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KING KONG KUNSTKABINETT: DISKRETE SUBVERSION (Büchse der Pandora) ISBN 978-3-88178-365-1

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im Internet Notsignale aus und möchte von den Medien zurückgespiegelt<br />

werden. Die Erholungspause gibt’s als Wellness-Angebot<br />

dazu. In diesem Schlamassel machen sich Amann, Schikora und<br />

Zierold an die »Entladung <strong>der</strong> schweren Zeichen«. Sie zerkleinern die<br />

Themen und Ereignisse, »um sie dann wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s zu kombinieren«.<br />

Sie nehmen einen Rahmen und lassen in ihm ein Potpourri unserer<br />

Wirrnis zur Ruhe kommen. Zur Unschuld kommen. Auf diesen Prozess<br />

wirken unfassliche Kräfte ein, die Eingebungen dreier artistischer Tagträumer.<br />

Am Ende, wenn auf einem Bild das Malen aufgehört hat, herrscht<br />

zwischen den Menschen und Möbeln und Gewächsen die selige Einfalt,<br />

die erste und höchste Vorstufe des Glücks. Da sitzen fahrige Krawattenträger<br />

regulär neben breithüftigen nackten Frauen. O<strong>der</strong> umgekehrt,<br />

Laptop-Frauen neben nackten Muskelmännern. Das Klischee sagt es<br />

so, also ist es wahr. So wie das Klischee von <strong>der</strong> Ganzheitlichkeit im<br />

Öko-Matriarchat. Zeitkritik, wo ist dein Stachel? Akkurat aufgereiht die<br />

Herrschaften, wie Kasperles und Gretels ins echte Leben montiert,<br />

einer so biestig wie <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e. Wir sehen hochnotwichtige Meetings<br />

wie durch ein umgedrehtes Fernrohr – verlabert, verweht. Sex muss<br />

immer dabei sein. Gewöhnliche Geilheit, die wenig Aufhebens von<br />

sich macht. Die Begegnung zwischen den Geschlechtern, genannt Win-<br />

Win-Situation. Einem Armeehubschrauber entsteigen schwerbepackte<br />

Marines, doch die Szene spielt sich in einer Art von Terrarium ab: high<br />

tech, no content. Gesichter wie deine Fresse, meine Fresse, aber nicht<br />

hämisch, son<strong>der</strong>n mit zärtlicher, heiterer Sorgfalt karikiert. Punkt,<br />

Punkt, Komma, Strich, das genügt. Hier entstehen keine lehrreichen<br />

Typologien. Keine Genremalerei. Die Einberufung zum Ego-Kult wird<br />

unterlaufen, indem die Kultakte freundlich ausgepinselt werden, ist es<br />

das? Virtuose Verkindlichung, nein, falsch, eine Art boshafter Nachsichtigkeit<br />

schlichtet den aufdringlichen Bildschirmbil<strong>der</strong>salat. Indem<br />

sie ihn per Übermalung und Zerfaserung aufmischt.<br />

Wer dafür ein programmatisches Schlagwort sucht, kann sich mit subversiver<br />

Affirmation behelfen. Amann, Schikora und Zierold selbst haben<br />

diese Formel 1987 aus <strong>der</strong> Theoriekiste geholt – und immer wie<strong>der</strong><br />

hineingegriffen, um die Art ihrer Koproduktion zu erläutern. Von<br />

Katalog zu Katalog haben sie ihre Selbstausdeutung fortgeschrieben,<br />

dabei jeweils an<strong>der</strong>e Akzente gesetzt. Über die Entstehungsprozesse<br />

geben sie erschöpfend Auskunft – wie wirken drei hochempfindsame<br />

Konstrukteure mit »unterschiedlichen Erfahrungsschichten und Bearbeitungszeiten«<br />

zusammen? Zu spüren ist das Interesse <strong>der</strong> Gruppe,<br />

über die Exegese ihrer Malerei eine gewisse Kontrolle zu behalten.<br />

Offengelegt haben die Drei auch die Namen <strong>der</strong> Künstler, von denen sie<br />

ihre Arbeit beeinflusst sehen. Ich nenne hier nur James Ensor, die<br />

Expressionisten, Max Ernst, Max Beckmann, Asger Jorn von <strong>der</strong> Gruppe<br />

Cobra und HP Zimmer von <strong>der</strong> Gruppe Spur. Offenbar haben auch<br />

einige Karikaturisten von Pardon und Titanic Pate gestanden, sicherlich<br />

Chlodwig Poth. Und einige Kunstsachverständige haben in den<br />

Katalogen aus professioneller, schaffensbezogener Innensicht Gesamtdeutungen<br />

beigesteuert. Anregend für mich war insbeson<strong>der</strong>e Heribert<br />

Kuhns Kommentar »Der Maler geht ins Bild, das bucklicht Männlein<br />

nicht« im Katalog von 1999, erschienen im Verlag Antje Kunstmann.<br />

Aber ich bin kein Kunstsachverständiger. Mich interessieren weniger<br />

die Faktoren, die auf den Entstehungsprozess einwirken, als das, was<br />

6<br />

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