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Stanislaw Lem - Transfer

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Um jeden Preis versuchte ich, ein anderes Thema zu finden. Außer Olaf kam mir aber nichts in<br />

den Kopf, und noch wollte ich ihn darüber nicht befragen. Ich hatte Angst vor Thurbers Lächeln -<br />

ich wusste noch, wie er damit Gimma - und nicht nur Gimma allein - zur Verzweiflung bringen<br />

konnte, aber er hob nur leicht die Augenbrauen und fragte:<br />

»Und was hast du für Pläne?«<br />

»Gar keine«, antwortete ich wahrheitsgemäß.<br />

»Und möchtest du etwas tun?«<br />

»Ja. Aber nicht irgend etwas.«<br />

»Hast du bisher nichts getan?«<br />

Jetzt wurde ich sicher schon rot. Ich war wütend. »So gut wie nichts. Thurber... ich..., ich bin<br />

nicht in meinen eigenen Angelegenheiten hergekommen.«<br />

»Das weiß ich«, sagte er ruhig. »Staave, wie?«<br />

»Ja.«<br />

»Da steckte ein gewisses Risiko drin«, sagte er und stieß sich leicht vom Schreibtisch ab. Der<br />

Sessel drehte sich gehorsam in meine Richtung.<br />

»Oswamm hat das Schlimmste erwartet, besonders als Staave seinen Hypnagog weggeworfen<br />

hat.., du hast deinen übrigens auch nicht benutzt, wie?«<br />

»Oswamm«, meinte ich, »was für ein Oswamm... ja, warte mal - der vom ADAPT?«<br />

»Ja. Am meisten war er über Staave beunruhigt. Ich habe ihn dann über diesen Irrtum aufgeklärt.«<br />

»Wie - aufgeklärt?«<br />

»Aber Gimma bürgte für euch beide...«, beendete Thurber seinen Satz, so als hätte er mich die<br />

ganze Zeit über nicht gehört.<br />

»Was?!« rief ich und erhob mich von meinem Sitz. »Gimma?!«<br />

»Selbstverständlich wusste er selber nichts«, Thurber spann weiter seinen Faden. »Und sagte es<br />

mir auch.«<br />

»Ja, warum bürgte er denn, zum Teufel!« schrie ich, durch seine Worte verwirrt.<br />

»Er meinte, er müsste es«, erklärte Thurber kurz. »Der Expeditionsleiter müsste seine Leute<br />

kennen.«<br />

»Unsinn.«<br />

»Ich wiederhole nur, was er Oswamm gesagt hat.«<br />

»So?« sagte ich. »Und dieser Oswamm - wovor hat er Angst? Dass wir rebellieren würden, oder<br />

was?«<br />

»Und hattest du nie Lust dazu?« fragte Thurber ruhig.<br />

Ich überlegte ehrlich. »Nein«, sagte ich endlich. »Im Ernst nie.«<br />

»Und wirst du deine Kinder betrisieren lassen?«<br />

»Und du?« fragte ich langsam.<br />

Er lächelte zum ersten Mal mit einem Zucken seiner blutleeren Lippen, sagte aber kein Wort.<br />

»Hör zu, Thurber... erinnerst du dich noch an den Abend nach dem letzten Erkundungsflug über<br />

Beta... als ich dir sagte...«<br />

Gleichgültig nickte er. Und plötzlich war meine Ruhe wie weggeblasen.<br />

»Damals habe ich dir nicht alles gesagt, weißt du. Wir waren dort zusammen, hatten aber nicht die<br />

gleichen Rechte. Ich gehorchte euch, dir und Gimma, weil ich es selber wollte. Alle wollten es,<br />

Venturi, Thomas, Ennesson und Arder, dem Gimma keine Reserve gab, weil er sie für eine<br />

besondere, bessere Gelegenheit behielt. In Ordnung. Nur - mit welchem Recht redest du jetzt zu<br />

mir so, als ob du die ganze Zeit über hier auf diesem Stuhl gesessen hättest? Du warst es doch, der<br />

Arder im Namen der Wissenschaft da hinunter auf Kerenea geschickt hat, Thurber, und ich habe<br />

ihn da im Namen seiner unglückseligen Gedärme wieder herausgeholt, wonach wir<br />

zurückkehrten. Und nun stellt sich heraus, dass nur das Recht jener Gedärme geblieben ist. Nur<br />

dieses zählt jetzt noch: das andere nicht. Also sollte ich dich vielleicht nun fragen, wie es dir geht,<br />

und mich für dich verbürgen und nicht umgekehrt? Was meinst du? Ich weiß genau, was du<br />

meinst. Du hast einen ganzen Haufen von Material mitgebracht, kannst dich dahinter bis ans Ende<br />

deines Lebens verschanzen und weißt bestimmt, dass keiner von diesen Überhöflichen dich je<br />

fragen wird: >Und wieviel hat diese Spektralanalyse denn gekostet? Einen Mann? Zwei Männer?<br />

Meinen Sie nicht, Herr Professor Thurber, dass es etwas zu kostspielig war?< Keiner wird dir das

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