Stanislaw Lem - Transfer
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Wieso Tom?< fragte ich. Mich überlief es kalt, denn Arder lebte schon seit einem Jahr nicht<br />
mehr, und er wusste es doch auch genau.<br />
>Du bist doch Tom, nicht? Ich erkenne deine Stimme.<<br />
Ich sagte nichts, und er berührte mit seinem Handschuh meinen Raumanzug, der schepperte, und<br />
sagte dann: >Eine verrückte Welt, nicht? Nichts zu sehen, und es gibt hier auch nichts<br />
Besonderes. Ich hatte es mir ganz anders vorgestellt. Und du?<<br />
Ich dachte, mit Arder wäre ihm wohl ein Irrtum unterlaufen, schließlich war so etwas schon..,<br />
mehreren passiert.<br />
>JaUninteressante Gegend hier. Wollen wir losziehen, Thomas, wie?<<br />
>Losziehen?< staunte er. >Ja, wie denn... Tom?<<br />
Ich achtete schon nicht mehr auf diesen Tom.<br />
>Willst du denn hier bleiben?< fragte ich.<br />
Er macht mich zum Narren, dachte ich, nun aber Schluss mit diesen Blödeleien.<br />
>NeinWir müssen zurück. Wo ist deine Pistole?<<br />
>Die habe ich verloren, als ich gestorben bin.<<br />
>Was?!<<br />
>Aber ich nahm es mir nicht zu HerzenEin Toter braucht keine Pistole.<<br />
>Na, naKomm, ich lege dir den Gurt um, und dann fahren wir.<<br />
>Bist du denn verrückt, Tom? Wohin?<<br />
>Zum »Prometheus«.<<br />
>Der ist doch nicht hier...<<br />
>Er ist da ein bisschen weiter. Nun komm schon und lass mich dir den Gurt umlegen.<<br />
>Warte.< Er schob mich weg.<br />
>Du redest ja so komisch. Du bist nicht Tom!<<br />
>Sicher nicht. Ich bin Hal.<<br />
>Also bist du auch gestorben? Wann?<<br />
Jetzt wusste ich schon ungefähr, wie und was, fing also an, mich ihm anzupassen.<br />
>Naschon vor einigen Tagen. Komm, lass mich dir den Gurt umlegen.<<br />
Er aber wollte es nicht zulassen. Und wir fingen an, uns zu zanken, am Anfang wie im Scherz,<br />
später schon mehr im Ernst, ich versuchte ihn zu fassen, konnte es aber nicht wegen des<br />
Raumanzugs. Was tun? Ich konnte ihn keinen Augenblick allein lassen; denn ein zweites Mal<br />
würde ich ihn nicht mehr finden. Ein Wunder geschieht nicht zweimal. Und er wollte dableiben<br />
als Toter. Und so - während unseres Wortwechsels - als mir schon schien, dass ich ihn überzeugt<br />
hätte und er mir zustimmte - ließ ich ihn meine Rückstoßpistole halten... Er brachte sein Gesicht<br />
ganz nah an meins, so dass ich fast durch die doppelten Gläser sah, dann rief er:<br />
>Du Schweinehund! Betrogen hast du mich! Du lebst !< und schoss auf mich.«<br />
Seit einer längeren Zeit spürte ich schon Eris Gesicht an meine Schulter gepresst. Bei meinem<br />
letzten Wort zuckte sie zusammen, als ob sie einen Schlag erhalten hätte, und verdeckte meine<br />
Narbe mit ihrer Hand. Wir schwiegen eine Weile<br />
»Es war ein sehr guter Raumanzug«, sagte ich. »Er zersprang nicht, weißt du? Er kam mir nun<br />
hierher ganz hinein, hat den Rippenansatz gebrochen, reingestopft, die Muskeln zermalmt,<br />
zersprang aber selber nicht. Ich hatte nicht mal das Bewusstsein verloren, nur konnte ich eine<br />
Weile den rechten Arm nicht bewegen und fühlte an der Hitze die innere Blutung.<br />
Eine Zeitlang war ich wohl benommen, denn als ich aufstand, war Thomas nicht mehr da, und ich<br />
hatte keine Ahnung, wann und wo er verschwunden war. Ich suchte ihn blindlings auf allen<br />
vieren, statt seiner aber fand ich die Pistole. Er musste sie gleich nach dem Schuss weggeworfen<br />
haben. Na, und mit ihrer Hilfe bin ich dann da rausgekommen.<br />
Sie bemerkten mich gleich, als ich über die Wolke sprang. Olaf brachte das Schiff noch näher,<br />
und sie zogen mich hinein. Ich sagte, ich hätte ihn nicht gefunden. Ich hätte nur die leere Rakete<br />
entdeckt, und meine Pistole wäre mir aus der Hand gefallen und hätte geschossen, als ich<br />
stolperte. Der Raumanzug ist doppelwandig. Ein Stück Verkleidung im inneren Teil war<br />
abgesprungen. Das habe ich hier, unter der Rippe.«<br />
Wieder Schweigen und das anwachsende, langgezogene Dröhnen der Welle, die sich anschickte,<br />
einen Sprung über sämtliche Strände zu tun, durch die Niederlagen einer unendlichen Reihe ihrer