Stanislaw Lem - Transfer
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Sie fing zu lachen an, bog sich schier vor Lachen. Dann stutzte sie plötzlich, sah mich an und<br />
wurde puterrot.<br />
»Du dachtest also, dass ich.., dachtest, dass.., nein!!«<br />
Ich setzte mich hin. Meine Finger waren unsicher, ich musste etwas in ihnen halten. Ich zog aus<br />
meiner Tasche eine Zigarette und zündete sie an.<br />
Sie öffnete die Augen weit: »Was ist das?«<br />
»Eine Zigarette. Wie - raucht ihr denn nicht?«<br />
»Ich sehe das zum ersten Mal... so sieht also eine Zigarette aus? Wie kannst du nur den Rauch so<br />
inhalieren? Nein, warte – das andere ist weit wichtiger. Brit ist keine Milch. Ich weiß nicht, was<br />
drin ist, aber - einem Fremden - gibt man immer Brit.«<br />
»Einem Mann?«<br />
»Ja.«<br />
»Na - und?«<br />
»Und dann ist - muss er - brav sein. Weißt du - ein Biologe könnte dir das vielleicht erklären.«<br />
»Zum Teufel mit dem Biologen. Heißt das, dass der Mann, dem du Brit gegeben hast, nicht mehr<br />
kann?«<br />
»Selbstverständlich.«<br />
»Und wenn er nicht trinken will?«<br />
»Wie kann er nicht wollen?«<br />
Hier endete jegliche Verständigungsmöglichkeit.<br />
»Du kannst ihn doch nicht zwingen«, erklärte ich geduldig.<br />
»Ein Verrückter würde wohl nicht trinken«, sagte sie langsam, »aber von einem solchen Fall hab'<br />
ich nie gehört...«<br />
»Ist das so Sitte?«<br />
»Ich weiß nicht, was ich dir da sagen soll. Gehst du nicht nackt herum - der Sitten wegen?«<br />
»Aha. Nun - gewissermaßen schon. Aber am Strand kann man sich doch ausziehen.«<br />
»Nackt sein?« fragte sie mit plötzlichem Interesse.<br />
»Nein. Einen Badeanzug... immerhin gab es zu meiner Zeit solche Menschengruppen, Nudisten<br />
hießen sie.«<br />
»Ich weiß. Nein, es ist etwas anderes, ich dachte, ihr alle seid...«<br />
»Nein. Also ist dieses Trinken... so etwas, wie das Tragen von Kleidung? So notwendig?«<br />
»Ja. Wenn - zwei zusammen sind.«<br />
»Na - und weiter?«<br />
»Was - weiter?«<br />
»Beim zweiten Mal?«<br />
Rein idiotisch war dieses Gespräch, und ich fühlte mich unwohl dabei, musste aber endlich etwas<br />
erfahren!<br />
»Später? Das ist verschieden. Manchen... gibt man immer Brit.«<br />
»Eine Art Korb?«<br />
»Was heißt das?«<br />
»Nichts. Und wenn ein Mädchen jemanden besucht – was dann?«<br />
»Dann trinkt er bei sich zu Hause.«<br />
Sie sah mich fast mitleidig an. Ich aber blieb zäh:<br />
»Und wenn er keinen hat?«<br />
»Brit? Wie kann er keinen haben?«<br />
»Nun, weil er ihm eben ausging. Oder... er kann ja auch lügen.«<br />
Wieder fing sie zu lachen an.<br />
»Das ist ja ... glaubst du denn, dass ich all diese Flaschen hier in der Wohnung halte?«<br />
»Nicht? Wo denn sonst?«<br />
»Ich hab' nicht mal eine Ahnung, wo sie herkommen. Gab es zu deiner Zeit eine Wasserleitung?«<br />
»Ja«, sagte ich missmutig. Klar, es konnte auch keine gegeben haben; ich konnte ja direkt aus<br />
dem Wald in die Rakete gestiegen sein. Eine Zeitlang war ich stinkwütend, doch beherrschte ich<br />
mich bald: schließlich war es ja nicht ihre Schuld.<br />
»Na, siehst du- und wusstest du denn, welchen Weg dieses Wasser nahm, ehe...«