20.12.2012 Aufrufe

Stanislaw Lem - Transfer

Stanislaw Lem - Transfer

Stanislaw Lem - Transfer

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

»Wieso - wieviel? Hal... du musst kommen.«<br />

»Na... wie lange kann man davon leben?«<br />

»Solange du willst, das Leben kostet doch gar nichts. Aber lassen wir das. Hal, wenn du nur<br />

wolltest...«<br />

»Warte mal. Wieviel Iten gibst du monatlich aus?«<br />

»Verschieden. Mal zwanzig, mal fünf, manchmal auch nichts.«<br />

»Aha. Besten Dank.« -<br />

»Hal! So höre doch!«<br />

»Ich höre.«<br />

»Wir wollen es nicht so beenden...«<br />

»Wir beenden ja nichts«, sagte ich, »da nichts angefangen hat. Ich danke dir für alles, Nais.«<br />

Ich legte den Hörer auf. Das Leben kostet nichts? Dies interessierte mich im Moment am meisten.<br />

Heißt das, dass es irgendwelche Dinge, Dienstleistungen umsonst gibt?<br />

Wieder das Telefon.<br />

»Hier Bregg.«<br />

»Hier die Rezeption. Herr Bregg, Omnilox schickt Ihnen den Kalster. Ich schicke ihn nach oben.«<br />

»Danke. Hallo!«<br />

»Ja, bitte?«<br />

»Zahlt man für das Zimmer?«<br />

»Nein, mein Herr.«<br />

»Gar nichts?«<br />

»Gar nichts, mein Herr.«<br />

»Und... gibt es im Hotel ein Restaurant?«<br />

»Jawohl, vier. Wünschen Sie das Frühstück aufs Zimmer?«<br />

»Gerne, und.., zahlt man für das Essen?«<br />

»Nein, mein Herr. Den Kalster haben Sie bereits oben. Das Frühstück kommt in einem<br />

Augenblick.«<br />

Der Roboter legte auf, und ich hatte keine Zeit mehr, ihn zu fragen, wo ich diesen Kalster suchen<br />

sollte. Ich hatte keine blasse Ahnung, wie das Ding aussah. Vom Schreibtisch aufstehend, der,<br />

verlassen, sich sofort verkleinerte und schrumpfte, bemerkte ich eine Art Pult, das aus der Wand<br />

neben der Tür hervorwuchs: dort lag, in durchsichtigen Kunststoff eingewickelt, ein flacher<br />

Gegenstand. Er sah einem kleinen Zigarettenetui ähnlich. Auf der einen Seite hatte er eine Reihe<br />

kleiner Gucklöcher, in denen die Zahl 1001110001000 stand. Unten gab es zwei winzige<br />

Knöpfchen: Eins und Null. Überrascht sah ich mir das an. Endlich begriff ich, dass der Betrag von<br />

5000 nach dem Dualsystem skontiert wurde. Ich drückte auf die Eins, und in die Hand fiel mir ein<br />

winziges Plastikdreieck mit der ausgestanzten Zahl 1. Also war dies so etwas wie eine kleine<br />

Druckerei oder Stanzerei von Geld bis zu der Höhe, die in den kleinen Sichtrastern angegeben war<br />

– die obere Zahl verminderte sich um eins.<br />

Kaum angezogen, wollte ich schon gehen, als mir der ADAPT in den Sinn kam. Ich rief ihn an<br />

und erklärte, dass ich ihren Mann auf dem Terminal nicht finden konnte.<br />

»Wir waren schon beunruhigt, Ihretwegen«, sagte eine Frauenstimme, »aber heute morgen<br />

erfuhren wir, dass Sie im Alcaron wohnen...»<br />

Sie wussten, wo ich jetzt war. Warum haben sie mich auf dem Bahnhof nicht finden können?<br />

Anders konnte es gar nicht sein: ich sollte absichtlich umherirren, um zu verstehen, wie verfrüht<br />

meine »Rebellion« auf Luna gewesen war.<br />

»Ihr habt eine fabelhafte Information«, sagte ich höflich. »Vorläufig besichtige ich die Stadt.<br />

Werde mich später bei euch melden.« Ich verließ das Zimmer: die Gänge, silbern und beweglich,<br />

flossen vollständig mitsamt den Wänden weiter - für mich eine Neuigkeit. Mit dem Aufzug fuhr<br />

ich nach unten, bei den einzelnen Stockwerken flogen Bars an mir vorbei, die eine war grün, wie<br />

in Wasser getaucht, jedes Stockwerk hatte seine eigene dominierende Farbe, Silber, Gold,<br />

allmählich wurde es mir zuviel. Nach einem Tag! Eigenartig, dass sie es mochten. Komischer<br />

Geschmack. Doch dann erinnerte ich mich an das nächtliche Bild des Terminals.<br />

Ich muss mich mit etwas Kleidung versorgen: mit dieser Entscheidung kam ich auf die Straße.<br />

Der Tag war wolkig, der Himmel mit lichtem Gewölk bedeckt, und manchmal schien die Sonne

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!