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Nr. 23 - September / Oktober 2009

Nîmes: Römische Baudenkmäler und mediterrane Lebensfreude Périgord: auf den Spuren von Jacquou le Croquant Normandie: Abbaye de Jumièges Ardèche: ein Departement voller Überraschungen Rezept: Baba au rhum Versailles: Berufe mit Tradition in historischen Mauern

Nîmes: Römische Baudenkmäler und mediterrane Lebensfreude
Périgord: auf den Spuren von Jacquou le Croquant
Normandie: Abbaye de Jumièges
Ardèche: ein Departement voller Überraschungen
Rezept: Baba au rhum
Versailles: Berufe mit Tradition in historischen Mauern

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Jede Pendeluhr im<br />

Schloss ist ein Unikat.<br />

Bernard Draux hat für<br />

jede Uhr dennoch den<br />

richtigen Schlüssel<br />

zum Aufziehen.<br />

Das Schloss von Versailles hat viele Gesichter: Es ist Weltkulturerbe der<br />

UNESCO, eine der Hauptsehenswürdigkeiten des Landes, Museum, eine<br />

Stätte kultureller Ausstellungen und Versammlungsort des französischen<br />

Kongresses. Oder in Zahlen: <strong>23</strong>3.000 Quadratmeter umbauter Raum und<br />

730 Hektar Parkfläche. Doch Versailles ist auch ein wichtiger Arbeitgeber:<br />

Mehr als 1.000 Mitarbeiter verdienen hier ihr täglich Brot. Sie kümmern<br />

sich um 60.000 Kunstwerke, darunter 7.000 Gemälde, 2.100 Skulpturen sowie<br />

6.000 antiquarische Bücher, 32 Hektar Wiesen sowie mehr als 350.000<br />

Bäume und 35 Kilometer Rohre für den Betrieb der Fontänen. Einige dieser<br />

Metiers können dabei als durchaus kurios gelten. Ein Blick hinter die<br />

Kulissen gewöhnlicher und weniger gewöhnlicher Berufe an einem historischen<br />

Ort.<br />

Der Uhrmacher:<br />

der einsame Herr der Zeit<br />

Jeden Montagmorgen, wenn das Schloss für<br />

die Öffentlichkeit gesperrt ist, begibt sich<br />

ein unscheinbarer, nur mit einer kleinen Tasche<br />

ausgestatteter Mann diskret in das Innere<br />

von Versailles. Bernard Draux findet sich perfekt<br />

zurecht, er ist ein Kenner der Örtlichkeiten.<br />

Seine Füße gleiten schnellen Schrittes über den<br />

Fußboden. Außerdem ist er jede Woche pünktlich<br />

wie die Maurer. Denn schließlich ist er der<br />

offizielle Uhrmacher im Schloss aller Schlösser.<br />

Das verpflichtet. Seine Aufgabe ist es, die rund<br />

100 Pendeluhren in Versailles zu pflegen und<br />

jede Woche neu aufzuziehen, so dass sie den<br />

Besuchern stets die richtige Zeit anzeigen.<br />

Dabei vergisst er am Anfang seiner Tour<br />

niemals, am Sicherheitsposten, der intern « PC<br />

Gabriel » genannt wird, vorbeizuschauen. Er hat<br />

immer ein wenig Zeit, um mit den Wachmännern<br />

die letzten Neuigkeiten auszutauschen.<br />

Danach geht er dann zu einem der großen Treppenhäuser<br />

und beginnt mit seiner eigentlichen<br />

Arbeit. Der Meister der Zeit hat das Privileg,<br />

überall dort Zugang zu haben, wo sich Uhren<br />

befinden – also fast überall im Schloss.<br />

Wenn er das Schlafzimmer des Königs betritt,<br />

sind die Fensterläden zum Schutz der<br />

wertvollen Teppiche noch geschlossen. Er<br />

öffnet sie vorsichtig und nähert sich dann respektvoll<br />

der Pendeluhr, die auf dem Kamin<br />

steht. Die Ruhe im Raum ist gespenstig und<br />

magisch zugleich – so, als ob die Zeit stehen<br />

geblieben wäre. Nur das Klicken der Pendel<br />

durchbricht die Stille und erinnert daran,<br />

dass dem nicht so ist. Bernard Draux schaut<br />

auf die Uhrzeit der Pendeluhr, vergleicht sie<br />

mit seiner eigenen Armbanduhr und holt<br />

dann einen Schlüssel aus seiner Tasche, um<br />

die Pendeluhr wieder aufzuziehen. Danach<br />

geht er in das nächste Zimmer, wo sich alles<br />

von vorne wiederholt.<br />

Unterwegs kommt es natürlich auch vor,<br />

dass Bern ard Draux auf kaputte Uhren trifft.<br />

Dann muss er den Zeitanzeiger genau unter<br />

die Lupe nehmen, das defekte Teil im Uhrwerk<br />

finden und sich seine Beschaffen heit<br />

merken – not falls<br />

mit einer Zeichnung<br />

desglei chen.<br />

Denn nur in Ausnahme<br />

fällen darf<br />

er eine Uhr für eine<br />

Re para tur aus dem<br />

Schloss mit nehmen.<br />

Ersatzteile<br />

Frankreich erleben · <strong>September</strong> / <strong>Oktober</strong> <strong>2009</strong> · 67

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