Stanislaw Lem - Transfer
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Wäre der Kellner ein Mensch, so hätte ich ihm gesagt, er solle bringen, was er selber mag. Aber er<br />
war ein Roboter. Dem war alles egal.<br />
»Und Kaffee gibt es keinen?« fragte ich beunruhigt.<br />
»Doch. Kress, Ozot oder Herma?«<br />
»Kaffee und, na... eben das, was am besten zum Kaffee passt, diesen... äh...«<br />
»Ozot«, sagte er und ging.<br />
Das wäre geschafft.<br />
Er hatte wohl schon alles vorbereitet, denn er kam sofort zurück mit einem Tablett, das so beladen<br />
war, dass ich schon fast irgendeinen Streich witterte. Indessen machte mir der Anblick bewusst,<br />
dass ich außer dem Bons, den ich gestern aß, und dem Becher des berüchtigten Brit seit meiner<br />
Ankunft nichts mehr im Munde gehabt hatte.<br />
Das einzige, was nach irgend etwas Bekanntem aussah, war der Kaffee, der an gut gekochten Tee<br />
erinnerte. Die Sahne hatte winzige, blaue Pünktchen und stammte todsicher von keiner Kuh. Es<br />
tat mir leid, dass ich es keinem abgucken konnte, der das Ganze zu essen verstand, doch war wohl<br />
die Frühstückszeit schon lange vorbei, ich saß ganz allein da. Sichelförmige Tellerchen mit einer<br />
dampfenden Masse, aus der etwas wie Enden von Streichhölzern herausragte, und drinnen etwas<br />
wie ein Backapfel: selbstverständlich waren es weder Äpfel noch Zündhölzer. Und das, was ich<br />
wiederum für Haferflocken hielt, fing - sobald ich es mit dem Löffel berührte - zu schwellen an.<br />
Ich aß alles auf, erwies mich als unheimlich verfressen. Die Sehnsucht nach Gebäck – davon war<br />
nicht die Spur zu sehen - kam erst nachträglich wieder, als der Roboter auftauchte und in einer<br />
gewissen Entfernung wartete.<br />
»Was zahle ich?« fragte ich ihn.<br />
»Danke, nichts«, sagte er. Er war eher einem Möbelstück als einer Puppe ähnlich. Er hatte nur ein<br />
einziges rundes Kristallauge. Irgend etwas bewegte sich in seinem Innern, doch konnte ich mich<br />
nicht überwinden, ihm in den Bauch zu schauen. Sogar ein Trinkgeld war da niemals zu geben.<br />
Ich wusste nicht, ob er mich verstehen würde, wenn ich ihn wegen einer Zeitung fragte. Vielleicht<br />
gab es keine Zeitungen mehr. Also ging ich einkaufen. Vorerst traf ich aber auf ein Reisebüro -<br />
das war wie eine Erleuchtung. Ich ging hinein.<br />
In einem großen, silbernen Saal mit smaragdenen Konsolen - allmählich konnte ich diese Farben<br />
schon nicht mehr sehen – war es fast leer. Mattscheiben, Riesenfarbfotos des Canyons Colorado,<br />
des Archimedes-Kraters, der Deimos-Felsenhänge, Palm Beach, Florida - alles war so gemacht,<br />
dass man beim Zuschauen die Tiefe sah, sogar die Wellen bewegten sich, als wären es keine<br />
Fotos, sondern auf einen reellen Raum geöffnete Fenster, Ich ging zum Schalter mit der Inschrift:<br />
ERDE.<br />
Dort saß, selbstverständlich, ein Roboter. Diesmal ein goldener. Oder vielmehr mit Gold besprüht.<br />
»Womit können wir Ihnen dienen?« Seine Stimme war tief. Wenn ich die Augen zumachte, würde<br />
ich schwören, dass da ein dicker, dunkelhaariger Mann spricht.<br />
»Mir liegt an etwas Primitivem«, sagte ich. »Ich komme eben von einer langen Reise zurück -<br />
einer sehr langen. Ich möchte Ruhe haben, Wasser, Bäume, es können auch Berge sein. Primitiv<br />
und altmodisch will ich's haben. Wie vor hundert Jahren. Habt ihr so etwas?«<br />
»Wenn Sie es wünschen, müssen wir es haben. Felsengebirge. Fort Plum. Mallorca. Die<br />
Antillen.«<br />
»Näher«, sagte ich. »Tja... so ungefähr eintausend Kilometer entfernt. Wie?«<br />
»Klavestra.«<br />
»Wo ist denn das?«<br />
Ich merkte schon, dass ich mit den Robotern ausgezeichnet reden konnte. Sie wunderten sich über<br />
rein gar nichts. Das konnten sie nicht. Eine sehr vernünftige Erfindung.<br />
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