Nr. 23 - September / Oktober 2009
Nîmes: Römische Baudenkmäler und mediterrane Lebensfreude Périgord: auf den Spuren von Jacquou le Croquant Normandie: Abbaye de Jumièges Ardèche: ein Departement voller Überraschungen Rezept: Baba au rhum Versailles: Berufe mit Tradition in historischen Mauern
Nîmes: Römische Baudenkmäler und mediterrane Lebensfreude
Périgord: auf den Spuren von Jacquou le Croquant
Normandie: Abbaye de Jumièges
Ardèche: ein Departement voller Überraschungen
Rezept: Baba au rhum
Versailles: Berufe mit Tradition in historischen Mauern
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Frankreich Heute Städtepartnerschaft<br />
Monsieur Collomb, waren Sie vor der<br />
Wende schon einmal in der DDR? Und<br />
Sie als Westdeutscher, Herr Jung, kannten<br />
Sie den Osten?<br />
Aus Anlass des Lichtfests Leipzig<br />
befragten wir die Bürgermeister von<br />
Lyon und Leipzig zu diesem Ereignis<br />
und erkundigten uns dabei auch nach<br />
ihren Erfahrungen aus der Wendezeit.<br />
Monsieur Collomb, Herr Jung, welche<br />
persönlichen Erinnerungen haben Sie an<br />
die Wende und an den Mauerfall?<br />
Collomb: Der Mauerfall war für<br />
mich ein hochbewegender Moment. Ich<br />
habe die Nachrichten verfolgt und die<br />
Fernsehbilder bewundert. Wie die Menschen<br />
sich gefreut haben, als sie in Berlin<br />
über die Mauer kletterten, das war sehr<br />
bewegend. Und irgendwann wusste ich<br />
dann: Du erlebst hier gerade einen der<br />
Schlüsselmomente der Geschichte. Es<br />
war mit den Händen greifbar, dass dieses<br />
Ereignis Europa und die Welt verändern<br />
würde. Die Vereinigung Deutschlands<br />
lag damals schon in der Luft.<br />
Jung: Ich weiß noch ganz genau,<br />
wie ich den Fernseher einschaltete<br />
und von den Bildern überrascht wurde.<br />
Als sich am 9. <strong>Oktober</strong> der riesige<br />
Demonstrationszug durch Leipzig<br />
schob und wir im Westen fürchteten,<br />
dass die Staatsmacht hart durchgreifen<br />
würde, da war die Erleichterung<br />
groß, als die Schüsse ausblieben. Als<br />
am 7.11. in Berlin 400.000 Menschen<br />
friedlich auf dem Alexanderplatz demonstrierten,<br />
da ahnte ich, dass hier<br />
etwas ganz Großes im Gange war.<br />
Und ab dem 9.11. verfolgte ich atemlos<br />
die Geschehnisse an der Mauer und<br />
war ständig mit Freunden in Berlin<br />
in Kontakt. Dass eine solch friedliche<br />
Revolution möglich war, begeisterte<br />
mich am meisten.<br />
Lyon gratuliert Leipzig mit seinem<br />
Beitrag zum Lichtfest – wie kamen Sie<br />
auf diese Idee?<br />
Jung: Ich weiß, es hört sich nach<br />
einer Phrase an, aber ich kann Ihnen<br />
versichern, dass es in diesem Fall keine<br />
ist: Die Idee entstand aus Freundschaft.<br />
Gérard und ich fühlen uns seit Jahren<br />
verbunden und das nicht nur, weil wir<br />
der gleichen politischen Strömung angehören.<br />
Es gab da diesen Moment bei<br />
der Eröffnung der Fête de la lumière in<br />
Lyon vor zwei Jahren, als ich eingeladen<br />
war, eine Rede zu halten. Da standen<br />
wir nebeneinander, betrachteten<br />
das Spektakel und irgendwie war uns<br />
beiden klar, dass es hier eine Verbindung<br />
zu Leipzig gibt. Dass Leipzig<br />
dieses Fest nun wirklich auf die Beine<br />
stellen kann, verdanken wir unseren<br />
Partnern aus Lyon. Alleine hätten wir<br />
das nie stemmen können.<br />
Collomb: Burkhard hat Recht, es ist<br />
eine echte Freundschaft. Und diese gibt<br />
noch einmal einen besonderen Schub<br />
und ermöglicht es, neue Projekte anzustoßen<br />
und umsetzen. Eben auch bei<br />
der Beteiligung von Lyon am Lichtfest<br />
Leipzig. Es lag auf der Hand, dass wir<br />
den Leipzigern mit unserer Erfahrung<br />
unter die Arme greifen würden. Denn<br />
die Ereignisse der friedlichen Revolution<br />
vom Herbst 1989 haben alle Franzosen<br />
sehr beeindruckt.<br />
Jung: Nein, ich bin wirklich erst<br />
Anfang der Neunziger in die ehemalige<br />
DDR gekommen – nach Leipzig. Seit<br />
dem lebe ich hier – und deshalb gefällt<br />
mir die Zuschreibung Westdeutscher<br />
gar nicht. Ich bin mittlerweile Leipziger.<br />
Und glauben Sie mir, wenn man<br />
Bürgermeister der « Wendestadt » ist,<br />
beschäftigt man sich sehr mit der Vergangenheit<br />
in der DDR.<br />
Collomb: Ich war tatsächlich Ende<br />
der 1970er-Jahre in West-Berlin und<br />
unternahm einen Abstecher in den<br />
Ostteil. Wo wir uns gerade anlässlich<br />
des Lichtfestes unterhalten: Es war<br />
frappierend zu sehen, wie hell und<br />
erleuchtet der Westteil war, und wie<br />
dunkel und grau das östliche Berlin<br />
wirkte. Man hatte das Gefühl der ständigen<br />
Überwachung. Und ich erinnere<br />
mich auch noch gut an die Mauer, die<br />
damals schon voller Graffiti war.<br />
Das 20-jährige Wendejubiläum wird<br />
von den Franzosen mit einer Reihe<br />
von weiteren Aus stellungen und<br />
Veranstaltungen bedacht:<br />
• Im Garten des Pariser Palais Royal<br />
wurden im Juni Exponate der Mauerkunst<br />
gezeigt. Die Wander ausstellung<br />
machte im Juli und August in Berlin<br />
Station und endet im November in<br />
Moskau.<br />
• Das Mémorial vom normannischen<br />
Caen zeigt vom 09.11.<strong>2009</strong> bis 31.12.<strong>2009</strong><br />
die Ausstellung « 1989 – <strong>2009</strong>: 20. Jahrestag<br />
des Mauerfalls ».<br />
• Vom Berliner Institut Français werden<br />
anlässlich des Mauerfall-Jubi läums den<br />
ganzen Herbst über Kunst aktionen in<br />
der deutschen Haupt stadt veranstaltet.<br />
Konzerte entlang des Mauerstreifens<br />
und Auftritte der Riesenmarionetten<br />
Royale de Luxe am Brandenburger Tor<br />
gehören dazu.<br />
80 · Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2009</strong>