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Stanislaw Lem - Transfer

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»Du bist anders«, sagte sie. »Keiner spricht so. Sag mir – wie ist es? Wie fühlst du denn?«<br />

»Ich verstehe nicht.«<br />

»Du verstellst dich wohl. Oder hast du gelogen - nein. Das ist nicht möglich. Du könntest nicht<br />

so...«<br />

»Springen?«<br />

»Nicht daran dachte ich.«<br />

»Sondern?«<br />

Ihre Augen wurden eng. »Weißt du es nicht?«<br />

»Na, sag mal«, meinte ich, »tut man denn das nicht mehr?«<br />

»Schon, aber nicht so.«<br />

»Aha, und ich kann es also gut?«<br />

»Nein. Das nicht.., sondern so, als ob du...« Sie beendete den Satz nicht.<br />

»Was?«<br />

»Du weißt es selber. Ich fühlte es.«<br />

»Ich war verärgert«, gab ich zu.<br />

»Verärgert«, meinte sie geringschätzig. »Ich dachte.., ach, ich weiß selbst nicht, was ich dachte!<br />

Niemand würde so etwas wagen - weißt du?«<br />

Ganz leise und fast unmerklich lächelte ich.<br />

»Und das hat dir so gefallen?«<br />

»Ach, du verstehst ja nichts. Die Welt ist ohne Angst, aber vor dir kann man Angst haben.«<br />

»Willst du noch mehr?« fragte ich. Ihre Lippen öffneten sich, wieder sah sie mich wie ein<br />

Fabeltier an.<br />

»Ja.«<br />

Sie schob sich näher heran zu mir. Ich nahm ihre Hand, legte sie auf die meine, ganz flach- die<br />

Finger gingen kaum über meine Handfläche.<br />

»Warum ist deine Hand so hart?« fragte sie.<br />

»Von den Sternen. Die sind so kantig. Und jetzt frag mich mal, warum ich so schreckliche Zähne<br />

habe.«<br />

Sie lächelte. »Deine Zähne sind völlig normal.«<br />

Dabei hob sie meine Hand und war so vorsichtig, dass ich an meine Begegnung mit dem Löwen<br />

denken musste. Statt mich betroffen zu fühlen, lächelte ich einfach. Letzten Endes war das alles<br />

schrecklich dumm. Sie erhob sich hinter meiner Schulter, goss sich etwas aus einer kleinen,<br />

dunklen Flasche ein und trank es aus.<br />

»Weißt du, was das ist?« fragte sie und schloss die Augen mit einem Ausdruck, als ob es eine<br />

brennende Flüssigkeit gewesen wäre. Sie hatte riesenlange Wimpern, bestimmt falsche.<br />

Schauspielerinnen haben immer falsche Wimpern. »Nein.«<br />

»Sagst es aber keinem?«<br />

»Nein.«<br />

»Perto...«<br />

Die Augen wieder.<br />

»Ich sah dich schon vorher. Du bist mit so einem schrecklichen Greis gegangen und kamst dann<br />

allein zurück.«<br />

»Es war der Sohn meines jüngeren Kollegen«, sagte ich. - >Das Komische dabei ist, dass es<br />

beinah stimmt

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