Nr. 23 - September / Oktober 2009
Nîmes: Römische Baudenkmäler und mediterrane Lebensfreude Périgord: auf den Spuren von Jacquou le Croquant Normandie: Abbaye de Jumièges Ardèche: ein Departement voller Überraschungen Rezept: Baba au rhum Versailles: Berufe mit Tradition in historischen Mauern
Nîmes: Römische Baudenkmäler und mediterrane Lebensfreude
Périgord: auf den Spuren von Jacquou le Croquant
Normandie: Abbaye de Jumièges
Ardèche: ein Departement voller Überraschungen
Rezept: Baba au rhum
Versailles: Berufe mit Tradition in historischen Mauern
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Linke Seite großes<br />
Foto: Marie-Claire<br />
Chennevière. Andere<br />
Bilder: Impressionen<br />
aus dem Schloss.<br />
le Unterschiede gibt. Die Japaner sind<br />
meistens sehr diskret. Sie trauen sich<br />
nicht, viel zu fragen und verlieren sich<br />
deshalb oft in der Vielfalt der Möglichkeiten.<br />
Die Deutschen kommen<br />
dagegen meist mit einem ganz guten<br />
Vorwissen nach Versailles. Sie unterschätzen<br />
aber oft die immense Größe<br />
der Anlage. Die Franzosen wiederum<br />
sind weniger gut über die Geschichte<br />
des Schlosses informiert, als man eigentlich<br />
vermuten dürfte. Allgemein<br />
kann man sagen, dass die Besucherprofile<br />
sehr heterogen sind. « Es gibt<br />
Besucher, die nicht wissen, wer Ludwig<br />
XIV. war, und solche, die meinen, alles<br />
besser zu wissen als wir », erzählt die<br />
Empfangsdame – natürlich begleitet<br />
von einem Lächeln.<br />
Aber wie sieht eigentlich das ideale<br />
Besichtigungsprogramm nach Marie-<br />
Claire Chennevières Meinung aus?<br />
Zunächst schlägt sie vor, dass man die<br />
Hauptbesuchszeiten meiden sollte. Am<br />
besten man kommt dafür früh morgens<br />
nach Versailles. Dann sollte man ruhig<br />
an Führungen teilnehmen, um den Ort<br />
besser kennenzulernen und in Räume zu<br />
gelangen, die einem sonst verschlossen<br />
blieben. Wer mag, kann thematische<br />
Rundgänge wählen. Zum Beispiel die<br />
Tour « Marie-Antoinette », die zu den<br />
Privatgemächern der Königin, die sich<br />
über drei Stockwerke des Schlosses erstrecken,<br />
führt. Oder « La vie quotidienne<br />
à la cour » (dt. der Alltag am Hof),<br />
bei der man in eineinhalb Stunden die<br />
wichtigsten Sehenswürdigkeiten besichtigt:<br />
die Kapelle, das Schlafzimmer<br />
des Königs, den Spiegelsaal usw. Im<br />
Anschluss an eine Führung sollte man<br />
dann unbedingt genug Zeit für eine<br />
Erkundung der riesigen Parkanlage<br />
mitbringen.<br />
Während Marie-Claire Chennevière<br />
noch von ihren Besuchsvorschlägen<br />
spricht, entdeckt sie in der Warteschlange<br />
eine schwangere Frau. Sofort<br />
unterbricht sie ihre Ausführungen und<br />
eilt zu der Frau, um ihr zu erklären, dass<br />
sie nicht in der Schlange warten muss,<br />
sondern eine spezielle Kasse benutzen<br />
darf. Auch das gehört zu der Besuchspolitik<br />
in Versailles: Aufmerksam sein<br />
und auch bei Tausenden von Besuchern<br />
niemals den Überblick verlieren.<br />
Jean-Jacques Aillagon,<br />
Präsident des Versailler<br />
Schlosses<br />
Jean-Jacques Aillagon war französischer<br />
Kulturminister, Präsident des Pariser Centre<br />
Georges Pompidou und Intendant des Auslandssenders<br />
TV5, bevor er 2007 per Dekret<br />
von Nicolas Sarkozy an die Spitze des Versailler<br />
Schlosses berufen wurde. Nachdem er Frankreich<br />
erleben einen Blick hinter die Kulissen<br />
ermöglichte, selbst für die Presse ein großes<br />
Privileg, erzählt er in einem Exklusivinterview<br />
von seiner eigenen Verbundenheit mit dem<br />
Schloss und seiner Liebe zu Deutschland.<br />
Monsieur Aillagon, was kannten Sie von Versailles,<br />
bevor Sie zum Präsidenten des Schlosses<br />
berufen wurden?<br />
Da ich zuvor Kulturminister war, kannte<br />
ich mich natürlich gut mit den besonderen<br />
Herausforderungen in Versailles aus, wusste<br />
vom Zustand des Schlosses und dem Stand<br />
der Restaurierungsarbeiten. Außerdem bin<br />
ich oft an einem Sonntag von Paris aus nach<br />
Versailles gefahren, um im Park spazieren zu<br />
gehen und die verschiedenen Bereiche des<br />
Schlosses zu besichtigen. Schon bevor ich<br />
meinen Posten hier angenommen hatte, fühlte<br />
ich mich in Versailles zu Hause.<br />
Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2009</strong> · 73