Nr. 44 - März / April 2013
Nantes: im Westen viel Neues Burgund: mit dem Hausboot auf der Saône unterwegs Provence: die unerwarteten Reize eines viel besucten Dorfes: die Alpillen und Les Baux-de-Provence Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze Gouffre de Padirac Lyon & Umgebung: eine Reise zu den Städtebaulichen Utopien des 20. Jahrhunderts Rezept: Quiche sans pâte Wein: Les Grés de Montpellier Genuss: die AOC von Provence-Alpes-Côte d'Azur Trüffel aus dem Périgord, schwarze Diamanten
Nantes: im Westen viel Neues
Burgund: mit dem Hausboot auf der Saône unterwegs
Provence: die unerwarteten Reize eines viel besucten Dorfes: die Alpillen und Les Baux-de-Provence
Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze
Gouffre de Padirac
Lyon & Umgebung: eine Reise zu den Städtebaulichen Utopien des 20. Jahrhunderts
Rezept: Quiche sans pâte
Wein: Les Grés de Montpellier
Genuss: die AOC von Provence-Alpes-Côte d'Azur
Trüffel aus dem Périgord, schwarze Diamanten
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Das unabhängige Frankreich-Magazin nr. <strong>44</strong> · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong><br />
Nantes<br />
Im Westen viel Neues<br />
Hausbootferien auf der<br />
Saône<br />
Provence<br />
Die Reize der Alpillen<br />
Camping<br />
Frankreichs besondere Plätze<br />
Midi-Pyrénées Eine Reise in den Schlund von Padirac<br />
Korsika Frauen kämpfen für eine Insel ohne Mafia<br />
Lyon Städtebauliche Utopien des 20. Jahrhunderts<br />
www.frankreicherleben.de<br />
Deutschland 5,90 €<br />
Österreich 6,50 €<br />
Schweiz 9,60 CHF<br />
Frankreich & Benelux 7,00 €<br />
Italien 7,00 €
Nirgends ist Frankreich näher<br />
Crédits photos : CRTA / Zvardon ; Meyer ; Viateur ; List<br />
«Lassen Sie sich von den Landschaften der Elsässer<br />
Weinstraße und ihrer Gastonomie versaubern ! Für ein<br />
Wonchenende oder länger.»<br />
Lassen Sie sich inspirieren...<br />
unter www.tourismus-elsass.com<br />
NÜTZLICHE ADRESSEN : ELSASS TOURISMUS<br />
20A, rue Berthe Molly BP50247 – F-68005 Colmar Cedex
Editorial<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
zunächst einmal möchte ich mich<br />
bei Ihnen entschuldigen. In der letzten Ausgabe ist uns<br />
ein Fehler unterlaufen, der nicht hätte passieren dürfen.<br />
Wir haben für die Tour de France versehentlich den<br />
Streckenverlauf aus dem letzten Jahr abgedruckt.<br />
Wie kam es dazu? Im Pressebereich der Internetseite<br />
des Tourveranstalters konnten sich<br />
Redaktionen den neuen Streckenverlauf<br />
herunterladen. Dies hat einer unserer<br />
Redakteure getan. Der Tourveranstalter hatte<br />
den Link « Carte du Tour <strong>2013</strong> » aber mit der<br />
falschen Karte hinterlegt, nämlich<br />
mit dem Streckenverlauf aus dem<br />
letzten Jahr. Unserem Redakteur<br />
ist das leider nicht aufgefallen. Er<br />
wähnte sich dank der eindeutigen<br />
Bezeichnung des Links in Sicherheit.<br />
So nahm das Unheil seinen<br />
Lauf. Bis der Fehler schließlich<br />
bemerkt wurde, war es zu<br />
spät. Die betroffene Ausgabe<br />
befand sich bereits in Druck.<br />
Den richtigen Streckenverlauf<br />
finden Sie dafür nun auf Seite 10.<br />
In dieser Ausgabe will ich Ihnen eine<br />
Reportage ganz besonders an Herz legen:<br />
den Artikel über Nantes. Uns machte<br />
die Metamorphose der westfranzösischen<br />
Stadt so neugierig, dass wir gleich für<br />
eine knappe Woche hingefahren<br />
sind. Wir entdeckten<br />
Überraschendes, Mutiges<br />
und Spektakuläres, was die<br />
ersten Seiten der Reportage füllt. Doch<br />
wir suchten auch nach den Menschen hinter<br />
der wunderbaren Verwandlung, für die das Interview<br />
mit dem Direktor von « Le voyage à Nantes » exemplarisch<br />
steht. Lassen Sie sich von Nantes verzaubern.<br />
Eine Reise in die Stadt lohnt sich wirklich.<br />
Am 22. Januar jährte sich die Unterzeichnung des<br />
Elysée-Vertrages zum 50. Mal. Für viele, die in einem<br />
deutsch-französischen Umfeld leben, etwa<br />
als binationales Paar oder mit Kindern, die<br />
eine zweisprachige Schule besuchen, war<br />
das Datum ein Tag zum Feiern. Doch<br />
welche Rolle spielte das Ereignis in der<br />
Allgemeinheit? Wir haben einen<br />
kritischen Blick auf die Berichterstattung<br />
geworfen und die Freundschaftsbekundungen<br />
von offizieller<br />
Seite unter die Lupe genommen. Das<br />
Ergebnis ist eher ernüchternd. Es drängt sich<br />
leider die Vermutung auf, dass das deutschfranzösische<br />
Tandem an Reiz verloren hat.<br />
Allerdings gibt es auch einen Hoffnungsschimmer:<br />
Sie! Denn mit dem Erwerb dieses<br />
Magazins beweisen Sie, egal ob Sie aus Deutschland,<br />
Österreich, der Schweiz oder einem anderen<br />
Land kommen, dass Ihnen Frankreich am Herzen<br />
liegt. Genauso wie uns. Lassen Sie uns deshalb<br />
gemeinsam diese wunderbare Freundschaft in der<br />
Mitte Europas am Leben erhalten! In diesem Sinne<br />
viel Spaß bei der Lektüre der folgenden Seiten.<br />
Titelblatt: Nantes<br />
Jean-Charles Albert<br />
Chefredakteur<br />
jc.albert@frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 3
Inhalt<br />
Saône · 36<br />
Trüffel · 84<br />
Nantes · 22<br />
Städtebauliche Utopien · 66<br />
Padirac · 56<br />
Les Baux-de-Provence · 42<br />
Wein · 78<br />
Camping · 52<br />
4 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Frankreich heute<br />
22 · Nantes<br />
84 · Trüffel<br />
Grés de Montpellier · 78<br />
52 · Camping<br />
36 · Saône<br />
52 · Camping<br />
Unterwegs in Frankreich<br />
52 · Camping<br />
52 · Camping<br />
52 · Camping<br />
64, 66 · Lyon<br />
52 · Camping<br />
56 · Gouffre de Padirac<br />
82 · AOC PACA<br />
42 · Les Baux-de-Provence<br />
Marseille<br />
52 · Camping<br />
22 Nantes<br />
Im Westen viel Neues<br />
Die Hauptstadt der Pays de la Loire ist heute eine der dynamischsten<br />
und coolsten Städte Frankreichs. Wie konnte diese<br />
Metamorphose gelingen und was zeichnet die Stadt aus?<br />
36 Burgund<br />
Mit dem Hausboot auf der Saône unterwegs<br />
Einmal in aller Ruhe die Landschaft und niedliche<br />
Orte an sich vorbeigleiten lassen! Auf der Saône in<br />
Burgund kann dieser Traum in Erfüllung gehen.<br />
42 Provence<br />
Die unerwarteten Reize eines<br />
viel besuchten Dorfes<br />
Die Alpillen und Les Baux-de-Provence sind Hauptsehenswürdigkeiten<br />
des Südens. Um einen Besuch genießen<br />
zu können, braucht man die richtigen Insidertipps.<br />
52 Camping<br />
Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze<br />
Wer gerne Campingurlaub macht, dabei aber<br />
nach dem Besonderen sucht, wird auf Frankreichs<br />
Campingplätzen fündig. Teil 1: Ostfrankreich.<br />
56 Midi-Pyrénées<br />
Gouffre de Padirac, der Erdmitte<br />
ein Stückchen näherkommen<br />
In Frankreichs Südwesten begeistert eine geologische<br />
Besonderheit: ein 75 Meter tiefes Loch in der Erdoberfläche.<br />
Außerdem: Höhlen mit unterirdischen Flüssen.<br />
6 4 H o te l<br />
Cour des Loges, Lyon<br />
66 Lyon & Umgebung<br />
Eine Reise zu den städtebaulichen<br />
Utopien des 20. Jahrhunderts<br />
Um Wohnraum und Komfort zu schaffen, wurden nach<br />
den beiden Weltkriegen neue Wege beschritten. Ein<br />
architektonisches Erbe, das wiederentdeckt wird.<br />
72 Verkehr<br />
Neuer Trend: Der Bahnhof wird zum Flughafen<br />
Auf immer mehr Inlandsstrecken setzt Air France auf die<br />
Hochgeschwindigkeitszüge der SNCF. Die neue Zusammenarbeit<br />
macht das Reisen leichter und angenehmer.<br />
74 Gesellschaft<br />
Korsika, die Revolution der Frauen geht weiter<br />
Frankreichs größte Insel leidet unter Bandenkriegen<br />
und mafiösen Strukturen. Mutige Korsinnen haben das<br />
satt und erheben ihre Stimme dagegen – so, wie sie es<br />
in den 1990er-Jahren schon einmal getan haben.<br />
76 Politik<br />
Wenn eine Freundschaft zum Ritual wird<br />
Zwar wurde am 22. Januar die deutsch-französische<br />
Freundschaft offiziell groß gefeiert. Im Alltag der Menschen<br />
scheint sie aber zunehmend an Bedeutung zu verlieren.<br />
Art de vivre<br />
78 Wein<br />
Les Grés de Montpellier<br />
Noch bilden sie keine eigene AOC, sondern<br />
gehören zur « AOC Languedoc ». Doch die<br />
Rotweine von Montpellier und Umgebung<br />
setzen zum Sprung in die nächste Liga an.<br />
80 Chantals Rezept<br />
Quiche sans pâte<br />
82 Genuss<br />
Die AOC von Provence-Alpes-Côte d’Azur<br />
Im Südosten des Landes liebt man das gute Leben.<br />
Nicht weniger als 36 geschützte Ursprungsbezeichnungen<br />
gibt es in der Region.<br />
84 Trüffel<br />
Schwarze Diamanten<br />
Feinschmecker möchten sie nicht missen: die<br />
schwarzen Trüffel aus dem Périgord. Ein Blick<br />
hinter die Kulissen dieser Köstlichkeit.<br />
3 Editorial<br />
6 On en parle<br />
12 Frankreichkalender<br />
14 On lit<br />
16 On écoute<br />
17 Abonnement<br />
18 On regarde<br />
20 On surfe<br />
90 Nachbestellungen<br />
94 Kulturschock<br />
96 Guéwen a testé<br />
97 Leserbriefe<br />
97 Impressum<br />
98 Vorschau<br />
Frankreich erleben im Internet:<br />
www.frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 5
On En Parle<br />
Saint-Nazaire<br />
Eine Stadt steht zu<br />
ihrem Stadtbild<br />
Lange Zeit galten die gigantischen U-<br />
Boot-Bunker aus dem Zweiten<br />
Weltkrieg im Herzen von Saint-Nazaire<br />
als ein Schandfleck, bis sie in den<br />
letzten Jahren durch eine touristische Nutzung<br />
immer mehr zum Wahrzeichen der westfranzösischen Hafenstadt<br />
wurden. Nun geht die Stadt noch einen Schritt weiter und lässt<br />
ihr neues Theater, das am Ufer errichtet wird, in Anspielung an die<br />
Docks ebenfalls komplett aus Beton errichten. Entworfen wurde das<br />
Ganze vom Büro « K Architectures ». Die Architektur dieser neuen<br />
Spielstätte soll die Dynamik der Hafenstadt symbolisieren und<br />
gleichzeitig einen Bezug zur Vergangenheit herstellen.<br />
Rodez<br />
Pierre Soulages’ Geburtshaus<br />
wird zum Museum<br />
Der zeitgenössische Maler Pierre Soulages, der international<br />
für seine Interpretationen der Farbe schwarz bekannt ist,<br />
wurde 1919 in Rodez im Departement Aveyron geboren.<br />
Mehr als 150 Museen auf der ganzen Welt sind heute im Besitz von<br />
Werken des Künstlers, der sich selbst stets seiner Heimat gegenüber<br />
eng verbunden fühlte. Deshalb vermachte er seiner Heimatstadt im<br />
Jahr 2005 auch 500 Bilder. Weitere 14 Werke folgten kürzlich durch<br />
eine zweite Spende. So verfügt die Stadt über einen Schatz, dessen<br />
Wert auf über 106 Millionen Euro geschätzt wird. Die Sammlung<br />
erstreckt sich auf Werke von 1946 bis 1978, wodurch Rodez als einziger<br />
Ort auf der Welt die Chance hat, die gesamte Schaffensperiode<br />
des heute 94-jährigen Künstlers in Szene zu setzen. Dies soll nun<br />
endlich geschehen. Die Stadt erwarb dafür das Geburtshaus von<br />
Pierre Soulages und will darin bis zum Frühjahr 2014 ein Museum<br />
über den Maler eröffnen. Komplementiert werden soll die Einrichtung<br />
durch ein Feinschmeckerrestaurant, für dessen Betrieb die Spitzenköche<br />
Michel und Sébastien Bras vorgesehen sind.<br />
Paris<br />
Zurückdrängung des<br />
Autoverkehrs geht weiter<br />
Auf den Pariser Befestigungsanlagen<br />
von Karl V. und Ludwig XIII. wurde<br />
zwischen der Place de la République<br />
und der Kreuzung Richelieu-Drouot<br />
einst ein Boulevard angelegt, der<br />
1951 autogerecht ausgebaut wurde<br />
und auf dem seitdem der Verkehr<br />
auf mehreren Spuren rauschte. Die<br />
Zeiten einer Politik der autogerechten<br />
Stadt sind aber auch in der Seine-<br />
Metropole vorbei. Nachdem die<br />
Place de la République umgebaut<br />
und teilweise vom Autoverkehr befreit<br />
wurde, nutzte man die Chance, um<br />
auch diese innerstädtische Rennstrecke<br />
fußgängerfreundlicher zu gestalten.<br />
Anstatt als Einbahnstraße rollt der<br />
Verkehr nun in beide Richtungen,<br />
was die Straße nicht mehr so als<br />
Schneise wirken lässt. Außerdem<br />
wurden Busspuren, Fahrradwege<br />
und Parkstreifen angelegt, um<br />
der Straßenverbindung ihren<br />
Boulevardcharakter zurückzugeben.<br />
Anwohner und Geschäftsinhaber freut<br />
es: Der Verkehr ist langsamer und leiser<br />
geworden und es macht wieder Spaß,<br />
auf dem Boulevard zu flanieren.<br />
6 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Bordeaux<br />
Steinway-Flügel für neues<br />
Konzerthaus<br />
Um den im<br />
Januar neu<br />
eröffneten<br />
Konzertsaal<br />
von Bordeaux<br />
(Auditorium<br />
de Bordeaux)<br />
würdig auszustatten, sind Mitarbeiter<br />
zuvor extra nach Hamburg gereist,<br />
um in der Manufaktur von Steinway<br />
& Sons den Rolls-Royce unter den<br />
Orchesterflügeln auszusuchen:<br />
den Flügel D-274, der in fast allen<br />
Konzertsälen der Welt steht. Das neue<br />
Konzerthaus der Weinmetropole bietet<br />
Platz für 1.400 Zu hör er und be sitzt<br />
Eu r o p a s g rö ß te n O r c h e s te r g ra b e n .<br />
Paris-CDG<br />
Flughafen mit<br />
Kunstgalerie<br />
Auf dem Flughafen Paris-CDG<br />
gibt es für Langstreckenreisende<br />
in der Halle M des Terminals<br />
2E seit Neuestem ein kleines<br />
Museum. Auf einer Fläche von<br />
250 Quadratmetern werden<br />
Meisterwerke der Kunst gezeigt,<br />
wobei zwei Ausstellungen pro<br />
Jahr geplant sind. Zurzeit werden<br />
rund 50 Skulpturen von Auguste<br />
Rodin präsentiert, eine Leihgabe<br />
des Pariser Rodin-Museums.<br />
Die Flughafengesellschaft<br />
will sich mit diesem neuen<br />
Angebot von anderen großen<br />
Umsteigeflughäfen absetzen und<br />
den Passagieren mehr als nur die<br />
sonst üblichen Boutiquen und<br />
R e s t a u ra n t s b i e te n .<br />
Schnappschüsse<br />
Alkoholtestpflicht wieder fraglich ++ Der Innenminister Manuel Vals<br />
hat die Verpflichtung für Autofahrer, einen Alkoholtest im Auto mitzuführen, vorübergehend<br />
auf g ehoben. Die noch von der Vorgängerregierung beschlossene Maßnahme ist äußerst<br />
um stritten. Die Nützlichkeit der Anordnung soll nun erneut untersucht werden, bis eine endgül<br />
tige Ent schei dung fällt.<br />
Mehr Handys als Einwohner ++ In Frankreich gibt es 72 Millionen Handynutzer,<br />
aber nur 65 Millionen Einwohner. Immer mehr Franzosen müssen folglich über zwei Mo bil tele<br />
fone ver fü gen. Bouygues Telecom reagiert darauf nun mit einem speziellen Angebot, bei<br />
dem ein Han dy über zwei Nummern verfügen kann.<br />
Rekordjahr für Frankreichs Flughäfen ++ Mit insgesamt 168 Millionen<br />
Pas sa gieren fertigten die französischen Flughäfen 2012 nicht nur drei Prozent mehr ab als im<br />
Vorjahr, son dern auch so viele Passagiere wie nie zuvor. Während die beiden Pariser Flughäfen<br />
Orly und CDG lediglich um 0,8 Prozent wuchsen, betrug der Anstieg in Marseille und<br />
Nantes – vor allem dank der Billigfluggesellschaften – über zehn Prozent.<br />
Bretonisches Fest wird Weltkulturerbe ++ Der Fest-noz, ein traditionelles<br />
bre to nisches Fest, wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Bei dieser<br />
folkloristischen Ver an staltung, die in der Bretagne bis heute viele Anhänger hat, wird<br />
gemeinsam getanzt und ge sungen.<br />
Zu langes Warten auf Arzttermine ++ Nach einer Umfrage des Meinungsforsch<br />
ung sinstituts IFOP geben 59 Prozent der Franzosen an, nicht zum Arzt zu gehen, weil<br />
die Wartezeit auf einen Termin zu lang sei. Im Durchschnitt dauert es 48 Tage, um bei ein em<br />
Spezialisten einen Ter min zu bekommen. Will man zu einem Augenarzt, muss man durchschnittlich<br />
sogar 104 Tage war ten. Daher ist es verständlich, dass die Kosten einer Be handlung<br />
nur an zweiter Stelle (42 Prozent) als Hindernis für einen Arztbesuch genannt werden.<br />
Steigende Autobahngebühren ++ <strong>2013</strong> steigen die französischen Auto bahn gebühr<br />
en im Durchschnitt um 2,01 Prozent. Die höchste Preissteigerung mit 2,29 Prozent be trifft<br />
die Auto bahn strecke von Paris nach Deauville. Am wenigstens hoch ist der Anstieg da gegen<br />
mit 1,18 Pro zent auf der Autobahn A14 im westlichen Pariser Speckgürtel.<br />
Französische Filme international begehrt wie nie ++ Die Anzahl<br />
ver kauf ter Eintrittskarten für französische Filme im Ausland ist im letzten Jahr geradezu ex plodiert,<br />
und zwar um 88 Prozent von 74,3 Millionen verkaufte Tickets 2011 auf 140 Millionen 2012.<br />
Ein his to rischer Rekord. Drei große Filme machten den Exporterfolg möglich: « Ziemlich beste<br />
Freun de », « 96 Hours – Taken 2 » sowie « The Artist », auf die zusammen allein 65 Prozent der<br />
verkauften Ein tritts karten entfallen.<br />
TGV beförderte zwei Milliarden Passagiere ++ Der französische Hoch geschwin<br />
dig keits zug TGV hat die magische Grenze von zwei Milliarden beförderten Pas sa gieren<br />
seit seiner Inbetriebnahme übersprungen. Die SNCF verfügt heute – zusammen mit den<br />
in ter na ti o na len Produkten wie Eurostar und Thalys – über 490 Hochgeschwindigkeitszüge<br />
und be sitzt da mit in Europa die größte Flotte dieser Art. Jeder TGV umrundet die Welt im<br />
Durch schnitt einmal im Monat.<br />
Kritische Medien ++ Nach einer Umfrage der Zeitung La Croix sind nur 13 Prozent der<br />
Fran zo sen der Meinung, dass die Medien François Hollande gegenüber positiv eingestellt<br />
sind. Bei einer ähnlichen Umfrage 2008 gaben das, damals bezogen auf Nicolas Sarkozy,<br />
37 Prozent an.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 7
On En Parle<br />
Senlis<br />
Kunst- und Archäologiemuseum<br />
wiedereröffnet<br />
Nach zehnjährigen Restaurierungsarbeiten wurde das Kunst- und Archäo<br />
lo giemuseum in Senlis nördlich von Paris, das im Land als eines der<br />
interessantesten seiner Art gilt, wiedereröffnet. Untergebracht ist es im<br />
ehemaligen Bischofspalast der Stadt. Im Untergeschoss des Gebäudes können die Besucher die<br />
Fundamente eines gallorömischen Hauses entdecken. Die archäologischen Funde werden in<br />
den Etagen darüber präsentiert, wo sich auch diverse Malereien vom 17. bis zum 20. Jahrhundert<br />
befinden. Zudem wurde das Konzept sowie die Beschilderung komplett überarbeitet, so<br />
dass das Museum nun insgesamt frischer und moderner daherkommt.<br />
Einwohnerzahl<br />
Schon 65,8 Millionen<br />
Franzosen<br />
Die Franzosen werden immer<br />
zahlreicher. Der Babyboom<br />
im Land hat auch 2012 nicht<br />
nachgelassen, allerdings hat<br />
sich das Bevölkerungswachs tum<br />
wegen einer höheren Sterberate<br />
leicht verlangsamt. Nach dem<br />
nationalen Statistikinstitut INSEE<br />
betrug das Wachstum zwischen dem<br />
1. Januar 2012 und dem 1. Januar<br />
<strong>2013</strong> 0,47 Prozent (ohne das neue<br />
Überseedepartement Mayotte). In<br />
den zwölf Monaten wurden 822.000<br />
Babys geboren, was durchschnittlich<br />
2,01 Kinder pro Frau bedeutet, und<br />
sind 571.000 Menschen gestorben<br />
(gegenüber 545.100 ein Jahr zuvor).<br />
Die erhöhte Sterblichkeit wird mit<br />
einer alternden Gesellschaft sowie<br />
mehreren Grippewellen und einer<br />
großen Kältephase am Jahresanfang<br />
erklärt. Mit 65,8 Millionen Einwohnern<br />
stellt Frankreich 13 Prozent der<br />
Bevölkerung der Europäischen Union,<br />
hinter Deutschland mit 16,2 Prozent.<br />
Außerdem steht das Land an zweiter<br />
Stelle bei der Anzahl der Geburten pro<br />
Frau in Europa. Nur in Irland werden<br />
mit durchschnittlich 2,05 Kindern pro<br />
Frau noch mehr Babys geboren.<br />
Blois<br />
Neues Museum für die Kunst der 1960er-/1970er-Jahre<br />
In der Hauptstadt des<br />
Departements Loir-et-Cher<br />
eröffnet im <strong>April</strong> ein neues<br />
Museum, in dem 300 Werke der<br />
zeitgenössischen Kunst aus den<br />
1960er- und 1970er-Jahren gezeigt<br />
werden. Sie stammen aus der<br />
Sammlung des französischen<br />
Künstlers Ben, der mit vollem<br />
Namen Benjamin Vautier heißt. Er hat auch die Außenfassade des Museums<br />
gestaltet, die nun mit Tafeln geschmückt ist, auf denen die für Ben typischen<br />
Sprüche und Phrasen stehen.<br />
Schwerelosigkeit<br />
Sich einmal wie ein Astronaut fühlen<br />
Der Filiale Novespace des französischen Raumfahrtzentrums<br />
CNES gehört eines der wenigen Spezialflugzeuge der Welt,<br />
mit dem für einige Sekunden der Zustand von Schwerelosigkeit<br />
hergestellt werden kann. Der Airbus A300 Zéro-G<br />
wird norma ler weise von Wissenschaftlern für Experimente genutzt. Ab diesem Jahr<br />
sollen jedoch drei Flüge jährlich von Normalbürgern gebucht werden können. Vorausgesetzt,<br />
ein auf die Raumfahrt spezialisierter Arzt gibt grünes Licht und das eigene<br />
Portemonnaie ist dick genug. Der Preis für einen Flug, bei dem mehrere Male für rund<br />
20 Sekunden Schwerelosigkeit simuliert wird, beträgt stolze 5.980 Euro pro Person.<br />
Die Einnahmen kommen dem Unterhalt des Flugzeuges und der Finanzierung von<br />
Forschungsprogrammen zugute. Die ersten beiden Flüge, die bereits ausgebucht sind,<br />
werden am 15. <strong>März</strong> und 24. Juni stattfinden. Der Termin für den dritten Flug in diesem<br />
Jahr soll im Laufe des Monats <strong>März</strong> bekanntgegeben werden. Weitere Informationen:<br />
www.airzerog.com.<br />
8 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
On En Parle<br />
Geschichte<br />
Zweifel über Vater von<br />
Ludwig XIV. ausgeräumt<br />
Es war eines der hartnäckigsten Gerüchte der französischen<br />
Geschichte: Einige Historiker bezweifelten, dass Ludwig XIV.<br />
wirklich der Sohn von Ludwig XIII. und Anne von Österreich<br />
war, sondern sahen Kardinal Mazarin als den wirklichen Vater<br />
an. Diese These wurde durch einen DNA-Test, der von einem<br />
spanisch-französischen Expertenteam vorgenommen und<br />
im Wissenschaftsmagazin Forensic Science International<br />
veröffentlicht wurde, nun widerlegt. Es kann davon<br />
ausgegangen werden, dass Ludwig XIV. wirklich der Sohn von<br />
Ludwig XIII. ist.<br />
Luftverkehr<br />
Air France gründet neue Marke<br />
für regionale Strecken<br />
Die französische Fluggesellschaft Air France ordnet<br />
ihr regionales Streckennetz ab dem 1. <strong>April</strong> neu. Die<br />
Regionalfluglinien der Gruppe, Brit Air, Regional und Airlinair,<br />
werden dafür unter dem Namen Hop! zusammengefasst.<br />
Diese neue Fluggesellschaft soll vor allem auf weniger<br />
aufkommensstarken Routen operieren. Preislich orientiert<br />
man sich dabei an den Billigflugesellschaften. Einfache Flüge<br />
sollen ab 55 Euro kosten. Zwischen dem deutschsprachigen<br />
Raum und Frankreich wird Hop! die Flüge von Düsseldorf und<br />
Stuttgart nach Lyon, von Düsseldorf nach Nantes und von<br />
Wien nach Straßburg von Air France übernehmen.<br />
Tour de France<br />
Der richtige Streckenverlauf für <strong>2013</strong><br />
Mittwoch, 10. Juli<br />
MONT<br />
SAINT-MICHEL<br />
SAINT-MALO<br />
Dienstag,<br />
9. Juli<br />
AVRANCHES<br />
FOUGÈRES<br />
SAINT-GILDAS<br />
DES-BOIS<br />
RUHETAG<br />
Saint-Nazaire<br />
Loire-Atlantique<br />
Montag, 8. Juli<br />
BAGNÈRES<br />
DE-BIGORRE<br />
Donnerstag,<br />
11. Juli<br />
Sonntag,<br />
7. Juli<br />
TOURS<br />
Freitag,<br />
12. Juli<br />
SAINT-POURÇAIN<br />
SUR-SIOULE<br />
CASTRES<br />
SAINT<br />
GIRONS<br />
ALBI<br />
PARIS<br />
Champs-Élysées<br />
Sonntag, 21. Juli<br />
VERSAILLES<br />
SAINT-AMAND<br />
MONTROND<br />
Samstag,<br />
6. Juli<br />
AX 3 DOMAINES<br />
LYON<br />
GIVORS<br />
Sonntag,<br />
14. Juli<br />
VAISON<br />
LA-ROMAINE<br />
RUHETAG - Vaucluse<br />
Montag, 15. Juli<br />
Freitag,<br />
5. Juli<br />
Samstag,<br />
13. Juli<br />
MONTPELLIER<br />
Donnerstag,<br />
4. Juli<br />
ANNECY<br />
ANNECY<br />
SEMNOZ<br />
Samstag,<br />
20. Juli<br />
MARSEILLE<br />
Mittwoch, 3. Juli<br />
LE GRAND-BORNAND<br />
BOURG-D’OISANS<br />
ALPE-D’HUEZ<br />
Donnerstag, 18. Juli<br />
CHORGES<br />
Mittwoch, 17. Juli<br />
GAP<br />
EMBRUN<br />
Dienstag, 2. Juli<br />
MONT<br />
VENTOUX<br />
NICE<br />
AIX-EN<br />
PROVENCE<br />
CAGNES-SUR-MER<br />
Dienstag,<br />
16. Juli<br />
Freitag,<br />
19. Juli<br />
Tour Start<br />
CALVI<br />
Montag, 1. Juli<br />
KORSIKA<br />
BASTIA<br />
Nein, wir wollten nicht testen,<br />
wie aufmerksam die Leser unser<br />
Magazin lesen. Leider hat sich<br />
in der letzten Ausgabe ganz<br />
unfreiwillig der Fehlerteufel<br />
eingeschlichen. Wie viele bemerkt<br />
haben, wurde der Streckenverlauf<br />
der Tour de France 2012 abgebildet,<br />
anstatt der für <strong>2013</strong>. Ein Fehler,<br />
für den wir uns in aller Form<br />
entschuldigen. Hier nun der richtige<br />
Streckenverlauf für die kommende<br />
Ausgabe der wichtigsten<br />
Radsportveranstaltung der Welt.<br />
AJACCIO<br />
Sonntag,<br />
30. Juni<br />
PORTO-VECCHIO<br />
Samstag, 29. Juni<br />
10 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Müllentsorgung<br />
Recycling dank Hühnern<br />
Im Departement Doubs wird eine<br />
ungewöhnliche Methode ausprobiert,<br />
die von der Bevölkerung produzierte<br />
Müllmenge zu verringern. Testweise<br />
stellt die Müllentsorgungsfirma des<br />
Departements von <strong>März</strong> bis Juni 15<br />
Familien zwei Hühner zur Verfügung,<br />
die<br />
den anfa<br />
l l e n d e n<br />
Bio ab fall<br />
der Haushalte<br />
fres sen<br />
sollen. Man geht<br />
davon aus, dass<br />
sich durch diese<br />
Art des Recyclings die<br />
Abfallmenge pro Huhn im<br />
Jahr um 150 Kilogramm<br />
reduzieren lässt.<br />
Nächte im Zeichen des Zen-Buddhismus<br />
25 sorgfältig im zeitgenössischen De sig ner stil dekorierte<br />
Zimmer in sand- und ziegelstein far benen, ozeanblauen,<br />
kaki braunen oder schoko lade farbenen Tön en ver schaffen<br />
Ihnen ein wohliges Gefühl von Gemütlichkeit.<br />
Inspiriert von Hotels in New York, Lon don oder Berlin,<br />
wurden die meisten Ba de zimmer einfalls reich in Ihr<br />
Zimmer inte griert, ganz im Sinne für Ihren Komfort und<br />
Wohl behagen.<br />
Zur Entspannung stehen Ihnen eine Bibli o thek und ein<br />
Billardraum zur Ver fügung und nicht zu vergessen die<br />
„Mood Lounge“, eine stimmungsvolle Bar, in der Ihnen<br />
Kaffee, Weine und Champagner an ge boten werden.<br />
Bordeaux<br />
Ein schwimmendes Hotel<br />
mit Traumaussicht geplant<br />
Man muss bald vielleicht keine Kreuzfahrt<br />
mehr buchen, um in Bordeaux auf einem<br />
Schiff zu übernachten. Der Architekt und<br />
Designer Olivier Flahault plant am rechten Ufer der<br />
Garonne ein Hotelschiff. Der besondere Reiz: Von<br />
dort hätte man einen einzigartigen Blick auf die alten<br />
Fassaden der Innenstadt von Bordeaux. Als Liegeplatz<br />
kommt der Abschnitt zwischen dem Pont Saint-Jean<br />
und dem Pont de Pierre infrage. Olivier Flahault hat<br />
in Nantes die Nautilus entworfen, ein Schiff mit Crêperie,<br />
Restaurant und Veranstaltungsfläche. Das Projekt<br />
in Bordeaux könnte bis 2015 oder 2016 realisiert<br />
werden. Auf jeden Fall soll es sich von der Ausgestaltung<br />
und den verwendeten Materialien perfekt in die<br />
Umgebung einpassen.
