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KING KONG KUNSTKABINETT: DISKRETE SUBVERSION (Büchse der Pandora) ISBN 978-3-88178-365-1

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ich zu sehen bekomme. Und siehe da, vor den Bil<strong>der</strong>n selbst sind die<br />

Kommentatoren bisher zurückgeschreckt, die drei Künstler wohl aus<br />

Bescheidenheit und die Sachverständigen wohl in <strong>der</strong> Sorge, dass<br />

aus Beschreibungen zeitgeistdiagnostische Wertungen herausgelesen<br />

werden könnten. Solche Bedenken sind mir fremd.<br />

Im vorliegenden Band sind »hybride Bil<strong>der</strong>« versammelt, entstanden in<br />

den Jahren 2009 bis 2011, anknüpfend an die sogenannten Lesebil<strong>der</strong>,<br />

die 1994 in einem schmalen Band des Klaus Boer Verlags vorgelegt<br />

worden sind, unter dem vielsagenden Titel »Schwarz-weiße Bil<strong>der</strong> –<br />

überarbeitete Menschen – literarische Heftzwecken«. Dort wie hier<br />

eigenständige Bedeutung haben die Titel <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> und die langen<br />

Untertitel, Unterzeilen, Unter-Schriften. Sie werden von den drei<br />

Malern erst am Ende einer gestischen und erzählerischen Suchbewegung<br />

formuliert, liegen ihr nicht zugrunde. Titel und Untertitel<br />

setzen gleichsam noch einen Sprachfleck neben das Bild. Die<br />

malerische Erfindungsarbeit gipfelt in <strong>der</strong> Geburt eines Themas, das<br />

während <strong>der</strong> Arbeit gewachsen ist. Die hingeschriebenen Titel bringen<br />

das Bild auf den Punkt, behaupten aber nicht, es zu erklären.<br />

Ich habe zunächst drei <strong>der</strong> »hybriden Bil<strong>der</strong>« ausgewählt – aus irgendwelchen<br />

Gründen bin ich bei ihnen hängen geblieben – und<br />

beschreibe, was ich sehe.<br />

fabelhaft, vergleichend und teilnehmend: Drei Wesen aus drei Programmregionen<br />

– Science Fiction, Kin<strong>der</strong>welt und Tierwelt – finden mit<br />

halluzinatorischer Selbstverständlichkeit an einem Tisch zueinan<strong>der</strong>.<br />

Zwei <strong>der</strong> Titel-Attribute entstammen <strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> empirischen<br />

Forschung. Das dritte (fabelhaft) gilt, wörtlich aufgefasst, einer<br />

schemenhaften Gestalt mit Periskop-Augen und zweimal sechs Zehen.<br />

Ein großer Teddybär mit Schulranzen hat Platz genommen, äugt und<br />

vergleicht. Auch ein Lamm nimmt teil. Es hat seine Vor<strong>der</strong>hufe auf den<br />

Tisch gestellt und blickt auf eine buntscheckige Scheibe in <strong>der</strong> Mitte<br />

des Tisches: eine Pizza o<strong>der</strong> aber eine gelandete fliegende Untertasse.<br />

Im Hintergrund paradieren Nationalflaggen, eine dünne Linie irdischer<br />

Repräsentanz. Abson<strong>der</strong>liches und Triviales, läppisch vereint. Eine<br />

wahrhaft hybride Szene. Unschuldig nehmen diese Kreaturen beim<br />

Wort, was man uns täglich vorsetzt, Fantasy, Toleranz und Symbolpolitik.<br />

Es müsste nur etwas von außen hereinkommen, und <strong>der</strong> sachte<br />

Blödsinn enthüllte sich als Vorschein des Wun<strong>der</strong>baren.<br />

Marketing: Der Marktforscher im Anzug richtet den Blick unparteiisch auf<br />

den Betrachter. Eine Hand ruht auf dem Fragebogen. Ein bie<strong>der</strong>es<br />

nacktes Hausbesitzer- o<strong>der</strong> Mieterpaar beteiligt sich statuarisch an <strong>der</strong><br />

Einvernahme. Und ein Hündchen mit Erektion macht Männchen auf<br />

einem Wohnzimmersessel. Schaut mal, was ich kann. Auf dem Tisch liegt<br />

ein Knochen, auf dem Boden ein Fressnapf. Gut möglich, dass hier die<br />

Akzeptanz von Hundespielzeug ermittelt wird. Die Unterzeile spaßt mit<br />

<strong>der</strong> Uferlosigkeit und Ausweglosigkeit <strong>der</strong> Bedarfserhebung: Das könnte<br />

theoretisch eine Antwort sein. Was also ist die Alternative? (Es gibt keine<br />

Alternative.) Ich blicke in einen Abgrund gehorsamer Normierung in <strong>der</strong><br />

überholten Form des Wohnzimmerinterviews. Das ist so rückständig, das<br />

kann mich nicht agitieren. Es war einmal das Marketing. Bald jedoch<br />

wird man dies von je<strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Bevölkerungsmassage sagen können,<br />

und es kennzeichnet den Spürsinn des <strong>KUNSTKABINETT</strong>S, dass es mich<br />

auf den meisten Bil<strong>der</strong>n in einen (künftigen?) Zustand versetzt, in dem<br />

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