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ob ich überhaupt etwas höre. Wahrscheinlich höre ich meinen
eigenen Tinnitus, selbst generiert. Wie schade. Ich wollte in dieser
Halbwüste, in dieser menschenleeren Einsamkeit, einmal
wenigstens die ‚Stille‘ erleben, einmal mein eigenes Loxton. Oder
habe ich das Loxton des Deon Meyers missinterpretiert?
Er sucht gar nicht die Stille. Er sucht einfach Zeit für sich.
Zum Nachdenken. Und manchmal muss man über den nächsten
Zug lange nachdenken. Manche brauchen Tage. Allein ein mittelmäßiger
Schachspieler braucht gelegentlich zwei Stunden für
einen Zug. Wenn es keine Zeitbegrenzung gäbe, könnte er noch
viel länger über diesen einen Zug nachdenken.
Plötzlich steigt mir Uringeruch in die Nase. Parkbuchten haben
das an sich. Die Stimmung ist weg.
„Lass uns weiterfahren,“ sage ich zu Regine.
Die Landschaft ändert sich nicht. Überall könnte auf dieser
Strecke am Straßenrand ein Loxton kommen. Die Kleine Karoo
ist voll davon. Doch oft ohne ein Café.
Was wollen wir denn überhaupt in Graaff Reinet? Eine Kleinstadt,
die sicher nicht viel zu bieten hat. Das ist doch ein Umweg
zum Addopark. Unsere Freunde haben uns aber berichtet, dass
ganz in der Nähe das Valley of Desolation sei. Das Tal der Trostlosigkeit.
Das würde sich lohnen. Eine landschaftliche Oase inmitten
der flachen Halbwüste. Im Camdeboo National Park gelegen.
Wir kommen an. Die Anhöhe ist etwa 150 hoch. Wir fahren
bis zum Parkplatz. Bis zum ausgeschilderten Aussichtspunkt sind
es noch fünf Minuten zu gehen.
Direkt vor uns ragen bizarre Felsformationen, wie zerklüftete,
verwitterte Säulen zum Himmel. Atemberaubend. Vor hundert
Millionen Jahren sollen sie durch Vulkanismus entstanden sein,
so die Meinung von Geologen, und dann durch Erosion ihre heutige
Form erhalten haben.
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