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Stanislaw Lem - Transfer

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Vielleicht war aber auch das ein Hirngespinst. Ich drehte diesen Gedanken in meinem Kopf<br />

herum, unsicher, in der aufkommenden Dunkelheit zusammengekauert. Ich sah kaum noch den<br />

eigenen Körper, meine Sonnenbräune verbarg mich in der Finsternis. Die Wolken füllten nun den<br />

ganzen Himmel, und plötzlich, viel zu schnell, wurde es Nacht. Vom Haus kam etwas Weißes auf<br />

mich zu. Es war ihre Badekappe. Panik überkam mich. Langsam stand ich auf, wollte ganz<br />

einfach weglaufen, aber sie sah mich schon gegen den Hintergrund des Himmels.<br />

»Herr Bregg?« fragte sie leise.<br />

»Ja. Wollen Sie baden? Ich... ich will nicht stören. Ich gehe schon... «<br />

»Warum? Sie stören mich doch nicht.., ist das Wasser warm?«<br />

»Ja. Für meinen Geschmack sogar zu warm«, sagte ich. Sie ging an den Rand und sprang ganz<br />

leicht. Jetzt sah ich nur ihre Umrisse. Der Badeanzug war dunkel. Das Wasser planschte. Sie kam<br />

dicht an meinen Beinen wieder hoch.<br />

»Pfui, schrecklich!« prustete sie. »Was hat er denn da angerichtet.., man muss kaltes hinzugießen.<br />

Wissen Sie, wie man das macht?«<br />

»Nein. Aber gleich werde ich es wissen.«<br />

Ich sprang über ihren Kopf hinweg. Schwamm tief nach unten, bis meine ausgestreckten Arme<br />

den Grund berührten, und dann schwamm ich dicht darüber, oft den Betonboden berührend. Unter<br />

Wasser war es, wie üblich, etwas heller als draußen, so dass ich die Leitungsöffnungen ausfindig<br />

machen konnte. Sie waren in der Wand gegenüber dem Haus angebracht. Ich kam hoch, schon<br />

etwas außer Atem, da ich solange getaucht war.<br />

»Bregg!« hörte ich ihre Stimme.<br />

»Hier bin ich. Was gibt's?«<br />

»Ich bekam Angst...«, bekannte sie schon leiser.<br />

»Warum?«<br />

»Sie kamen so lange nicht mehr hoch...«<br />

»Nun weiß ich, wo die Leitungen sind, wir machen das gleich!« rief ich und lief auf das Haus zu.<br />

Die heldenhafte Taucherei konnte ich mir geschenkt haben, denn die Wasserhähne waren gut zu<br />

sehen, sie befanden sich in einer kleinen Säule neben der Veranda. Ich drehte den Kaltwasserhahn<br />

auf und ging zum Schwimmbecken zurück.<br />

»Fertig. Es wird bloß noch etwas dauern.«<br />

»Ja.«<br />

Sie stand unter dem Sprungbrett und ich an der kürzeren Seite des Schwimmbeckens, als hätte ich<br />

Angst, näherzutreten. Also ging ich auf sie zu, langsam, wie absichtslos. An die Dunkelheit hatte<br />

ich mich schon gewöhnt. Ich konnte ihre Gesichtszüge unterscheiden. Sie sah ins Wasser. Die<br />

weiße Badekappe stand ihr wirklich gut. Und sie sah größer aus als angekleidet.<br />

So stand ich lange neben ihr, bis es fast taktlos schien. Vielleicht setzte ich mich deshalb so<br />

plötzlich. >Du Holzklotz!< schimpfte ich mit mir selbst. Aber irgendeinen guten Einfall hatte ich<br />

nicht. Die Wolken wurden dichter, die Dunkelheit auch, aber nach Regen sah es nicht aus. Es war<br />

ziemlich kühl.<br />

»Frieren Sie nicht?«<br />

»Nein. Herr Bregg?«<br />

»Ja?«<br />

»Das Wasser scheint aber nicht zu steigen.«<br />

»Weil ich den Abfluss geöffnet habe.., nun wird es aber wohl reichen. Ich schließe ihn wieder.«<br />

Als ich vom Haus zurückkam, verfiel ich auf die Idee, dass ich Olaf rufen könnte. Es war so<br />

dumm, dass ich fast laut gelacht hätte. Angst hatte ich also vor ihr...<br />

Ich tat einen flachen Sprung und kam gleich wieder hoch.<br />

»Nun scheint es richtig zu sein. Vielleicht tat ich zuviel des Guten, dann sagen Sie es mir, bitte,<br />

ich kann noch warmes Wasser zufließen lassen.«<br />

Der Wasserspiegel senkte sich nun ganz deutlich, da der Abfluss noch immer geöffnet war. Das<br />

Mädchen- ich sah ihren schlanken Schatten und die Wolken als Hintergrund - schien irgendwie<br />

unschlüssig. Vielleicht hatte sie keine Lust mehr zu baden. Vielleicht wollte sie wieder ins Haus<br />

zurück, fuhr es mir blitzartig durch den Kopf, und ich fühlte dabei eine Art von Erleichterung.<br />

Doch im gleichen Moment sprang sie flach auf die Beine und schrie dabei leise auf, weil das

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