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KING KONG KUNSTKABINETT: DISKRETE SUBVERSION (Büchse der Pandora) ISBN 978-3-88178-365-1

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öffentlich gefeierte Aufgipfelung menschlichen Könnens hat sich ad<br />

absurdum geführt. Auf glaubwürdige Weise können die Gegenstände<br />

nicht mehr metaphorisch o<strong>der</strong> symbolisch o<strong>der</strong> surrealistisch sublimiert<br />

werden. Vielmehr sind es die Metaphern und Symbole selbst<br />

(und die Klischees und Schablonen), die wie<strong>der</strong> zu Dingen vereinfacht<br />

werden müssen. In diesem Sinn betreiben Amann, Schikora und<br />

Zierold das Handwerk <strong>der</strong> subversiven Regression.<br />

Wenden wir uns einmal den Favoritinnen des Feuilletons und <strong>der</strong><br />

Anlageberatungsbranche zu, den Insi<strong>der</strong>innen: Nackt sitzen sie im Kreis<br />

beim traulichen Informationsklatsch, an<strong>der</strong>s gesagt, im Gespräch über<br />

Diagnosen <strong>der</strong> Langeweile vor dem Hintergrund von Verlusten bei Anlagefonds.<br />

Gezeigt wird demnach nicht die nackte finanzkapitalistische<br />

Hemmungslosigkeit unter dem Geschäftsfrauendress. Der Betrachter<br />

vollzieht einen kleinen Wahrnehmungsruck. Das Finanzkapital hat es<br />

doch schon lange nicht mehr nötig, denkt er, von gierigen Leuten<br />

stimuliert zu werden. Neugierig und gierig, verschworen und schadenfroh,<br />

wie Anlageberaterinnen zweifellos sind, entpuppen sie sich im<br />

<strong>KUNSTKABINETT</strong> als verspielte Gören. Das ist glatte Verharmlosung<br />

und doch die nackte Wahrheit.<br />

Wenn das erfin<strong>der</strong>ische Wechselspiel im <strong>KUNSTKABINETT</strong> zu einer<br />

gewissen Überraschungsreife gelangt, beginnt ein fabelhafter Einfall<br />

Regie zu führen. Die Drei entdecken ihn – manchmal spielen auch zwei<br />

o<strong>der</strong> drei Einfälle zusammen –, und dann ist <strong>der</strong> Zeitpunkt nicht mehr<br />

fern, an dem sie entscheiden, die Arbeit am Bild zu beenden. O<strong>der</strong> sie<br />

lassen das Bild so lange liegen, bis sie im Nachhinein den vorläufigen<br />

Abschluss <strong>der</strong> Arbeit beschließen. Jener Einfall bzw. jene zwei o<strong>der</strong> drei<br />

Einfälle waren nicht geplant. Sie sind reiner Zu-Fall im Verlauf des<br />

dreifachen Hinzuerfindens. Ein Zu-Fall allerdings, <strong>der</strong> sich fast jedes<br />

Mal ereignet. Irgendwann posieren Menschen, Tiere und Dinge in diskreter<br />

Folgerichtigkeit, und <strong>der</strong> Betrachter urteilt später: mehr o<strong>der</strong><br />

weniger stimmig. In einem fortgeschrittenen Stadium des Virtualisierungsprozesses<br />

erlaubt ein vertrauter, wie<strong>der</strong>erkennbarer Gegenstand<br />

aberwitzige Deutungen, während ein Verwirrspiel mit Körperfragmenten<br />

gleichsam dokumentarisch, als Bestandsaufnahme, verstanden<br />

werden kann. Die Ungeduld verlangt das Unmögliche, nämlich die Erreichung<br />

des Ziels ohne Mittel steht unter einer »Kurort«-Szene. Ein hingekritzeltes<br />

Sammelsurium hybri<strong>der</strong> Figuren hingegen provoziert eine<br />

Konkretisierung als Werbebotschaft mit Schreckenszusatz: Wun<strong>der</strong>schöne<br />

Strände gibt es dort, an denen man sich lustigsten Liebesspielen hingeben<br />

kann. – Totalausfall möglich.<br />

Am Ende dieser Überlegungen zu den »hybriden Bil<strong>der</strong>n« komme ich<br />

nun also doch auf die Fertigungsweise in <strong>der</strong> <strong>KING</strong> <strong>KONG</strong>-Gruppe zu<br />

sprechen. Amann, Schikora und Zierold stellen seit 35 Jahren gemeinsam<br />

Bil<strong>der</strong> her und unterscheiden sich damit radikal von an<strong>der</strong>en<br />

Künstlergruppen, in denen <strong>der</strong> einzelne vor allem sein eigenes, persönliches<br />

Werk im Auge hat und vom gemeinsamen Label zusätzliche<br />

Werbewirkung erwartet. Offensichtlich bringt die Teilhabe am KUNST-<br />

KABINETT an<strong>der</strong>e Vorteile. Jedenfalls nährt sie eine Fortsetzungslust,<br />

die sich fortgesetzt auffrischt. An<strong>der</strong>nfalls wären die Drei längst <strong>der</strong> Versuchung<br />

erlegen, in eine <strong>der</strong> öffentlich bereitgestellten Standardrollen<br />

für Künstler zu schlüpfen: die avantgardistische o<strong>der</strong> die volkspädagogische<br />

o<strong>der</strong> die brachial-genialische. Und die Gruppe hätte sich<br />

längst aufgelöst. Künstler, die sich die Arbeit teilen, sind heute außer-<br />

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