20.12.2012 Aufrufe

Stanislaw Lem - Transfer

Stanislaw Lem - Transfer

Stanislaw Lem - Transfer

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

»Damit werden Sie keine Schwierigkeiten haben. Eine Ladung reicht für die ganze Lebensdauer<br />

des Wagens. Die Parastate, wohlbemerkt, miteinberechnet.«<br />

»Schön«, sagte ich. »Ich möchte etwas Stabiles, Widerstandsfähiges. Braucht nicht groß zu sein,<br />

aber schnell.«<br />

»Dann würde ich Ihnen zu diesem Giabile oder zu dem anderen Modell dort raten...«<br />

Er führte mich in einen großen Saal, die Wagen entlang. Die blitzten nur so, als wären sie wirklich<br />

neu.<br />

»Wohlverstanden«, meinte der Verkäufer, »sie können sich nicht mit dem Glider messen. Aber<br />

heutzutage ist das Auto ja kein Verkehrsmittel mehr...«<br />

>Sondern?< - wollte ich fragen, blieb aber stumm.<br />

»Gut«, sagte ich, »wieviel kostet dieser Wagen?«, und zeigte dabei auf eine blassblaue Limousine<br />

mit silbernen, tief versteckten Scheinwerfern.<br />

»Vierhundertachtzig Iten.«<br />

»Ich möchte ihn aber in Klavestra haben«, sagte ich. »Dort habe ich eine Villa gemietet. Die<br />

genaue Adresse kann das Reisebüro, hier, in dieser Straße, angeben...«<br />

»Sehr wohl, mein Herr. Man kann es mit dem Ulder schicken, dafür wird nichts berechnet.«<br />

»So? Ich selbst soll mit einem Ulder dort hinfahren...?«<br />

»Dann geben sie, bitte, nur das Datum an, und wir werden es zu ihrem Ulder bringen, so wird es<br />

am einfachsten sein. Es sei denn, Sie wünschen...«<br />

»Nein, nein. Es kann so gemacht werden, wie Sie sagen.«<br />

Ich bezahlte das Auto- mit dem Kalster verstand ich schon ganz gut umzugehen - und verließ den<br />

Antiquitätenladen. Hier roch es überall nach Lackfarben und Gummi. Diese Gerüche schienen mir<br />

herrlich.<br />

Mit der Kleidung ging es nicht so gut. Fast nichts von den Klamotten, die ich kannte, existierte<br />

mehr. Dabei klärte sich auch das Geheimnis der rätselhaften Flaschen im Hotelschränkchen mit<br />

der Inschrift BADEMÄNTEL auf. Nicht nur so ein Mantel, sondern Anzüge, Strümpfe,<br />

Strickjacken, Wäsche - alles wurde aufgespritzt. Mir wurde klar, dass das den Frauen gefallen<br />

musste: mit ein paar Flaschen hantieren, die eine Flüssigkeit abgaben, die sofort zu Geweben mit<br />

glatter oder rauer Struktur erstarrten: Samt, Pelz oder elastisches Metall. So schufen sie jedesmal<br />

ein neues Modell nur für die eine Gelegenheit. Selbstverständlich machte das nicht jede Frau<br />

selbst, es gab spezielle Plast-Salons - damit befasste sich also Nais! -. Die daraus resultierende<br />

enganliegende Mode sagte mir im übrigen nicht besonders zu. Allein der Prozess des<br />

Sichanziehens mit Hilfe der Syphonflaschen schien mir sinnlos schwierig. Es gab nur wenige<br />

fertige Sachen, und die wiederum passten mir nicht: sogar den größten fehlten an vier Nummern<br />

zu meiner Statur. Endlich entschied ich mich für Flaschenwäsche: ich merkte, dass mein Hemd<br />

nicht mehr lange halten würde. Ich konnte natürlich den Rest meiner Habe vom »Prometheus«<br />

herunterholen, aber auch dort hatte ich weder Anzüge noch weiße Oberhemden - mit denen hätte<br />

man in der Nähe des Fomalhautgestirns ja nicht viel anfangen können. So nahm ich nur noch<br />

einige Paare drillichähnliche Hosen für die Gartenarbeit, denn nur sie hatten relativ weite Beine,<br />

und man konnte sie auch verlängern; für alles zahlte ich einen Iten. Soviel kosteten diese Hosen,<br />

der Rest war umsonst.<br />

Ich ließ mir die ausgewählten Sachen ins Hotel schicken und mich aus purer Neugier zu einem<br />

Besuch im Modesalon überreden. Dort empfing mich ein Kerl mit Künstlermiene, besah mich erst<br />

und stimmte mit mir überein, dass ich eher weite Sachen tragen sollte; ich merkte, dass er kaum<br />

von mir entzückt war. Ich von ihm auch nicht. Das Ganze endete mit ein paar Strickjacken, die er<br />

mir gleich an Ort und Stelle anfertigte. Ich stand da mit erhobenen Armen, und er flitzte um mich<br />

herum, dabei mit vier Flaschen zugleich operierend. Die Flüssigkeit - in der Luft weiß wie<br />

Schaum- erstarrte fast augenblicklich. Es entstanden aus ihr Jacken in verschiedenen Farben, eine<br />

hatte einen schwarz-roten Streifen auf der Brust; am schwierigsten war, wie ich merkte, das<br />

Fertigstellen von Kragen und Ärmeln. Dazu brauchte man wirklich Übung.<br />

Bereichert um dieses Erlebnis, das übrigens nichts kostete, fand ich mich wieder auf der Straße in<br />

der prallen Mittagssonne. Glider gab es inzwischen weniger, dafür über den Dächern eine Unzahl<br />

zigarrenartiger Maschinen. Die Menschenmenge schwamm auf den Rolltreppen in die niedrigeren<br />

Etagen hinunter. Alle hatten es sehr eilig, nur ich allein hatte Zeit. Wohl eine Stunde erwärmte ich

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!