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AufgeHorcht 1/06

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gab es Zimmer mit Bad<br />

Rennmechanikers der Auto Union<br />

Kerzenwechsel am Wagen von<br />

Bernd Rosemeyer anlässlich<br />

des Großes Bergpreises<br />

von Deutschland 1936.<br />

Jahr vierzehn Tage lang, kostenlos erholen können.<br />

Allein im Jahre 1936 verbrauchte der Rennstall für Fertigung<br />

und Rennkosten 2.112.000 Mark. Davon erhielt im<br />

selben Jahr der Rennkonstrukteur Dr. Porsche 150.000<br />

Mark ausgezahlt. Die hohen Summen, die von der Auto<br />

Union an Dr. Porsche in den anderen Jahren gezahlt wurden,<br />

sind mir nicht bekannt. Diese Zahlenangaben sind<br />

nachweisbar und aus noch vorhandenen Originalakten der<br />

Rennabteilung unserem Archiv entnommen.<br />

War das noch ein ehrlicher Sport? Wenn ein Rennfahrer<br />

dreieinhalb Stunden lang in einem schweren Rennen die<br />

Spitze führte, die Nerven bis zum Zerreißen angespannt,<br />

sich schon als Sieger sah, dann aber in den letzten beiden<br />

Runden durch Zeichen der Rennleitung an der Boxe<br />

verhalten fahren musste, damit der hinter ihm liegende<br />

Stallgefährte mit berühmterem Namen, leistungsschwächerem<br />

Motor, aber durch Kerzendefekte, als<br />

Sieger durchs Ziel fahren konnte? Das war unfair! Oft<br />

war es schwer, sich in der Rennabteilung zu behaupten.<br />

Es war eine spärliche Kameradschaft vorhanden. Was<br />

waren wir denn für eine zusammengewürfelte Mannschaft.<br />

Aus München, Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe,<br />

Pforzheim, Weingarten usw. kamen die Monteure.<br />

Heimtückisch und hinterlistig warteten die Auswärtigen<br />

nur darauf, uns bei der Rennleitung anzuschmieren. Die<br />

<strong>AufgeHorcht</strong><br />

Mannheimer waren die schlimmsten. Bei ihnen gingen<br />

erste die Menschen los. Die Arbeiterklasse verneinend,<br />

sagten sie oft: “Ihr blöde Sachse!” oder “Ihr rote Sachse!”.<br />

Komisch war nur, dass wir “blöden Sachsen” die Rennwagen<br />

bauten, die anderen aber nur zuschauten und die<br />

höheren Stundenlöhne einsteckten. Ein anderes Mal hieß<br />

es: “Die Sachse, die Dreckspatze!”. Vielleicht standen<br />

wegen der “Dreckspatzen” auch die SS-Wachtposten Tag<br />

und Nacht am Eingang der Rennabteilung?<br />

Ging ein Schriftstück an irgendein internationales Hotel<br />

in Europa, so stand immer zu lesen: Für die Herren Dr.<br />

Feuereisen, Sebastian, Jacob usw. je ein Einzelzimmer<br />

mit Bad, für 16 Monteure einige Mehrbettzimmer.<br />

Worin sich diese Herren von den Monteuren als Mensch<br />

unterschieden, haben wir nie erfahren. Nur abends<br />

merkten wir oft den Unterschied. Dreckig, schmierig<br />

und durchschwitzt wuschen wir uns in der Garage in<br />

einem Eimer Wasser. Die andere Abteilung legte ihre<br />

sauberen Hemden ab und stieg des guten Tones wegen<br />

ins Bad. Ich streife das hier nur, weil wir Monteure uns<br />

öfter nach später Nachtarbeit nach einem warmen Bad<br />

sehnten. Nur wenn wir mit Stuck reisten und übernachteten,<br />

dann bekamen Fritz M. und ich, seine beiden<br />

Mechaniker, Zimmer mit Bad. Und frühstücken mussten<br />

wir dann immer nur mit Hans Stuck. Das ließ er sich<br />

nicht nehmen. Er kannte keinen Unterschied zwischen<br />

sich und uns. Ganz gleich, wo es war und in welcher<br />

Gesellschaft es war, seine Volkstümlichkeit war auf allen<br />

Rennstrecken bekannt. Wegen seiner vielen Siege in<br />

Bergrennen nannten ihn die Zuschauer auch “Hans<br />

Stuck, den Bergkönig”. Das Verhältnis zwischen Rennfahrer<br />

und Mechaniker wird später von mir noch eingehender<br />

behandelt.<br />

So legte ich als Rennmechaniker in Flugzeugen, auf Schiffen<br />

und in Fahrzeugen bei 24 Rennbeteiligungen, Versuchsfahrten<br />

und Weltrekorden in drei Erdteilen fast 80.000<br />

Kilometer zurück. Das einzig Schöne bei diesem Beruf war<br />

ja auch nur, dass wir die Welt sahen. Geld verdienten wir<br />

etwas mehr durch 20 bis 30 Überstunden in der Woche<br />

und nächtelanges Durcharbeiten. Oft auch durch die<br />

Tagesspesen im Ausland.<br />

Fotos: Archiv Jürgen Pönisch<br />

Fortsetzung folgt mit dem<br />

“Regenrennen von Monte Carlo Ostern 1936”<br />

Geschwindigkeit einmal anders:<br />

Rudolf Friedrich unterwegs mit Hans Stuck in dessen Motorboot.<br />

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