Frankreichkalender<br />
Les arts de<br />
l’effervescence<br />
Reims, bis 26.05.<strong>2013</strong><br />
Paul Eluard<br />
Evian-les-Bains, bis 26.05.<strong>2013</strong><br />
Chagall<br />
Paris, bis 21.07.<strong>2013</strong><br />
« Champagner für alle! », mag man<br />
angesichts dieser Ausstellung ausrufen.<br />
Thematisiert wird die Beziehung<br />
zwischen dem edlen Schaumwein und<br />
der Kunst seit dem 17. Jahrhundert<br />
bis zur heutigen Zeit. Mit Gemälden,<br />
Plakaten, bemaltem Papier, Skulpturen,<br />
Glaswaren, Goldkunst, Fächern,<br />
Filmen und Musikstücken umfasst<br />
die Ausstellung um die 370 Exponate,<br />
die von 85 privaten Sammlern und öffentlichen<br />
Museen zusammengetragen<br />
wurden. Damit wird dem Verhältnis<br />
zwischen der Kunst einerseits und dem<br />
Luxus und der Feierkultur andererseits,<br />
die mit Champagner assoziiert werden,<br />
nachgegangen. So wird einem bewusst,<br />
wie sehr der weltberühmte Schaumwein<br />
die Künstler beflügelt hat.<br />
Musée des Beaux-arts<br />
8, rue Chanzy<br />
51100 Reims<br />
Telefon: +33 (0)3 26 35 36 00<br />
www.ville-reims.fr<br />
Mi, Fr – Mo 10.00 – 12.00 Uhr &<br />
14.00 – 18.00 Uhr<br />
Do 12.00 – 20.00 Uhr<br />
<br />
6,00 Euro, ermäßigt 5,00 Euro<br />
Am Südufer des Genfer Sees wird<br />
eine leidenschaftliche Retrospektive<br />
über das Leben von Paul Eluard<br />
(1895-1952) gezeigt. Der französische<br />
Schriftsteller war sehr engagiert im<br />
antifaschistischen Kampf und setzte<br />
sich stets für den Frieden ein. Sein<br />
Schreibstil zeichnet sich durch Sensibilität<br />
und Härte gleichermaßen aus.<br />
Die Ausstellung vereint 200 Exponate,<br />
die den Schriftsteller in seiner Arbeit,<br />
in seinem Leben, mit seinen Freunden<br />
und Romanzen präsentieren. Zu sehen<br />
sind Zeichnungen, Gemälde, Stiche,<br />
Fotos und natürlich Manuskripte. Die<br />
Ausstellung lädt damit zu einer Reise<br />
durch das Leben des Künstlers ein, begleitet<br />
von Texten und Bildern seiner<br />
Zeitgenossen.<br />
<br />
Palais Lumière<br />
Quai Albert-Besson<br />
74500 Evian-les-Bains<br />
Telefon: +33 (0)4 50 83 15 90<br />
www.ville-evian.fr<br />
<br />
Di – Mo 10.00 – 19.00 Uhr<br />
Mo 14.00 – 19.00 Uhr<br />
10,00 Euro, ermäßigt 8,00 Euro,<br />
Kinder bis 10 Jahre kostenlos<br />
Chagall ist 1985 als fast 100-Jähriger<br />
verstorben. Zu Lebzeiten erfuhr er<br />
zwei Weltkriege, eine Revolution und<br />
er musste ins Exil. Kurzum, es war ein<br />
sehr bewegtes Leben, was sich auch in<br />
seinem künstlerischen Schaffen widerspiegelte.<br />
Seine Erfahrungen von Krieg<br />
und Frieden, von Glück und Unheil<br />
hinterließen ihre Spuren. Die Ausstellung<br />
konzentriert sich auf Schlüsselmomente<br />
in seinem Leben und in seiner<br />
Karriere. Der Titel « Entre Guerre et<br />
Paix » (dt. Zwischen Krieg und Frieden)<br />
ist Programm. Dabei wird auch deutlich,<br />
wie sich Chagall typischen Moden<br />
und Stilen der verschiedenen Epochen<br />
widersetzte, um seinen eigenen Regeln<br />
zu folgen.<br />
Musée du Luxembourg<br />
19, rue de Vaugirard<br />
75006 Paris<br />
Telefon: +33 (0)1 40 13 62 00<br />
www.museeduluxembourg.fr<br />
Di – Do, Sa, So 10.00 – 19.30 Uhr<br />
Mo & Fr 10.00 – 22.00 Uhr<br />
<br />
11,00 Euro, ermäßigt 7,50 Euro,<br />
Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre<br />
kostenlos<br />
12 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Interférences,<br />
Allemagne – France<br />
1800 – 2000<br />
Straßburg, bis 21.07.<strong>2013</strong><br />
Alberto Giacometti<br />
Grenoble, 09.03. – 09.06.<strong>2013</strong><br />
De l’Allemagne,<br />
1800 – 1939<br />
Paris, 28.03. – 24.06.<strong>2013</strong><br />
Diese Architekturausstellung in<br />
Straßburg, die in Zusammenarbeit mit<br />
dem Deutschen Architekturmuseum<br />
in Frankreich am Main durchgeführt<br />
wird, ist originell und lohnt einen<br />
Besuch. Sie beschäftigt sich mit der<br />
Architektur im deutsch-französischen<br />
Raum seit dem Jahre 1800. Insgesamt<br />
werden 500 Exponate präsentiert, die<br />
von ganz unterschiedlichen Architekten<br />
und Künstlern erzählen, zum<br />
Beispiel von Karl-Friedrich Schinkel,<br />
Jean Nouvel, Gottfried Semper,<br />
Viollet-le-Duc, Le Corbusier oder<br />
Rudolf Schwarz. Dabei lässt sich die<br />
Architektur großer Städte wie Paris<br />
und Berlin genauso vergleichen wie<br />
die grenznaher Orte, etwa Straßburg,<br />
Metz mit Kommunen im Saarland sowie<br />
entlang des Rheines.<br />
Musée d’art moderne et contemporain<br />
1, place Hans Jean Arp<br />
67000 Strasbourg<br />
Telefon: +33 (0)3 88 23 31 31<br />
www.musees.strasbourg.eu<br />
Di – So 10.00 – 18.00 Uhr<br />
7,00 Euro, ermäßigt 3,50 Euro<br />
Auch wenn Alberto Giacometti vor<br />
allem für seine Skulpturen berühmt<br />
ist, schließlich gilt er als einer der<br />
bedeutendsten Bildhauer des 20. Jahrhunderts,<br />
so war der Künstler auch ein<br />
begnadeter Zeichner und Maler. Diese<br />
Ausstellung über Alberto Giacometti<br />
findet nicht zufällig im Musée de<br />
Grenoble statt. 1952 war dies das erste<br />
Museum, das ein Nachkriegswerk<br />
des Künstlers kaufte: die Skulptur<br />
mit dem Namen « La Cage » (dt. der<br />
Käfig). Sie versinnbildlichte vieles,<br />
was den Künstler bewegte. Die jetzige<br />
Exposition präsentiert 70 Skulpturen,<br />
Bilder, Grafiken und Fotografien, die<br />
weitestgehend aus der Fondation Giacometti,<br />
aber auch aus ein paar Privatsammlungen<br />
im In- und Ausland<br />
stammen.<br />
Musée de Grenoble<br />
5, place Lavalette<br />
38000 Grenoble<br />
Telefon: +33 (0)4 76 63 <strong>44</strong> 11<br />
www.museedegrenoble.fr<br />
Mi – Mo 10.00 – 18.30 Uhr<br />
5,00 Euro, ermäßigt 2,00 Euro, Kinder<br />
und Jugendliche bis 18 Jahre kostenlos<br />
Die Ausstellung « De l’Allemagne:<br />
de Friedrich à Beckmann » im Pariser<br />
Louvre vereint fast 200 Gemälde<br />
deutscher Künstler vom Ende des 18.<br />
Jahrhunderts bis zu den Jahren vor<br />
dem Zweiten Weltkrieg. Sie zeigt<br />
damit, wie sich Kunst und Zeitgeist<br />
in dieser Periode im Deutschen<br />
Reich entwickelt haben, in einer<br />
Zeit, als sich in Europa die Nationen<br />
etablierten. Bei einem Rundgang<br />
erkennt man als Besucher, wie sich<br />
die Künstler unterschiedlich mit<br />
Themen auseinandergesetzt haben.<br />
Darunter Werke von Caspar David<br />
Friedrich, Max Beckmann, Paul<br />
Klee, Otto Runge und Otto Dix.<br />
Die Bilder werden dabei jeweils in<br />
Zusammenhang mit Schriften von<br />
Goethe gesetzt.<br />
Musée du Louvre<br />
Hall Napoléon<br />
75001 Paris<br />
Telefon: +33 (0)1 40 20 53 17<br />
www.louvre.fr<br />
Do, Sa – Mo 9.00 – 18.00 Uhr<br />
Mi & Fr 9.00 – 21.45 Uhr<br />
12,00 Euro<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 13
On Lit<br />
Sachbuch<br />
Der philosophierende Blick auf Frankreich<br />
Peter Sloterdijk sagt von sich selbst,<br />
dass er ein « philosophierender<br />
Schriftsteller » sei. Damit ist die<br />
Grundlage seiner Bücher erklärt. Seine<br />
Überlegungen, Reflektionen und Analysen<br />
sind von einem ganz besonderen Stil durchdrungen.<br />
Sie plausibilisieren durch die geschliffene<br />
Form, die Formulierung, die treffende<br />
Metapher, die ironische Übertreibung.<br />
Diese Art des Philosophierens hat ihre Ursprünge<br />
in Frankreich. Deshalb ist es nicht<br />
verwunderlich, wenn ein Buch, in dem er sich<br />
mit Frankreich, dem Land und seinen Denkern<br />
auseinandersetzt, besonders fulminant ist. Der<br />
vorliegende Band versammelt Betrachtungen<br />
Peter Sloterdijks zur französischen Geschichte<br />
und Philosophie vom 18. Jahrhundert bis in die<br />
Gegenwart, von Voltaire bis Derrida, von der<br />
Französischen Revolution bis Sarkozy, und erklärt,<br />
warum die Erbfeinde Deutschland und<br />
Frankreich sich politisch und kulturell immer<br />
weiter voneinander entfernen.<br />
Peter Sloterdijk: Mein Frankreich • Suhrkamp Verlag • ISBN: 978-3518462973<br />
Bildband<br />
Die Industrie, das unbekannte Architekturerbe<br />
Im Gegensatz zum deutschsprachigen Raum wurde dem industriellen<br />
architektonischen Erbe in Frankreich bisher kein großer Stellenwert eingeräumt.<br />
Damit macht dieser wunderschön illustrierte Bildband nun Schluss. Rund 30<br />
Industriestätten aus dem ganzen Land werden präsentiert, wobei ein breites<br />
Spektrum an Branchen abgedeckt wird: Salzwerke, Schokoladenfabriken,<br />
Atomkraftwerke, Erdölraffinerien oder Manufakturen für Luxusartikel.<br />
Einige davon sind noch in Betrieb, andere haben inzwischen eine andere<br />
Bestimmung, etwa als Bank, Museum oder Wohnhaus. Zusammen zeugen<br />
sie von den Veränderungen und dem Fortschritt der französischen Industrie vom 16. bis zum<br />
20. Jahrhundert.<br />
Jean-François Beloste & Paul Smith, Photographies de Pierre-Olivier Deschamps: Architectures et<br />
paysages industriels, l’invention d’un patrimoine • Editions de la Martinière • ISBN: 978-732<strong>44</strong>6066<br />
Roman<br />
Eine junge Frau erkundet Paris<br />
Als Angelas umwerfender Freund Alex sie fragt,<br />
ob sie ihn nach Paris begleiten will, und sie das<br />
Angebot bekommt, für die Modezeitschrift Elle<br />
über die Stadt zu schreiben, ist sie Feuer und<br />
Flamme. Paris! Die Stadt der Liebe, der Croissants<br />
und der Designershops. Ein Traum für Angela,<br />
die noch nie an der Seine war. Doch dann<br />
geht alles schief: Angela sieht Alex beim Tête-à-<br />
Tête mit seiner Ex. Außerdem versucht jemand,<br />
ihren beruflichen Durchbruch zu sabotieren. Der<br />
Roman ist eine leichte und kurzweilige Lektüre,<br />
gespickt mit vielen humorvollen Klischees über<br />
Frankreich. Die englische Autorin lebt heute<br />
in New York und hat einst für das französische<br />
Magazin Marie Claire gearbeitet.<br />
Lindsey Kelk: Gucci, Glamour und Champagner • Blanvalet • ISBN: 978-3<strong>44</strong>2380176<br />
14 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Bildband<br />
Speisen, die Frankreich ausmachen<br />
200 Produkte und Rezepte, für die Frankreich berühmt ist, alle bebildert und nach<br />
Regionen geordnet, das ist der Kern dieses Buches. Dazu kommen historische<br />
Hintergründe, Anekdoten und andere Informationen rund um diese Speisen. Ein<br />
Buch, das hungrig macht und bei der nächsten Reise nicht fehlen sollte.<br />
Sylvia Gabet: Made in France • Editions de la Martinière • ISBN: 978-2732452067<br />
Biografie<br />
Das Leben der Edith Piaf<br />
Ihre Chansons kennt jeder, als « Spatz von Paris » wurde sie zum Mythos. Anlässlich<br />
ihres 50. Todestages im Oktober <strong>2013</strong> legt Jens Rosteck die erste große deutschsprachige<br />
Biografie dieser Ausnahmesängerin vor. Er zeigt die Piaf als ebenso zerbrechliche<br />
wie kompromisslose Künstlerin, die sich buchstäblich für ihre Leidenschaft<br />
verzehrte. Eindringlich schildert er ihre Kindheit als Tochter eines Zirkuskünstlers, ihre<br />
ersten Auftritte als Straßensängerin, ihren atemberaubenden Aufstieg, aber auch ihre<br />
Drogenexzesse, Krankheiten, unglücklichen Männergeschichten und Eitelkeiten. Treffliche<br />
Porträts ihrer größten Hits – von « La vie en rose » bis zum unvergesslichen « Non,<br />
je ne regrette rien » – ergänzen das Lebensbild. Eine der schillerndsten<br />
Künstlerexistenzen des 20. Jahrhunderts wird so auf unterhaltsame Weise wieder lebendig.<br />
Jens Rosteck: Edith Piaf, Hymne an das Leben • Propyläen • ISBN: 978-3549074190<br />
Biografie<br />
Comic<br />
Paris in Ruinen<br />
Die Handlung dieses Comics<br />
spielt in der Zukunft. Paris ist<br />
infolge wirtschaftlicher Umbrüche<br />
und des Klimawandels<br />
eine Stadt voller Ruinen ge worden.<br />
Der Comic-Krimi zeichnet dabei das<br />
Bild einer tropisch gewordenen Stadt, wie<br />
man sie noch nie zuvor gesehen hat.<br />
Die Malerin der Liebe<br />
« Ich nehme das Recht in Anspruch, ein Liebesbild zu zeichnen. Man<br />
spricht von Liebesfilm, Liebesroman, aber nie von Liebesbild », sagt<br />
Annette Messager, eine der wichtigsten zeitgenössischen Malerinnen<br />
Frankreichs, von sich selbst. Die stellvertretende<br />
Direktorin des Pariser Centre Georges Pompidou<br />
widmet dem Werk der Künstlerin nun ein<br />
reichhaltig bebildertes Buch.<br />
Catherine Grenier: Annette Messager •<br />
Editions Flammarion / Centre National des<br />
Arts Plastiques • ISBN: 978-2081286108<br />
Leo, Jamar & Fred Simon: Mermaid<br />
Project, Episode 1 • Editions<br />
Dargaud • ISBN: 978-2205066319<br />
Bücher in deutscher Sprache: · Bücher in französischer Sprache: = leicht verständlich, = mittleres Niveau, = für Fortgeschrittene<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 15
On écoute<br />
Chanson<br />
Céline Dion:<br />
Sans attendre<br />
Céline Dion wird von manchen<br />
als eine sehr profitorientierte<br />
Sängerin angesehen.<br />
Ihr neues Album beweist<br />
aber, dass es falsch wäre, die Künstlerin aus der französischsprachigen<br />
kanadischen Provinz Quebec nur auf ihr sicherlich vorhandenes kommerzielles<br />
Talent zu beschränken. Selbst ihre härtesten Kritiker können<br />
nicht leugnen, dass die <strong>44</strong>-Jährige eine wichtige Botschafterin der französischsprachigen<br />
Musik in der ganzen Welt ist. Das neue Album stellt<br />
diesbezüglich keine Ausnahme dar. In gefühlvollen Balladen, unter anderem<br />
von Grand Corps Malade und Luc Plamondon geschrieben,<br />
singt Céline Dion über die Liebe, ihren verschwundenen Vater, ihre<br />
Mutter, ihre Kinder und sogar ihre Fehlgeburt im Jahr 2009. Außerdem<br />
findet sich auf dem Album eine Neuauflage von Jacques Brels Chanson<br />
« Ne me quitte pas » sowie ein virtuelles Duo mit dem 2008 verstorbenen<br />
Henri Salvador, der vor seinem Tod zu einem der Auftritte von<br />
Célione Dion nach Las Vegas gekommen war und dessen Witwe Catherine<br />
nun diesen Song initiierte.<br />
Rock<br />
M: Îl<br />
M heißt mit richtigem<br />
Namen Matthieu<br />
Chedid und ist ein<br />
junggebliebener<br />
40-jähriger Rockmusiker. Sein neues<br />
Album handelt vom Meer und von Inseln,<br />
wo auch der Albumtitel herrührt – ein<br />
Wortspiel aus île (dt. Insel) und il (dt. er).<br />
Insbesondere La Rèunion, wo er die<br />
ersten Titel für das Album schrieb, und<br />
die Halbinsel Cap-Ferret, die als Vorbild<br />
für das Lied « Océan » diente, waren<br />
seine Inspirationsquellen. Die Albumhülle<br />
wurde von der eigenen Tochter gestaltet.<br />
Annie Cordy: Ça me plaît...<br />
Pourvu que ça vous plaise<br />
Mit fast 85 Jahren präsentiert die Belgierin,<br />
Patrick Bruel: Lequel de nous<br />
Patrick Bruel ist neben Marc Lavoine einer der<br />
wenigen Künstler, die es geschafft haben, im Kino<br />
und in der Musikbranche gleichzeitig erfolgreich<br />
zu sein. Sein neues Album mit 14 Liedern<br />
behandelt Themen aus der heutigen Zeit und erzählt beispielsweise<br />
von dem Ehemann einer Journalistin, die als Geisel gefangen<br />
gehalten wird, von Familien, die durch das Gefängnis getrennt sind,<br />
oder von der Jasmin-Revolution in Tunesien. Ein Album mit einem<br />
großen Schuss Melancholie und Nostalgie.<br />
Chanson<br />
Chanson<br />
die schon viele französische Herzen berührt<br />
und ihre Karriere als Vortänzerin im Lido und Moulin Rouge begonnen<br />
hat, ein Album ganz in ihrem Stil mit Musik voller Energie und Gefühl. Ihre<br />
Lieder sind manchmal locker-fröhlich, manchmal ernst, aber immer voller<br />
Optimismus und Lebensfreude, so wie die Sängerin selbst.<br />
Chanson<br />
Nolwenn Leroy:<br />
Ô Filles de l’eau<br />
Auf dem letzten<br />
Albumcover von<br />
Nolwenn sah man ein<br />
braves Mädchen in<br />
traditionellem Kostüm.<br />
Das Kontrastprogramm<br />
dazu bildet nun das Coverbild von ihrem<br />
neuen Album: Es zeigt eine zwischen<br />
Felsen stehende Meerjungfrau, die<br />
nur mit ein paar Haaren ihre Brüste<br />
verdeckt. Für einige Kitsch, für andere<br />
ein Skandal. Musikalisch geht es in den<br />
zwölf Liedern des Albums, die zum Teil<br />
auf Französisch, zum Teil aber auch auf<br />
Englisch und Bretonisch dargeboten<br />
werden, mit viel Poesie um das Meer.<br />
Keltische und mythologische Legenden<br />
werden besungen. So wird die mystische<br />
Atmosphäre ihrer bretonischen Heimat<br />
lebendig.<br />
16 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
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Land<br />
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On Regarde<br />
Komödie<br />
Die 1950er-Jahre<br />
Frühjahr 1958: Die hübsche Rose will mehr, als<br />
nur im Krämerladen ihres Vaters in der Normandie<br />
zu versauern. Sie träumt von der großen weiten<br />
Welt – oder zumindest vom Leben in der nächstgrößeren<br />
Stadt. Heimlich bewirbt sie sich bei Louis<br />
Echard für einen Beruf, den sich viele Frauen in den<br />
1950er-Jahren wünschen: Sekretärin. Dafür ist sie zwar<br />
völlig unbegabt, bekommt die Stelle aber trotzdem, weil<br />
sie schneller tippen kann als Louis die Sätze zu Ende<br />
formuliert. Louis' sportlicher Ehrgeiz ist geweckt und<br />
er meldet Rose<br />
beim regionalen<br />
Schnellschreibwettbewerb<br />
an.<br />
Unter seiner strengen Aufsicht muss sie üben ohne<br />
Ende. Während Rose sich in Louis verliebt, träumt er<br />
davon, seinen Schützling zur schnellsten Frau des Landes,<br />
wenn nicht gar der ganzen Welt zu machen. Die<br />
Liebeskomödie ist ein bewegender Film mit einem guten<br />
Schuss Nostalgie.<br />
Mademoiselle Populaire • Frankreich 2012, 111 min • Originaltitel: Populaire • Ein Film von Regis<br />
Roinsard mit Romain Duris, Déborah François, Bérénice Bejo u.a. • Kinostart: 11. <strong>April</strong> <strong>2013</strong><br />
Komödie<br />
Der Blick in die Vorstadt<br />
Ousmane (gespielt von Omar Sy, Frankreichs Superstar aus « Ziemlich beste Freunde »)<br />
ist mit seiner Jeans, der Kapuzenjacke und einer großen Klappe alles andere als<br />
ein Vorzeigepolizist, aber sein Revier ist schließlich die berüchtigte Pariser Vorstadt<br />
Bobigny. Dort beschattet er seit sechs Monaten einen kriminellen Ring der Pariser<br />
Unterwelt. Als die Leiche der Frau von Frankreichs wichtigstem Industriellen in<br />
seinem Viertel entdeckt wird, erscheint plötzlich der versnobte François von der<br />
Pariser Mordkommission auf der Bildfläche. Ousmanes Recherchen und dieser Fall<br />
scheinen in Verbindung zu stehen. Dies zwingt die beiden Männer zur ungewollten<br />
Zusammenarbeit. Ein Film, der ohne zu große Klischees über die Vorstadt auskommt<br />
und zwei Gesichter der französischen Hauptstadt zeigt.<br />
Ein Mordsteam • Frankreich 2012, 96 min • Originaltitel: De l’autre côté du périph • Ein Film von<br />
David Charhon mit Omar Sy, Laurent Lafitte, Zabou Breitman u.a. • Kinostart: 21. <strong>März</strong> <strong>2013</strong><br />
Komödie<br />
Hommage an Louis de Funès<br />
Anlässlich seines 30. Todestags erscheint die bislang<br />
umfangreichste Filmsammlung des großen Komikers Louis de<br />
Funès. Die DVD-Kollektion enthält 16 Filme, fünf zusätzliche<br />
Synchronfassungen, zwei Super-8-Fassungen, zwei Farbfassungen,<br />
den seit Jahren verschollenen Klassiker « Die<br />
Damen lassen bitten » in einer DVD-Premiere<br />
und über sechs Stunden Bonusmaterial.<br />
Die große Louis de Funès Kollektion •<br />
Frankreich/Italien/Großbritannien, 1.613 min<br />
• Sprachen: deutsch/englisch/französisch,<br />
Untertitel: deutsch • Ab sofort im Handel<br />
Biopic<br />
Das viel zu kurze Leben des<br />
Claude François<br />
Dieser Film erzählt die Geschichte des<br />
französischen Chansonniers Claude<br />
François, der in den 1960er-Jahren zu<br />
den berühmtesten Musikern Frankreichs<br />
gehörte. Von ihm stammt das Lied<br />
« Comme d'habitude », welches<br />
anschließend von Frank Sinatra ins Englische übersetzt und<br />
als « My Way » weltbekannt wurde.<br />
My Way, Ein Leben für das Chanson • Frankreich 2012,<br />
148 min • Originaltitel: Cloclo • Ein Film von Florent-Emilio<br />
Siri mit Jérémie Renie, Ana Girardot, Sabrina Seyvecou,<br />
Benoit Magimel u.a. • Sprachen: französisch/deutsch,<br />
Untertitel: deutsch • Ab 18. <strong>April</strong> <strong>2013</strong> im Handel<br />
18 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Dokumentationen<br />
Fashion Weekend<br />
Am 2. und 3. <strong>März</strong> steht ARTE<br />
für ein Wochenende an den<br />
Laufstegen, die die Modewelt<br />
bedeuten, und wirft anlässlich der Pariser<br />
Fashion Week einen Blick hinter<br />
die glamourösen Kulissen der internationalen<br />
Modeszene. Der Samstagabend<br />
ist dabei exklusiv Karl Lagerfeld<br />
und seinen Kreationen gewidmet.<br />
Im Hause Chanel<br />
Die Dokumentation begleitet die Fertigung<br />
von den ersten Skizzen bis hin zum Verkauf<br />
einer Haute-Couture-Kollektion aus dem<br />
Hause Chanel.<br />
Samstag, 2. <strong>März</strong> <strong>2013</strong>, 20.15 Uhr<br />
Karl Lagerfeld – Lebensskizzen<br />
Der französische Filmemacher Loïc Prigent<br />
lädt zu einem Tête-à-tête mit Karl Lagerfeld<br />
in dessen Pariser Studio ein, wo der<br />
Modemacher von seiner Kindheit und von<br />
seinem Leben erzählt.<br />
Samstag, 2. <strong>März</strong> <strong>2013</strong>, 21.05 Uhr<br />
Fendi… vor der Show<br />
Seit über 40 Jahren entwirft Karl Lagerfeld<br />
die Kollektionen für das Pelzhaus Fendi.<br />
Die Dokumentation zeigt das kreative<br />
Durcheinander der letzten 48 Stunden vor<br />
der Show.<br />
Samstag, 2. <strong>März</strong> <strong>2013</strong>, 21.55 Uhr<br />
René Gruau – Modezeichner mit Eleganz<br />
René Gruau hat wie kein anderer das<br />
Bild der internationalen Haute Couture<br />
geprägt. Der italienisch-französische<br />
Künstler erschuf eine neue Form der<br />
klassischen Mode-Illustration.<br />
Sonntag, 3. <strong>März</strong> <strong>2013</strong>, 12.30 Uhr<br />
Yves Saint Laurent, die letzte Show<br />
Im Jahr 2002 zog sich der französische Couturier<br />
Yves Saint-Laurent mit einer legendären<br />
retrospektiven Modenschau offiziell<br />
aus dem Geschäft zurück. ARTE lässt dieses<br />
Ereignis Revue passieren und präsentiert<br />
noch einmal einen Querschnitt durch das<br />
geniale Schaffen Yves Saint-Laurents.<br />
Sonntag, 3. <strong>März</strong> <strong>2013</strong>, 16.15 Uhr<br />
Spielfilm<br />
Coco Chanel<br />
Paris im Jahr 1954: Die Besucher drängen sich,<br />
um die neue Modenschau der nach zehnjähriger<br />
Abwesenheit zurückgekehrten Coco Chanel zu<br />
bewundern. Derweil blickt « Mademoiselle » auf ihr<br />
bewegtes Leben zurück. Der Fernsehfilm schildert<br />
in zahlreichen Rückblenden die Entwicklung Coco<br />
Chanels vom schönen jungen Waisenmädchen zur<br />
stilbildenden Modeschöpferin.<br />
Sonntag, 3. <strong>März</strong> <strong>2013</strong>, 20.15 Uhr & 21.50 Uhr •<br />
2-teiliger Spielfilm von Christian Duguay<br />
mit Shirley MacLaine, Barbora Bobulova,<br />
Alice Cambournac, Brigitte Boucher, u. a. •<br />
