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Stanislaw Lem - Transfer

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»Herr...«, hörte man noch eine gedämpfte Stimmenwelle hinter der Wand. »Bbitte... zu<br />

Dienssten... Irrtum...«<br />

Ich ging am verglasten Pavillon vorbei, wusste nicht wohin, wollte nur möglichst weit von diesen<br />

Stimmen weg, sie nicht mehr hören; zuckte zusammen, als mich plötzlich jemand an der Schulter<br />

fasste. Es war Marger, der Blonde, Hübsche, Lächelnde.<br />

»Ach, Entschuldigung, Herr Bregg, bitte tausendmal um Entschuldigung, es hat so lange<br />

gedauert...«<br />

»Was wird mit ihnen geschehen? « unterbrach ich ihn fast unhöflich und wies mit der Hand auf<br />

die einzeln stehende Baracke.<br />

»Wie bitte?« Seine Augenlider zuckten. »Mit wem?«<br />

Plötzlich verstand er: »Ach, dort sind Sie gewesen? Das war nicht nötig...«<br />

»Wieso nicht nötig?«<br />

»Das ist Schrott.«<br />

»Was?«<br />

»Schrott, zum Schmelzen, bereits nach der Selektion. Gehen wir?... Wir müssen noch das<br />

Protokoll unterschreiben.«<br />

»Moment. Wer führt sie durch, diese... Selektion?«<br />

»Wer? Die Roboter.«<br />

»Was?! Sie allein??«<br />

»Selbstverständlich.«<br />

Unter meinem Blick verstummte er.<br />

»Warum repariert man sie denn nicht?«<br />

»Weil sich das nicht lohnt«, sagte er langsam, mit einem Ausdruck des Staunens.<br />

»Und was geschieht mit ihnen?«<br />

»Mit dem Schrott? Er wird dorthin befördert«, er wies auf den hohen, einsam stehenden Siemens-<br />

Martin-Ofen.<br />

Im Arbeitszimmer lagen auf dem Schreibtisch schon die vorbereiteten Papiere - Protokoll der<br />

Kontrolle, noch irgendwelche Wische-, Marger füllte die Rubriken der Reihe nach aus, schrieb<br />

seinen Namen darunter und reichte mir den Füller. Ich drehte ihn in den Fingern.<br />

»Und besteht da keine Möglichkeit eines Irrtums?«<br />

»Wie, bitte?«<br />

»Dort, in diesem... Schrott, wie Sie ihn nennen, könnte man wohl.., noch ziemlich leistungsfähige,<br />

brauchbare finden - meinen Sie nicht auch?«<br />

Er sah mich an, als ob er nicht verstünde, was ich da redete.<br />

»Ich hatte diesen Eindruck«, schloss ich langsam.<br />

»Aber das ist doch nicht unsere Sache«, erwiderte er.<br />

»Nicht? Wessen denn?«<br />

»Sache der Roboter.«<br />

»Wieso? Wir sollten doch kontrollieren.«<br />

»Ach, nein«, lächelte er, erleichtert, dass er endlich die Ursache meines Irrtums entdeckt hatte.<br />

»Das hat ja damit nichts zu tun. Wir kontrollieren die Synchronisation der Prozesse, ihr Tempo<br />

und ihre Effektivität. Wir kümmern uns nicht um solche Einzelheiten wie die Selektion. Das ist<br />

nicht unsere Sache. Außer der Tatsache, dass dies nicht nötig ist, wäre es übrigens auch nicht<br />

möglich, da auf jeden Lebenden heute achtzehn Automaten fallen, und davon beenden tagtäglich<br />

zirka fünf ihren Zyklus und kommen auf den Schrotthaufen. Pro Tag ergibt das eine Menge von<br />

zwei Milliarden Tonnen. Also sehen Sie selbst, dass wir dies nicht überwachen könnten. Ohne zu<br />

erwähnen, dass die Struktur unseres Systems eben auf einer umgekehrten Beziehung beruht: die<br />

Automaten sorgen für uns, nicht wir für sie...«<br />

Ich konnte ihm sein Recht nicht absprechen. Wortlos unterschrieb ich die Bogen. Wir wollten uns<br />

schon trennen, als ich - selbst für mich unerwartet- ihn fragte, ob man menschenähnliche Roboter<br />

produzierte.<br />

»Eigentlich nicht«, sagte er und fügte zögernd hinzu: »Seinerzeit machten sie uns etwas zu<br />

schaffen...«<br />

»Wieso?«

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