Stanislaw Lem - Transfer
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»Damit werden Sie keine Schwierigkeiten haben. Eine Ladung reicht für die ganze Lebensdauer<br />
des Wagens. Die Parastate, wohlbemerkt, miteinberechnet.«<br />
»Schön«, sagte ich. »Ich möchte etwas Stabiles, Widerstandsfähiges. Braucht nicht groß zu sein,<br />
aber schnell.«<br />
»Dann würde ich Ihnen zu diesem Giabile oder zu dem anderen Modell dort raten...«<br />
Er führte mich in einen großen Saal, die Wagen entlang. Die blitzten nur so, als wären sie wirklich<br />
neu.<br />
»Wohlverstanden«, meinte der Verkäufer, »sie können sich nicht mit dem Glider messen. Aber<br />
heutzutage ist das Auto ja kein Verkehrsmittel mehr...«<br />
>Sondern?< - wollte ich fragen, blieb aber stumm.<br />
»Gut«, sagte ich, »wieviel kostet dieser Wagen?«, und zeigte dabei auf eine blassblaue Limousine<br />
mit silbernen, tief versteckten Scheinwerfern.<br />
»Vierhundertachtzig Iten.«<br />
»Ich möchte ihn aber in Klavestra haben«, sagte ich. »Dort habe ich eine Villa gemietet. Die<br />
genaue Adresse kann das Reisebüro, hier, in dieser Straße, angeben...«<br />
»Sehr wohl, mein Herr. Man kann es mit dem Ulder schicken, dafür wird nichts berechnet.«<br />
»So? Ich selbst soll mit einem Ulder dort hinfahren...?«<br />
»Dann geben sie, bitte, nur das Datum an, und wir werden es zu ihrem Ulder bringen, so wird es<br />
am einfachsten sein. Es sei denn, Sie wünschen...«<br />
»Nein, nein. Es kann so gemacht werden, wie Sie sagen.«<br />
Ich bezahlte das Auto- mit dem Kalster verstand ich schon ganz gut umzugehen - und verließ den<br />
Antiquitätenladen. Hier roch es überall nach Lackfarben und Gummi. Diese Gerüche schienen mir<br />
herrlich.<br />
Mit der Kleidung ging es nicht so gut. Fast nichts von den Klamotten, die ich kannte, existierte<br />
mehr. Dabei klärte sich auch das Geheimnis der rätselhaften Flaschen im Hotelschränkchen mit<br />
der Inschrift BADEMÄNTEL auf. Nicht nur so ein Mantel, sondern Anzüge, Strümpfe,<br />
Strickjacken, Wäsche - alles wurde aufgespritzt. Mir wurde klar, dass das den Frauen gefallen<br />
musste: mit ein paar Flaschen hantieren, die eine Flüssigkeit abgaben, die sofort zu Geweben mit<br />
glatter oder rauer Struktur erstarrten: Samt, Pelz oder elastisches Metall. So schufen sie jedesmal<br />
ein neues Modell nur für die eine Gelegenheit. Selbstverständlich machte das nicht jede Frau<br />
selbst, es gab spezielle Plast-Salons - damit befasste sich also Nais! -. Die daraus resultierende<br />
enganliegende Mode sagte mir im übrigen nicht besonders zu. Allein der Prozess des<br />
Sichanziehens mit Hilfe der Syphonflaschen schien mir sinnlos schwierig. Es gab nur wenige<br />
fertige Sachen, und die wiederum passten mir nicht: sogar den größten fehlten an vier Nummern<br />
zu meiner Statur. Endlich entschied ich mich für Flaschenwäsche: ich merkte, dass mein Hemd<br />
nicht mehr lange halten würde. Ich konnte natürlich den Rest meiner Habe vom »Prometheus«<br />
herunterholen, aber auch dort hatte ich weder Anzüge noch weiße Oberhemden - mit denen hätte<br />
man in der Nähe des Fomalhautgestirns ja nicht viel anfangen können. So nahm ich nur noch<br />
einige Paare drillichähnliche Hosen für die Gartenarbeit, denn nur sie hatten relativ weite Beine,<br />
und man konnte sie auch verlängern; für alles zahlte ich einen Iten. Soviel kosteten diese Hosen,<br />
der Rest war umsonst.<br />
Ich ließ mir die ausgewählten Sachen ins Hotel schicken und mich aus purer Neugier zu einem<br />
Besuch im Modesalon überreden. Dort empfing mich ein Kerl mit Künstlermiene, besah mich erst<br />
und stimmte mit mir überein, dass ich eher weite Sachen tragen sollte; ich merkte, dass er kaum<br />
von mir entzückt war. Ich von ihm auch nicht. Das Ganze endete mit ein paar Strickjacken, die er<br />
mir gleich an Ort und Stelle anfertigte. Ich stand da mit erhobenen Armen, und er flitzte um mich<br />
herum, dabei mit vier Flaschen zugleich operierend. Die Flüssigkeit - in der Luft weiß wie<br />
Schaum- erstarrte fast augenblicklich. Es entstanden aus ihr Jacken in verschiedenen Farben, eine<br />
hatte einen schwarz-roten Streifen auf der Brust; am schwierigsten war, wie ich merkte, das<br />
Fertigstellen von Kragen und Ärmeln. Dazu brauchte man wirklich Übung.<br />
Bereichert um dieses Erlebnis, das übrigens nichts kostete, fand ich mich wieder auf der Straße in<br />
der prallen Mittagssonne. Glider gab es inzwischen weniger, dafür über den Dächern eine Unzahl<br />
zigarrenartiger Maschinen. Die Menschenmenge schwamm auf den Rolltreppen in die niedrigeren<br />
Etagen hinunter. Alle hatten es sehr eilig, nur ich allein hatte Zeit. Wohl eine Stunde erwärmte ich