

Eine bekannte Methode zur Aktivierung <strong>von</strong> Carbonsäuren bietet das Mukaiyama-<br />

Verfahren (Schema 1). Hier entsteht über Meisenheimer-analoge Zwischenstufen<br />

(nukleophile aromatische Substitution) ein Aktivester, der leicht mit Nukleophilen<br />

reagiert. Die Aktivierung findet hier in situ statt.<br />

Schema 1 Carbonsäureaktivierung mit dem Mukaiyama-Reagenz.<br />

Der Mechanismus der Carbonsäureaktivierung soll am Beispiel der Imidazolide<br />

dargestellt werden (Schema 2). Hier wird ausgehend <strong>von</strong> der Carbonsäure mit<br />

Carbonyldiimidazol das Imidazolid erzeugt.<br />

N<br />

N<br />

N<br />

D<br />

O<br />

N<br />

N<br />

8


Schema 2 Carbonsäureaktivierung über ein Imidazolid.<br />

Man informiere sich über den Mechanismus der Bildung <strong>von</strong> Säurechloriden mit<br />

Thionylchlorid und Oxalyldichlorid, sowie mit der Frage warum DMF die Bildung<br />

eines Säurechlorids aus einer Carbonsäure und Thionylchlorid katalysiert.<br />

<strong>2.</strong>4 Kupplungsmethoden<br />

<strong>2.</strong>4.1 Aktivierung mit DCC<br />

In der Peptidchemie wird nur selten ein stabiles aktiviertes Carbonsäurederivat<br />

eingesetzt. Meist wird die N α - und Seitenketten-geschützte Aminosäure direkt in situ<br />

vor der Kupplung aktiviert. Hierzu wird häufig ganz klassisch ein Gemisch aus DCC +<br />

HOBt eingesetzt. DCC aktiviert die Carbonsäure unter Bildung eines sehr reaktiven<br />

Acylisoharnstoffs. Dieser regiert mit dem HOBt zu einem Reaktivester, in dem ein<br />

sehr großer Teil der anfänglichen Reaktivität konserviert ist (Schema 3). Dieser<br />

Reaktivester reagiert dann mit der Nukleophil, z. B mit der freien Aminogruppe einer<br />

zweiten Aminosäure. Eine direkte Umsetzung des Acylisoharnstoffs ist wenig ratsam,<br />

9


da die Reaktivität so hoch ist, das Razemisierung eintritt. Außerdem erfolgt ein, wenn<br />

auch langsamer [1,3]-Acylshift, der zu einem unreaktiven Acylharnstoff führt (Schema<br />

3E).<br />

Schema 3 Carbonsäureaktivierung mit DCC.<br />

Alternativ zum DCC wird häufig Diisopropylcarbodiimid (DIPCDI) verwendet, da der<br />

sich hier bildende Harnstoff löslicher ist und leichter abgetrennt werden kann.<br />

HOBt beschleunigt die Reaktion, unterdrückt die Razemisierung und hilft das die Asn<br />

und Gln Seitengruppen nicht dehydratisieren. Mit Hilfe <strong>von</strong> DCC lassen sich also die<br />

Aminosäuren in situ in relativ stabile Aktivester überführen wie: Pentafluorphenyl-<br />

(Schema 3C) oder eben HOBt-Ester (Schema 3D). Diese Aktivester sind so stabil,<br />

dass sie isoliert und chromatographiert werden können.<br />

<strong>2.</strong>4.2 Aktivierung mit BOP<br />

Sehr modern und beliebt ist neben der DCC-Methode, die Kupplung mit einem<br />

Gemisch aus HBTU/HOBt oder BOP (BOP = Benzotriazolyloxytris[dimethylamino]-<br />

10


phosphoniumhexafluorophosphat), auch bekannt als Castros-Reagenz. Wichtig ist,<br />

dass das Gegenion sehr wenig nukleophil ist, deshalb das PF6 - .<br />

O<br />

N<br />

N<br />

N<br />

P<br />

N<br />

N<br />

PF6 BOP<br />

O<br />

N<br />

N<br />

N<br />

C<br />

N<br />

N<br />

PF6 HBTU<br />

Das BOP-Reagenz ist stabil, nicht hygroskopisch und sehr gut löslich in organischen<br />

