AufgeHorcht 1/06
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<strong>AufgeHorcht</strong><br />
Entwicklungsmöglichkeiten, wobei<br />
eine gewisse Einseitigkeit der Darstellung<br />
aus meiner ausschließlichen<br />
Tätigkeit im Rennwagenbau der<br />
AUTO UNION A.G. nicht vermeidbar<br />
ist und ich auch bitten muss, mir<br />
eine gewisse Zurückhaltung in Zahlenangaben<br />
zuzubilligen.<br />
Konstruktion<br />
Durchschnittsgeschwindigkeit und Reifenverschleiß<br />
auf dem Nürburgring.<br />
Wie der Flugzeugbau die höchsten<br />
Anforderungen in Bezug auf Leichtbau<br />
stellt, so ist der Rennwagenbau<br />
der Lehrmeister für Leichtbau bei<br />
den Kraftfahrzeugen. Das Leistungsgewicht<br />
ist beim Rennwagen wegen<br />
der Beschleunigung ausschlaggebend.<br />
Die Lebensdauer könnte<br />
theoretisch so bemessen werden,<br />
dass alle Konstruktionsteile des<br />
Wagens nach dem Rennerfolg die<br />
Anzahl der zulässigen Belastungen<br />
und damit die Bruchgrenze eben<br />
erreicht haben. In der Praxis tritt ja<br />
nur all zu oft der Fall ein, dass der<br />
Bruch vor dem Erfolg da ist.<br />
In welchem Ausmaß Beanspruchung<br />
vieler Rennwagenteile mit Steigerung<br />
der Geschwindigkeit zunimmt, lässt<br />
sich am sprunghaften Ansteigen des<br />
natürlichen Reifenverschleißes ermessen.<br />
Auf dem Nürburgring zum<br />
Beispiel bedeutet nach Erfahrungswerten<br />
eine Steigerung der Durchschnittsgeschwindigkeit<br />
von 110 auf<br />
130 Kilometer pro Stunde - das ist 10<br />
Prozent - eine Erhöhung des Reifenverschleißes<br />
auf das Dreifache.<br />
Für die Auswahl der Baustoffe dürfen<br />
keine wirtschaftlichen Erwägungen<br />
bestimmt sein. Nicht der Kilopreis,<br />
sondern die Kilofestigkeit, Kerbzähigkeit<br />
und Dehnung entscheidet. Die<br />
26 01/20<strong>06</strong><br />
Kilofestigkeit, als Quotient von<br />
Zugfestigkeit und Wichte, hat die Dimension<br />
einer Länge und ist identisch<br />
mit der Zerreißlänge, das ist die<br />
Länge eines Stabes gleich bleibenden<br />
Querschnitts, der durch sein Eigengewicht<br />
abreißen würde. Die Zerreißlänge<br />
kann auch für Wechselfestigkeit<br />
gedeutet werden. Für höchstbeanspruchte<br />
Konstruktionsteile erweisen<br />
sich hochvergütete Chrom-Nickel- und<br />
Chrom-Molybdän-Stähle mit statischen<br />
Zerreißlängen von 20 Kilometern<br />
und darüber, davon 50 Prozent bei<br />
Wechselbeanspruchungen, allen Leichtmetallen<br />
noch immer überlegen, von<br />
denen Elektron, geschmiedet mit<br />
einer Zerreißlänge von 17,5 Kilometern,<br />
hochwertigen Stählen am<br />
nächsten kommt. Während bei allen<br />
Motorteilen mit Lastwechselzahlen<br />
von über 3 Millionen gerechnet werden<br />
muss, diese also praktisch schon<br />
nach der Wechselfestigkeitsgrenze<br />
bemessen sein müssen, können Fahrwerksteile<br />
mit nur gelegentlichen Belastungsspitzen<br />
über die Dauerfestigkeitsgrenze<br />
beansprucht werden und<br />
haben trotzdem noch absolut ausreichende<br />
Sicherheit, die natürlich für<br />
alle lebenswichtigen Teile des Fahrwerks<br />
wie Lenkung, Achsen, Rahmen<br />
und Räder verlangt werden muss. Die<br />
Leichtmetalle gewinnen eine überragende<br />
Bedeutung bei den Konstruktionsteilen,<br />
die nicht nur Festigkeitsträger<br />
sind, sondern zugleich<br />
Kilofestigkeit von Baustoffen.<br />
dichte Behälter für Schmierstoffe,<br />
Brennstoff oder Kühlstoff abgeben<br />
müssen. Die dreimal höhere Wärmeleitzahl<br />
gegenüber Stahl machen sie<br />
weiter für thermisch hochbeanspruchte<br />
Teile unentbehrlich. Zylinderköpfe,<br />
Kurbelgehäuse, Getriebegehäuse,<br />
Kompressorgehäuse sind am<br />
AUTO UNION-Rennwagen aus 8<br />
Silumin, die Kolben aus KG 124, die<br />
Bi-Metall-Bremstrommeln aus geschmiedetem<br />
Dural mit Stahllaufring<br />
sowie zahlreiche Gehäuseteile aus<br />
vergüteten Elektrongusslegierungen<br />
AZG und A 9 V. Für die Karosserie<br />
wurde ausschließlich Leichtmetallblech,<br />
vorwiegend Duralumin, verarbeitet,<br />
wodurch zum Beispiel das<br />
Karosseriegewicht am Grand Prix-<br />
Wagen 1937 auf 33 Kilogramm heruntergedrückt<br />
werden konnte.<br />
Für die Gestaltung aller Konstruktionsteile<br />
gelten die klassisch von<br />
Kutzbach formulierten Lehren des<br />
Leichtbaus. Die Bedeutung der Kilofestigkeit<br />
bei der Materialauswahl<br />
wurde bereits erwähnt. Sie genügt<br />
aber noch keineswegs zur Beurteilung<br />
der speziellen Eignung aller Baustoffe,<br />
da häufig auch die Formfestigkeit, wie<br />
zum Beispiel bei den Ventilen und vor<br />
allem die Verschleißfestigkeit eine entscheidende<br />
Rolle spielt, besonders bei<br />
Stahl- auf Stahl-Laufflächen. So ist<br />
anzustreben, dass alle Teile die gleiche<br />
Bruchsicherheit aufweisen und diese<br />
so klein wie nur irgend tragbar ist. Die