Großbritannien/Frankreich/Italien 2008<br />
Reportage<br />
360°-GEO-Reportage: Bretagne,<br />
von Bienen und Leuchttürmen<br />
Wild, schroff,<br />
wind- und<br />
meerumtost ist<br />
die Bretagne.<br />
Die Bewohner<br />
der Region<br />
sind stolz und<br />
eigenwillig. Was<br />
aber bedeutet<br />
es heute, ein<br />
Bretone zu sein? Die Reportage geht dieser Frage<br />
auf den Grund.<br />
Samstag, 27. <strong>April</strong> <strong>2013</strong>, 19.30 Uhr<br />
Das komplette tägliche ARTE TV-Programm finden Sie im ARTE Magazin.<br />
Jeden Monat neu am Kiosk oder im Abonnement. Jetzt bestellen unter: www.arte-magazin.de.<br />
Weitere Informationen und Angebote von ARTE : www.arte.tv<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 19
On Surfe<br />
Ratgeber Wo mit dem Wohnmobil anhalten?<br />
Wer mit einem Wohnmobil<br />
reist, muss sich unterwegs<br />
regelmäßig fragen,<br />
wo er mit seinem Wagen Halt<br />
machen kann, sei es für eine Pause<br />
oder für die Nacht. Es ist nicht<br />
ganz einfach, immer einen ausreichend<br />
ausgestatteten oder sich für<br />
ein Wohnmobil anbietenden Stellplatz<br />
zu finden. Zwei Campingbegeisterte haben deshalb<br />
einen neuen Service im Internet ins Leben gerufen,<br />
der Abhilfe schaffen soll und an dem sich alle<br />
Interessierten mit eigenen Tipps beteiligen können.<br />
Auf einer Frankreichkarte sieht man Stellmöglichkeiten<br />
für sein Wohnmobil, egal ob in freier Natur,<br />
auf entsprechend ausgestatteten Autobahnraststätten<br />
oder anderen kostenlosen oder gebührenpflichtigen<br />
Parkplätzen. Auch ist es möglich, eine Höhenangabe<br />
fürs Fahrzeug zu machen, um nur die für einen selbst<br />
infrage kommenden Optionen herauszufiltern. Nachdem<br />
man sich auf der Seite mit einem persönlichen<br />
Konto angemeldet hat, kann man seine eigenen Hinweise<br />
publizieren.<br />
www.park4night.com • App park4night<br />
Besichtigung<br />
Leuchtturm von Cordouan<br />
in 3D<br />
Der Phare de Cor dou an in der Mün dung<br />
der Gironde ist der älteste sich noch in<br />
Betrieb be find en de Leucht turm Frankreichs,<br />
der auch gerne als das « Ver sailles<br />
des Meeres » be zeich net wird. Dank einer<br />
Initiative des Kul tur mi nis te ri ums kann<br />
man das Schmuckstück nun auch von<br />
zu Hau se aus<br />
besichtigen. Zur<br />
Verwendung<br />
kommt dabei<br />
eine 3D-Technik,<br />
die man<br />
sich kostenlos<br />
im Internet herun<br />
ter laden<br />
kann. Die ans<br />
c h l i e ß e n d e<br />
virt u elle<br />
Besicht<br />
igung<br />
eröffnet De tails,<br />
die man vor Ort selbst kaum so gut erkennen<br />
könnte. Kom ple mentiert wird das<br />
Angebot mit über 700 Dokumenten wie<br />
Seekarten, historischen Plänen und Fotos.<br />
www.cordouan.culture.fr<br />
Investment<br />
Zum Trüffelzüchter werden<br />
Dank dieser Website kann man in die Trüffelzucht einsteigen<br />
und eine Eiche erwerben, die in den Departements<br />
Hérault oder Lot dafür gepflanzt wird. Als Zinsen gibt es 50<br />
Prozent der später geernteten Trüffel. Wer heute eine 2012 gepflanzte Eiche<br />
für 208 Euro kauft, kann ab 2017 mit Erträgen rechnen. Will man nicht so lange<br />
warten, kann man auch 472 Euro in einen 2007 gepflanzten Baum investieren.<br />
www.rondsdesorciere.fr<br />
Besichtigung<br />
Eine Bilderreise nach Frankreich<br />
Vor einigen Jahren wagten fünf Apple-<br />
Mitarbeiter ein neues Abenteuer. Sie wollten<br />
eine Bilddatenbank schaffen, die ähnlich wie<br />
Wikipedia funktioniert sollte. Heute kann man dank dieser Idee mit schönen<br />
Fotos virtuell durch Frankreich reisen. Für Paris steht darüber hinaus eine App<br />
zur bildlichen Reisevorbereitung bereit.<br />
www.fotopedia.com • App Fotopedia Paris<br />
Besichtigung<br />
Das antike Theater von Orange besichtigen<br />
Das Kunst- und Geschichtsmuseum sowie das antike Theater von Orange<br />
haben ihre Internetangebote erneuert und ausgebaut. So kann man seinen<br />
Besuch noch besser vorbereiten.<br />
www.theatre-antique.com • App Théâtre Antique Musée d’Orange (0,89 Euro)<br />
20 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
48 Stunden in Montpellier<br />
Foto: ville de Montpellier<br />
Stadtbummel in Montpellier<br />
Der historische Stadtkern mit<br />
seinen mittelalterlichen Sträßchen<br />
und den Boutiquen mit<br />
ihren Gewölbedecken, seine berühmte<br />
Place de la Comédie, seine<br />
Fa culté de Médecine, die älteste<br />
noch tätige medizinische Fakultät der<br />
west lichen Welt, die berühmte Place<br />
Royale du Peyrou<br />
Das Musée Fabre der<br />
Agglomération Montpellier<br />
Vertreten sind flämische und<br />
holländische Meister des<br />
17. Jahrhunderts sowie<br />
französische und italienische Maler.<br />
Moderne Sammlungen von<br />
Delacroix bis Géricault über den<br />
Impressionnisten Courbet sowie die<br />
zeitgenössischen Werke von Soulages<br />
gehören ebenfalls zum Kunstschatz<br />
des Museums.<br />
Dank seiner großen Kunstwerke<br />
gehört das Musée Fabre zu den<br />
bedeutendsten Kunstmuseen<br />
Frankreichs und Europas!<br />
Ein Höhepunkt, den Sie nicht<br />
versäumen sollten!<br />
Foto: OT Montpellier-Cécil Mathieu<br />
Foto: ville de Montpellier<br />
Ein Ausflug für Schlemmer und<br />
Feinschmecker zum „Marché des<br />
Arceaux“<br />
Für Liebhaber regionaler Er zeugnis<br />
se, in idyllischer Lage unter<br />
dem „Aqueduc de St Clément“<br />
(dienstags bis samstags von 7 bis 13<br />
Uhr)<br />
Das zeitgenössische Montpellier<br />
Erwähnenswert sei das architektonisch<br />
interessante Stadtviertel<br />
Antigone, in dem Ricardo<br />
Bofill, ein katalanischer Architekt,<br />
mehrere große Wohn ge bäude im<br />
neoklassizistischen Stil errichten ließ,<br />
das Viertel Port Ma rianne mit dem<br />
neuen gläsernen Rathaus der Stadt<br />
nach Plänen von Jean Nouvel und<br />
François Fontès, oder auch das größte<br />
Designzentrum Frankreichs.<br />
Fahrradweg bis zur<br />
Mittelmeerküste<br />
Montpellier: 300 Sonnentage im Jahr! Mit dem Fahrrad zum<br />
nahen Meer! Umgeben von Weinbergen und Teichen!<br />
Belebte Caféterrassen! Mit einem Bahnhof inmitten der<br />
Stadt für autofreie Aufenthalte. Ein Netz aus Straßenbahnlinien mit<br />
besonderem Design.<br />
Shopping im Schatten mittel al ter lich er Sträßchen. Um lie gen de Dörfchen<br />
mit dem mittel meer ty pi schen Duft. Kanufahren mitten in der Stadt.<br />
Jean Nouvel, Zaha Hadid, Christian Lacroix und all die anderen<br />
Großen, die für Design und zeitgenössische Architektur stehen.<br />
Ausgiebiges kulturelles Leben und zahlreiche kosten lose Festivals.<br />
Schäferstündchen im „ Jardin des Plan tes“, Frankreichs ältestem<br />
botanischen Garten. Das Odysseum, ein für den Mittelmeerraum<br />
einzigartiger Geschäfts- und Freizeitkomplex.<br />
Auf halbem Wege zwischen Spanien und Italien inmitten einer<br />
ausgiebigen Freizeitregion gelegen, lädt Montpellier Sie ein, Kunst<br />
und Kultur der Stadt kennen zu lernen.<br />
Spüren Sie <strong>2013</strong> mehr denn je den Puls der Stadt mit all ihren<br />
Höhepunkten, erleben Sie die für Montpellier typische Kultur mit<br />
ihrer überschäumenden Vitalität und gehen Sie<br />
auf ihre Einwohner zu!<br />
Ob im Frühling, Sommer, Herbst oder<br />
Winter: Montpellier ist eine Erfahrung<br />
wert! Am besten JETZT!<br />
MONTPELLIER – WAS SIE NICHT VERSÄUMEN SOLLTEN!<br />
Vom Viertel Port Marianne aus<br />
führt Sie ein Fahrradweg am<br />
Lez entlang durch Weinberge<br />
bis hin zum Meer (10 Kilometer).<br />
Erkundungstour der „Grès de<br />
Montpellier“ mit Weinprobe<br />
Für Geschichtsfreunde und<br />
Weinliebhaber im Château de<br />
Flaugergues und im Château de<br />
l’Engarran<br />
Neben einer Weinprobe der<br />
Weine direkt vom Château entweder<br />
Besichtigung des Schlösschens und<br />
seines historischen Parks oder aber<br />
Besichtigung des Weinmuseums und<br />
der Trachtenausstellung<br />
Angebot mit individuellen<br />
Möglichkeiten<br />
Pauschalangebot „Ausflug nach<br />
Montpellier“ ab 66€ pro Person<br />
Inbegriffen sind ein oder<br />
mehrere Übernachtungen in B&B<br />
Unterkünften und Pensionen, die City<br />
Card Montpellier (mit Stadtführung<br />
sowie Eintritt in das „Musée Fabre“)<br />
und zusätzlich ein Essen im Restaurant<br />
am Tag ihrer Wahl.<br />
Ideal um Montpellier ganz<br />
individuell zu genießen!<br />
Alle Angebote auf<br />
www.resamontpellier.com<br />
Höhepunkte<br />
<strong>2013</strong><br />
Internationales Festival<br />
der Extremsportarten<br />
7.- 12.Mai <strong>2013</strong><br />
Festival des<br />
Architectures Vives<br />
Das Historische Zentrum<br />
verwandelt sich in einen<br />
Ort der zeitgenössischen<br />
Architektur<br />
12.-16 Juni <strong>2013</strong><br />
„Les Estivales“ -<br />
Sommerfeste<br />
Abende in festlichem<br />
Rahmen rund um Wein und<br />
regionale Erzeugnisse<br />
Immer freitags im Juli und<br />
August <strong>2013</strong><br />
Internationales<br />
Tanzfestival von<br />
Montpellier<br />
22.Juni – 6.Juli <strong>2013</strong><br />
Station der Tour de<br />
France in Montpellier<br />
4. und 5. Juli <strong>2013</strong><br />
Festival von Radio<br />
France und Montpellier<br />
Languedoc Roussillon<br />
11. – 25. Juli <strong>2013</strong><br />
Signac, das Wasser<br />
und seine Farben<br />
Sommerausstellung<br />
im Musée Fabre<br />
Agglomération, 13.Juli – 27.<br />
Oktober <strong>2013</strong><br />
Internationales<br />
Gitarrenfestival<br />
28. September – 18.<br />
Oktober <strong>2013</strong><br />
4. Marathon von<br />
Montpellier<br />
13. Oktober <strong>2013</strong><br />
„Les Hivernales“ -<br />
südfranzösischer<br />
Weihnachtsmarkt am<br />
Mittelmeer<br />
Dezember <strong>2013</strong><br />
und noch vieles, vieles<br />
mehr......<br />
Alles über Montpellier auf www.ot-montpellier.fr
Unterwegs in Frankreich Nantes<br />
Nantes<br />
Im Westen viel Neues<br />
22 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Und wenn sich die Zukunft des städtischen Lebens und der touristischen<br />
Entwicklung Frankreichs in Nantes abspielen würde? Zwischen der Bretagne<br />
und den weltberühmten Schlössern des Loire-Tals gelegen, erlebte die Stadt<br />
während des Zweiten Weltkrieges und in den 1970er-/1980er-Jahren schwere<br />
Schicksalsschläge. Doch diese Zeiten sind vorbei. Nantes hat sich auf<br />
spektakuläre Weise verwandelt und ist heute eine der attraktivsten Städte<br />
Frankreichs geworden. Die Einheimischen schätzen die hohe Lebensqualität<br />
und die Dynamik der Hauptstadt der Pays de la Loire. Die Touristen kommen<br />
wegen der kulturellen Frischzellenkur, die die Stadt erfuhr, und der vielen<br />
neuen Möglichkeiten. Die Metamorphose von Nantes ist faszinierend. Eine<br />
Reise zu ihren äußeren Symbolen und zu den Menschen, die die Verwandlung<br />
ermöglichten. Denn Nantes ist vor allem eines: ein Teamplayer, und das auch,<br />
wenn es um die Gestaltung der Zukunft geht.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 23
Unterwegs in Frankreich Nantes<br />
Der Mut, sich<br />
der eigenen<br />
Geschichte<br />
zu stellen<br />
Mit den Befestigungsanlagen, der Kathedrale<br />
Saint-Pierre-Saint-Paul, deren Gewölbe höher<br />
ist als das von Notre-Dame in Paris, dem<br />
Schloss der Herzöge der Bretagne im Stile der Renaissance,<br />
den kopfsteingepflasterten Gassen im Bouffay-Viertel,<br />
den eleganten<br />
Fassaden aus dem<br />
18. Jahrhundert im<br />
Feydeau-Viertel<br />
oder der bekannten<br />
Passage Pommeraye<br />
aus dem 14. Jahrhundert<br />
hat Nantes<br />
trotz aller Zerstörungen<br />
der Vergangenheit<br />
einiges an<br />
Die Sklaverei gehört zu<br />
unserer Geschichte. Nantes<br />
war der größte französische<br />
Hafen des Sklavenhandels im<br />
18. Jahrhundert. Ein Teil<br />
des Reichtums der Stadt<br />
gründete auf diesen unausstehlichen<br />
Handel, den<br />
wir heute als Verbrechen<br />
gegen die Menschlichkeit verurteilen. Lange<br />
Zeit hat Nantes die Augen vor diesem Erbe<br />
verschlossen: bis in die 1990er-Jahre, als wir<br />
entschieden, uns der Vergangenheit zu stellen.<br />
Wir haben die Geschichte ausgegraben, ausgewertet,<br />
analysiert, verstanden und angenommen.<br />
Wir haben damit unser Gedächtnis befreit.<br />
Jean-Marc Ayrault, Premierminister und Ex-Bürgermeister von Nantes<br />
historischer Bausubstanz<br />
zu bieten.<br />
Ein Erbe, das die<br />
Stadt bis heute behutsam<br />
pflegt und<br />
als Attraktion für<br />
Besucher vermarktet.<br />
Doch anders als in vielen anderen Orten hat Nantes<br />
den Mut, bei der Bewahrung der Vergangenheit neue<br />
Wege zu gehen. Exemplarisch für diese Offenheit ist die<br />
Renovierung des Schlosses der Herzöge der Bretagne,<br />
übrigens das letzte Schloss entlang der Loire, bevor sich<br />
der emblematischste Fluss Frankreichs, an dem auch<br />
Nantes liegt, in den Weiten des Atlantiks verliert. Die<br />
Stadt wollte das Schloss von seiner verstaubten Aura<br />
befreien. Dafür traute man sich, eine zeitgenössische Architektursprache<br />
in<br />
die alten Mauern<br />
zu integrieren und<br />
den technologischen<br />
Fortschritt<br />
einziehen zu lassen.<br />
So gibt es<br />
nun beispielsweise<br />
einen virtuellen<br />
Besuch der Stadt,<br />
wie sie sich im Jahre<br />
1757 darstellte.<br />
Noch bemerkenswerter<br />
als die Restaurierung<br />
des Stadtschlosses ist<br />
jedoch, mit welcher<br />
Offenheit sich die Stadt<br />
heute den dunklen Seiten<br />
ihrer Geschichte<br />
nähert. Es geht um die Epoche des Sklavenhandels,<br />
der einst für Reichtum sorgte. Zwischen Mitte des 17.<br />
Jahrhunderts bis Mitte des 19. Jahrhunderts organisierte<br />
Frankreich 4.220 Sklaventransporte, bei denen mehr als<br />
24 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Unser Ziel war es, aus diesem<br />
Schloss des 15. Jahrhunderts<br />
einen Ort für alle zu machen,<br />
während man in Frankreich ansonsten<br />
traditionell vor allem<br />
versucht, das historische Erbe<br />
zu bewahren. Mit Offenheit, Wagemut und Beharrlichkeit<br />
sind wir an unser Ziel gelangt. Heute<br />
sind die Menschen von Nantes stolz darauf, Altes<br />
mit Neuem zu verbinden, so wie an diesem Ort.<br />
Marie-Hèlène Jouzeau, Direktorin der Denkmalpflege<br />
und Archäologie der Stadt<br />
1,38 Millionen Menschen zwangsverschleppt wurden.<br />
18 französische Städte haben bei diesem Handel mitgemacht.<br />
Mehr als<br />
1.800 Transporte<br />
gingen über Nantes,<br />
was 550.000<br />
Menschen betraf.<br />
Heute ist ein<br />
Teil der Ausstellung<br />
im Schloss der<br />
Herzöge der Bretagne<br />
dieser beschämenden<br />
Vergangenheit<br />
gewidmet.<br />
Außerdem gibt es<br />
einen eineinhalb<br />
Kilometer langen Rundweg durch die Stadt, der über elf<br />
Etappen, die mit dem Sklavenhandel in Zusammenhang<br />
stehen, zum 2012 eröffneten Memorial für die Abschaffung<br />
der Sklaverei führt. Das Mahnmal wurde auf den<br />
Kaianlagen errichtet,<br />
von denen<br />
einst die Schiffe in<br />
Richtung Afrika<br />
abfuhren. Auf der<br />
anderen Flussseite<br />
steht das vom französischen<br />
Stararchitekten<br />
Jean Nouvel neu errichtete<br />
Palais de Justice – ein<br />
Symbol des modernen<br />
Rechtsstaates. Die Fußgängerbrücke<br />
zwischen<br />
beiden Uferseiten ist nach<br />
Victor Schœlcher benannt, einem der langjährigen Kämpfer<br />
gegen Sklaverei.<br />
Oben: Kathedrale Saint-Pierre-Saint-Paul.<br />
Rechts: Im Schloss der Herzöge der Bretagne.<br />
Unten: Ausstellung über den Sklavenhandel im<br />
Schloss. Linke Seite oben: Statue von Anne de<br />
Bretagne, die zweimal Königin von Frankreich<br />
wurde. Links: Das frisch renovierte Schloss von<br />
außen. Rechts: Mahnmal der Abschaffung der<br />
Sklaverei. S. 22/23: Der Quai des Antilles mit den<br />
Ringen von Daniel Buren und Patrick Bouchan.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 25
Unterwegs in Frankreich Nantes<br />
Die « Machines de<br />
l’Ile », die Dosis<br />
Verrücktheit, die zum<br />
Markenzeichen von<br />
Nantes geworden ist<br />
Seit 2007 spaziert ein zwölf Meter hoher Elefant aus<br />
Holz und Stahl mehrmals am Tag am Ufer der Loire entlang.<br />
An Bord: Mehrere<br />
Dutzend Passagiere,<br />
die von dem Spektakel<br />
genauso begeistert sind<br />
wie die neugierigen<br />
Zuschauer entlang der<br />
Wegstrecke. Die zurückgelegte<br />
Geschwindigkeit<br />
beträgt nicht<br />
mehr als ein bis drei<br />
Stundenkilometer. Es<br />
geht also nicht darum,<br />
dem gut ausgebauten<br />
Unser Spielplatz<br />
ist die Straße.<br />
Wir verändern die<br />
Stadt, indem wir<br />
ein riesiges urbanes<br />
Straßentheater<br />
machen, das jeder<br />
für sich entdecken<br />
kann. Das ist ein<br />
großes Abenteuer,<br />
für das man<br />
Mut braucht. Vor 20 Jahren war<br />
Nantes die einzige Stadt, die an<br />
unser Projekt geglaubt hat und<br />
bereit war, darin zu investieren.<br />
François Delarozière, künstlerischer Direktor der<br />
« Compagnie La Machine »<br />
öffentlichen Nahverkehr<br />
der Stadt Konkurrenz<br />
zu machen. Nein,<br />
dieser Elefant aus Holz<br />
und Stahl verbindet<br />
lediglich sein Zuhause,<br />
eine große Halle aus Glas und Stahl (Les grandes nefs),<br />
die früher als Werft diente, mit einem Karussell voller<br />
Poesie und Fantasie, dem « Carrousel des mondes marins »<br />
(dt. Karussell der Meereswelten). Das Karussell, das wie<br />
der Elefant Teil der « Machines de<br />
l’Ile » ist, lädt in eine Traumwelt<br />
mit Fischen, U-Booten, Meeresschlangen<br />
und anderem ein, was<br />
die Unterwasserwelt ausmacht.<br />
Es ist schwierig zu erklären,<br />
was dieses « Machines de l’Ile » im<br />
Allgemeinen und das Karussell im<br />
Besonderen genau ist. Wenn es im<br />
ersten Augenblick auch so scheinen<br />
mag, handelt es sich nicht um<br />
einen typischen Freizeitpark oder<br />
Zirkus. Die Atmosphäre ist eine ganz<br />
andere. Es geht um eine von Jules Verne,<br />
der in Nantes geboren wurde, inspirierte<br />
Traumwelt, die sich mit dem mechanischen<br />
Universum von Leonardo da Vinci<br />
und der industriellen Vergangenheit von<br />
Nantes verbindet.<br />
In einer Zeit, in der die Menschen das Träumen verlernt<br />
haben und die von Hightech und Stress geprägt ist,<br />
26 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
wollen diese mechanischen Gebilde verzaubern. Dabei<br />
wird etwas Simples, die kindliche Vorstellungskraft, etwas<br />
Kompliziertem, der Raffiniertheit der<br />
Mechanik, gegenübergestellt. Es ist einerseits<br />
eine Welt, die sich mit ihren diversen<br />
Elementen aus Holz und Metall anfassen<br />
lässt, andererseits eine Welt, die nur in der<br />
eigenen Vorstellung existiert.<br />
Ausgedacht haben sich das François<br />
Delarozière und Pierre Orefice, die beide in<br />
Nantes die Voraussetzungen dafür fanden,<br />
ihre verrückten Objekte zu bauen. Heute<br />
zählen beide zu den besten Erschaffern<br />
künstlerischer Projekte im urbanen Raum.<br />
Obwohl sie überall herzlich willkommen<br />
wären, würden sie aber um nichts in der<br />
Welt Nantes verlassen, die Stadt, die ihnen<br />
die großen Werfthallen für ihre Projekte<br />
überlassen hat, in denen die Besucher zuschauen<br />
können, wie neue Fantasieobjekte<br />
entstehen. In der angeschlossenen « Galerie<br />
des Machines » lassen sich diese sogar ausprobieren.<br />
Seitdem das Karussell der Meereswelten fertiggestellt<br />
ist, kann man dort nun Elemente ihres neuen Projektes<br />
entdecken, den « Arbre aux Hérons », einen riesigen<br />
begehbaren<br />
Heute gibt es<br />
keinen Weg mehr<br />
zurück. Unsere<br />
Maschinen und<br />
ihre ganze Verrücktheit<br />
sind<br />
Teil des Lebens<br />
von Nantes geworden.<br />
Als Tourist<br />
würde man niemals<br />
denken, dass man<br />
in Nantes eine solche Überraschung<br />
erleben kann. Doch wenn<br />
die Besucher unsere Maschinen<br />
sehen, sind sie schlicht verblüfft.<br />
Sie hatten vergessen, was<br />
mit Fantasie alles möglich ist.<br />
Pierre Orefice, Direktor der « Machines de l’Ile »<br />
Baum. Wenn<br />
diese neue 35<br />
Meter hohe<br />
und 50 Meter<br />
im Durchmesser<br />
messende<br />
« Machine de<br />
l’Ile » fertig ist,<br />
wird man als<br />
Besucher die<br />
einzelnen Äste<br />
des Baumes begehen<br />
können oder auf den<br />
Flügeln von Fischreihern<br />
durch den<br />
Baum fliegen. Erneut<br />
handelt es sich um<br />
ein Gebilde, das man<br />
sich nur ausdenken<br />
kann, wenn man ein gutes Stück Verrücktheit in sich<br />
trägt. Für Nantes ist dies zum Markenzeichen geworden.<br />
Oben: Blick ins Atelier<br />
der « Machines de l’Ile ».<br />
Links: Eine der Figuren im<br />
Karussell der Meereswelten.<br />
Rechts: « Aérofloral », eine<br />
wei tere « Machine de<br />
l’Ile », die aus Anlass der<br />
Er nen nung von Nantes<br />
zur « Grünen Hauptstadt<br />
Eu ro pas » geschaffen<br />
wur de. Linke Seite oben:<br />
Der große Elefant. Un ten:<br />
Das Karussell der Meeres<br />
welten als Entwurf und<br />
nach Fertigstellung.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 27
Unterwegs in Frankreich Nantes<br />
Ein Stadtrundgang, der<br />
eine echte Reise wird,<br />
eine Reise nach Nantes<br />
28 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Angesichts der vielen neuen Möglichkeiten<br />
und Ideen ist es als Besucher in Nantes<br />
manchmal gar nicht so einfach, sich zurechtzufinden<br />
und sicher zu sein, nichts Wichtiges<br />
zu verpassen. Deshalb hat die Stadt einen 15<br />
Kilometer langen Stadtrundgang eingerichtet.<br />
Er durchquert Nantes in rund 40 Etappen<br />
von Osten nach Westen.<br />
Dabei kommt man an historischen Sehenswürdigkeiten<br />
wie dem Schloss der Herzöge der<br />
Bretagne, der Kathedrale, dem Jardin des Plantes<br />
oder der Passage Pommeraye genauso vorbei<br />
wie an den neuen Attraktionen, zum Beispiel<br />
« Le Lieu Unique » in der ehemaligen Fabrik<br />
von LU, « Le Nid » in der 32. Etage der Tour<br />
Bretagne, dem Mahnmal zur Abschaffung der<br />
Sklaverei, den « Machines de l’Ile », der « Galerie<br />
des Machines » oder dem Quai des Antilles,<br />
einer neuen Promenade mit großen Ringen<br />
von Daniel Buren und Patrick Bouchan. Auch<br />
die ungewöhnliche Architektur des Manny-<br />
Gebäudes von Rolf Julius auf der Ile de Nantes<br />
Rechts: « Le Nid» in der 32. Etage der Tour<br />
Bretagne. Unten: Route von « Le voyage<br />
à Nantes ». Linke Seite: Ein auf den Canal<br />
Saint-Félix projiziertes Bild von Laetitia Casta.<br />
Das Manny-Gebäude. Die beleuchteten<br />
Ringe auf dem Quai des Antilles.<br />
CARROUSEL DES<br />
MONDES MARINS<br />
CALE 2 L’ÎLE<br />
MUSÉUM<br />
D’HISTOIRE<br />
NATURELLE<br />
THÉÂTRE<br />
GRASLIN<br />
COURS CAMBRONNE<br />
MÉMORIAL<br />
DE L’ABOLITION<br />
DE L’ESCLAVAGE<br />
MACHINES<br />
DE L’ÎLE<br />
LA FABRIQUE<br />
MÉDIATHÈQUE<br />
LE NID<br />
PASSAGE<br />
