Stanislaw Lem - Transfer
Stanislaw Lem - Transfer
Stanislaw Lem - Transfer
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
»Herr...«, hörte man noch eine gedämpfte Stimmenwelle hinter der Wand. »Bbitte... zu<br />
Dienssten... Irrtum...«<br />
Ich ging am verglasten Pavillon vorbei, wusste nicht wohin, wollte nur möglichst weit von diesen<br />
Stimmen weg, sie nicht mehr hören; zuckte zusammen, als mich plötzlich jemand an der Schulter<br />
fasste. Es war Marger, der Blonde, Hübsche, Lächelnde.<br />
»Ach, Entschuldigung, Herr Bregg, bitte tausendmal um Entschuldigung, es hat so lange<br />
gedauert...«<br />
»Was wird mit ihnen geschehen? « unterbrach ich ihn fast unhöflich und wies mit der Hand auf<br />
die einzeln stehende Baracke.<br />
»Wie bitte?« Seine Augenlider zuckten. »Mit wem?«<br />
Plötzlich verstand er: »Ach, dort sind Sie gewesen? Das war nicht nötig...«<br />
»Wieso nicht nötig?«<br />
»Das ist Schrott.«<br />
»Was?«<br />
»Schrott, zum Schmelzen, bereits nach der Selektion. Gehen wir?... Wir müssen noch das<br />
Protokoll unterschreiben.«<br />
»Moment. Wer führt sie durch, diese... Selektion?«<br />
»Wer? Die Roboter.«<br />
»Was?! Sie allein??«<br />
»Selbstverständlich.«<br />
Unter meinem Blick verstummte er.<br />
»Warum repariert man sie denn nicht?«<br />
»Weil sich das nicht lohnt«, sagte er langsam, mit einem Ausdruck des Staunens.<br />
»Und was geschieht mit ihnen?«<br />
»Mit dem Schrott? Er wird dorthin befördert«, er wies auf den hohen, einsam stehenden Siemens-<br />
Martin-Ofen.<br />
Im Arbeitszimmer lagen auf dem Schreibtisch schon die vorbereiteten Papiere - Protokoll der<br />
Kontrolle, noch irgendwelche Wische-, Marger füllte die Rubriken der Reihe nach aus, schrieb<br />
seinen Namen darunter und reichte mir den Füller. Ich drehte ihn in den Fingern.<br />
»Und besteht da keine Möglichkeit eines Irrtums?«<br />
»Wie, bitte?«<br />
»Dort, in diesem... Schrott, wie Sie ihn nennen, könnte man wohl.., noch ziemlich leistungsfähige,<br />
brauchbare finden - meinen Sie nicht auch?«<br />
Er sah mich an, als ob er nicht verstünde, was ich da redete.<br />
»Ich hatte diesen Eindruck«, schloss ich langsam.<br />
»Aber das ist doch nicht unsere Sache«, erwiderte er.<br />
»Nicht? Wessen denn?«<br />
»Sache der Roboter.«<br />
»Wieso? Wir sollten doch kontrollieren.«<br />
»Ach, nein«, lächelte er, erleichtert, dass er endlich die Ursache meines Irrtums entdeckt hatte.<br />
»Das hat ja damit nichts zu tun. Wir kontrollieren die Synchronisation der Prozesse, ihr Tempo<br />
und ihre Effektivität. Wir kümmern uns nicht um solche Einzelheiten wie die Selektion. Das ist<br />
nicht unsere Sache. Außer der Tatsache, dass dies nicht nötig ist, wäre es übrigens auch nicht<br />
möglich, da auf jeden Lebenden heute achtzehn Automaten fallen, und davon beenden tagtäglich<br />
zirka fünf ihren Zyklus und kommen auf den Schrotthaufen. Pro Tag ergibt das eine Menge von<br />
zwei Milliarden Tonnen. Also sehen Sie selbst, dass wir dies nicht überwachen könnten. Ohne zu<br />
erwähnen, dass die Struktur unseres Systems eben auf einer umgekehrten Beziehung beruht: die<br />
Automaten sorgen für uns, nicht wir für sie...«<br />
Ich konnte ihm sein Recht nicht absprechen. Wortlos unterschrieb ich die Bogen. Wir wollten uns<br />
schon trennen, als ich - selbst für mich unerwartet- ihn fragte, ob man menschenähnliche Roboter<br />
produzierte.<br />
»Eigentlich nicht«, sagte er und fügte zögernd hinzu: »Seinerzeit machten sie uns etwas zu<br />
schaffen...«<br />
»Wieso?«