Stanislaw Lem - Transfer
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»Kann ich gerne sein, wenn dir daran liegt.« - >Das Ulkigste dabei wäredass es<br />
wahr ist.<<br />
»Was möchtest du haben?«<br />
»Zum Trinken? Danke, nichts.«<br />
»Wie du willst.«<br />
Sie trat an die Wand, wo sich etwas wie eine kleine Bar öffnete. Sie verdeckte diese Öffnung. Als<br />
sie sich dann umdrehte, trug sie ein kleines Tablett mit Bechern und zwei Flaschen. Sie drückte<br />
leicht auf die eine Flasche und schenkte mir einen vollen Becher ein - die Flüssigkeit sah ganz<br />
nach Milch aus.<br />
»Danke«, sagte ich, »für mich nicht...«<br />
»Ich gebe dir doch nichts!« staunte sie.<br />
Ich verstand, dass ich einen Fehler machte, ohne zu wissen, was für einen, brummte also nur<br />
etwas und nahm den Becher. Sie selbst schenkte sich aus der anderen Flasche ein. Die Flüssigkeit<br />
war ölig, farblos, prickelte leicht unter der Oberfläche und wurde zugleich dunkler, wie infolge<br />
eines Kontakts mit der Luft. Sie setzte sich, berührte ihr Glas mit den Lippen und fragte wie von<br />
ungefähr: »Wer bist du?«<br />
»Kol«, antwortete ich. Ich hob meinen Becher hoch, als wollte ich ihn betrachten, diese Milch<br />
hatte aber keinen Geruch. Ich rührte das Getränk nicht an.<br />
»Nein, im Ernst«, sagte sie. »Du dachtest wohl, ich wollte schummeln, wie? Ach, wo. Es war ja<br />
nur ein Kals. Ich war mit der Sechs, weißt du, aber es wurde so unheimlich öde. Das Pflugen<br />
taugte nichts und überhaupt... ich wollte gerade gehen, als du dich an den Tisch gesetzt hast.«<br />
Irgend etwas davon begriff ich bereits: ich hatte mich wahrscheinlich ungewollt an ihren Tisch<br />
gesetzt, als sie nicht da war, vielleicht tanzte sie da gerade? Ich schwieg diplomatisch.<br />
»Von weitem sahst du so...«, sie konnte dafür keine entsprechende Bezeichnung finden.<br />
»Solide?« half ich. Ihre Lider zuckten. Hatte sie wohl auch darauf eine metallische Haut? Nein, es<br />
war wohl Schminke. Nun hob sie den Kopf: »Was heißt das?«<br />
»Nun - ... hmm - vertrauenswürdig...«<br />
»Du sprichst so komisch. Von wo bist du?«<br />
»Von weit her.«<br />
»Mars?«<br />
»Weiter.«<br />
»Fliegst du?«<br />
»Ich bin geflogen.«<br />
»Und jetzt?«<br />
»Nichts. Kam zurück.«<br />
»Wirst du wieder fliegen?«<br />
»Ich weiß nicht. Wohl kaum.«<br />
Das Gespräch versandete irgendwie. Mir schien, dass das Mädchen ihre etwas leichtsinnige<br />
Einladung bereits bereute, und ich wollte ihr die Sache leichter machen.<br />
»Soll ich vielleicht schon gehen?« fragte ich. Das nicht angerührte Getränk hielt ich immer noch<br />
in der Hand.<br />
»Warum denn?« staunte sie.<br />
»Ich dachte, das würde dir.., zusagen.«<br />
»Nein«, sagte sie, »du meinst - nein, wieso?... Warum trinkst du denn nicht?«<br />
»Ich trinke schon.«<br />
Es war doch Milch. Um diese Zeit, unter diesen Umständen! Ich war so verblüfft, dass sie es<br />
merken musste.<br />
»Wie - ist er etwa schlecht?«<br />
»Die... diese Milch...«, sagte ich. Ich musste dabei das Gesicht eines Vollidioten gehabt haben.<br />
»Wie? Was für Milch? Es ist doch Brit...«<br />
Ich seufzte nur. »Hör zu, Nais... ich gehe wohl wirklich. Ja. So wird es besser sein.«<br />
»Aber warum hast du denn getrunken?« fragte sie. Ich sah sie schweigend an. Die Sprache selbst<br />
hatte sich nicht einmal so sehr verändert - nur verstand ich rein nichts davon. Nichts. Sie haben<br />
sich geändert.