POMMERAYE<br />
PASSERELLE<br />
SCHŒLCHER<br />
PALAIS<br />
DE JUSTICE<br />
MARCHÉ<br />
DE TALENSAC<br />
ÉGLISE<br />
SAINT<br />
NICOLAS<br />
PLACE<br />
ROYALE<br />
La Loire<br />
Île Feydeau<br />
ENSA NANTES<br />
HÔTEL<br />
DE VILLE<br />
CHU<br />
L’Erdre<br />
PRÉFECTURE<br />
ÉGLISE<br />
SAINTE<br />
CROIX<br />
PLACE<br />
DU BOUFFAY<br />
MUSÉE DES<br />
BEAUX-ARTS<br />
FERMETURE TEMPORAIRE<br />
CATHÉDRALE<br />
CRYPTES<br />
CHAPELLE DE<br />
L’ORATOIRE<br />
CHÂTEAU<br />
DES DUCS<br />
DE BRETAGNE<br />
LE LIEU<br />
UNIQUE<br />
Canal Saint-Félix<br />
Bras de la Madeleine<br />
JARDIN<br />
DES PLANTES<br />
ACCÈS NORD<br />
GARE SNCF<br />
ACCÈS SUD<br />
HANGAR 32<br />
MUSÉE<br />
JULES VERNE<br />
HAB<br />
GALERIE<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 29<br />
Bras de Pirmil
Unterwegs in Frankreich Nantes<br />
« Le Lieu<br />
Unique » ist<br />
ein Ort der<br />
Utopie. Gleichzeitig<br />
Theater,<br />
Ausstellungszentrum,<br />
Konzertsaal,<br />
Buchhandlung, Bar, Kindergarten und<br />
Hammam, ist es eine Stadt in der<br />
Stadt. Man kann hier ohne Probleme<br />
einen ganzen Tag verbringen. Die Einrichtung<br />
ist jeden Tag bis spät in die<br />
Nacht geöffnet. Sie ist eine Fabrik<br />
zur Herstellung von Imaginärem.<br />
Patrick Gyger, Direktor von « Le Lieu Unique »<br />
oder ein auf die Wasseroberfläche des Canal Saint-Félix<br />
projiziertes Bild von Laetitia Casta lassen sich entdecken.<br />
Wiederum handelt es sich bei diesem Rundgang um<br />
mehr als eine Aneinanderreihung von Sehenswürdigkeiten.<br />
Es geht erneut um die Vermischung von Realität und<br />
Imagination. Eine Thematik, die für Nantes typisch ist.<br />
Vom 28. Juni bis 1. September <strong>2013</strong> werden entlang<br />
der Strecke zudem diverse Spektakel stattfinden, vom<br />
Straßentheater bis zur Kunstinstallation. Dann wird Nantes<br />
wieder einmal beweisen, dass die Stadt im kulturellen<br />
Bereich the place to be ist. Die Kunst wird erneut zur Botschafterin<br />
einer Stadt voller Energie und Zuversicht.<br />
Die Reise nach Nantes geht weiter<br />
Lesen Sie in der nächsten Ausgabe etwas über das Kunstprojekt<br />
« Estuaire », das sich von Nantes bis nach Saint-Nazaire erstreckt.<br />
Unten: « Le Lieu Unique ». Rechts: Streetart in den Straßen<br />
von Nantes. S. 33: Historische Aufnahmen von Nantes.<br />
30 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
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Unterwegs in Frankreich Nantes<br />
Gespräch mit<br />
einem der<br />
Väter des<br />
kulturellen<br />
Aufbruchs<br />
Monsieur Blaise, Nantes gilt heute,<br />
insbesondere im kulturellen Bereich, als<br />
eine der dynamischsten und kreativsten<br />
Städte Frankreichs. Die Ausgangsbedingungen<br />
waren dabei alles andere als einfach.<br />
Wie hat die Stadt diese Entwicklung<br />
geschafft?<br />
Das war in der Tat ein langer Weg, der<br />
zurückgelegt wurde. Der kulturelle Aufbruch<br />
begann in den 1990er-Jahren nach einer Reihe<br />
einschneidender Veränderungen in den Jahrzehnten<br />
davor. Man darf nicht vergessen, dass<br />
Nantes im 20. Jahrhundert mehrere grundlegende<br />
Umwälzungen erlebt hat.<br />
Zunächst aus angeblich städtebaulichen<br />
und hygienischen Gründen: Nantes war früher eine Stadt<br />
mit viel Wasser. Sie war berühmt für ihre Brücken und<br />
galt als das « Venedig des Westens ». Doch dann legte man<br />
alles trocken. Seitenarme der Loire wurden zugeschüttet,<br />
so dass die Ile Feydeau und Ile Gloriette plötzlich keine<br />
Inseln mehr waren. Ein Zufluss der Loire, die Erdre, wurde<br />
in einen Tunnel verbannt. Sie können sich<br />
vorstellen, was für ein Schock dieser Stadtumbau<br />
für die Einheimischen war. Wenn<br />
man heute Bilder von der Zeit davor sieht,<br />
muss man einfach nostalgisch werden.<br />
1943 wurde Nantes dann bombardiert,<br />
wobei ein Großteil der alten Bausubstanz in<br />
Schutt und Asche fiel. Das war der zweite<br />
große Schock für die Stadt. Am Ende der<br />
1980er-Jahre verlor Nantes schließlich einen<br />
Großteil seiner Industrie, die einst der Stolz<br />
der Stadt war und die den wirtschaftlichen<br />
Aufstieg zuvor ermöglicht hatte: die Werften.<br />
Das war der dritte Schock.<br />
Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass Nantes<br />
in Folge dieser drei großen Umwälzungen dreimal seine<br />
Identität verloren hat. Es ist für eine Stadt nicht einfach,<br />
solche traumatischen Ereignisse zu verarbeiten. Am<br />
Ende der 1980er-Jahre war die Stimmung entsprechend<br />
Jean Blaise ist einer der wichtigsten Männer hinter<br />
dem kulturellen Aufbruch von Nantes und den damit<br />
verbunden Projekten. Jean-Marc Ayrault holte ihn an<br />
Bord, nachdem er 1989 zum Bürgermeister der Stadt<br />
gewählt wurde. Jean Blaise<br />
sollte als Mann der Kultur und<br />
als Vertrauter des Bürgermeisters<br />
Nantes zu neuer Dynamik<br />
verhelfen. Eine Mission, die der<br />
60-Jährige mit Bravour erfüllt<br />
hat. Meilensteine wie das 1990<br />
ins Leben gerufene « Festival<br />
des Allumées », die 2000 eröffnete<br />
Einrichtung « Le Lieu<br />
Unique » oder das ab 2007 existierende<br />
Event « Estuaire » wurden<br />
von ihm, der nur so vor<br />
Neugierde und Fantasie brodelt,<br />
erdacht. Heute steht Jean<br />
Blaise an der Spitze von « Le voyage à Nantes », eine<br />
Einrichtung der Stadt, die die einzelnen Projekte steuert<br />
und die diversen Akteure dahinter bündelt, was von<br />
der Struktur her mindestens genauso originell ist, wie<br />
das, was Nantes heute so dynamisch und kreativ<br />
macht.<br />
Ich würde<br />
sogar so weit<br />
gehen und<br />
sagen, dass<br />
Nantes in<br />
Folge dieser<br />
drei großen<br />
Umwälzungen<br />
dreimal seine<br />
Identität<br />
verloren hat.<br />
mies. Doch gleichzeitig hat dies den neuen Aufbruch ermöglicht.<br />
Gemeinsam mit dem damals frisch gewählten<br />
Bürgermeister Jean-Marc Ayrault wollten wir eine neue<br />
Zukunft aufbauen.<br />
Das war also der Hintergrund für eine Politik, die auf die<br />
Veränderungskraft der Kultur setzte. Das war<br />
damals durchaus ein neuer Ansatz, oder?<br />
Ja, genau. Wir befanden uns in den<br />
1990er-Jahren. Jean-Marc Ayrault war neu<br />
im Rathaus. Er war ein junger Bürgermeister,<br />
der Lust hatte, Dinge zu verändern. Er wollte,<br />
dass Nantes nicht mehr den Kopf hängen<br />
ließ, dass die Stadt wieder von sich reden<br />
machte, dass sie stolz auf sich war. Er wollte<br />
dabei schnell Dinge verändern. Er war sich<br />
bewusst, dass ein Ruck notwendig war, dass<br />
man etwas brauchte, was aufrüttelte und im<br />
Gedächtnis blieb.<br />
Jean-Marc Ayrault setzte dafür auf die Kultur, was damals<br />
in der Tat sehr innovativ war. Denn die Kultur hatte<br />
einen großen Vorteil: Man konnte schnell etwas Neues<br />
schaffen und musste dafür noch nicht einmal wahnsinnig<br />
viel Geld ausgeben. Als erstes kam die Idee auf, ein Festi-<br />
32 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
val ins Leben zu rufen.<br />
Diesen Ansatz haben wir mit dem « Festival des Allumées<br />
» kurzfristig umgesetzt. Schon das Konzept dafür<br />
war verrückt: Sechs Jahre lang wurden aus sechs ausländischen<br />
Städten Künstler eingeladen, damit sie sechs Tage<br />
lang von sechs Uhr abends bis sechs Uhr morgens an ganz<br />
unterschiedlichen Orten, die von der Industriebrache bis<br />
zum Opernhaus reichten, ihre Darbietungen zeigten. Für<br />
die Bewohner von Nantes, aber auch viele andere Franzosen,<br />
war das revolutionär. Künstler aus Barcelona machten<br />
den Anfang, gefolgt von Künstlern aus Sankt Petersburg,<br />
Buenos Aires, Neapel, Kairo und Havanna. Das Festival<br />
wurde ein großer Erfolg.<br />
Darauf folgte ab 1995 ein anderes Festival,<br />
« La Folle Journée ». Es ist heute eine der<br />
populärsten Veranstaltungen der klassischen<br />
Musik von ganz Frankreich geworden, die jedes<br />
Jahr Tausende Besucher anlockt. Die gebotenen<br />
Konzerte sind von höchster Qualität.<br />
Das Festival, das diesen Februar zum 19. Mal<br />
stattfand, schafft es zudem, Hemmschwellen<br />
gegenüber der klassischen Musik abzubauen.<br />
Der Konzertbesuch wurde aus seinem üblichen<br />
Umfeld befreit. Die Besucher hatten<br />
beim letzten Mal fünf Tage lang die Wahl<br />
zwischen 285 Konzerten an verschiedenen<br />
Veranstaltungsorten, an denen rund 1.800<br />
Musiker beteiligt waren. Deshalb zieht das Festival den<br />
beflissenen Musikliebhaber genauso an wie Menschen, die<br />
sich der klassischen Musik gegenüber öffnen wollen.<br />
Mit diesen beiden Festivals ist es uns gelungen, Nantes<br />
ein anderes Image zu verpassen. Wir haben gezeigt, dass<br />
wir Dinge verändern wollen, dass Nantes eine Stadt ist,<br />
mit der man auf nationaler und europäischer Ebene wieder<br />
rechnen kann.<br />
Natürlich gibt es auch noch andere Faktoren für die<br />
neue Dynamik von Nantes. So etwa die neue Straßenbahn,<br />
die für eine bauliche Erneuerung der Stadt sorgte.<br />
Oder seit dem Jahr 2000 die moderne Architektur auf den<br />
industriellen Brachen der Ile de Nantes.<br />
Menschen von außen interessierten sich wieder für<br />
Nantes. Die Stadt ist wieder attraktiv und es ist primär die<br />
Kultur, die dies ermöglicht hat. Diesem Ansatz sind wir<br />
nun schon seit über 20 Jahren treu geblieben.<br />
Wie kommt es Ihrer Meinung nach, dass die Bewohner von<br />
Nantes an diesen kulturellen Aufbruch geglaubt haben?<br />
Scherzhaft antworte<br />
ich gerne auf diese Frage:<br />
Nantes ist nicht besonders<br />
hübsch, aber wir sind intelligent<br />
(lacht). Natürlich<br />
meine ich das im Spaß.<br />
Denn ich finde, dass die<br />
Stadt inzwischen wieder<br />
Denn die<br />
Kultur hatte<br />
einen großen<br />
Vorteil: Man<br />
konnte schnell<br />
etwas Neues<br />
schaffen und<br />
musste dafür<br />
noch nicht<br />
einmal wahnsinnig<br />
viel<br />
Geld ausgeben.<br />
schön geworden ist, und<br />
ich hoffe, dass sie ihre<br />
Intelligenz nicht verlieren<br />
wird. Außerdem trifft<br />
diese Feststellung auch auf<br />
andere Städte zu.<br />
Trotzdem steckt in<br />
diesem Scherz auch ein<br />
Funken Wahrheit. Ich<br />
glaube, dass diese Stadt und ihre Menschen eine gewisse<br />
Flexibilität und Lernfähigkeit auszeichnet. Ohne das<br />
Mitwirken der Einheimischen wäre der Wandel auch gar<br />
nicht möglich gewesen. Man kann die beste Idee haben,<br />
aber wenn die Menschen nicht mitziehen,<br />
verpufft sie schnell. Die Mentalität der Menschen<br />
von Nantes ist durch eine Mischung<br />
aus Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit gekennzeichnet.<br />
Es gibt eine Fähigkeit, das Surreale<br />
zu mögen. Und selbst wenn man natürlich<br />
seriös ist, so nimmt man sich selbst gleichzeitig<br />
nie zu ernst. Es ist, als ob die Bewohner<br />
von Nantes ihre kindliche Seele nicht vergessen<br />
haben. Sie haben es nicht verlernt, sich<br />
für etwas zu begeistern.<br />
Ohne diese Mentalität in der Stadt wären<br />
Initiativen wie « La Folle Journée », das « Festival<br />
des Allumées » oder « Estuaire » nicht<br />
denkbar gewesen. Es ist immerhin erstaunlich, was wir<br />
auf öffentlichem Grund machen dürfen. Wenn die Menschen<br />
nicht dahinter gestanden hätten und nicht die Gabe<br />
besäßen, Verrücktheiten zuzulassen und zu träumen, wäre<br />
das nicht realisierbar. Für mich ist dies die Poesie von<br />
Nantes und ein Beweis großer Weltoffenheit. Dadurch<br />
konnten und können wir unsere in der Tat manchmal verrückten<br />
Ideen umsetzen.<br />
Das Träumen wieder lernen, das ist also das Geheimnis<br />
hinter der Dynamik von Nantes?<br />
Ich weiß nicht, ob das ein Geheimnis ist, aber Nantes<br />
konnte sich dadurch wieder ein Image aufbauen, auf das es<br />
stolz sein kann. Das ist natürlich auch eine Frage des Wollens<br />
und des Temperaments. Woanders hätte das vielleicht<br />
schwierig sein können, aber in Nantes hat man den Mut,<br />
etwas zu wagen. Hier bleiben Projekte nicht jahrelang in<br />
der Schublade liegen. Man diskutiert über sie und wenn<br />
sie gut sind, dann gibt man ihnen eine Chance. Man muss<br />
daran glauben, dass Träume wahr werden können. Das ist<br />
sicherlich eine Stärke der Menschen hier in Nantes.<br />
Ist das alles?<br />
Nein, natürlich spielen auch noch weitere Dinge eine<br />
Rolle. Ich denke, ein anderer Punkt, der den Wandel<br />
ermöglichte, ist die Fähigkeit der Menschen zusammenzuarbeiten.<br />
Nantes ist dafür bekannt, insbesondere beim<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 33
Unterwegs in Frankreich Nantes<br />
Fußball. Unsere Fußballmannschaft ist für das sogenannte<br />
jeu nantais gefürchtet. Eine Spieltechnik, die auf<br />
gemeinsame Aktionen beruht. Ich glaube, dass dies nicht<br />
nur auf den Fußball, sondern auch auf andere Bereiche<br />
zutrifft.<br />
Gemeinsam ein Ziel vorantreiben zu können, ist eine<br />
essentielle Fähigkeit, egal ob im kulturellen,<br />
wirtschaftlichen, politischen oder touristischen<br />
Bereich. Aber genau dies liegt den<br />
Menschen aus Nantes im Blut. Die verschiedenen<br />
Verantwortlichen der Stadt und der<br />
Wirtschaft sprechen und arbeiten miteinander<br />
und bewegen Dinge gemeinsam. Auch<br />
die Struktur, die ich leite, ist ein Sinnbild<br />
dieser Mentalität: Am gleichen Ort arbeiten<br />
Menschen fast ohne Trennwände miteinander,<br />
die für ganz unterschiedliche Bereiche<br />
verantwortlich sind: Kultur, Tourismus, Wirtschaftsentwicklung,<br />
Marketing etc. Wir alle glauben aber an das<br />
gleiche Ziel, haben den gleichen Traum. Das hilft und das<br />
ermöglicht, Großes zu erreichen.<br />
Gibt es neben der Bereitschaft zusammenzuarbeiten, auch<br />
so etwas wie einen gemeinsamen Nenner als Antriebsfeder?<br />
Ja, egal ob in der Wirtschaft, der Kultur oder der<br />
Politik, wir alle wissen, wo wir herkommen. Wir mussten<br />
der Stadt eine neue Identität geben und für sie ein<br />
neues Image aufbauen. So haben wir alle gelernt, dass<br />
wir Nantes verteidigen müssen. Ich denke, das ist unser<br />
gemeinsamer Nenner. Heute, wo die Stadt als dynamisch<br />
gilt und von außen wieder wahrgenommen wird, haben<br />
wir unseren Stolz im guten Sinne wiedergefunden. Das<br />
bestärkt uns noch mehr, uns nicht jeweils in unsere Ecke<br />
zurückzuziehen, sondern unsere Freude und Erfahrung<br />
miteinander zu teilen.<br />
Einen 12 Meter hohen Elefanten durch die<br />
Stadt zu bewegen, Straßenbahnkabel zu unterbrechen,<br />
um einen riesigen Taucher passieren<br />
zu lassen, oder Wölfe im einstigen Wassergraben<br />
des Schlosses der Stadt anzusiedeln, in anderen<br />
Städten wäre das kaum denkbar. Hat man Sie<br />
nie für verrückt gehalten?<br />
(lacht) Doch, manchmal schon, das muss<br />
ich zugeben. Aber Nantes ist eine tolerante<br />
Stadt, hier kann man unglaubliche Dinge<br />
machen. Wenn ich zum Beispiel an das Spektakel « La<br />
véritable histoire de France » (dt. Die wirkliche Geschichte<br />
Frankreichs) denke, das wir zusammen mit der Straßentheatercompagnie<br />
« Royal de Luxe » verwirklicht haben:<br />
Wir hatten eine unglaubliche Parade in den Straßen, die<br />
die Vergangenheit des Landes nachzeichnete. In einer der<br />
Szenen wurde Jeanne d’Arc auf dem Vorplatz der Kathedrale<br />
verbrannt. Wenn man sich das mal klarmacht, das<br />
Die Mentalität<br />
der Menschen<br />
von Nantes<br />
ist durch<br />
eine Mischung<br />
aus Ernsthaftigkeit<br />
und<br />
Leichtigkeit<br />
gekennzeichnet.<br />
Doch dank eines<br />
Schusses<br />
Verrücktheit<br />
und einiger<br />
Visionäre<br />
haben wir<br />
eine neue Geschichte<br />
für<br />
unsere Stadt<br />
geschrieben.<br />
ist schon verrückt. Doch genau das macht Nantes aus: die<br />
Freiheit, sich etwas zu trauen, selbst wenn es verstörend<br />
wirken kann.<br />
Nantes will also überraschen. Andere Städte versuchen das<br />
auch. Bordeaux plant beispielsweise den Bau eines Weinzentrums<br />
mit einer Architektur, die wie das Guggenheim-Museum<br />
in Bilbao Aufmerksamkeit initiieren<br />
soll. Das wäre doch auch ein Weg, oder?<br />
Ja, na klar. Aber Nantes hat eben einen<br />
anderen Weg gewählt, der besonders auf<br />
lange Sicht Wirkung zeigen soll. Natürlich<br />
hätten wir auch beschließen können, eine<br />
Architekturikone zu bauen. Aber ich glaube,<br />
das hätte uns weniger entsprochen. Außerdem<br />
ist ein solcher Ansatz nicht ohne Risiken.<br />
Zunächst einmal, weil Sie vorher niemals wissen, ob<br />
ein Gebäude wirklich zu einer Ikone werden wird. Außerdem<br />
braucht es auch einen Inhalt.<br />
Das Museum in Bilbao wäre trotz seiner unstrittig spektakulären<br />
Architektur nie ein so großer Erfolg geworden,<br />
könnte es nicht auf die enormen Schätze der Guggenheim-<br />
Sammlung zurückgreifen. Das gleiche gilt ganz aktuell<br />
auch für den Louvre-Ableger in Lens. Natürlich ist auch<br />
dessen Architektur grandios, aber noch entscheidender ist<br />
der Zugriff auf die reichen Bestände des Mutterhauses.<br />
Ich bin davon überzeugt, dass jedes Vorhaben dieser<br />
Art zunächst eine inhaltliche Substanz braucht. Einfach<br />
nur eine schöne Hülle, ein schönes Haus zu bauen, das<br />
reicht nicht aus. Ich wünsche Bordeaux viel Glück mit<br />
dem geplanten Weinzentrum. Ich würde der Stadt aber<br />
auch raten, sich sehr gut zu überlegen, wie man eine solche<br />
Einrichtung mit Inhalt füllen will. Das ist fundamental.<br />
Außerdem kosten solche architektonischen Leuchttürme<br />
sehr viel Geld. Man muss also eine Wahl treffen.<br />
Nehmen wir zum Beispiel die Renovierung<br />
des Musée des Beaux-Arts hier in Nantes.<br />
Mit dem gleichen Geld hätten wir vielleicht<br />
auch einen spektakulären Neubau planen<br />
können. Doch dann hätten wir nicht mehr<br />
unser architektonisches Erbe, das uns noch<br />
übriggeblieben ist, pflegen können, wie wir es<br />
jetzt mit der Renovierung des Museums tun.<br />
Man muss die Zusammenhänge sehen. Jede<br />
Stadt muss ihren eigenen Weg finden. Was hier<br />
funktioniert, funktioniert nicht automatisch in<br />
Bordeaux und anders herum. Aber wer weiß,<br />
vielleicht bauen wir eines Tages auch eine Architekturikone.<br />
Zumindest für den Augenblick ist es aber nicht unser Weg.<br />
Haben Sie eher das Gefühl, Kultur oder Politik zu machen?<br />
Ich denke, dass ich beides mache. Denn für mich ist<br />
Kultur politisch. Außerdem macht man automatisch Politik,<br />
wenn man sich nicht in seinem Büro einschließt, son-<br />
34 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
dern wenn man rausgeht und mit Menschen etwas gestaltet.<br />
Deshalb haben wir in Nantes einen Ort wie « Le Lieu<br />
Unique » geschaffen. Wir hätten auch schlicht ein Kulturzentrum<br />
ins Leben rufen können. Aber nein, wir wollten<br />
ein Stück lebendige Stadt. Einen Ort des offenen Austausches<br />
und der Debatten. Deshalb ist die Einrichtung auch<br />
jeden Tag von 11.00 Uhr morgens bis 2.00 Uhr spät in der<br />
Nacht geöffnet.<br />
Glauben Sie mir, selbst wenn ein solcher Ort zunächst<br />
einmal der Kultur gewidmet ist, so ist er auch politisch.<br />
Aber das ist auch gut so, das ist das Leben. Schon als junger<br />
Mensch habe ich begriffen, dass es besser ist, politisch zu<br />
sein, als sich zu verschließen. Ist Politik nicht die Fähigkeit,<br />
miteinander zu reden, sich gegenseitig zuzuhören, die<br />
Geschichte zu beeinflussen und gemeinsame Projekte anzuschieben?<br />
Die Kultur ist davon doch nicht weit entfernt.<br />
Die Geschichte beeinflussen, ist es nicht das, was Nantes<br />
getan hat?<br />
Ja, Sie haben Recht. Die Stadt hat schwer unter der<br />
Vergangenheit gelitten. Doch dank eines Schusses Verrücktheit<br />
und einiger Visionäre haben wir eine neue Geschichte<br />
für unsere Stadt geschrieben. Wir haben uns ein<br />
neues Image geschaffen, auf das wir stolz sind. Wenn dies<br />
dazu führt, dass die Menschen gerne hierher kommen,<br />
umso besser. Wir mögen dieses neue Kapitel in unserer<br />
Cherbourg-<br />
Octeville<br />
Geschichte. Wir teilen es gerne. Ich mag diese Idee.<br />
Monsieur Blaise, vielen Dank für das Gespräch.<br />
<br />
Nantes erreicht man aus dem deutschsprachigen<br />
Raum über den Norden<br />
bzw. Osten Frankreichs, Paris, Chartres,<br />
Le Mans und Angers.<br />
Nantes …<br />
… Berlin 1.434 km<br />
… Köln 870 km<br />
… Wien 1.620 km<br />
… Hamburg 1.284 km<br />
… München 1.217 km<br />
… Zürich 990 km<br />
Transavia fliegt von Berlin, Volotea<br />
von München, die neue Air-France-<br />
Tochter Hop! von Düsseldorf und<br />
EasyJet von Basel/Mulhouse nach<br />
Nantes. Außerdem bietet Air France<br />
aus Deutsch land, Österreich und der<br />
Schweiz Umsteigeverbindungen via<br />
Paris in die Stadt an.<br />
Direkte Zugverbindungen aus dem<br />
deutsch sprachigen Raum nach<br />
Nantes existieren nicht. Die Stadt ist<br />
aber gut ans französische TGV-Netz<br />
angebunden.<br />
www.nantes-tourisme.com<br />
<br />
Nantes Tourisme<br />
9, rue des Etats<br />
<strong>44</strong>000 Nantes<br />
Telefon: +33 (0)2 72 64 04 79<br />
<br />
Château des ducs de Bretagne<br />
4, place Marc Elder<br />
<strong>44</strong>000 Nantes<br />
Telefon: +33 (0)2 51 17 49 48<br />
www.chateau-nantes.fr<br />
<br />
Mémorial de l’abolition de l’esclavage<br />
Quai de la Fosse<br />
<strong>44</strong>000 Nantes<br />
Lannion<br />
Telefon: +33 (0)2 51 17 49 48<br />
N12/E50<br />
www.memorial.nantes.fr<br />
Brest<br />
Saint-Brieuc<br />
<br />
Les Machines de l’Ile<br />
Ile de Sein Parc des Chantiers<br />
Boulevard Léon Bureau<br />
Quimper<br />
Pointe <strong>44</strong>200 Nantes<br />
du Raz<br />
Telefon: +33 (0)2 51 17 N165/E60 49 89<br />
www.lesmachines-nantes.fr<br />
<br />
Le Lieu Unique<br />
Quai Ferdinand-Favre Quiberon<br />
<strong>44</strong>000 Nantes<br />
Telefon: +33 (0)2 40 12 14 34<br />
www.lelieuunique.com<br />
<br />
Le voyage à Nantes<br />
www.levoyageanantes.fr<br />
N164<br />
Lorient<br />
D768<br />
Vannes<br />
N12/E50<br />
N165/E60<br />
LESETIPP FÜR einen AUSFLug IN DIE UMGEBUNG<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 32<br />
Clisson: Ein Stück Italien im Westen Frankreichs<br />
N11/E601<br />
La Rochelle<br />
Niort<br />
Frankreich ist ein Land, das manchmal mit ungewöhnlichen Über rasch-<br />
E5/A10<br />
un gen aufwartet. Das Dorf Clisson ist ein gutes Beispiel dafür. Unweit von<br />
E602/A837<br />
Nan tes und der Atlantikküste gelegen, erinnern die Architektur des Ortes,<br />
die Landschaft der Umgebung, ja sogar das Licht an das viele hundert<br />
Kilo meter entfernte Italien. So erstaunlich es klingen mag, Clisson ist ein<br />
Stück italienische Atmosphäre in Frankreichs Westen, ein Ziel, das einen Umweg lohnt.<br />
Montalivet<br />
Informationen zur Bestellung dieser und anderer Ausgaben<br />
N24<br />
La Baule<br />
finden Sie auf Seite 90.<br />
Saint-Malo<br />
Dinard<br />
St. Nazaire<br />
N176/E401<br />