Lösungsmitteln. Generell ist das BOP-Reagenz wesentliche effizienter als die<br />

Kombination DCC/HOBt. Ein Nachteil ist, dass während der Reaktion<br />

Hexamethylphosphorsäuretriamid entsteht, das wegen seiner Carcinogenität<br />

gefürchtet wird. Das neue Reagenz PyBop schafft hier Abhilfe. Dieses Reagenz<br />

besitzt statt Methylgruppen, Pyrrolidineinheiten.<br />

PF 6<br />

O<br />

N<br />

N<br />

N<br />

P<br />

N<br />

N<br />

PyBOP<br />

N<br />

Br<br />

P<br />

N<br />

N<br />

PyBroP<br />

PF 6<br />

N<br />

Br<br />

P<br />

N<br />

BroP<br />

Andere neue Reagenzien enthalten überhaupt keine Oxybenzotriazole mehr. Hierzu<br />

gehören BroP oder auch PyBroP. Diese Reagenzien kuppeln vor allem sekundäre<br />

Amine wie N-Methylaminosäuren sehr effizient.<br />

Weitere Reagenzien, die sehr beliebt sind, sind HBTU (HBTU = 2-(1H-benzotriazol-<br />

1-yL)-1,1,3,3-tetramethyluroniumhexafluorophosphat) oder auch einfach die Carbonsäurechloride<br />

oder -fluoride. Besonders aktiv ist das neue Reagenz HATU.<br />

N<br />

PF 6<br />

11


N<br />

O<br />

N<br />

N<br />

N<br />

C<br />

N<br />

N<br />

PF6 HATU<br />

O<br />

OH<br />

N<br />

F<br />

N<br />

F N F O<br />

Die <strong>Synthese</strong> der Kupplungsreagenzien ist beispielhaft für BOP in Schema 4 gezeigt.<br />

Schema 4 <strong>Synthese</strong> des BOP-Reagenz.<br />

Manchmal ist es nötig, während der Peptidsynthese gezielt eine Aminogruppe einer<br />

Lys-Seitenkette freizusetzen, um z. B eine Zyklisierung einzuleiten. Hierzu benötigt<br />

man eine weitere orthogonale Schutzgruppe. In der Regel wird hierfür die<br />

Allyloxycarbonylgruppe (Alloc) verwendet.<br />

O<br />

O<br />

NH<br />

P 1 HN<br />

O<br />

NHP 2<br />

<strong>2.</strong>5 Festphasensynthese<br />

Bu 3SnH<br />

PdCl 2(PPh 3) 2<br />

H 2N<br />

P 1 HN<br />

F<br />

O<br />

NHP 2<br />

Bei der Festphasensynthese wird das Peptid an einem Polymer, einem festen<br />

Träger, hergestellt. Durch die Immobilisierung können die verwendeten Reagenzien<br />

sehr schnell ausgewaschen werden. Ferner können Sie in großem Überschuss<br />

zugesetzt werden, wodurch die Kupplungsausbeuten deutlich gesteigert werden<br />

können. Die Immobilisierung erlaubt es die Peptidsynthese zu automatisieren. So<br />

12


gibt es heute kommerzielle Peptidsynthesegeräte mit denen Peptide bis zu einer<br />

Länge <strong>von</strong> 100 Aminosäuren (praktisch 50 Aminosäuren) hergestellt werden können.<br />

Bei der Peptidsynthese wird an der festen Phase eine repetitive Sequenz aus<br />

Kupplung, Entschützung der temporären Schutzgruppe und erneuter Kuppelung<br />

durchgeführt (Abb. 4).<br />

Abb. 4 Typische Reaktionssequenz zum Aufbau eines Peptids an der festen Phase.<br />

13


Besondere Beachtung muss dem Harz-Polymer und dem Linker geschenkt werden.<br />

Der Linker ist das Bindeglied zwischen dem polymeren Träger und dem Peptid.<br />

