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dem lief ein Schauer seinen Rücken hinunter. Die Höhle war wie
ein kaltes Zauberland mit einer Architektur, die sich das menschliche
Gehirn nicht ausdenken konnte, geschweige denn gestalten.
Nur die Natur konnte solche Formen bilden. Endlose Labyrinthe
nach allen Seiten. Und dann das beunruhigende Rauschen
von unterirdischen Flüssen.
Wo war er gelandet? Was hatte das zu bedeuten?
Er irrte in der Höhle umher nach allen Richtungen, doch es
war nun finster, weil weiter innen in der Höhle die obere Öffnung
für den Lichteinfall fehlte. Einige Tage verbrachte er damit,
einen Ausgang zu finden. Erst sang er laut, um seine Angst
zu übertönen, wie ein Kind, das durch einen dunklen Wald läuft.
Dann wurde seine Stimme zu erstickten Schreien, die hundertmal
widerhallten und ihn selbst erschreckten.
Die ursprüngliche Öffnung, die er wieder entdeckt hatte, konnte
er an den messerscharfen, gezackten Wänden nicht mehr erklimmen.
Sollte er in dieser Höhle verrecken, elendig verhungern?
Der Honig war zunächst seine Rettung, Wasser hatte es in der
Höhle ja genug.
Nach tagelangem Umherirren, fand er schließlich einen Ausgang,
zwischen Felsvorsprüngen verborgen. Als er das Tageslicht
wieder erblickte, war es dunkel in seinem Geist geworden. Er
hörte überall nur noch den Widerhall seiner von Todesangst geprägten
eigenen Stimme, seiner Schreie. Er erzählte wirres Zeug,
wenn er von seinen Stammesgenossen gefragt wurde.
Er erzählte von wunderschönen Kirchen, Kathedralen und von
versteinerten weißen Menschen, die aus dem Boden zu wachsen
schienen und die von der Decke herabhingen. Mitleidig schüttelten
seine Zuhörer nur noch mit ihren Köpfen und hörten ihm
schließlich gar nicht mehr zu. Er hatte offensichtlich seinen Verstand
verloren.
Doch wir vermuten heute, dass er in die Cango Tropfstein-
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