Dinan<br />
Rennes<br />
A84<br />
A83<br />
A84/E401<br />
Avranches<br />
Mont-Saint-Michel<br />
A11/E60<br />
Nantes<br />
Clisson<br />
A83<br />
Saint-Lô<br />
A87<br />
Cholet<br />
Caen<br />
Angers<br />
Ale<br />
A1<br />
Saint-Sigismo<br />
Angoulê<br />
E5/A10<br />
Le Porge<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> Bordeaux / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 35<br />
Cap-Ferret<br />
A52/E72
Unterwegs in Frankreich Burgund<br />
Mit dem Hausboot<br />
auf der Saône unterwegs<br />
Vom Wasser sieht selbst eine vertraute Landschaft plötzlich ganz anders<br />
aus. Auf den Wasserwegen Burgunds lässt sich diese Behauptung auch<br />
als ungeübter Hobbykapitän unkompliziert überprüfen. Ein Erlebnisbericht<br />
über vier unvergessliche Tage mit einem Hausboot auf der Saône.<br />
Haben Sie schon einmal davon geträumt, mit einem<br />
Hausboot auf den Kanälen und Flüssen Frankreichs<br />
zu schippern? Wir, drei Ehepaare und unser<br />
Bordhund Diva, haben dies. Im Spätsommer letzten Jahres<br />
erfüllten wir uns diesen Traum. Man sollte an dieser Stelle<br />
jedoch sofort erwähnen, dass man ein derartiges Abenteuer<br />
nur mit wirklich guten Freunden wagen sollte. Die Verhältnisse<br />
auf dem Schiff sind recht beengt, was viel Nähe<br />
bedeutet. Wenn man sich nicht richtig gut miteinander<br />
versteht, können unterschwellige Konflikte schnell aufbrechen,<br />
was für die Urlaubsstimmung sicherlich wenig förderlich<br />
wäre.<br />
Außerdem ist es empfehlenswert, diese Bootstour vor<br />
oder nach den großen französischen Schulferien zu unternehmen.<br />
In der Ruhe der Vor- und Nachsaison entfaltet<br />
die Gegend ihre besonderen Reize erst richtig. Dann können<br />
auch die Gedanken auf Reisen gehen, während man<br />
langsam über das Wasser gleitet.<br />
Wir starten unsere Bootsreise an einem Dienstag<br />
im September. Pünktlich um 16.00 Uhr treffen wir in<br />
Pontailler-sur-Saône ein, rund 30 Kilometer östlich von<br />
Dijon und ungefähr genauso viele Kilometer nördlich von<br />
Dole, zur Übernahme unseres gemieteten Hausbootes<br />
und zur technischen Einweisung. Der Hafen dieses mit<br />
über 1.000 Einwohnern relativ « großen » Ortes liegt am<br />
rechten Ufer der Saône und bietet neben eigenem Hafenamt<br />
viele verschiedene Serviceleistungen. Das Wasser der<br />
Saône hat hier sogar Badequalität, so dass es im Ort einen<br />
Badestrand gibt, der im Sommer überwacht wird und<br />
zahlreiche Touristen anzieht.<br />
Unser Boot vom Typ « Tarpon 49 » mit dem Namen<br />
« Justine II » gefällt uns auf Anhieb. Bevor unser Abenteuer<br />
36 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
eginnen kann, steht allerdings eine Probefahrt unter den<br />
wachsamen Augen unseres sympathischen holländischen<br />
Einweisers auf dem Programm. Das Navigieren eines<br />
Hausbootes ist keine unüberwindbare Herausforderung.<br />
Wenn man ein wenig Geschick hat, bekommt man den<br />
Dreh schnell raus. So bestehen wir unsere Trainingsfahrt<br />
ohne Probleme und können den Hafen von Pontailler-sur-<br />
Saône verlassen. Leinen los für vier unvergessliche Tage!<br />
Zunächst fahren wir flussaufwärts in Richtung Gray.<br />
Dabei müssen wir alsbald die erste Schleuse auf unserer<br />
Tour passieren. Doch auch diese Herausforderung wird<br />
erfolgreich gemeistert. Da sich der Tag schon langsam<br />
dem Ende zuneigt, beschließen wir nach rund neun Kilometern,<br />
mitten in der Natur am Ufer der Saône anzulegen.<br />
Die Atmosphäre ist sehr idyllisch. Der anschließende<br />
Aperitif sowie das Abendessen werden nur von weidenden<br />
Kühen begleitet. Unser Bordhund nimmt sie zwar zur<br />
Kenntnis, lässt sich aber in keiner Weise in seiner Ruhe<br />
stören. Das gemächliche Vorankommen auf dem Wasser<br />
scheint auch ihn vollkommen entspannt zu haben. Das<br />
Wetter ist traumhaft und der Himmel verspricht uns einen<br />
wunderschönen nächsten Tag.<br />
Nach einem aufwendigen Frühstück am nächsten<br />
Morgen fahren wir an dem kleinen Dorf Mantoche vorbei,<br />
um kurz danach gegen Mittag in Gray festzumachen.<br />
Die Kleinstadt liegt verkehrsgünstig an der Schnittstelle<br />
mehrerer Landstraßen und fungiert als Zentrum für den<br />
äußersten Westen des Departements Haute-Saône, das<br />
nicht mehr zu Burgund, sondern bereits zur benachbarten<br />
Region Franche-Comté gehört.<br />
Die Ursprünge des Ortes reichen bis ins Mittelalter<br />
zurück. Eine erste befestigte Siedlung, die den Herzögen<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 37
Unterwegs in Frankreich Burgund<br />
Eine Hausboottour auf der Saône ist ein großes Naturerlebnis.<br />
Wie man Schleusen passiert, lernt man schnell. Auch<br />
Bordhund Diva genoss die Tage auf dem Wasser. S. 36:<br />
Der Tunnel von Savoyeux. S. 37: Zwischenstopp in Gray.<br />
Burgunds gehörte, entstand bereits im 11. Jahrhundert<br />
an dieser Stelle. Zu ihren Füßen entwickelte sich in der<br />
Folgezeit eine Unterstadt, die ebenfalls befestigt wurde.<br />
Ludwig XI. ließ den Ort und seine Befestigungsanlagen<br />
1479 zwar zerstören, doch Gray erholte sich von diesem<br />
Schrecken und erlebte im 16. Jahrhundert dank des Handels<br />
entlang des Flusses ein goldenes Zeitalter. Das 17.<br />
Jahrhundert war durch den Zehnjährigen Krieg und den<br />
Anschluss an die französische Krone wieder schwierig,<br />
doch in dem darauf folgenden Jahrhundert ging es erneut<br />
bergauf.<br />
Bei einem Spaziergang durch die Partnerstadt von<br />
Müllheim im deutschen Markgräflerland lohnt es sich<br />
unbedingt, das Rathaus des Ortes zu besichtigen. Es ist<br />
einer der schönsten Bauten aus der Renaissance in der<br />
Franche-Comté. Sein Dach ist mit den für Burgund typischen<br />
Dachziegeln bedeckt. Außerdem sollte man einen<br />
Abstecher zur Basilika Notre-Dame und ihrem Glockenturm<br />
machen. Das Gotteshaus befindet sich unweit der<br />
einstigen Festung der Herzöge Burgunds und prägt heute<br />
die Stadtsilhouette. Wir nutzen unseren Stopp in Gray<br />
noch zum Einkaufen einiger Lebensmittel und kehren<br />
vergnügt zu unserem Boot zurück. Nachdem alles unter<br />
Deck verstaut ist, geht es weiter flussaufwärts in Richtung<br />
Savoyeux.<br />
Unsere Mannschaft ist inzwischen gut aufeinander<br />
eingespielt und selbst die gefährlichsten Manöver in der<br />
engsten Schleuse können uns nicht mehr aus der Ruhe<br />
bringen. Bedauernswert finden wir jedoch, dass es an<br />
vielen Schleusen kaum mehr Schleusenwärter gibt. Damit<br />
fehlen die kleinen Gespräche, Ratschläge und Informationen<br />
zwischendurch. Das ist wirklich schade!<br />
Unterwegs kommt bisweilen flotter Fahrtwind auf<br />
und einige Notizblätter werden Opfer der Brise. Am späten<br />
Nachmittag suchen wir uns nach 45 zurückgelegten<br />
Kilometern erneut einen Ankerplatz in der freien Natur.<br />
In gemütlicher Runde genießen wir nach dem obligatorischen<br />
Aperitif auf dem Schiffsdeck ein Abendessen mit<br />
verschiedenen Fleischsorten auf dem heißen Stein, einer in<br />
einem Tisch eingebauten Platte, eine Besonderheit dieses<br />
Hausbootes. Mit einem Glas eines erlesenen Rotweins aus<br />
Burgund und philosophischen Gesprächen über die Gabe,<br />
das Leben und den Moment zu genießen, lassen wir diesen<br />
zweiten Tag ruhig und sehr genüsslich ausklingen.<br />
Am folgenden Donnerstag weckt unser Bootshund<br />
kurz nach 7.00 Uhr einen Teil unserer Mannschaft auf.<br />
Er hat ganz banale « tierische » Gründe, er muss sich<br />
entleeren. Die Landschaft hat so früh am Morgen etwas<br />
Mystisches. Überall hat sich Tau niedergelassen und dichte<br />
Nebelschwaden schweben über der Saône. Doch schon<br />
kurz danach klart es wieder auf und ein weiterer sonniger<br />
Tag erwartet uns.<br />
Wir lösen die Leinen und erreichen nach kurzer Fahrt<br />
den Tunnel von Savoyeux, der eine Schleife der Saône<br />
abkürzt. Er ist einer der baulichen Höhepunkte während<br />
unserer Bootstour und eine ganz besondere Sehenswür-<br />
38 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
digkeit. Der Tunnel ist 643 Meter lang und funktioniert<br />
im Einbahnstraßensystem. Die Röhre ist beleuchtet,<br />
verfügt aber über keinen Laufsteg, so dass das Boot während<br />
der Durchfahrt nicht verlassen werden kann. Man<br />
braucht schon ein bisschen Nervenstärke bei der Navigation,<br />
aber mit größter Gelassenheit steuern wir trotzdem<br />
hindurch.<br />
Danach passieren wir die vielleicht allerschönste<br />
Strecke unserer Schiffsreise: kilometerlange unberührte<br />
Landschaft. Die Gespräche an Bord verstummen, so<br />
ergriffen sind wir von der Schönheit der Natur und dem<br />
Reichtum der Tierwelt. Turmfalken, Eisvögel, Kormorane,<br />
Graureiher, Nachtreiher, Fischadler, Schwäne<br />
und springende Fische verzaubern uns. Dies ist ein<br />
fantastischer, ein unbeschreiblicher, ein unvergesslicher<br />
Moment. Es ist das Gefühl, in eine andere, in eine friedlichere<br />
Welt einzutauchen.<br />
Noch völlig von dieser Vielfalt und Harmonie der<br />
Natur beeindruckt, erreichen wir Soing-Cubry-Charentenay,<br />
ein kleines Dorf, in dem wir Elektrizität aufladen,<br />
Wasser tanken und kleine Einkäufe machen. Soing-<br />
Cubry-Charentenay ist der nördlichste Punkt unserer<br />
Reise. Hier drehen wir wieder um.<br />
Auf der anschließenden Rückfahrt kommen wir am<br />
Bois de la Vaire vorbei und steuern schließlich Mantoche<br />
für die Nacht an, das wir auf der Hinfahrt schon vom<br />
Fluss aus gesehen haben. Bereits beim Manövrieren machen<br />
wir Bekanntschaft mit anderen Kapitänen. Beim<br />
Anlegen steht jemand bereit, dem man das Tau zuwerfen<br />
kann. Man hilft sich, man spricht über dies und jenes.<br />
Die einheimischen Fischer erzählen voller Stolz von<br />
ihrem Dorf und sprechen bereitwillig über Land und<br />
Leute. Ein langer und ereignisreicher Tag geht zu Ende.<br />
Der Rundgang durch Mantoche am nächsten Morgen<br />
ist schnell erledigt. Wie in vielen Dörfern der Gegend<br />
ist auch hier die Kirche das imposanteste Bauwerk.<br />
Die Schutzheiligen sind Sankt-Martin und Sankt-Nikolaus,<br />
die Beschützer der Schiffsleute. Wir kehren zu unserem<br />
Boot zurück und setzen unsere Reise flussabwärts<br />
fort. Dabei passieren wir unseren Startpunkt Pontaillersur-Saône,<br />
um im kleinen Lamarche-sur-Saône etwas<br />
weiter südlich anzulegen.<br />
In diesem Ort fällt uns die Dorfkirche Saint-Barthelemy<br />
auf, die wegen ihrer zwei Glockentürme aus<br />
dem 19. Jahrhundert recht ungewöhnlich aussieht. Laut<br />
einer Legende sollte die Dorfkirche ursprünglich nur<br />
mit einem Glockenturm wie sonst üblich gebaut werden.<br />
Die Pläne sahen allerdings vor, dass dieser höher<br />
als der Turm der Kathedrale Saint-Bénigne in Dijon<br />
werden sollte. Dies missfiel dem Klerus. Die Architekten<br />
entschieden sich deshalb zwangsweise, aber frustriert,<br />
anstelle des einen Glockenturms zwei zu errichten, die<br />
jeweils halb so hoch sind wie der einst geplante. Legende<br />
hin oder her, Fakt ist auf jeden Fall, dass das Gotteshaus<br />
in seiner heutigen Form am 20. Dezember 1853 eingeweiht<br />
wurde.<br />
Dijon,<br />
Burgunds Hauptstadt<br />
EINE STADT<br />
ZWISCHEN GESCHICHTE<br />
UND MODERNE<br />
D<br />
ijon ist die Hauptstadt der Herzöge<br />
von Burgund und die Stadt mit<br />
den 100 Glockentürmen. Auf<br />
ihrem außergewöhnlichen architektonischen<br />
Kulturerbe von 97 Hektar Größe zählt die Stadt<br />
etwa hundert denkmalgeschützte Bauwerke.<br />
Seit 2008 gilt Dijon als „Stadt der Kunst und Geschichte“.<br />
Versäumen Sie es nicht, die „Chartreuse de Champmol“ zu besichtigen,<br />
ein ehemaliges Kartäuserkloster, mit dem Mosesbrunnen, „puits de Moise“.<br />
Das Kloster stellt ein wahres Meisterwerk für die Bildhauerkunst Burgunds<br />
dar. Es wurde geschaffen von dem niederländischen Bildhauer Claus Sluter<br />
und Claus de Werve, seinem Neffen.<br />
Doch Dijon ist nicht nur eine Stadt aus Stein, sie ist zugleich voller Grün<br />
und vereint 700 Hektar private oder öffentliche Park- und Gartenanlagen.<br />
Am Stadtrand wird der Blick frei auf eine Grünanlage, eine wunderschöne<br />
Oase am Port du Canal de Bourgogne mit einem Hafenbüro für Infos rund<br />
um den Betrieb am Jachthafen.<br />
N<br />
<strong>2013</strong> - NEUIGKEITEN IN DIJON<br />
Renovierung des „Musée des Beaux Arts“<br />
ach Beendigung der Renovierungsarbeiten wird das „Musée<br />
des Beaux Arts“ im Herzen der Stadt zu den schönsten Museen<br />
Frankreichs gehören.<br />
Dijon wird ein freundlich und einladend gestaltetes Museum erhalten, bei<br />
dem die anspruchsvolle Architektur besser zur Geltung gebracht und die<br />
Sammlung von Kunstschätzen noch vollständiger präsentiert wird.<br />
Wegen der umfangreichen Renovierungsarbeiten bleibt das Museum<br />
ausnahmsweise zwei Monate geschlossen. Es wird im <strong>April</strong> <strong>2013</strong><br />
wiedereröffnet.<br />
Rückkehr der Klagefiguren („pleurants“) nach Dijon<br />
N<br />
ach den Vereinigten Staaten in Amerika setzt die Ausstellung bis<br />
Mai <strong>2013</strong> ihre triumphale Tournee in Europa fort in Städten wie<br />
Brügge, Berlin und Paris.<br />
Die Klagefiguren, „les pleurants“, kehren im Juni <strong>2013</strong> nach Dijon zurück.<br />
„Les pleurants“, die Trauernden vom Grabmal des Herzogs von Burgund<br />
Johann Ohnefurcht, wie die von Philipp dem Kühnen, die seit Februar 2011<br />
in einem Saal des Musée des Beaux Arts präsentiert wurden, können dann<br />
wieder ins Grabmal von Johann Ohnefurcht eingebaut werden.<br />
D<br />
©Mairie de Dijon<br />
Dijon aus der Vogelperspektive<br />
er im Herzogspalast, „Palais des Ducs de Bourgogne“, mitten in der<br />
Stadt gelegene Turm „Tour Philippe le Bon“ symbolisiert Ruhm<br />
und Macht der Herzöge von Burgund. Versäumen Sie es nicht, die<br />
316 Stufen hinauf zu steigen! Oben werden Sie auf einer Aussichtsterrasse<br />
mit einem wunderbaren Panorama belohnt.<br />
Es ist der schönste Aussichtspunkt von Dijon, genießen Sie den<br />
großartigen Blick über die Stadt, den Sie so schnell nicht wieder vergessen,<br />
ein Erlebnis, das Sie sich nicht entgehen lassen dürfen!<br />
©Mairie de Dijon<br />
Office de Tourisme de Dijon<br />
www.visitdijon.com<br />
Tél. : +33(0)892 700 558<br />
(0.34€ pro Minute)<br />
©Mairie de Dijon<br />
©Office de Tourisme de Dijon -<br />
Atelier Démoulin
Unterwegs in Frankreich Burgund<br />
Boulogne<br />
Calais Dunkerque<br />
Arras<br />
Roubaix<br />
Lille<br />
Wieder zurück auf der Saône steuern wir den letzten<br />
Punkt auf unserer Schiffsreise an, die Kleinstadt Auxonne<br />
mit ihrer alten befestigten Burg. Auxonne war im Mittelalter<br />
das Zentrum der gleichnamigen Grafschaft. Ende<br />
des 18. Jahrhunderts kam ein junger Leutnant namens<br />
Napoleon Bonaparte hierher, um sich im Artilleriewesen<br />
ausbilden zu lassen. Eine Statue auf der Place d’Armes<br />
und ein Museum im Schloss erinnern bis heute an den<br />
späteren französischen Kaiser. Ein kleiner Spaziergang<br />
durch die Straßen der Kleinstadt lohnt sich jedenfalls.<br />
Antwerpen<br />
Zurück auf unserem Hausboot heißt es, langsam Abschied<br />
vom Navigieren auf dem Wasser zu nehmen. Die<br />
letzten 17 Kilometer unserer Reise führen uns zurück in<br />
den Heimathafen von Pontailler-sur-Saône. Dort gönnen<br />
wir uns ein Bruxel gemeinsames Abendessen in der nahe gelegenen<br />
« Hostellerie des Marronniers ». Noch ein letztes Mal dürfen<br />
Liege<br />
wir auf unserer « Justine II » schlafen, bevor wir das Hausboot<br />
am Morgen zurückgeben müssen. Vier Tage gehen damit zu<br />
Charlroi<br />
Ende, an die wir uns noch lange erinnern werden. Vier Tage<br />
auf einem Stück Erde, wo man jegliches Gefühl für Zeit und<br />
Raum verliert und wo allein die Natur dominiert.<br />
Gent<br />
Abschiednehmen nach vier entspannten Tagen auf der Saône<br />
Guyencourt-Saulcourt<br />
im Heimathafen der « Justine II » in Pontailler-sur-Saône.<br />
Amiens<br />
A1/E15-E19<br />
Charleville-Mézières<br />
A4/E25<br />
Luxembourg<br />
Le A29/E<strong>44</strong> Havre<br />
Den Ausgangspunkt der Bootstour,<br />
A131 Jumièges<br />
Honfleur<br />
Pont ailler-sur-Saône, Rouenerreicht man aus<br />
A34/E46<br />
Pontailler-sur-Saône ist nicht ans Zugnetz<br />
angeschlossen. Die<br />
A26/E17<br />
nächsten<br />
aen A13/E46<br />
Deutsch land entweder über die Autobahn<br />
ve rbindung A13/E5 von Trier/Luxemburg Dijon und Dole.<br />
größe ren Bahnhöfe befinden sich in<br />
Reims<br />
A16<br />
bzw. Saar brücken<br />
Evreux<br />
über Metz und Nancy<br />
A4/E50<br />
nach Dijon oder über die Strecke von www.pontailler-tourisme.fr<br />
Rolleboise<br />
Epernay Châlons-en-<br />
Frei burg über Mulhouse und Besançon. www.ville-gray.fr<br />
Champagne<br />
PARIS<br />
A28/E402<br />
Versailles<br />
Im ersten Fall verlässt man die A31 an www.ot-auxonne.fr<br />
der Ausfahrt <strong>Nr</strong>.<br />
Dreux<br />
4 und nimmt die D961<br />
Alençon<br />
nach Pontailler-sur-Saône. Im zweiten<br />
<br />
Office de Tourisme<br />
Fall geht es von der A36 ein kurzes Stück du A5/E54 Canton de Pontailler-sur-Saône A26/E17<br />
Chartres<br />
A6/E15<br />
auf der A39 bis zur Ausfahrt <strong>Nr</strong>. 5 und 3, rue du 8 mai 1945<br />
Troyes<br />
von dort über A11/E50 die D905 und A10/E5 D976 in 21270 Pontailler-sur-Saône<br />
den Ort. Die Anreise aus Österreich und<br />
der Schweiz erfolgt ebenfalls über die<br />
Telefon: +33 Sens (0)3 80 47 84 42<br />
A5/E17-E54<br />
Le Mans Route via Mulhouse.<br />
Orleans<br />
<br />
Office de Tourisme Val de Gray<br />
Châtillon-sur-Seine<br />
A11/E501<br />
7, place Charles de Auxerre Gaulle<br />
Pontailler-sur-Saône …<br />
70100 Gray<br />
… Berlin 1.037 km … Hamburg 986 km Telefon: +33 (0)3 84 65 14 24<br />
A28/E502<br />
A10/E5-E60 Chambord<br />
… Köln 576 km … München<br />
Cheverny<br />
653 km<br />
Avallon<br />
… Tours Wien 1.112 km … Zürich 313 km<br />
<br />
Office de Tourisme<br />
Vézelay<br />
Flavigny<br />
A86/E60<br />
A71/E9<br />
d’Auxonne<br />
A85<br />
11, rue de Berbis<br />
A6/E15<br />
Chenonceau<br />
Der nächste Flughafen ist in Dijon, der 21130 Auxonne<br />
Monts<br />
aber kaum über Flug verkehr ver fügt Bourges Telefon: +33 (0)3 80 37 34 46<br />
Bouges-le-Château<br />
und auch nicht aus dem deutschsprachi<br />
gen Raum an ge flogen wird. Die A71/E11<br />
A20/E9<br />
A10/E5nächs ten aus Deutschland, Österreich<br />
und der Schweiz bedienten Flughäfen<br />
<br />
In der Gegend vermieten diverse<br />
Anbieter Hausboote, u.a.<br />
Canalous Plaisance<br />
Poitiers<br />
sind in Lyon und Basel/Mulhouse.<br />
BP 63<br />
Cluny<br />
71160 Digoin<br />
Telefon: +33 (0)3 85 53 76 74<br />
Saarbrücken<br />
www.france-passion-plaisance.fr<br />
A4<br />
Bitc<br />
Metz Sarreguemines<br />
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Hostellerie A4/E50 des Marronniers<br />
3, rue Saint-Eloi<br />
21270 Pontailler-sur-Saône<br />
A31/E21-E23<br />
A4/E2<br />
Telefon: +33 (0)3 80 36 12 76<br />
Nancy<br />
Strasbo<br />
A38<br />
A6/E15<br />
A31/E21-E23<br />
Clermont-<br />
Soing-Cubry-<br />
Charentenay<br />
A31/E17-E21<br />
France<br />
Gray A36/E60<br />
Dijon<br />
Pontailler-sur-Saône<br />
Besançon<br />
Auxonne<br />
Beaune<br />
Chalon-sur-Saône<br />
Arbois<br />
Lausanne<br />
Colmar<br />
Mulhouse<br />
Belfort<br />
A35<br />
A35/E25<br />
Schweiz<br />
40 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong><br />
Montluçon<br />
A71/E11<br />
Genève<br />
Annecy
he<br />
A35<br />
5<br />
urg<br />
A5/E35<br />
Freiburg<br />
LESETIPPs FÜR AUSFLüGe<br />
IN DIE UMGEBUNG<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 30<br />
Abtei von Fontenay: Mönchsstille<br />
In der Nähe von Montbard in Burgund befindet<br />
sich eines der ältesten Zisterzienserklöster Europas.<br />
Die Abtei von Fontenay, die von der UNESCO zum<br />
kulturellen Welterbe der Menschheit gezählt wird,<br />
ist eines der bekanntesten Kulturdenkmäler der<br />
Region. Weniger bekannt ist dagegen der Umstand, dass es dem<br />
mutigen Kampf einer einzelnen Familie zu verdanken ist, dass wir<br />
das riesige historische Gebäudeensemble heute noch besuchen<br />
können.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 34<br />
Châtillon-sur-Seine: Das Erwachen einer verschlafenen<br />
Provinzstadt<br />
Es gibt einige Großstädte in Frankreich, von<br />
denen es heißt, dass sie aus ihrem Dorn rös chenschlaf<br />
geweckt worden seien. Doch ist dies eine<br />
Entwicklung, von der nur große Ag glo me ra tionen<br />
profitieren? Wenn man Châtillon-sur-Seine kennt, lautet die<br />
Antwort eindeutig nein. Die gerade einmal 6.000 Seelen zählende<br />
Gemeinde in Burgund ist der Beweis, dass sich auch in der tiefsten<br />
Provinz viel tut. Ein Besuch voller Überraschungen und Geheimnisse.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41<br />
Hospices de Beaune: Ein Krankenhaus mit Weinbergen<br />
Karlsruhe Es war einmal der Kanzler des Herzogs von<br />
Burgund, der einen Teil seines Vermögens dafür<br />
einsetzte, Bedürftigen zu helfen. Er baute in<br />
Beaune das wunderschöne Hôtel-Dieu und<br />
ließ darin Kranke pflegen. Die Winzer in der<br />
Umgebung waren von der Großzügigkeit derart begeistert, dass<br />
sie das Hospital in ihren Testamenten bedachten. So kam das<br />
Krankenhaus zu einer größeren Zahl von Weinbergen und wurde<br />
im Laufe der Zeit auch zu einem Weingut. Heute werden die edlen<br />
Tropfen einmal im Jahr auf einer populären Auktion angeboten.<br />
Ferienhäuser<br />
in Burgund<br />
600 Häuser öffnen für Sie ihre Türen für einen Aufenthalt<br />
mit der Familie oder mit Freunden, um Zeit<br />
zu haben, ein bemerkenswertes historisches Kulturerbe<br />
im Herzen einer üppigen Natur, ein außergewöhnliches<br />
Weinbaugebiet und eine berühmten<br />
Gastronomie zu entdecken.<br />
Unterkunft für 4 Personen<br />
ab 12 Euro pro Tag und Person.<br />
Informationen und<br />
Reservierung unter:<br />
www.gites-de-france-cotedor.com<br />
reservation@gites-de-france-bourgogne.com<br />
Fotos (von oben nach unten): Jean-Marc SCHWARZ, Jean-Louis BERNUY, A. MUZARD, B. LOUET<br />
Deutschland<br />
Basel<br />
Zürich<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43<br />
Maison de Louis Pasteur: Ein Dorf im Fokus der<br />
Wissenschaft<br />
Arbois ist mit knapp 4.000 Einwohnern, einem typischen<br />
Kirchturm, einem Marktplatz mit Arkaden<br />
und Weinbergen im Umland auf den ersten Blick<br />
ein unscheinbares Dorf. Doch dieser Eindruck<br />
täuscht. Arbois hat einen Forscher her vor ge bracht, dem die Welt<br />
viel verdankt: Louis Pasteur, der berühmteste französische Biologe<br />
Bern und Chemiker, der den Großteil seines Lebens hier verbrachte und<br />
dort abseits des hauptstädtischen Wissenschaftsbetriebes sein<br />
privates Labor einrichtete.<br />
Informationen zur Bestellung dieser und anderer<br />
Ausgaben finden Sie auf Seite 90.