Dieser Linker muss am Ende, ebenso wie die permanenten Schutzgruppen, spaltbar<br />

sein, um das Peptid freizusetzen. Im Fall der Boc-Chemie muss die Spaltung<br />

demnach mit HF und im Fall der Fmoc-Chemie mit ca. 80%-iger TFA realisierbar<br />

sein. Der Linker legt fest, ob nach der Abspaltung eine C-terminale Carbonsäure<br />

oder eine andere Gruppe wie z.B. ein Amid erhalten wird.<br />

Im Fall des Harzes, also des Polymers, sind die Quell-Eigenschaften bedeutsam<br />

sowie die Beladung und die Inertheit gegenüber den Reagenzien. Das Harz muss<br />

gut quellen, damit die Reagenzien leicht an die <strong>Synthese</strong>stelle gelangen können.<br />

Man muss sich das Polymer als ein eng geknüpftes Maschennetzwerk vorstellen, in<br />

dem das Peptid hergestellt wird.<br />

<strong>2.</strong>5.1 Die feste Phase<br />

In der Regel handelt es sich um Polystyrol, das mit 1% m-Divinylbenzol versetzt<br />

(crosslinking) wurde. Die Funktionalisierung geschieht meist über eine<br />

Chlormethylierung. Zwischen die Chlormethylgruppe und die erste Aminosäure wird<br />

meist ein Linker gesetzt, der die Abspaltung des fertigen Peptides vom Harz am<br />

Ende der <strong>Synthese</strong> erlaubt.<br />

Die wichtigsten Harze sind:<br />

A) Wang-Harze nennt man Harze, die einen Wang-Linker zwischen dem<br />

Polystyrol und dem Peptid besitzen. Diese Harze werden im Rahmen der Fmoc-<br />

Peptidsynthese eingesetzt und erlauben die <strong>Synthese</strong> <strong>von</strong> C-terminalen<br />

Carbonsäuren. Wang-Harze enthalten einen p-Alkoxybenzylesterlinker. Man erhält<br />

die Wang-Harze durch Umsetzung der Chlormethylpolystyrole mit 4-<br />

Hydroxybenzylalkohol. Die Abspaltung des fertigen Peptids erfolgt mit TFA.<br />

B) Rink-Harze (4-(2’,4’-Dimethoxyphenylhydroxymethyl-phenoxy-Harze) sind<br />

entweder als Amid- oder Säure-Harze erhältlich. Das Amid-Harz liefert C-terminale<br />

Amide und wird für die Fmoc-<strong>Synthese</strong> eingesetzt. Das Rink-Säure-Harz ermöglicht<br />

Peptidsynthese nach der Boc-Strategie. Es liefert C-terminale Carbonsäuren.<br />

14


Der Rink-Säure-Linker ist, ebenso wie der Chlortrityl-Linker, so säurelabil, dass die<br />

Peptide z. B. mit verdünnter TFA vollgeschützt vom Harz abgespalten werden<br />

können. Diese Fragmente können dann in der Fragmentkondensation eingesetzt<br />

werden.<br />

O<br />

Chlortrityl-Harz<br />

OH<br />

Wang-Linker Rink-Amid-Linker<br />

N<br />

Cl<br />

Cl<br />

NO 2<br />

OH<br />

Oxim-Linker<br />

O<br />

NH 2<br />

O<br />

NHFmoc<br />

MBHA-Amid-Linker<br />

O<br />

NH<br />

O<br />

PAM-Linker<br />

OH<br />

O<br />

OH<br />

Rink-Säure-Linker<br />

Cl<br />

Merrifield-Harz<br />

C) MBHA- und PAM-Harze: Die MBHA = p-Methylbenzhydrylamin- oder PAM =<br />

Phenalacetamidomethyl-Harze werden ebenso wie das klassische Merrifield-Harz im<br />

Rahmen der Boc-Peptidsynthese verwendet. Die Abspaltung der fertigen Peptide<br />

erfolgt am Ende mit HF. Mit den MBHA-Harzen werden Peptidamide erhalten. Die<br />

