weiter, ohne zu wissen, wohin, unter Menschen, die ich allmählich zu unterscheiden begann. Die Frau mit ihrem Begleiter erblickte ich nur kurz zwischen den Säulen. In den Wandnischen standen leere Rüstungen. Im Innern öffneten sich kupferbeschlagene Türen, wie für Riesen. Wir kamen in eine mit rotem Damast ausgeschlagene Kemenate, die von Fackeln beleuchtet war, ihr Reisigrauch reizte die Nase. An den Tischen schmauste eine schreierisch aufgemachte Menge von Piraten und wandernden Rittern. Auf den Spießen, von Flammen beleckt, drehten sich riesige Fleischstücke, ein rötlicher Schein sprang über die von Schweiß glänzenden Gesichter, die Knochen knackten in den Kiefern der gepanzerten Schmausenden, die manchmal von den Tischen aufstanden und unter uns wandelten. Im nächsten Saal war eine Menge Riesen beim Kegeln, wobei sie Totenschädel als Kugeln gebrauchten; das Ganze schien mir naiv und tölpelhaft. Ich blieb neben den Spielern, die von meinem Wuchs waren, stehen, als irgend jemand von hinten auf mich prallte und wider Willen erstaunt aufschrie. Ich drehte mich um und sah einem Jüngling in die Augen. Er murmelte eine Entschuldigung und ging schnell mit einem dummen Gesichtsausdruck weg. Erst der Blick der dunkelhaarigen Frau, die bewirkt hatte, dass ich in dieses Schloss der billigen Wunder kam, erklärte mir, was geschehen war: dieser junge Mann wollte durch mich hindurchgehen, da er mich für einen irrealen Schmauser von Merlin hielt. Merlin selbst empfing uns in einem entfernten Flügel des Schlosses, umgeben von maskierten Höflingen, die reglos seinen Zauberkünsten assistierten. Ich aber hatte bereits genug davon und nahm die Offenbarungen seiner Zauberei gleichgültig hin. Die Schau endete auch schnell, die Anwesenden fingen an hinauszugehen, als Merlin, silberhaarig und großartig, uns den Weg versperrte und schweigend auf eine entgegengesetzte, mit Flor bespannte Tür wies. Nur uns drei hatte er dorthin eingeladen. Er selber folgte uns nicht. Wir fanden uns in einem nicht sehr großen, aber hohen Raum, dessen eine Wand von der Decke bis zu dem schwarz und weiß gekachelten Boden ein Spiegel war. Dadurch schien dieses Zimmer doppelt so groß zu sein wie in Wirklichkeit. Und es schien sechs Menschen auf einem steinernen Schachbrett einzuschließen. Möbel gab es nicht - nichts außer einer hohen Alabasterurne mit einem Strauß Blumen, die orchideenähnlich waren, aber ungewöhnlich große Kelche hatten. Jede Blume hatte eine andere Farbe. Wir standen vor dem Spiegel. Plötzlich sah mich mein Spiegelbild an. Diese Bewegung war nicht die Spiegelung meiner eigenen Person. Ich selbst stand reglos. Der andere - groß, stämmig - sah langsam erst die dunkelhaarige Frau, dann ihren Begleiter an. Keiner von uns bewegtsich, nur unsere Spiegelbilder, auf unverständliche Art selbständig geworden, lebten auf und spielten unter sich schweigend eine Pantomime. Der Jüngling im Spiegel trat an die Frau heran und sah ihr in die Augen, sie verneinte mit dem Kopf. Aus der Vase nahm sie die Blumen, zerteilte sie mit den Fingern und wählte drei aus -eine weiße, eine gelbe und eine schwarze. Die weiße gab sie ihm, und mit den beiden anderen kam sie auf mich zu. Zu mir – im Spiegel. Sie streckte mir die beiden Blumen entgegen. Ich nahm die schwarze. Dann kehrte sie auf ihren vorherigen Platz zurück, und alle drei- dort, im Spiegelzimmer - nahmen genau dieselben Haltungen ein, die wir tatsächlich eingenommen hatten. Als dies geschah, verschwanden die Blumen aus den Händen unserer Doppelgänger. Nun waren es normale, jede Geste wiederholende Spiegelbilder. Die Tür in der gegenüberliegenden Wand ging auf: wir gingen eine Wendeltreppe hinunter. Die Säulen, Nischen, Gewölbe gingen unmerklich in das Silber und Weiß von Plastikgängen über. Wir gingen weiter, schweigend - nicht einzeln und auch nicht zusammen; diese Situation bedrückte mich immer mehr, aber was sollte ich tun? Jetzt ein zeremonielles, dem »Benimm«- Kodex aus dem früheren Jahrhundert entsprechendes »Sich-vorstellen« unternehmen? Klänge entfernter Musik. Wir waren in den Kulissen hinter einer unsichtbaren Bühne. Im Innern gab es ein paar leere Tischchen und zurückgeschobene Stühle. Die Frau blieb stehen und fragte ihren Begleiter: »Gehst du nicht tanzen?« »Hab' keine Lust«, sagte er. Zum ersten Mal hörte ich seine Stimme. Er war hübsch, doch irgendwie leblos, von einer unverständlichen Passivität, als läge ihm an nichts mehr in der Wett. Er hatte einen wunderschönen, fast mädchenhaften Mund. Er sah mich an. Dann sie. Stand da und schwieg.
»Na, dann geh, wenn du willst...«, sagte sie. Er schob den Vorhang, der eine der Wände darstellte, auseinander und ging. Ich ging ihm nach. »Hallo?« hörte ich hinter mir. Ich blieb stehen. Hinter dem Vorhang ertönte Beifall. »Wollen Sie sich nicht setzen?« Wortlos setzte ich mich. Ihr Profil war herrlich. Die Ohrmuscheln waren von großen Perlen verdeckt. »Ich bin Aen Aenis.« »Hal Bregg.« Sie schien etwas erstaunt zu sein. Nicht durch meinen Namen. Der sagte ihr ja nichts. Eher dadurch, dass ich ihren Namen so gleichgültig hinnahm. Jetzt konnte ich sie aus der Nähe betrachten. Ihre Schönheit war vollkommen und in gewisser Weise unerbittlich. Auch ihre ruhigen, gefassten und nachlässigen Bewegungen. Sie hatte ein graurosa, mehr grau als rosa, Kleid an, das wie ein Hintergrund zur Betonung ihres weißen Gesichts, ihrer weißen Hände war. »Mögen Sie mich nicht?« fragte sie ruhig. Jetzt war ich es, der erstaunt war. »Ich kenne Sie nicht.« »Ich bin die Ammai - von den >WahrenWahren
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»Sie haben es sehr kraftvoll ausge
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vorne, bildete etwas wie eine phant
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Ihre Augen weiteten sich vor Staune
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Ich zuckte zusammen; stützte mich
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ich zur Post, aber es gab keine Nac
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Erfüllung nur für wenige Menschen
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und dann flogen die anderen weg. Un
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»Das weiß ich selber nicht so rec
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Prometheus< und dem Kleinplaneten h
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Start versucht hatte. Ich kroch hin
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Vorgängerinnen nicht entmutigt. Fl
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VIII Inzwischen gab Olaf immer noch
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Um jeden Preis versuchte ich, ein a
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Ich schwieg. »Hab es mir schon dam
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hätte er viel gearbeitet und nur w
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tief unten, und dann schwand auch d
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flammenden Flügeln, die Farben, di