Unterwegs in Frankreich Provence<br />
42 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Les Baux-de-Provence<br />
Die unerwarteten Reize eines viel besuchten Dorfes<br />
Südlich von Avignon und nordöstlich von Arles erheben sich die<br />
Alpillen aus der Ebene, ein schroffer kleiner Gebirgszug aus Kalkstein.<br />
Die von der Sonne verwöhnte und vom Mistral geformte Landschaft<br />
hat mit ihren Weinbergen und Olivenhainen zahlreiche Maler inspiriert,<br />
darunter auch Van Gogh. Les Baux-de-Provence, das seit 1998 auch<br />
offiziell als eines der schönsten Dörfer Frankreichs gilt, ist das Herz der<br />
Alpillen. Wegen seiner großen Beliebtheit ist der Ort in den Sommermonaten<br />
stark überlaufen, womit er leider einen Teil seines Charmes<br />
einbüßt. Wer sich aber ein wenig abseits der Hauptwege aufhält und<br />
in der Nebensaison nach Les Baux-de-Provence kommt, kann einen<br />
überraschend reizvollen Ort vorfinden. Eine Reise voller Insidertipps.<br />
Am frühen Morgen eines sonnigen Tages mache ich<br />
mich auf den Weg nach Les Baux-de-Provence.<br />
Der Ort ist so etwas wie der Mont-Saint-Michel<br />
des Südens, auf jeden Fall eines der meist besuchten Dörfer<br />
Frankreichs. Glücklicherweise konzentriert sich der Großteil<br />
der Touristen auf die Wochen im Hochsommer, so dass<br />
man außerhalb dieser Zeit – wie ich heute – vor einem zu<br />
großen Besucheransturm verschont bleibt. Das versprachen<br />
mir jedenfalls gute Bekannte, die dort gelebt haben und<br />
den Ort wie ihre Westentasche kennen.<br />
Als erstes stellt sich für mich allerdings die Frage, aus<br />
welcher Himmelsrichtung ich mich den Alpillen nähern<br />
soll. Die Entscheidung ist komplizierter, als man vielleicht<br />
vermuten mag. Selbst die Einheimischen sind sich nicht<br />
einig darüber, welcher Weg wohl der beste ist. Jeder hat<br />
seine eigene Meinung dazu. Da ich in Avignon übernachtet<br />
habe, wäre die Anreise von Norden her über Saint-Rémy-de-Provence<br />
eigentlich der kürzeste Weg. Meine Bekannten<br />
rieten mir jedoch, die Alpillen zunächst in einem<br />
Bogen zu umfahren und mich dem Höhenzug lieber von<br />
Süden aus zu nähern. « Du wirst sehen, der kleine Umweg<br />
lohnt sich. Der Anblick der Alpillen von dieser Seite ist<br />
einzigartig und Les Baux-de-Provence wird Dich ohnehin<br />
positiv überraschen », meinten sie verheißungsvoll.<br />
So folge ich ihrem Rat und mache mich von Avignon<br />
aus über die Westflanke der Alpillen auf den Weg nach<br />
Maussane-les-Alpilles. Aber egal, welche Route man am<br />
Ende wählt, jede Strecke war tet mit einer wunder schönen<br />
Landschaft und fan tas tischen Ausblicken auf die Alpillen<br />
und ihre Umgebung auf. In Maus sane-les-Alpilles ange<br />
kommen nehme ich nicht die direkte Straße nach Les<br />
Baux-de-Provence, die D27, sondern fahre erst ein Stückchen<br />
auf der D5 in Richtung Saint-Ré my-de-Provence, um<br />
dann nach rund zwei Kilo metern auf die D27A in Richtung<br />
Les Baux-de-Provence abzubiegen. « Dem Ort musst<br />
Du Dich unbedingt von Osten nähern », sagten meine Bekannten.<br />
Wie gesagt, die Wahl der richtigen Anreiseroute<br />
ist komplizierter als man denkt.<br />
Meine Bekannten erzählten mir auch, dass der Moment,<br />
in dem man in die Alpillen vordringt, ganz besonders<br />
in Erinnerung bleiben wird: « Der Landschaftswechsel<br />
ist wie ein kleiner Schock. Plötzlich hört die<br />
Ebene auf und Du findest dich im Gebirge wieder. » Bei<br />
der Bezeichnung « Gebirge » muss ich allerdings schmunzeln.<br />
Die höchste Erhebung der Alpillen, der Gipfel « Les<br />
Opies », schafft es gerade einmal auf 493 Meter. Es ist bekannt,<br />
dass die Marseiller zu Übertreibungen neigen. Ich<br />
frage mich, ob diese Feststellung vielleicht auch auf die<br />
Menschen aus Les Baux-de-Provence zutreffen könnte.<br />
Plötzlich erscheint eine Ruine am Horizont<br />
Nachdem ich nun schon einige Kilometer zurückgelegt<br />
habe, sehe ich vor mir eine felsige Wand. Auf ihrer<br />
oberen Kante meine ich Mauern zu erkennen. Da die<br />
Richtung stimmt, vermute ich, dass es sich um Les Bauxde-Provence<br />
handeln muss. Allerdings bin ich mir nicht<br />
ganz sicher, was genau ich sehe. Ich kann nicht einschätzen,<br />
ob es sich wirklich um ein Gebäude oder doch nur<br />
um Felsen handelt. Erst als ich noch näher komme, zeichnet<br />
sich langsam die Silhouette einer Burgruine ab. Ich<br />
habe mich also nicht getäuscht.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 43
Unterwegs in Frankreich Provence<br />
Impressionen von Les Baux-de-Provence und der Burgruine. Links: Ein Bild von<br />
Grace Kelly im Rathaus erinnert an die besondere Verbindung zu Monaco.<br />
Daneben: Jean-André Charial, der nicht nur die zwei renommiertesten Hotels<br />
im Ort leitet, sondern dort auch hinter dem Herd steht. Großes Bild unten: Blick<br />
von der Burgruine auf das Dorf. S. 42: Wenn man sich Les Baux-de-Provence<br />
nähert, erkennt man mit Mühe die Burgruine auf dem felsigen Gipfel.<br />
<strong>44</strong> · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Die kleine Landstraße schlängelt sich weiter durch die<br />
schöne Landschaft, als ich plötzlich das Ortsschild von<br />
Les Baux-de-Provence am Straßenrand passiere. Hier soll<br />
sich eines von Frankreichs meistbesuchten Dörfern befinden?<br />
Ich bin etwas perplex. Von Geschäften oder Wohnhäusern<br />
ist noch keine Spur. Nur ein paar Autos parken<br />
am Rand. Bau heißt im Provenzalischen « Felsvorsprung ».<br />
« Der Name könnte nicht passender sein », denke ich mir.<br />
Außer Felsen ist hier nicht viel zu sehen. Hätte ich nicht<br />
das Ortsschild bemerkt, würde ich nicht glauben, angekommen<br />
zu sein.<br />
Kurz danach entdecke ich zur linken Seite die ersten<br />
Häuser hinter einem Parkplatz. Ich könnte jetzt hier mein<br />
Auto abstellen wie die anderen Besucher. Meine Bekannten<br />
gaben mir aber den Tipp, den Ort erst einmal wieder in<br />
Richt ung Nor den zu ver las sen, um zu ein em ganz beson<br />
de ren Aus sichts punkt zu fahren. Ich soll einfach den<br />
Schil dern zu den « Carri ères de Lumière » und danach zur<br />
« Table d’ori entation » folgen.<br />
Ich verlasse Les Baux-de-Provence auf der D27 in<br />
nördlicher Richtung, passiere die Carrières de Lumière,<br />
wo ich auf der Rücktour anhalten werde, und gelange nach<br />
einigen Kurven zum Parkplatz der « Table d’orientation ».<br />
Ich stelle dort mein Auto ab und nehme den Fußweg zum<br />
Aussichtspunkt.<br />
Ein Dorf wie eine Skulptur<br />
« Du wirst ein tolles Panorama auf Les Baux-de-<br />
Provence haben. Nur wenige Touristen kennen diesen<br />
Punkt. » Wie Recht meine Bekannten mit dieser Feststellung<br />
haben. Der Blick von hier oben auf die Burgruine<br />
und das Dorf ist magisch. Ich bleibe fast eine Stunde an<br />
diesem Aussichtspunkt und kann mich gar nicht genug<br />
sattsehen. Man könnte fast denken, Les Baux-de-Provence<br />
sei in den Felsen gemeißelt worden. Der Ort und<br />
die Burg sehen wie die überdimensionale Skulptur eines<br />
Bildhauers aus. Die Pflanzen und Bäume der Umgebung<br />
verleihen dem Ganzen zudem ein typisch mediterranes<br />
Lebensgefühl. Alles ist unheimlich friedlich.<br />
Als ich neben der Informationstafel sitze, die leider in<br />
einem schlechten Zustand ist, wird mir außerdem klar,<br />
welche strategische Bedeutung Les Baux-de-Provence früher<br />
gehabt haben muss. Auf der einen Seite die weite Ebene,<br />
auf der anderen Seite die schützenden Alpillen. Es gibt<br />
keinen idealeren Ort, um die Gegend einerseits zu überwachen<br />
und sich andererseits gut verteidigen zu können.<br />
Vielleicht erklärt das, warum die Herrscher von Les<br />
Baux-de-Provence im Mittelalter als kampflustig galten.<br />
Einer von ihnen, Raymond de Turenne (1352-1413), wurde<br />
sogar die « Geißel der Provence » genannt. Es bedurfte<br />
nur wenig, dass er die Nachbardörfer angriff. Er war aber<br />
nicht der einzige starke Mann in der Geschichte des Dorfes.<br />
Als ob die außergewöhnliche Lage den Charakter der<br />
Menschen ganz besonders beeinflusst hat.<br />
Der Dicht er und Schrift steller Frédéric Mis tral (1830-<br />
1904) schrieb Besonderer Urlaub in der Provence<br />
über die Bewohner<br />
von<br />
Château Montfort, 16. Jh.<br />
Les Bauxde-Provence<br />
einst, dass sie<br />
« eine Rasse<br />
von Adlern<br />
und nicht von<br />
Vasallen » gewesen<br />
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wohl zuviel<br />
der Selbstherrlichkeit.<br />
Kardinal Richelieu (1585-1642) ließ den Ort und die Burg<br />
1632 zerstören, da ihm Les Baux-de-Provence zu mächtig<br />
und zu protestantisch geworden war. Das Dorf unterwarf<br />
sich der französischen Krone.<br />
Ein Steinbruch als Videospektakel<br />
Nach gut einer Stunde, als die Sonne langsam zu warm<br />
auf der Haut wird, mache ich mich wieder auf den Weg.<br />
Ich gehe zurück zu meinem Auto und fahre in Richtung<br />
Dorf. Nicht aber, ohne vorher noch an den Carrières de<br />
Lumière anzuhalten, einem ehemaligen Steinbruch. Meine<br />
Bekannten legten mir das ganz besonders nahe.<br />
Einmal wegen der jüngeren Geschichte: Der französische<br />
Poet und Filmemacher Jean Cocteau (1889-1963) drehte hier<br />
1959 Szenen für einen der berühmtesten Filme des französischen<br />
Kinos: « Le testament d’Orphée ». Der Hauptgrund ist<br />
aber ein Licht- und Videospektakel, das inzwischen in den<br />
durch den Abbau entstandenen Höhlen des Steinbruches<br />
installiert wurde. Rund 100 Projektoren werfen Bilder von<br />
großen Kunstwerken auf eine Fläche von insgesamt 7.000<br />
Quadratmetern. Untermalt wird alles von Musik.<br />
Als mir meine Bekannten davon erzählten, war ich<br />
skeptisch. Ich stellte mir darunter ein sehr kommerzielles<br />
Spektakel vor, das Gewinn aus dem Andrang der Touristen<br />
in Les Baux-de-Provence schlagen wollte. Doch<br />
als ich selbst vor Ort bin, merke ich, mich getäuscht zu<br />
haben. Ich bin von den Installationen wirklich sehr positiv<br />
überrascht. Die auf die Mauern projizierten Kunstwerke<br />
faszinieren mich.<br />
Ein Dorfkern mit kleinen Überraschungen<br />
Danach geht es aber endlich ins Herz von Les Bauxde-Provence.<br />
Wie alle anderen auch, selbst die Einheimischen,<br />
muss ich mein Auto auf einem der Parkplätze<br />
abstellen. Der Dorfkern von Les Baux-de-Provence ist<br />
nur Fußgängern vorbehalten. Die exzessiv hohen Parkgebühren<br />
machen mich allerdings ein wenig wütend. Aber<br />
ich habe keine andere Wahl.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 45
Unterwegs in Frankreich Provence<br />
Die Carrière de Lumière: In<br />
dem ehemaligen Steinbruch<br />
werden heute in wechselnden<br />
Ausstellungen Kunstwerke<br />
auf die Mauern projiziert.<br />
Das eigentliche Dorf besteht im Wesentlichen aus<br />
einer langen Hauptstraße, der Grand Rue. Sie wird von<br />
zahllosen Souvenirshops, die typisch provenzalische<br />
Produkte wie Olivenöl, Seife oder provenzalische Stoffe<br />
anbieten, gesäumt und schlängelt sich hoch zur Burg. Die<br />
Grand Rue erinnert an ähnliche Hauptstraßen in anderen<br />
Touristenorten wie etwa dem Mont-Saint-Michel. Gerade<br />
in den Sommermonaten schiebt sich die Besuchermasse<br />
durch diese Gasse. Besser ist es deshalb, den Hauptweg<br />
von Zeit zu Zeit zu verlassen. Dann hat man eher die<br />
Chance, einen authentischeren Eindruck von Les Bauxde-Provence<br />
zu erhaschen.<br />
Ich folge deshalb haargenau den Tipps, die mir meine<br />
Bekannten vorher gegeben haben. Nachdem ich die<br />
Maison du Roy, in der sich die Touristeninformation befindet,<br />
passiert habe, biege ich sofort nach rechts in die<br />
Porte Mage ab. Erstaunlicherweise ist sie menschenleer.<br />
Nach nur wenigen Schritten komme ich zur Place Louis<br />
Jou und zum Musée des Santons, von wo aus man von der<br />
Befestigungsanlage des Dorfes einen schönen Blick ins<br />
Vallon de la Fontaine und ins Val d’Enfer hat.<br />
Zwei Hotels mit besonderer Aura<br />
Auf der anderen Seite des Tals erkenne ich Richtung<br />
Norden das Hotel « L’Oustau de Baumanière » und nach<br />
Süden das Hotel « Cabro d’Or », die beide mit ihren Feinschmeckerrestaurants<br />
zum internationalem Renommee<br />
von Les Baux-de-Provence beitragen. Ob Könige, gewählte<br />
Staatschefs, Industrielle oder Künstler, viele haben<br />
bereits in ihren Gemäuern gespeist und genächtigt. Geleitet<br />
werden beide Häuser heute von Jean-André Charial.<br />
Der französische Schriftsteller Frédéric Dard (1921-<br />
2000) beschrieb das L’Oustau de Baumanière einst mit<br />
den Zeilen: « Ich bedaure mit meiner ganzen Seele die<br />
Leute, die hier einkehren, nur weil die Küche spitze, der<br />
Service von einer seltenen Perfektion und die Räumlichkeiten<br />
schön sind. Es macht mich melancholisch, daran<br />
zu denken, wenn die Leute nur ins Baumanière kommen,<br />
um die Sternevergabe des Guide Michelin zu überprüfen<br />
oder auf den Spuren der Königin von England oder Generals<br />
Charles de Gaulle zu wandeln. Denn für mich ist<br />
L’Oustau eine Philosophie, ein geheimer Ort abseits des<br />
alltäglichen Lebens. »<br />
Ich gehe weiter zur kleinen Kirche Saint-Vincent. Sie ist<br />
für ihr romanisches Portal und Kapellen, die direkt in den<br />
Felsen gegraben wurden, bekannt. Die modernen Kirchenfenster<br />
wurden von Prinz Rainier von Monaco gespendet.<br />
Zwischen dem Kleinstaat und Les Baux-de-Provence gibt<br />
es historisch eine enge Verbindung. Frankreich schenkte<br />
1642 Monaco den Ort, zehn Jahre nachdem Richelieu die<br />
Burg und das Dorf in weiten Teilen zerstört hatte. Man<br />
wollte den Grimaldis dafür danken, dass sie die Spanier<br />
aus Monaco vertrieben hatten. 1791 kaufte Frankreich das<br />
Dorf zurück. Doch der Prinz von Monaco trägt bis heute<br />
den Titel des Markgrafen von Les Baux-de-Provence.<br />
Eine Burg, die auch<br />
als Ruine majestätisch ist<br />
Da bald schon Mittag ist, beschleunige ich meinen<br />
Besuch ein wenig und gehe über die Rue de l’Eglise zurück<br />
zur Grand Rue, um schließlich zur Burgruine zu<br />
gelangen und diese zu besichtigen. Nachdem ich die teure<br />
Eintrittskarte – in Les Baux-de-Provence darf man wirklich<br />
nicht knauserig sein – gekauft habe, kann ich mich<br />
zwischen den alten Mauern der Ruine frei bewegen.<br />
Modelle zeigen, wie die Festung im 13. und 16. Jahrhundert<br />
aussah. Dank eines Audioguides, der auch auf<br />
Deutsch erhältlich ist, erfahre ich spannende Details aus<br />
der Vergangenheit. Sehr interessant finde ich zudem die<br />
Nachbauten von mittelalterlichen Holzkonstruktionen, die<br />
der Verteidigung dienten, indem mit ihnen Wurfgeschosse<br />
abgefeuert wurden. Wie sie funktionieren, wird im Sommer<br />
täglich vorgeführt. Einige Stellen der Burgruine, etwa die<br />
Reste der einstigen Residenz des Herrschers von Les Bauxde-Provence,<br />
sind nichts für Besucher, die nicht schwindelfrei<br />
sind. Aber egal, ob man jeden letzten Meter ausreizt<br />
oder nicht, das Panorama von hier oben ist atemberaubend.<br />
Das Erbe eines Typografen<br />
Auf dem Rückweg zum Auto mache ich halt am einstigen<br />
Atelier von Louis Jou (1881-1968) in der Grand Rue.<br />
46 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
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Datum Unterschrift<br />
Hausnummer<br />
Frank<strong>44</strong>/13
Unterwegs in Frankreich Provence<br />
Oben: Das Atelier und Museum von Louis Jou. Mitte: Das Château Romanin<br />
mit seiner zeitgenössischen Architektur und seinem Weinkeller, der an eine<br />
Kathedrale erinnert. Links: Eve Cartier vom Weingut Mas de Gourgonnier.<br />
Unten links: Das Château Romanin ist perfekt in die Natur eingebettet. Unten<br />
rechts: Weinverkostung mit Winzern aus der Region. Seite 50: Mittagessen<br />
unter Winzern auf dem Weingut Mas de Gourgonnier. Seite 51: Neil Joyce<br />
vom Château Dalmeran und bei der Weinlese in seinen Weinbergen.<br />
48 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
« Er war einer der großen Söhne des Dorfes », erzählten<br />
mir meine Bekannten und machten mich neugierig.<br />
Nachdem ich die Eingangstür aufstoße, finde ich mich<br />
in einem Universum wieder, das ich in diesen mittelalterlichen<br />
Gassen nicht vermutet hätte. Ich bin in einer<br />
kleinen Druckerei gelandet.<br />
Louis Jou war einer der großen Typografen des<br />
letzten Jahrhunderts. Buchstabe für Buchstabe schuf er<br />
in diesem Atelier seine eigene Schrift. Nach Les Bauxde-Provence<br />
war er 1939 gekommen. Er war einer der<br />
ersten im Ort, der sich für den Erhalt des Dorfes einsetzte.<br />
Als Vorbild restaurierte er sein eigenes Haus, das<br />
Hôtel Jean de Brion. Heute bewahren die Fondation<br />
Louis Jou und Ehrenamtliche sein Erbe. Sie sorgen dafür,<br />
dass das Atelier und Museum von Louis Jous Geschichte<br />
erzählen. Nach diesem informativen Besuch<br />
knurrt mein Magen, so dass ich vor der Rückkehr auf<br />
den Parkplatz schnell noch auf einen Salat in eines der<br />
Restaurants einkehre.<br />
Winzer, die sich über Besucher freuen<br />
Ein Besuch von Les Baux-de-Provence wäre nicht<br />
komplett, würde man die Weinberge des Ortes außen<br />
vorlassen. Wein spielt eine wichtige Rolle im Dorf.<br />
Er verbindet die Menschen miteinander. Außerdem<br />
ist er so etwas wie die gute Seele von Les Baux-de-<br />
Provence, die manche kommerziellen Auswüchse<br />
im Ort vergessen macht. Inmitten der umliegenden<br />
Weinberge vergisst man schnell den Touristenrummel.<br />
Hier spürt man wieder die einzigartige Aura dieses<br />
provenzalischen Kleinods. Ich beschließe also, die<br />
zweite Tageshälfte mit einer Fahrt zu den Weingütern<br />
zu verbringen.<br />
Ein großer Vorteil für den Besucher liegt dabei in<br />
dem Umstand, dass die Appellation « Les Baux-de-<br />
Provence » von überschaubarer Größe ist. Es gibt rund<br />
ein Dutzend Weingüter mit circa 370 Hektar Weinfeldern,<br />
verteilt auf einer Länge von 30 Kilometern in<br />
den und rund um die Alpillen. Die Winzer kennen sich<br />
gut untereinander. Doch trotz dieser Übersichtlichkeit<br />
produziert jeder Winzer einen Wein mit ganz eigenem<br />
Charakter. Egal ob es sich um die Weiß-, Rosé- oder<br />
Rotweine der Appellation handelt, ich bin erstaunt,<br />
welche Vielfalt auf einem solch kleinen Territorium<br />
möglich ist.<br />
So gibt es zum Beispiel das Château Romanin am<br />
Ende einer langen Allee mit Olivenbäumen. Das Innere<br />
des aus Stein und Beton gebauten Weinlagers erinnert<br />
an eine Kathedrale. Beim Flascheninhalt dreht sich<br />
hier alles um biodynamische Produktionsmethoden.<br />
Oder das Weingut Mas de Gourgonnier, wo Eve, Luc<br />
und Frédéric Cartier in Einklang mit der Natur leben.<br />
Die Domaine de la Vallongue lohnt sich ebenfalls und<br />
befindet sich am Ende eines typisch provenzalisch anmutenden<br />
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Höhenzug zunächst umfahren. Diverse 9,50 Euro, ermäßigt A89/E70 7,50 Euro<br />
nach der Dauer Lyon der Parkzeit, sondern A41/E712 Alb<br />
Puy de Dôme<br />
Angoulême<br />
A430<br />
Routen stehen zur Auswahl.<br />
Dieses Jahr werden Bilder A75/E11 zum Thema ausschließlich nach der Entfernung<br />
Chambéry<br />
Mittelmeer von 16 le Mont-Dore Künstlern projiziert. zum Ort.<br />
V<br />
St. Etienne A7/E15<br />
Les Baux-de-Provence …<br />
Das Spektakel heißt « Monet, Renoir,<br />
… Berlin 1.487 km … Hamburg 1.437 km Chagall. Voyages en Méditerranée ».<br />
<br />
Informationen über die Weingüter gibt<br />
A46/E70<br />
… Köln 977 km … München 991 km<br />
es in der Touristeninformation A49/E713 oder im<br />
Grenoble<br />
… Wien 1.417 A89/E70 km … Zürich 687 km<br />
<br />
L’Ousteau de Baumanière<br />
Internet<br />
E5/A10<br />
13520 Les-Baux-de-Provence<br />
www.lesvinsdesbaux.com<br />
A51/E712<br />
Valence<br />
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A52/E72 ist in Marseille. Lufthansa bietet<br />
Direktverbindungen ab Frankfurt a.M.<br />
<br />
La Cabro d’Or<br />
und München an. Air France verbindet 13520 Les Baux-de-Provence<br />
A51/E712<br />
A7/E15<br />
Berlin mit Marseille und bindet die Telefon: +33 (0)4 90 54 33 21<br />
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Château des Baux-de-Provence A75/E11<br />
Avignon<br />
Les Baux-de-Provence ist nicht ans 13520 Les Baux-de-Provence<br />
Apt A51/E712<br />
Bahn netz angeschlossen. Der nächste Telefon: +33 (0)4 90 54 55 56<br />
Nîmes<br />
Les Bauxde-Provence<br />
Lodève<br />
rance TGV-Bahnhof ist in Avignon.<br />
www.chateau-baux-provence.com<br />
A9/E15<br />
Montpellier Arles A54/E805<br />
Toulouse Eintrittspreise:<br />
A7/E15<br />
Aix-en-Provence<br />
4/E80<br />
www.lesbauxdeprovence.com<br />
9,50 Euro, ermäßigt 7,50 Euro<br />
A8/E80<br />
Marseille<br />
A55<br />
A52<br />
A57<br />
Pau<br />
Bézier<br />
A81/E80<br />
A50<br />
Narbonne<br />
Toulon<br />
Carcassonne<br />
50 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong><br />
Limoux<br />
A5/E54<br />
A6/E15<br />
Sens<br />
Auxerre<br />
Saint-Fargeau<br />
Troyes<br />
A26/E17<br />
A5/E17-E54<br />
A31/E21-E23<br />
Haut-Kœ<br />
Belf<br />
Ile de
Als einzige der Appellation haben Geneviève Rolland<br />
und Christian Nief vom Mas de Sainte-Berthe<br />
noch nicht auf ökologischen Weinanbau umgestellt.<br />
Doch auch ihr Standpunkt wird von den anderen respektiert.<br />