PAM-Harze liefern die Carbonsäuren. Will man mit Hilfe der Boc-Strategie voll<br />

geschützte Peptide herstellen, so kann dieses mit Oxim-Harzen erreicht werden. Hier<br />

findet die Spaltung mit NH3 oder H2N-NH2 statt.<br />

O<br />

15


Neben diesen Linkern, die mit unterschiedlich starken Säuren die Abspaltung des<br />

Peptides ermöglichen, gibt es eine große Auswahl anderer Linker, die eine völlig<br />

orthogonale Abspaltung mit z. B. Licht (Nitrobenzyl-Harze) oder Pd(0) (Allyl-Harze)<br />

ermöglichen.<br />

HN<br />

O<br />

Nitrobenzyl-Linker<br />

NO 2<br />

Br<br />

HN<br />

O<br />

Br Allyl-Linker<br />

Abb. 5 Abspaltung eines Peptids im vollgeschützten Zustand. Die <strong>Synthese</strong> erfolgte nach<br />

dem Fmoc-Protokoll an einem Sasrin-Harz, welches dem Wang-Harz sehr ähnlich ist.<br />

<strong>2.</strong>5.2 Die Entschützung<br />

• Man kann das Peptid mitsamt den Seitenketten-Schutzgruppen abspalten,<br />

wenn z. B. eine spätere Fragmentkondensation geplant ist.<br />

16


• Möglich ist auch, zunächst wenige orthogonale Schutzgruppen am Peptid<br />

abzuspalten, um z. B. zunächst eine Cyclisierung am Harz durchzuführen.<br />

• In den meisten Fällen wird man wohl das Peptid komplett am Harz<br />

entschützen und dann auch gleich vom Harz abspalten.<br />

Die komplette Entschützung und gleichzeitige Abspaltung vom Harz erreicht man im<br />

Fall der Boc-Strategie mit flüssigem HF, Trifluormethansulfonsäure (TFMSA) in TFA<br />

oder HBr in HOAc. Im Fall der Fmoc-Strategie wird TFA (ca. 80%ig) in CH2Cl2<br />

verwendet. Für die HF-Abspaltung wird eine spezielle Ausrüstung benötigt.<br />

In der Regel werden Abfangreagenzien (scavanger) zugesetzt, um reaktive Inter-<br />

mediate abzufangen, die das Peptid schädigen könnten. Hier kommen Anisol,<br />

Ethandithiol, Dimethylsulfid, u. a. zum Einsatz.<br />

Schema 5 Beispiel für die <strong>Synthese</strong> eines zyklischen Peptids direkt am Harz.<br />

17


In Schema 5 ist beispielhaft die <strong>Synthese</strong> eines zyklischen Peptids an der festen<br />

Phase gezeigt. Das Peptid wird mit Hilfe der Boc-Strategie an einem Oxim-Harz<br />

synthetisiert. Eine Asparaginsäure und ein Lysin-Rest werden Fmoc geschützt. Diese<br />

Schutzgruppen werden nach der kompletten Peptidsynthese selektiv entschützt.<br />

Dann erfolgt die Cyclisierung mit dem Reagenz BOP direkt am Harz. Ganz zum<br />

Schluss wird vollständig entschützt und vom Harz abgespalten.<br />

<strong>2.</strong>6 <strong>Synthese</strong> <strong>von</strong> langen <strong>Peptiden</strong> und Proteinen<br />

Zur <strong>Synthese</strong> sehr langer Peptide oder <strong>von</strong> Proteinen mit unnatürlichen Aminosäuren<br />

existieren derzeit 4 Methoden:<br />

1. Fragmentkondensation<br />

<strong>2.</strong> Ligationen (native chemical ligation)<br />

3. Int-/Ent-Systeme<br />

4. Einbau unnatürlicher Aminosäuren in Proteine<br />

<strong>2.</strong>6.1 Fragmentkondensation<br />

Durch die normale Peptidsynthese sind Peptide mit einer Länge <strong>von</strong> 30 – 40<br />

Aminosäuren herstellbar. Längere Peptide neigen am Harz zur Aggregation, was die<br />

