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Stanislaw Lem - Transfer

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Mit noch geschlossenen Augen befühlte ich meine Brust: die Strickjacke hatte ich an; wenn ich<br />

also geschlafen hatte, ohne mich auszuziehen, so hatte ich Wache. »Olaf!« -wollte ich rufen und<br />

setzte mich plötzlich auf. Dies war ein Hotel und nicht der »Prometheus«. Ich erinnerte mich nun<br />

an alles: an die Labyrinthe des Bahnhofs, das Mädchen, ihre Angst, den blauen Felsen des<br />

Terminals über dem schwarzen See, die Sängerin, die Löwen...<br />

Indem ich das Badezimmer suchte, fand ich zufällig das Bett: es befand sich in der Wand und fiel<br />

als perlmuttfarbenes, gedunsenes Quadrat herab, wenn man da irgendwo drückte. Im Badezimmer<br />

gab es weder eine Badewanne, noch irgendwelche Hähne, nichts, nur leuchtende Plättchen in der<br />

Decke und eine kleine Vertiefung - mit Schaumgummiplast ausgelegt - für die Füße. Nach einer<br />

Brause schien es nicht auszusehen. Ich hatte das Gefühl eines Neandertalers.<br />

Ich zog mich schnell aus und blieb mit meiner Kleidung in der Hand stehen, weil es keine Bügel<br />

gab - nur ein kleines Schränkchen in der Wand, also warf ich alles da hinein. Daneben drei<br />

Knöpfe: blau, rot und weiß. Ich drückte den weißen. Das Licht ging aus. Dann den roten. Etwas<br />

brauste, das war kein Wasser, sondern ein sturmartiger Wind, der nach Ozon und noch etwas<br />

anderem roch: er umfing mich ganz, auf der Haut blitzten jetzt dichte, leuchtende Tropfen,<br />

schäumten und verflüchtigten sich, ich spürte keinerlei Feuchtigkeit, nur eine Unmenge weicher,<br />

elektrischer Nadeln, die meine Muskeln massierten. Probeweise drückte ich auf den blauen<br />

Knopf, und der Wind veränderte sich - er schien durch mich hindurchzugehen - ein recht<br />

eigenartiges Gefühl.<br />

>Wenn man sich daran gewöhntkann man es gerne haben.< Im ADAPT auf Luna<br />

hatten sie so etwas nicht - dort gab es gewöhnliche Badezimmer. Warum, weiß ich nicht. Das Blut<br />

zirkulierte nun lebhafter, ich fühlte mich pudelwohl, wusste nur nicht, womit und wie ich mir die<br />

Zähne putzen sollte. Endlich schenkte ich's mir. In der Wand gab es noch eine kleine Tür mit der<br />

Aufschrift: BADEMANTEL. Ich sah hinein. Von Bademänteln keine Spur, nur drei<br />

syphonähnliche Metallflaschen standen da. Aber ich war sowieso nicht mehr nass und brauchte<br />

mich nicht abzutrocknen.<br />

Ich machte das Schränkchen auf, in das ich meine Kleider hineingelegt hatte, und war erstaunt: es<br />

war leer. Ein Glück noch, dass ich meinen Slip oben auf diesen Schrank gelegt hatte. Ich kehrte<br />

im Slip ins Zimmer zurück und fing an, das Telefon zu suchen, um zu erfahren, was mit meinen<br />

Kleidern geschehen war. Mir kam das alles ziemlich umständlich vor. Das Telefon entdeckte ich<br />

endlich am Fenster- wie ich den Fernsehschirm immer noch in Gedanken nannte. Es sprang aus<br />

der Wand, als ich laut zu fluchen anfing; es reagierte wohl auf die Stimme. Eine idiotische Manie,<br />

alles in den Wänden zu verstecken. Die Rezeption meldete sich. Ich fragte nach meinen Kleidern.<br />

»Sie haben sie in den Reiniger getan, mein Herr«, sagte eine weiche Baritonstimme. »In fünf<br />

Minuten sind sie wieder da.«<br />

>Auch schön

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