Im imposanten Château d’Estoublon gibt es<br />
neben Wein auch Olivenöl. Das Château d’Almeran verbindet<br />
wiederum Weinanbau und zeitgenössische Kunst<br />
miteinander und erinnert ein wenig an Weingüter wie<br />
man sie beispielsweise aus Südafrika kennt. Mir wird es<br />
an diesem Nachmittag jedenfalls nicht langweilig.<br />
Gerade dieser zweite Teil meiner Besichtigungstour<br />
führt mir vor Augen, dass man selbst an den bekanntesten<br />
Zielen der Welt immer noch Überraschungen erleben<br />
kann. Zwar ist in der Tat nicht zu leugnen, dass Les Bauxde-Provence<br />
an einigen Stellen sehr kommerziell wirkt.<br />
Wer aber ein wenig die ausgetretenen Pfade verlässt, wird<br />
einen Besuch dieses pittoresken Dorfes und seiner Umgebung<br />
nicht bereuen. Meine Bekannten hatten Recht: Les<br />
Baux-de-Provence hat mich positiv überrascht!<br />
Lesetipps für Ausflüge in die Umgebung<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 24<br />
Santons: Krippenfiguren aus der<br />
Provence<br />
Zu Besuch bei Freunden in<br />
der Provence entdeckte<br />
ich letztes Jahr die<br />
Santons de Provence. Es<br />
war Weihnachten und<br />
die kleinen Tonfiguren<br />
strahlten mich aus einer<br />
liebevoll gestalteten Krippe an. Als ich erfuhr,<br />
dass es sich um eine typisch provenzalische<br />
Tradition handelte, wollte ich mehr über<br />
die sympathischen Tonfiguren in Erfahrung<br />
bringen und machte mich auf die Reise zu den<br />
kleinsten Botschaftern der Provence nach Les<br />
Baux-de-Provence.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 29<br />
Wanderung: Auf Schusters Rappen<br />
durch die Provence<br />
Es gibt viele Möglichkeiten,<br />
die einzigartige Landschaft<br />
der Provence zu erkunden.<br />
Auf den eigenen<br />
Füßen und mit einem<br />
Wanderstock in der Hand<br />
wird eine Entdeckungstour<br />
zum Erlebnis für alle Sinne. Eine Wanderreise<br />
zum Pont du Gard, durch den Lubéron und die<br />
Camargue.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />
Avignon: Ein Tag in der Stadt der<br />
Päpste<br />
Wo die Durance in die<br />
Rhône mündet und sich<br />
drei Departements treffen,<br />
liegt Avignon. Der<br />
mo nu men tale Palast der<br />
Päps te erinnert an die<br />
glorreiche Ver gan gen heit<br />
der Stadt, die bis heute für viel e ein Sehnsuchtsziel<br />
geblieben ist. Ein Rund gang durch die Altstadt<br />
einer lebendigen provenzalischen Stadt.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 33<br />
Die provenzalische Idylle von<br />
Saint-Rémy<br />
Der Charme von Saint-<br />
Rémy-de-Provence lockt<br />
Besucher in die pro ven za -<br />
lische Klein stadt zwi schen<br />
Arles und Avi g non. Sie<br />
finden hier ein e lebendige<br />
Altstadt, Spur en zweier<br />
großer Männer und den Hauch der Geschichte,<br />
der aus der Antike ins Heute herüberweht.<br />
Informationen zur Bestellung<br />
dieser und anderer Ausgaben<br />
finden Sie auf Seite 90.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 51
Unterwegs in Frankreich Camping<br />
52 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Frankreichs<br />
außergewöhnliche<br />
Campingplätze<br />
Teil 1: Ostfrankreich<br />
Camping kommt in Frankreich an erster Stelle, wenn es um<br />
die Anzahl touristischer Unterkünfte geht. 937.520 Stellplätze<br />
gibt es zurzeit. Das Land ist damit europäischer Spitzenreiter<br />
und weltweit die Nummer zwei nach den USA. Vorbei sind auch<br />
die Zeiten, als gemeinschaftlich genutzte Sanitäranlagen ohne<br />
warmes Wasser garantiert waren und man bescheiden in Zelten<br />
hausen musste. Inzwischen kann man im Bungalow auf dem<br />
See, in einer Jurte oder im Baumhaus logieren. Camping ist eine<br />
eigene Lebensart. Natur und Ruhe verbinden sich mit Komfort<br />
und Exotik. Entdecken Sie einige der besten Campingplätze<br />
des Landes.<br />
Franche-Comté<br />
Ich gehe ins Bett. Per Boot!<br />
Unvergessliche Erinnerungen garantiert dieser paradiesische Ort inmitten von Natur<br />
und Wasser. Das Areal befindet sich in der Domaine des Grands Lacs, einer außergewöhnlichen,<br />
150 Hektar großen Landschaft mit zahlreichen Seen. Übernachtet wird entweder<br />
in schwimmenden, runden Holzhütten, die nur per Boot erreichbar sind, oder man bezieht<br />
einen Bungalow, der per Steg eine Verbindung zum Land hat. Quartiere gibt es für Paare<br />
und Familien. Das Frühstück wird auf die kleine Terrasse geliefert, die zu jedem Haus gehört.<br />
Für eine umweltfreundliche Wärme- und Warmwasserversorgung kommen Solarzellen zum<br />
Einsatz. Mehr Strom gibt es nicht: Vergessen Sie also nicht, vor dem Einchecken das Handy<br />
aufzuladen!<br />
Les Cabanes des grands lacs · Forge de Bonnal · 70230 Chassey-les-Montboson · Telefon: +33 (0)3 84 77 06 72 ·<br />
www.cabanesdesgrandslacs.com<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 53
Unterwegs in Frankreich Camping<br />
Champagne-Ardennes<br />
Ich warte auf Euch<br />
im Hallenbad!<br />
Abgeschieden im Herzen der Weinberge der<br />
Champagne, inmitten einer Waldlichtung, befindet<br />
sich dieser Campingplatz mit sehr familiärer Atmosphäre.<br />
Seine grüne Umgebung und die Lage an einem<br />
ausgedehnten Teich zeichnen ihn aus. Besonders beliebt<br />
ist das schöne Hallenbad, das äußerst charmant<br />
in eine Schmiede aus dem 18. Jahrhundert integriert<br />
wurde. Der nahegelegene Lac du Der sowie zahlreiche<br />
Wander- und Radwege, die durch Weinberge führen,<br />
bieten sich für Erkundungstouren an.<br />
La Forge de Sainte-Marie · Route Départementale 427 ·<br />
52230 Thonnance-les-Moulins · Telefon: +33 (0)3 25 94 42 00 ·<br />
www.laforgedesaintemarie.com<br />
Lothringen<br />
Camping ist super, aber bitte nicht im Zelt!<br />
Der Campingplatz La Vologne, eingebettet in das Vallée des Lacs in den Vogesen, wird diejenigen<br />
begeistern, die campen möchten, ohne ein Zelt aufzustellen. Entlang des Flusses lassen sich<br />
15 Quadratmeter große Hütten mieten. Jede verfügt über eine Küchenzeile, eine Terrasse und zwei<br />
Schlafzimmer. Ganz neu sind außerdem feste Jurten: Sie erlauben ein « Zelten de luxe » mit einem<br />
Hauch Mongolei. Allerdings bietet die angebotene Ausführung nur Platz fur drei Personen. La Vologne<br />
ist übrigens das ideale Basislager, um den nahen Naturpark Ballons des Vosges zu erkunden.<br />
Camping la Vologne · Route de Retournemer · 88400 Xonrupt-Longemer · Telefon: +33 (0)3 29 60 87 23 ·<br />
www.camping-vosges-vologne.com<br />
Provence-Alpes-Côte d‘Azur<br />
Ein Campingplatz mit « Star-Faktor »<br />
Nur vier Kilometer von Saint-Tropez entfernt, ist der Strand von Pampelonne einer der<br />
berühmtesten im Südosten Frankreichs. Neben klassischen Stellplätzen gibt es Bungalows,<br />
« Tiki-Hütten » genannt, die einen polynesischen Einschlag haben und sich direkt am Wasser<br />
befinden. Zusammen mit dem weißen Sand und den allgegenwärtigen Palmen fühlt<br />
man sich schon bald wie in der Südsee. Beim Preis kehrt man dann aber schnell in die<br />
Realität zurück. Denn für diesen spektakulären Ort muss man schon ein wenig tiefer in die<br />
Tasche greifen.<br />
Kon Tiki · Plage de Pampelonne · 83350 Ramatuelle · Telefon: +33 (0)4 94 55 96 96 ·<br />
www.riviera-villages.com/nos-villages/Kon-Tiki<br />
54 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Burgund<br />
Heute Abend zelte ich am Schloss!<br />
Hier findet man großflächige Stellplätze von 100 bis 200 Quadratmetern, die sowohl für Wohnwagen<br />
und Wohnmobile, als auch für Zelte reichlich Platz bieten, teilweise auch in begehrter Schattenlage.<br />
Duschen und Stromanschluss sind selbstverständlich vorhanden. Besonders hervorheben muss man die<br />
Tatsache, dass sich der Campingplatz auf dem Gelände eines Schlosses aus dem 16. Jahrhundert befindet.<br />
Der Bau zeigt sich im typischen Architekturstil der Region. Und er beherbergt alles, was Campen<br />
schöner macht: ein Schwimmbad, ein Spa und ein Restaurant in einem wunderschönen Gewölbe.<br />
Castel Camping Château de l’Epervière · Rue du Château · 71240 Gigny-sur-Saône · Telefon: +33 (0)3 85 94 16 90 ·<br />
www.domaine-eperviere.com<br />
Rhône-Alpes<br />
Sollte ich eine Etappe der Tour de France mitfahren?<br />
Der Campingplatz Colporteur im Departement Isère bietet einen schönen Panoramablick<br />
in Richtung Alpe-d‘Huez und das Oisans-Massiv. Aber vor allem ist er ein echtes Paradies<br />
für Radfahrer, denn hier hat man den idealen Ausgangspunkt, um legendäre Etappen<br />
der Tour de France nachzufahren. Wer keine Strapazen scheut, der nimmt sich den Anstieg<br />
nach Alpe-d‘Huez vor oder macht eine Tour zum Col Galibier, Col de la Croix de Fer oder<br />
Col du Lautaret. Anschließend bleibt noch Energie zum Schwimmen oder Tennisspielen?<br />
Der Campingplatz bietet für beides Gelegenheit.<br />
Camping Le Colporteur · Le Mas du Plan · 38520 Le Bourg-d‘Oisans · Telefon: +33 (0)4 76 79 11 <strong>44</strong><br />
www.camping-colporteur.com<br />
Elsass<br />
Ich campe gern im Wald. Aber mit allem Komfort!<br />
Nach einer Weltreise im Geländewagen kaufte Michel Culli 2008 den<br />
ehemaligen Campingplatz Aubure, 23 Kilometer von Colmar entfernt. Er<br />
liegt etwa 800 Meter hoch und in der Nähe der elsässischen Weinstraße. Culli<br />
ließ sich von traditioneller kanadischer Architektur inspirieren und errichtete<br />
Blockhütten aus Baumstämmen, die er aus umliegenden Wäldern holte. Außerdem<br />
baute er vier Baumhäuser, in denen man angenehme drei Meter über<br />
dem Erdboden wohnt. Die Häuser heißen « Woodpecker », « Robinson », « Plein<br />
Sud » und « Bien hêtre ». Letzteres ist ein Wortspiel aus hêtre (dt. Buche) und<br />
Bien être (dt. Wohlbefinden). Außerdem wurde mit nachwachsenden Rohstoffen<br />
gebaut. Man übernachtet also ökologisch korrekt und vor allem mitten in<br />
der Natur. Die Quartiere bieten für den zivilisierten Stadtmenschen trotzdem Heizung und deutlich<br />
mehr Komfort als ein Zelt. So sieht Camping auf 5-Sterne-Niveau aus!<br />
Les Hauts de Ribeauvillé · Route de Ribeauvillé · 68150 Aubure · Telefon: +33 (0)6 75 06 70 24 ·<br />
www.domaine-hauts-de-ribeauville.fr<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 55
Unterwegs in Frankreich Padirac<br />
56 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Gouffre de Padirac<br />
Der Erdmitte ein Stückchen näherkommen<br />
Der Schlund von Padirac im Departement Lot, nur einige Kilometer nordöstlich<br />
des Touristendorfes Rocamadour gelegen, ist eine der größten geologischen<br />
Besonderheiten Frankreichs. Wie ein riesiges Loch mit einem Durchmesser von<br />
33 Metern und einer Tiefe von 75 Metern tut er sich in der Erdoberfläche auf.<br />
Der Schlund zieht jedes Jahr um die 450.000 neugierige Besucher an, die hier<br />
ihren Traum von einer Reise unter die Erde verwirklichen können und dabei ein<br />
faszinierendes Höhlensystem mit unterirdischen Seen, Gängen und Sälen<br />
entdecken. Was jedoch weniger bekannt ist: Der Besuch dieser Sehenswürdigkeit<br />
wäre heute nicht ohne das Generationen übergreifende Engagement einer<br />
Familie möglich, die einst durch großen Zufall den Vater der modernen<br />
Höhlenforschung, Edouard-Alfred Martel, traf.<br />
Laetitia de Menibus-Gravier ist eine Frau, die aus<br />
einem scheinbar vorgegebenen Leben ausgebrochen<br />
ist. Eigentlich hätte ihr Pariser Dasein mit einer Tätigkeit<br />
als Kommunikationsprofi noch Jahre weitergehen<br />
können. Schließlich war die Karriere auf gutem Wege.<br />
Doch 2003 änderte sich ihr Leben plötzlich vollkommen.<br />
« Das ist einfach so vom Himmel gefallen », erinnert sich<br />
Laetitia de Menibus-Gravier heute. « Ich hätte mir zuvor<br />
nie vorstellen können, einmal den Schlund von Padirac zu<br />
managen. Trotzdem ist es so gekommen. Es war kein Szenario,<br />
das automatisch vorgegeben war. Allein schon, weil<br />
der Schlund 700 Kilometer von dort entfernt war, wo ich<br />
lebte, nämlich in Paris. Dennoch lockte die neue Herausforderung.<br />
Zunächst arbeitete ich für den Schlund nur<br />
während meines Urlaubs und an den Wochenenden. 2005<br />
gab ich dann meinen anderen Job auf und ließ mich voll<br />
und ganz auf das Abenteuer ein. »<br />
Seitdem ist Laetitia de Menibus-Gravier offiziell die<br />
Chefin der Gesellschaft, der der Schlund von Padirac<br />
gehört. Es handelt sich dabei um die meist besuchte Sehenswürdigkeit<br />
der Region, die bis heute in Privatbesitz<br />
ist und für die in der Hauptsaison bis zu 130 Menschen<br />
in Lohn und Brot stehen. Um die Beweggründe der Managerin<br />
für ihre berufliche Neuorientierung zu verstehen,<br />
muss man eine Reise in die Vergangenheit unternehmen,<br />
eine Reise ans Ende des 19. Jahrhunderts.<br />
Oben: Laetitia de Menibus-Gravier. Linke Seite:<br />
Blick in den Himmel vom Grund des 75 Meter tiefen<br />
und 35 Meter breiten Schlundes von Padirac.<br />
Zu der Zeit war das Erforschen von Höhlen ein großes<br />
Abenteuer. Die mutigen Männer, die sich das zutrauten<br />
und sich in die Dunkelheit der Tiefe vorwagten, mussten<br />
gut ausgestattet sein. Solide Leitern und Seile gehörten<br />
genauso zum richtigen Equipment wie gutes Schuhwerk<br />
und warme Kleidung. Nicht zu vergessen natürlich diverse<br />
Accessoires wie Kerzen, Streichhölzer, Messer usw.<br />
Doch auch wenn die Männer versuchten, sich so gut wie<br />
möglich gegenüber allen Eventualitäten unter Tage zu<br />
wappnen, waren die Verhältnisse weit entfernt von den<br />
technischen Möglichkeiten zu heutiger Zeit.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 57
Unterwegs in Frankreich Padirac<br />
Edouard-Alfred Martel, ein Pionier<br />
der Höhlenforschung<br />
Einer dieser frühen Pioniere war Edouard-Alfred<br />
Martel. Als Sohn einer Juristenfamilie, der als Erwachsener<br />
selbst Anwalt wurde, entdeckte er irgendwann seine<br />
Leidenschaft für die Welt unter der Erdoberfläche. Mehr<br />
und mehr zog es ihn aus den Gerichten hinaus, bis er sein<br />
Leben ab 1888 völlig<br />
dieser Passion widmete.<br />
Schnell wurde ihm dabei<br />
klar, dass er zur technischen<br />
Weiterentwicklung<br />
der Erforschungsmethoden<br />
beitragen müsse,<br />
wollte man mit der Erkundung<br />
von Höhlen entscheidend<br />
vorankommen.<br />
Als einer der ersten<br />
benutzte er bei seinen<br />
Expeditionen deshalb ein<br />
Telefon. Dabei blieb ein<br />
Mitglied des Expeditionsteams<br />
an der Oberfläche. Seine Aufgabe war es, sich<br />
um das Telefonkabel zu kümmern. Während das Expeditionsteam<br />
in die Höhle vordrang, musste der Mitarbeiter<br />
immer mehr Kabel ausrollen und auf der Rücktour wiederum<br />
einrollen. Durch die Telefonverbindung konnte sich<br />
das Expeditionsteam jederzeit mit der Außenwelt verständigen.<br />
Dadurch war es möglich, erste Eindrücke aus der<br />
Höhle sofort weiterzugeben. In brenzligen Situationen<br />
konnte man von draußen Tipps für die Situation unter<br />
Tage geben. In Notfällen ließ sich aus der Höhle Hilfe<br />
anfordern.<br />
Diese technische Errungenschaft stellte einen großen<br />
Fortschritt für die Erforschung von Höhlen dar. Denn<br />
anders als heute, wo Höhlenforscher auf viel Technik und<br />
wissenschaftliche Erkenntnisse im Vorfeld zurückgreifen<br />
können, waren die mutigen Männer von damals im Dunkeln<br />
der Höhle auf sich allein gestellt. Sie mussten sich<br />
vorsichtig vorantasten, wussten nie, was sie erwartete, und<br />
mussten nebenbei mit kleinen Hindernissen kämpfen,<br />
etwa Kerzen, die ausgingen, oder Seilen, die sich verhakten.<br />
Unterwegs in den Höhlen der Welt<br />
Dies alles störte Edouard-Alfred Martel jedoch nicht.<br />
Sein Eifer und seine Motivation waren unendlich. Dank<br />
ihm wurden von 1888 bis 1936 mehr als 1.000 Höhlen<br />
in der ganzen Welt erforscht, teilweise aus persönlichem<br />
Interesse, teilweise offiziell beauftragt. So erkundete er in<br />
Frankreich Höhlen im Jura, in den Alpen, in den Pyrenäen,<br />
in der Provence, in der Bretagne sowie die Causses,<br />
eine Hochebene im Zentralmassiv. Darüber hinaus war er<br />
in Belgien, in Österreich, in Norwegen, in Irland, auf den<br />
Belearen, im Kaukasus, in Kleinasien und in den USA unterwegs.<br />
Eine für die damalige<br />
Zeit sensationell<br />
lange Liste von Zielen.<br />
Doch obwohl Edouard-Alfred<br />
Martel viel in<br />
der Welt herumkam, galt<br />
seine besondere Liebe<br />
stets den französischen<br />
Höhlen. Dies behauptete<br />
jedenfalls seine Frau<br />
Aline Martel. So zitiert<br />
Marguerite Fournier-<br />
Néel in ihrem Werk<br />
« Edouard Martel, Village<br />
de Forez N° 7 » aus dem<br />
Jahre 1981 die Ehefrau<br />
mit den Worten: « Die<br />
schönsten Ecken der Welt<br />
waren für meinen Mann<br />
niemals so schön wie die<br />
kargen Causses. Seine<br />
58 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Oben: Die Höhlen von Padirac werden kunstvoll beleuchtet. Linke Seite: Porträt von Edouard-Alfred Martel und Foto, wie er sich am<br />
15. August 1896 in den Schlund abseilen lässt. Der historische Plan vom unterirdischen Fluss wurde 1889/90 von ihm gezeichnet.<br />
geliebten Causses waren sein Traum. Er erkundete sie mit<br />
seinem Team bis ins kleinste Detail. Groß war die Aufregung<br />
der einheimischen Bevölkerung dieser verlassenen<br />
Gegend, als sie den Tross meines Mannes sahen, der ein<br />
Zirkus oder eine Gruppe von Immigranten hätte sein<br />
können. Doch alsbald wurde mein Mann als der ‹ Monsieur,<br />
der für die Löcher reist › bekannt. »<br />
Seine Erkenntnisse und Entdeckungen hielt Edouard-<br />
Alfred Martel in zahlreichen Aufzeichnungen und Artikeln<br />
fest. Doch er kartografierte nicht nur die Höhlen,<br />
sondern entwickelte auch wichtige Theorien zur Hydrologie.<br />
Durch Experimente konnte er nachweisen, dass das<br />
Grundwasser als Vehikel für gefährliche Krankheitskeime<br />
fungieren kann, die in der Bevölkerung ganze Epidemien,<br />
wie beispielsweise Typhus, auslösen können. Der Höhlenforscher<br />
wurde nicht müde, andere Wissenschaftler und<br />
Politiker immer wieder auf diese Erkenntnisse aufmerksam<br />
zu machen. Als Konsequenz wurde am 15. Februar<br />
1902 ein Gesetz erlassen, das Müllhalden und Tierkadaver<br />
in der Nähe von Trinkwasserquellen verbot.<br />
Doch nicht nur im Bereich der Höhlenforschung und<br />
Hydrologie verdankt Frankreich diesem Forscher einiges.<br />
Edouard-Alfred Martel war auch die treibende Kraft hinter<br />
der Gründung des ersten Nationalparks des Landes.<br />
1913, nachdem er aus den USA zurückkam, wo er den seit<br />
1864 bestehenden Yosemite-Nationalpark besuchte, veröffentlichte<br />
er eine Studie über Nationalparks in der Welt<br />
und schlug vor, diverse Stätten in Frankreich genauso zu<br />
schützen. Heute sind Nationalparks in Frankreich längst<br />
eine Selbstverständlichkeit.<br />
Der besondere Reiz des Schlundes von Padirac<br />
Von allen Projekten, die Edouard-Alfred Martel in<br />
seinem Leben verfolgte, war die Erkundung des Schlundes<br />
von Padirac eine ganz besondere Herzensangelegenheit<br />
für ihn. Aufmerksam wurde er auf diese geologische<br />
Besonderheit 1889, als der Graf von Padirac ihm in Paris<br />
davon erzählte. Dieses seltsame Loch in der Erdoberfläche<br />
war bis dahin unerforscht geblieben. Die lokale Bevölkerung<br />
hatte sogar Angst davor.<br />
Denn damals rankten sich häufig wilde Legenden um<br />
Höhlen. Im Falle von Padirac hieß es, dass der Heilige<br />
Martin in den Causses unterwegs gewesen sein soll, wo er<br />
verlorene Seelen einsammelte, als er auf den Teufel stieß.<br />
Dieser forderte den Heiligen Martin auf, ein Hindernis zu<br />
überwinden. Sollte er es nicht schaffen, würde der Teufel<br />
den Sack voller verlorener Seelen verlangen. Der Teufel<br />
stampfte daraufhin so fest mit seinem Fuß auf, dass sich<br />
ein großes Loch auftat, der Schlund von Padirac. Doch<br />
das Pferd des Heiligen Martin überwand die Hürde mit<br />
Bravour. Es stieß sich so stark ab, dass der Abdruck seiner<br />
Hufe erhalten geblieben sein soll. Der Teufel, voller Wut,<br />
verloren zu haben, verschwand für immer im Loch.<br />
Kein Wunder also, dass niemand in diesen Schlund<br />
hinabsteigen wollte. Doch Edouard-Alfred Martel ließ<br />
sich als überzeugter Wissenschaftler natürlich nicht von<br />
solchen Schauermärchen abhalten. Am Mittag des 9. Juli<br />
1889, ausgestattet mit Kerzen, Seilen und Strickleitern,<br />
ließ er sich mit seinem Team in den Schlund abseilen.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 59
Unterwegs in Frankreich Padirac<br />
Auf dem Boden angekommen, machten sich die mutigen<br />
Männer auf den Weg, das sich anschließende Höhlensystem<br />
zu erobern. Doch Wasser hinderte sie alsbald am<br />
Fortkommen. Das Team entschied daher, am nächsten<br />
Tag zurückzukehren. Beim zweiten Anlauf hatte man ein<br />
Boot mit dem Namen « Le Crocodile » dabei, um damit<br />
auf dem unterirdischen Wasser zu navigieren, das später<br />
« Rivière Plane » genannt wurde.<br />
Als Edouard-Alfred Martel Padirac wieder verlassen<br />
hatte, gingen ihm der Schlund und die angrenzenden<br />
Höhlengänge nicht aus<br />
dem Sinn. Er wollte unbedingt<br />
erneut dorthin<br />
fahren. So kam es, dass<br />
er in den folgenden Monaten<br />
und Jahren immer<br />
wieder nach Padirac<br />
reiste.<br />
Nicht immer verliefen<br />
seine Expeditionen in<br />
den Schlund von Padirac<br />
ohne Probleme. Auf<br />
einer Tour im Jahre 1895<br />
passierte es, dass er mit<br />