<strong>Synthese</strong>ausbeute sehr deutlich reduziert. Man erhält dann uneinheitliche Produkte.<br />

Die Kupplungsausbeute lässt sich mit Hilfe <strong>von</strong> Detektoren (Abspaltung der Fmoc-<br />

Gruppe) oder mit Hilfe <strong>von</strong> Ninhydrin-Tests überwachen.<br />

Bei der Segmentkondensation werden die Peptide vollständig geschützt isoliert.<br />

Dann werden die zwei Fragmente gekuppelt. Die Limitierungen liegen in zu<br />

schlechten Ausbeuten auch bedingt durch eine geringe Löslichkeit. Razemisierung<br />

der aktiven Aminosäure ist ebenfalls ein Problem.<br />

<strong>2.</strong>6.2 Ligation <strong>von</strong> ungeschützten Peptidsegmenten<br />

Eine typische funktionelle Proteindomäne enthält 130 ± 40 Aminosäuren. Nur 70<br />

lassen sich heute am Harz routinemäßig kuppeln und schon das erfordert viel<br />

Erfahrung.<br />

<strong>Chemische</strong> Ligation ermöglicht es zwei ungeschützte Peptidsegmente zu kuppeln.<br />

Man benötigt allerdings einen N-terminalen Cysteinrest an der Kupplungsstelle.<br />

18


Man synthesitsiert zunächst ein Peptid mit einem C-terminalen Thioester. Das zweite<br />

Fragment enthält N-terminal ein Cystein. Werden beide Fragmente zusammen-<br />

gegeben, so setzt ein Thiolaustausch ein, in dessen Folge im Gleichgewicht auch<br />

das Thioester verknüpfte Produkt entsteht. Eine schnelle Umlagerung führt zum<br />

Trapping des Intermediats unter Ausbildung einer Peptidbindung.<br />

Es gibt mittlerweile auch Methoden, die es ermöglichen Peptide zu legieren ohne<br />

dass ein Cys-Rest anwesend sein muss.<br />

Ein Problem ist immer die <strong>Synthese</strong> des Thioesters vom Fragment 1. Hier wird<br />

zumeist das Peptid durch Boc-Chemie assembliert, welches per Thioester mit dem<br />

Harz verbunden ist. Dann wird das Peptid schrittweise aufgebaut und am Ende<br />

abgespalten. Der Thioester „überlebt“ diese Schritte gut. Problematischer ist die<br />

<strong>Synthese</strong> der Thioester basierend auf der Fmoc-Chemie, da der Thioester den<br />

regelmäßigen Fmoc-Abspaltungen nicht standhält.<br />

Meist wird zunächst das Peptid hergestellt, welches dann mit Benzylbromid den in<br />

die Ligation einsetzbaren Thioester ergibt.<br />

Fmoc-Chemie muss unbedingt angewendet werden, wenn zum Beispiel glykosylierte<br />

Peptide legiert werden sollen. Hier helfen die Säure und Base stabilen „Safety-<br />

Catch“-Linker <strong>von</strong> J. Ellman. Das Peptid wird am „Safety-Catch“-Linker mittels Fmoc-<br />

Chemie assembliert. Die letzte Aminosäure ist Boc geschützt. Das ist wichtig, da<br />

diese erst nach der Thioesterbildung entschützt werden kann. Das Harz wird dann<br />

mit ICH2CN behandelt und so der Linker aktiviert. Die Abspaltung vom Harz unter<br />

Ausbildung des Thioesters erfolgt mit Thiobenzylalkohol. Dann werden alle<br />

Schutzgruppen mit TFA abgespalten und das Peptid gereinigt. Die Ligation wird per<br />

HPLC verfolgt. Die endgültige Charakterisierung erfolgt durch MS (ESI-MS).<br />

<strong>2.</strong>6.3 Int-/Ent-Systeme †<br />

<strong>2.</strong>6.4 Einbau unnatürlicher Aminosäuren in Proteine †<br />

† Dieser Abschnitt wird zu einem späteren Zeitpunkt fertig gestellt.<br />

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