Stanislaw Lem - Transfer
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»Wieso - wieviel? Hal... du musst kommen.«<br />
»Na... wie lange kann man davon leben?«<br />
»Solange du willst, das Leben kostet doch gar nichts. Aber lassen wir das. Hal, wenn du nur<br />
wolltest...«<br />
»Warte mal. Wieviel Iten gibst du monatlich aus?«<br />
»Verschieden. Mal zwanzig, mal fünf, manchmal auch nichts.«<br />
»Aha. Besten Dank.« -<br />
»Hal! So höre doch!«<br />
»Ich höre.«<br />
»Wir wollen es nicht so beenden...«<br />
»Wir beenden ja nichts«, sagte ich, »da nichts angefangen hat. Ich danke dir für alles, Nais.«<br />
Ich legte den Hörer auf. Das Leben kostet nichts? Dies interessierte mich im Moment am meisten.<br />
Heißt das, dass es irgendwelche Dinge, Dienstleistungen umsonst gibt?<br />
Wieder das Telefon.<br />
»Hier Bregg.«<br />
»Hier die Rezeption. Herr Bregg, Omnilox schickt Ihnen den Kalster. Ich schicke ihn nach oben.«<br />
»Danke. Hallo!«<br />
»Ja, bitte?«<br />
»Zahlt man für das Zimmer?«<br />
»Nein, mein Herr.«<br />
»Gar nichts?«<br />
»Gar nichts, mein Herr.«<br />
»Und... gibt es im Hotel ein Restaurant?«<br />
»Jawohl, vier. Wünschen Sie das Frühstück aufs Zimmer?«<br />
»Gerne, und.., zahlt man für das Essen?«<br />
»Nein, mein Herr. Den Kalster haben Sie bereits oben. Das Frühstück kommt in einem<br />
Augenblick.«<br />
Der Roboter legte auf, und ich hatte keine Zeit mehr, ihn zu fragen, wo ich diesen Kalster suchen<br />
sollte. Ich hatte keine blasse Ahnung, wie das Ding aussah. Vom Schreibtisch aufstehend, der,<br />
verlassen, sich sofort verkleinerte und schrumpfte, bemerkte ich eine Art Pult, das aus der Wand<br />
neben der Tür hervorwuchs: dort lag, in durchsichtigen Kunststoff eingewickelt, ein flacher<br />
Gegenstand. Er sah einem kleinen Zigarettenetui ähnlich. Auf der einen Seite hatte er eine Reihe<br />
kleiner Gucklöcher, in denen die Zahl 1001110001000 stand. Unten gab es zwei winzige<br />
Knöpfchen: Eins und Null. Überrascht sah ich mir das an. Endlich begriff ich, dass der Betrag von<br />
5000 nach dem Dualsystem skontiert wurde. Ich drückte auf die Eins, und in die Hand fiel mir ein<br />
winziges Plastikdreieck mit der ausgestanzten Zahl 1. Also war dies so etwas wie eine kleine<br />
Druckerei oder Stanzerei von Geld bis zu der Höhe, die in den kleinen Sichtrastern angegeben war<br />
– die obere Zahl verminderte sich um eins.<br />
Kaum angezogen, wollte ich schon gehen, als mir der ADAPT in den Sinn kam. Ich rief ihn an<br />
und erklärte, dass ich ihren Mann auf dem Terminal nicht finden konnte.<br />
»Wir waren schon beunruhigt, Ihretwegen«, sagte eine Frauenstimme, »aber heute morgen<br />
erfuhren wir, dass Sie im Alcaron wohnen...»<br />
Sie wussten, wo ich jetzt war. Warum haben sie mich auf dem Bahnhof nicht finden können?<br />
Anders konnte es gar nicht sein: ich sollte absichtlich umherirren, um zu verstehen, wie verfrüht<br />
meine »Rebellion« auf Luna gewesen war.<br />
»Ihr habt eine fabelhafte Information«, sagte ich höflich. »Vorläufig besichtige ich die Stadt.<br />
Werde mich später bei euch melden.« Ich verließ das Zimmer: die Gänge, silbern und beweglich,<br />
flossen vollständig mitsamt den Wänden weiter - für mich eine Neuigkeit. Mit dem Aufzug fuhr<br />
ich nach unten, bei den einzelnen Stockwerken flogen Bars an mir vorbei, die eine war grün, wie<br />
in Wasser getaucht, jedes Stockwerk hatte seine eigene dominierende Farbe, Silber, Gold,<br />
allmählich wurde es mir zuviel. Nach einem Tag! Eigenartig, dass sie es mochten. Komischer<br />
Geschmack. Doch dann erinnerte ich mich an das nächtliche Bild des Terminals.<br />
Ich muss mich mit etwas Kleidung versorgen: mit dieser Entscheidung kam ich auf die Straße.<br />
Der Tag war wolkig, der Himmel mit lichtem Gewölk bedeckt, und manchmal schien die Sonne