seinem Team auf einem<br />
der unterirdischen Flüsse<br />
schiffbrüchig wurde.<br />
Edouard-Alfred Martel<br />
sowie zwei Männer, die<br />
ihn begleiteten, fanden sich plötzlich in eiskaltem Wasser<br />
wieder. Durch die Berührung mit dem Wasser erloschen<br />
natürlich die Kerzen, so dass plötzlich völlige Dunkelheit<br />
herrschte. Man kann sich die Dramatik der Situation<br />
vorstellen. « Ich habe in dem Moment verstanden, warum<br />
sich manche Zeitgenossen instinktiv vor dunklen Höhlen<br />
fürchten », erklärte Edouard-Alfred Martel in einem Interview<br />
in der Zeitschrift sciences et voyages viele Jahre später<br />
dazu. « Einige Sekunden spürte ich den ganzen Horror<br />
dieser absoluten Dunkelheit. » Glücklicherweise konnten<br />
sich die drei Männer aus dieser misslichen Situation wieder<br />
befreien.<br />
Der Schlund als Touristenattraktion<br />
Der Vorfall schmälerte Edouard-Alfred Martels Liebe<br />
zu diesem Ort allerdings nicht. Ganz im Gegenteil,<br />
es entstand der Wunsch, diesen einzigartigen Ort einer<br />
breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Um dieses<br />
zu erreichen, entwickelte er ein Projekt mit Treppen zum<br />
Hinabsteigen in den Schlund und Kähnen zum Navigieren<br />
auf den unterirdischen Flüssen und Seen. So etwas<br />
gab es bis dahin nirgendwo auf der Welt. Die Realisierung<br />
dieses Vorhabens würde die Begründung des Höhlentourismus,<br />
wie er heute gang und gäbe ist, bedeuten. Doch<br />
Edouard-Alfred Martel brauchte Geld, um seine Pläne zu<br />
realisieren. Keine einfache Herausforderung für ihn, doch<br />
das Schicksal hatte einen überraschenden Zufall parat.<br />
« Es war sogar ein wahnsinnig außergewöhnlicher<br />
Zufall », weiß Laetitia de Menibus-Gravier zu berichten.<br />
« Edouard-Alfred Martel traf auf verrückte Weise meinen<br />
Ur-Ur-Großvater, Georges Beamish, ein bedeutender irischer<br />
Bierbrauer. Mein Ur-Ur-Großvater hatte gerade seinen<br />
Anteil an der Brauerei verkauft und besaß dadurch die finanziellen<br />
Mittel für eine große Investition. » Dass sich beide<br />
über den Weg liefen, kam aber einem kleinen Wunder gleich.<br />
Edouard-Alfred Martel war nach Paris gefahren, um<br />
dort einen potentiellen Investor für sein Projekt zu treffen.<br />
Um zu dem Termin zu gelangen, nahm der Höhlenforscher<br />
eine Pferdedroschke, die damals die Funktion<br />
übernahm, die heute Taxis innehaben. Beim Aussteigen<br />
vergaß er im Stress seine Aktentasche mit allen Plänen für<br />
den Ausbau des Schlundes von Padirac in der Droschke.<br />
Der Zufall wollte es, dass genau an der Stelle Laetitia de<br />
Menibus-Graviers Vorfahre ins Spiel kam. « Mein Ur-Ur-<br />
Großvater war zufällig der nächste Kunde des Droschkenfahrers<br />
», erzählt die heutige Direktorin. « Die beiden<br />
Herren kannten sich natürlich nicht. Während der Fahrt<br />
entdeckte mein Ur-Ur-Großvater die vergessene Aktentasche.<br />
Er öffnete sie, um einen Hinweis auf den Namen des<br />
Eigentümers zu finden. Dabei stieß er auf die Pläne für<br />
den Schlund von Padirac. Mein Ur-Ur-Großvater war von<br />
dem Vorhaben sofort begeistert. Er suchte Edouard-Alfred<br />
Martel auf und sagte ihm, dass er zu der Finanzierung<br />
des Projektes bereit wäre. »<br />
Die beiden Männer gründeten daraufhin mit 50.000<br />
Francs die Gesellschaft des Schlundes von Padirac und<br />
initiierten anschließend die notwendigen Bauarbeiten,<br />
die insgesamt zehn Jahre in Anspruch nahmen. Noch vor<br />
Fertigstellung konnte am 1. November 1898 der erste Besucher<br />
in der Höhle begrüßt werden. Seitdem kümmert<br />
sich die Familie von Laetitia de Menibus-Gravier um<br />
die Sehenswürdigkeit und bleibt dabei dem Wunsch von<br />
Edouard-Alfred Martel treu, den Zugang für eine möglichst<br />
breite Öffentlichkeit zu garantieren. Eine Aufgabe,<br />
die seit 2003 die Ur-Ur-Enkelin übernommen hat.<br />
Mit Kunst zu einem neuen Image<br />
Laetitia de Menibus-Gravier und ihr Mann müssen<br />
dabei so manche Herausforderung meistern. Zwar gilt der<br />
Schlund von Padirac als wichtige Sehenswürdigkeit. Da er<br />
sich jedoch in Privatbesitz befindet, wurde er von öffentlicher<br />
Seite lange Zeit skeptisch beäugt. Man argwöhnte,<br />
dass es der Familie vor allem um Profit ginge. Inzwischen<br />
haben sich diese Zweifel jedoch verflüchtigt und alle haben<br />
die Bedeutung der Höhle für den Tourismus und die<br />
lokale Wirtschaft begriffen. Laetitia de Menibus-Gravier<br />
hat ihren Anteil dazu beigetragen. Sie verstand es, glaubwürdig<br />
klarzumachen, dass kommerzielle Interessen nicht<br />
im Vordergrund stünden.<br />
60 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Links: Einer der Kähne an der « Grande<br />
Pendeloque ». Oben: Der « Grand Dôme ».<br />
Unten: Eines des Werke von Isabelle Thiltgès auf<br />
dem Lac des Ours während der letztes Jahr<br />
stattgefundenen Ausstellung. Linke Seite: Plakat<br />
für den Schlund von Padirac aus den 1900er-<br />
Jahre. Seite 62: Abstieg in den « Grand Dôme ».<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 61
Unterwegs in Frankreich Padirac<br />
Als Kommunikationsexpertin weiß sie zudem, wie<br />
man das Image der Einrichtung modernisiert. So organisierte<br />
sie kürzlich die erste Kunstausstellung der Welt,<br />
die 103 Meter unter der Erde stattfand. Eine befreundete<br />
Bildhauerin, Isabelle Thiltgès, erklärte sich bereit, ihre<br />
Werke im Schlund von Padirac zu zeigen. « Damit haben<br />
wir es geschafft, auf lokaler Ebene Gewohnheiten durcheinanderzubringen.<br />
Aber im positiven Sinne. Wir haben<br />
erreicht, dass der Schlund einmal anders wahrgenommen<br />
wird », erinnert sich Laetitia de Menibus-Gravier an diese<br />
Aktion.<br />
Die Reise in eine magische Welt<br />
Aber auch in normalen Zeiten zieht der Schlund von<br />
Padirac seine Besucher in den Bann. Edouard-Alfred<br />
Martels Feststellung, dass « man das Loch erst sieht, wenn<br />
man an seinem Rand steht und dass man dann instinktiv<br />
zurücktritt » hat bis heute nichts an Gültigkeit verloren.<br />
Bis heute sind Erstbesucher von dieser geologischen Sonderlichkeit<br />
beeindruckt. Sie spüren beim Anblick dieses<br />
großen Loches Neugierde und Respekt zugleich. Wer<br />
sportlich ist, kann über die 208 Stufen einer Treppe im<br />
Stile Eiffels in den Schlund hinabsteigen. Für alle anderen<br />
steht ein Aufzug bereit. « Wenn man unten ankommt,<br />
hat man das Gefühl, sich am Ende eines Fernrohres zu<br />
befinden, durch das man ein Stück Himmel betrachtet »,<br />
beschreibt Laetitia de Menibus-Gravier die Ankunft auf<br />
dem Boden des Schlundes.<br />
Auf jeden Fall fühlt man sich dort unten klein im<br />
Verhältnis zur Natur. Dies sieht auch Alain Mangin,<br />
wissenschaftlicher Direktor des nationalen Zentrums<br />
für wissenschaftliche Forschung (Centre National de la<br />
Recherche Scientifique) und wissenschaftlicher Berater<br />
der Sehenswürdigkeit so: « Unter der Erde sind wir nur<br />
zu Gast. Alles ist vollkommen ruhig und friedlich dort<br />
unten. Das Wasser hat eine einzigartige Welt geschaffen,<br />
die aus stalagmitischen Verzierungen und einem<br />
20 Kilometer langen unterirdischen Wasserwegenetz<br />
besteht. »<br />
Nachdem man auf dem Grund des Schlundes angekommen<br />
ist, geht die Besichtigung zu Fuß weiter. Über<br />
eine Treppe gelangt man zur « Galerie de la source »,<br />
wo das ganze Jahr über eine Temperatur von 13 Grad<br />
und eine Luftfeuchtigkeit von 98 Prozent herrschen.<br />
Danach kommt man zu einer Bootsablegestelle, von<br />
wo aus es auf Kähnen weitergeht, auf die jeweils ein<br />
Dutzend Besucher passen und die von Gondelführern<br />
wie in Venedig fortbewegt werden. Dadurch stört kein<br />
Motorgeräusch die himmlische Ruhe. Die Besucher<br />
bewundern meist völlig stumm die magisch beleuchtete<br />
Umgebung.<br />
Nach einiger Zeit des stillen Gleitens geben die Gondelführer<br />
wichtige Informationen über das Höhlensystem.<br />
Man spürt dabei, wie sehr sie sich mit dem Ort identifizieren.<br />
Bei einigen übte der Vater bereits den gleichen Job<br />
aus. Der anfänglich nur 50 Zentimeter große Fluss weitet<br />
sich nach einiger Zeit zu einem vier Meter tiefen See. Das<br />
Wasser ist vollkommen klar und um die zwölf Grad kalt.<br />
Dann erreicht man schließlich die « Grande Pendeloque »,<br />
ein 60 Meter hoher Stalaktit, der die Wasseroberfläche<br />
fast zu berühren scheint, als ob er sein eigenes Spiegelbild<br />
suche. Der Anblick ist schlicht grandios.<br />
Danach geht es wieder zu Fuß weiter, vorbei an unglaublichen<br />
Formationen aus Mineralien und weiteren,<br />
62 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
N176/E401<br />
A84<br />
Dinan<br />
N12/E50<br />
N164<br />
Quimper<br />
D768<br />
Rennes<br />
N24<br />
poesievoll N165/E60 illuminierten Seen. Ein weiterer Höhepunkt<br />
der Besichtigungstour Lorient ist schließlich der « Grand Dôme »,<br />
Vannes<br />
eine unterirdische « Kathedrale » von 94 Metern Höhe.<br />
Erneut sind die meisten Besucher vollkommen still und<br />
N165/E60<br />
ergriffen. Quiberon Zurück geht es anschließend mit den Kähnen,<br />
La Baule<br />
A11/E60<br />
wobei der bekannte Weg trotzdem völlig neu wirkt. Nach<br />
rund eineinhalb Stunden steht man St. Nazaire wieder im Tageslicht.<br />
Eineinhalb Stunden, während derer Nantes man nicht gemerkt<br />
hat, wie die Zeit verging.<br />
Demut vor der Natur<br />
A83<br />
Cholet<br />
In einem seiner letzten Bücher schrieb Edouard-<br />
Alfred Martel, sicherlich das Ende seines Lebens ah-<br />
A83<br />
A87<br />
Angers<br />
A28/E402<br />
Chartres<br />
A5/E54<br />
Alençon<br />
A10/E5<br />
A6/E15<br />
A11/E50<br />
nend, die schönen Le Mans Sätze: « Menschen<br />
Orléans<br />
finden Trost in<br />
der Bewunderung und im Studium der Natur. Ohne<br />
A11/E501<br />
Hintergedanken, ohne Ambitionen, man A71/E9sollte die<br />
A10/E5-E60<br />
Wissenschaft A28/E502 einfach für ihre Nützlichkeit lieben<br />
und sie so praktizieren. Wenn das Werk Château unvollständig de<br />
bleibt, dann muss Tours man die Werkzeuge Cheverny an die Nachfolger<br />
übergeben, um ohne Aufsehen ins Jenseits zu<br />
A86/E60<br />
A85<br />
scheiden. »<br />
Laetitia de Menibus-Gravier scheint die gleiche<br />
A20/E9 Bourges<br />
Motivation anzutreiben. Auch sie will den Besuchern<br />
die Emotionen ermöglichen, die große Naturspektakel<br />
auslösen können. In Padirac wird das Zepter von einer<br />
A10/E5<br />
Generation an die nächste gegeben. Es könnte keine<br />
Poitiers<br />
schönere Hommage an den Mann geben, der die Höhlen<br />
der Erde E5/A10 liebte wie kein anderer.<br />
A71/E11<br />
<br />
Der Schlund von Padirac liegt östlich der<br />
Autobahn A20 von Brive-la-Gaillarde<br />
nach Toulouse. Aus Norddeutschland<br />
bie tet sich die Anreise über Belgien,<br />
Paris, Orléans und Limoges an. Aus<br />
Süd deutsch land, Österreich und der<br />
Schweiz gelangt man über den Osten<br />
Frankreichs und die Auto bahnverbindung<br />
Lyon, Clermont-Ferrand<br />
und Brive-la-Gaillarde dorthin. Die A20<br />
ver lässt man an der Ausfahrt <strong>Nr</strong>. 54. Von<br />
La Rochelle<br />
Raum bestehen. Die nächsten großen<br />
Flug häfen E602/A837 sind in Bordeaux, Clermont-<br />
Fer rand und Tou louse. Nach Toulouse<br />
gibt es diverse Direktflüge aus dem<br />
deutsch sprachigen Cognac Raum, etwa Angoulême mit Air<br />
France ab Hamburg, mit Lufthansa ab<br />
Montalivet Frankfurt a.M. E5/A10 und München sowie mit<br />
TwinJet und EasyJet ab Basel/Mulhouse.<br />
Der Schlund von Padirac ist nicht ans<br />
Zugnetz angeschlossen.<br />
dort geht es über die D840 und D673 Le Porge<br />
Bordeaux<br />
zum Dorf Padirac. Der Schlund liegt Cap-Ferret<br />
<br />
www.gouffre-de-padirac.com<br />
nörd lich davon an der D90.<br />
A52/E72<br />
<br />
Gouffre de Padirac<br />
Gouffre de Padirac …<br />
46500 Padirac<br />
… Berlin 1.585 km … Hamburg 1.430 km Telefon: +33 (0)5 65 33 64 56<br />
E5-E70/A63<br />
… Köln 1.025 km … München 1.190 km Mimizan<br />
… Wien 1.641 km … Zürich 890 km 30.03. – 11.11.<strong>2013</strong>, täglich ab 8.30 Uhr<br />
bzw. 9.30 Uhr bis 18.30 A65 Uhr, manchmal<br />
Der nächste Flughafen ist in Brivela-Gaillarde,<br />
bis 22.00 Uhr, je nach Saison<br />
der aber nicht an das<br />
Strecken netz von Air France an Hossegor geschlos<br />
9,80 Euro, France Kinder bis 12 Jahre 6,60 Euro,<br />
sen ist und wohin auch keine Kleinkinder bis 4 Jahre kostenlos<br />
Biarritz Bayonne<br />
Flü ge aus dem deutsch sprachigen<br />
Hendaye<br />
A64/E80<br />
Niort<br />
Périgueux<br />
A89/E70<br />
Villeneuve-sur-Lot<br />
Limoges<br />
A20/E9<br />
A89/E70<br />
Brive-la-Gaillarde<br />
Padirac<br />
Cahors<br />
Aurillac<br />
Nur geführte Touren. Um Wartezeiten<br />
zu vermeiden, kann man Eintrittskarten<br />
im Internet reservieren. Im Sommer ist<br />
der Besucheransturm besonders groß.<br />
Frühling und Herbst sind deshalb für<br />
einen Besuch vorteilhafter.<br />
Toulouse<br />
Montluçon<br />
A71<br />
Clermont<br />
Ferrand<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42<br />
Les Sablesd’Olonne<br />
Donostia-<br />
S. Sebastian<br />
Lesetipp für einen AUS FLUG in die Umgebung<br />
Saint-Jean-Pied-de-Port<br />
Spanien<br />
Bastiden: Die neuen Pamplona Städte des Mittelalters<br />
Im Mittelalter, insbesondere im 13. und 14.<br />
Jahrhundert, entstanden in den meisten<br />
europäischen Ländern aus politischen,<br />
militärischen, wirtschaftlichen oder<br />
demografischen Gründen neue<br />
Pau<br />
Carcassonne<br />
Dörfer und Städte. So auch in Frankreich, vor allem in den Limoux<br />
Regionen Aquitanien, Midi-Pyrénées und Languedoc-Roussillon<br />
im Südwesten des Landes. Man schätzt, dass dort damals rund<br />
600 neue Siedlungen gegründet wurden, die alle dem gleichen<br />
Grundmuster folgten. Bis heute sind rund 300 der als Bastiden<br />
bezeichneten Städte erhalten. Es gibt dabei einige Parallelen zu<br />
Immobilienprojekten aus heutiger Zeit.<br />
Andorra<br />
A81/E80<br />
France<br />
Informationen zur Bestellung dieser und anderer Ausgaben finden Sie auf Seite 90.<br />
Spanien<br />
Bé<br />
Narbonne<br />
Perpignan<br />
A9/E15<br />
AP7/E15<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 63
Unterwegs in Frankreich Hotel<br />
Cour des Loges<br />
Renaissance und modernes Design<br />
Vor dem Eingang der Cour des Loges, einem Lyoner<br />
5-Sterne-Hotel, sucht man vergeblich nach<br />
den üblichen Insignien eines Luxushotels. Weder<br />
ein Baldachin mit rotem Teppich noch auffällig geparkte<br />
Oberklasselimousinen deuten auf die exklusive Hoteladresse<br />
in der Lyoner Altstadt hin. Auch steht keine Armada<br />
von Personal bereit oder prangt ein großes Schild mit<br />
der Anzahl der Sterne an der Hauswand. In der Cour des<br />
Loges legt man Wert auf Diskretion. Luxus soll nicht protzig<br />
zur Schau gestellt werden.<br />
Um mit seinem Auto zum Hotel zu gelangen, sollte<br />
man unbedingt die Hinweise, die man bei der Reservierung<br />
eines Zimmers automatisch von der Rezeption<br />
erhält, Wort für Wort befolgen. Da das Hotel in den<br />
verkehrsberuhigten Altstadtgassen der Rhône-Metropole<br />
liegt, ist die Zufahrt nicht ganz einfach. Denn normalerweise<br />
darf man die Straßen nicht mit seinem Fahrzeug<br />
befahren. Hat man es aber bis zum Hotel geschafft, kümmert<br />
sich das Personal um das Parken des Autos in der<br />
hoteleigenen Garage, wo es getrost während des ganzen<br />
Aufenthalts bleiben kann. Wegen der zentralen Lage des<br />
Hotels spricht alles für eine Stadterkundung zu Fuß.<br />
Betritt man das Hotel, hat man ebenfalls noch nicht<br />
wirklich das Gefühl, in einer Luxusherberge angekommen<br />
zu sein. Ein eher dunkler, unscheinbarer Gang führt<br />
ins Innere des Gebäudes. Erst wenn man eine sich automatisch<br />
öffnende Glastür passiert und in einen wunderschönen<br />
ehemaligen, nun überdachten und als Empfang<br />
dienenden Innenhof gelangt, realisiert man, dass man<br />
in einer kleinen Oase des Wohlbefindens inmitten des<br />
Großstadttrubels angekommen ist.<br />
Die Cour des Loges ist nicht in einem einzigen Gebäude<br />
untergebracht, sondern erstreckt sich über vier<br />
Gebäude, wie sie für die Lyoner Altstadt typisch sind.<br />
Über Treppen und Gänge sind die Häuser miteinander<br />
verbunden, was dem Hotel gleich einen ganz eigenen,<br />
intimen Charakter verleiht. Von außen würde man nicht<br />
vermuten, dass sich hinter der Fassade ein Hotel mit immerhin<br />
61 Zimmern verbirgt, dazu diverse Innenhöfe, ein<br />
Feinschmeckerrestaurant, ein Wellnessbereich und ein<br />
kleiner idyllischer Garten.<br />
Doch diese baulichen Voraussetzungen reichen noch<br />
nicht aus, um ein besonderes Hotel zu schaffen. Die Frage<br />
ist auch, wie man die gegebenen Chancen innenarchitektonisch<br />
nutzt. Georges-Eric Tischker, der Direktor des<br />
Hauses, war sich dessen bewusst: « Als Jean-Louis Sibuet,<br />
Jocelyne und ich das Hotel 2000 übernahmen, wollten<br />
wir dem Gebäude seinen Renaissance-Stil zurückgeben.<br />
Dafür reichte es aber nicht aus, die alten Balken zum<br />
Vorschein zu bringen und die Wände mit roten Stoffen zu<br />
beziehen. Es war unser Ziel, eine authentische Atmosphäre<br />
zu schaffen und das Haus gleichzeitig in der modernen<br />
Zeit zu verorten. Außerdem wollten wir keine elitäre<br />
Stimmung wie in vielen 5-Sterne-Hotels aufkommen las-<br />
64 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Antwerpen<br />
CalaisDunkerque<br />
Belgien<br />
Gent<br />
Boulogne<br />
France<br />
Arras<br />
Lille<br />
Roubaix<br />
Saint-<br />
Amandles-Eaux<br />
Valenciennes<br />
Bruxel<br />
Charlroi<br />
Lieg<br />
A26/E17<br />
Cherbourg-<br />
Octeville<br />
Amiens<br />
A1/E15-E19<br />
Saint-Quentin<br />
Charleville-Mézières<br />
A4/E25<br />
Le A29/E<strong>44</strong> Havre<br />
A131<br />
Honfleur<br />
Jumièges<br />
Rouen<br />
A34/E46<br />
inardSaint-Malo<br />
Avranches<br />
le Mont-Saint-Michel<br />
N176/E401<br />
Dinan<br />
t. Nazaire<br />
es Sables-<br />
’Olonne<br />
Rennes<br />
Montalivet<br />
Le Porge<br />
Cap-Ferret<br />
Caen<br />
Saint-Lô<br />
A84/E401<br />
E5/A10<br />
A13/E46<br />
A28/E402<br />
Feinschmeckerrestaurant als auch im Hotel-<br />
A10/E5<br />
café. Der Küchenchef, Antony Bonnet, ist<br />
A89/E70<br />
A13/E5<br />
Evreux<br />
Rolleboise<br />
Dreux<br />
sen, sondern einen Ort menschlicher Wärme und Geborgenheit<br />
kreieren, an dem sich der Gast sofort wohlfühlt. »<br />
A84<br />
Alençon<br />
Chartres<br />
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Originalgegenstände<br />
aus vergangenen Zeiten vermählen A11/E50 sich mit<br />
Elementen modernen Designs. Trotz dieser Heterogenität<br />
der Einrichtung ist ein harmonisches Ganzes entstanden.<br />
Vielfältig sind auch die Zimmertypen. Einige Zimmer<br />
Le Mans<br />
befinden sich in einem A11/E501 Turm und wirken deshalb ganz besonders<br />
gemütlich. Andere verströmen einen eher florentinischen<br />
Charme oder betonen eine sehr zeitgenössische<br />
Versailles<br />
welche aus dem Ausland. Ich war kürzlich drei Wochen<br />
Sens<br />
A5/E17-E54<br />
in Südafrika, wo ich viel gelernt habe. » Romain Raymond<br />
scheut nicht davor zurück, inkognito auf Weinmessen<br />
zu gehen oder Winzer zu besuchen: « Meine Aufgabe ist<br />
es, den Wein und das Essen Châtillon-sur-Seine<br />
Auxerre<br />
in Einklang miteinander zu<br />
bringen und dabei den Wein zur Geltung kommen zu las-<br />
A28/E502<br />
Note. « Wir haben Angers 61 Zimmer und Suiten. A10/E5-E60 Jedes Zimmer Chambord sen. Ich vergesse aber nicht, dass es A6/E15 die Winzer sind, die A31/E17-E21<br />
ist A11/E60 einzigartig. Ihr Lieblingszimmer<br />
Cheverny<br />
Avallon<br />
Tours<br />
werden Sie bei Ihrem die eigentliche Arbeit dafür leisten. Vézelay »<br />
Flavigny<br />
A86/E60<br />
A71/E9<br />
62. Besuch benennen können », erzählt Jean-Philippe A85 So ist die Cour des Loges eine rundum überzeugende Dijon<br />
A38<br />
Nantes<br />
Chenonceau<br />
Maurizy, einer der drei Concierges des Hotels, gerne seinen<br />
Gästen mit einem freundlichen Lächeln.<br />
Ausstattung und seinen Stil, sondern auch durch seine<br />
Adresse. Ein Hotel, das nicht nur durch seine Lage, seine<br />
A87<br />
Monts<br />
Cholet<br />
Bourges<br />
Gastronomisch betrachtet überrascht die Bouges-le-Château Cour des Atmosphäre und seine Philosophie begeistert. Beaune<br />
Loges A83 ebenfalls, sowohl im hoteleigenen<br />
A20/E9<br />
A71/E11<br />
Chalon-sur-Saône<br />
Clisson<br />
zwar erst 30 Jahre alt, hat Poitiers sich aber trotzdem<br />
schon Saint-Maixent-l’Ecole<br />
einen Michelin-Stern erkocht. Er<br />
setzt dabei<br />
A83<br />
auf ein junges Küchenteam, in<br />
N11/E601 Niort<br />
dem alle zwischen 25 und 30 Jahre alt sind.<br />
Der La Chefkoch Rochelle weiß, dass die Stadt einen<br />
E5/A10<br />
Pluspunkt für seine Arbeit darstellt: « Lyon<br />
ist eine E602/A837 gastronomische Metropole mit einer<br />
kulinarischen Tradition. Davon profitieren<br />
wir natürlich auch. »<br />
Antony Bonnets Sommelier, Angoulême Romain<br />
Raymond, öffnet neugierigen Gästen bereitwillig<br />
seinen Weinkeller. Den Schlüssel<br />
dafür haben nur sein Chef und er selbst.<br />
Die Philosophie des Sommeliers deckt sich<br />
Bordeaux<br />
A16<br />
Orleans<br />
PARIS<br />
A89/E70<br />
A4/E50<br />
A71/E11<br />
A75/E11<br />
Epernay<br />
Reims<br />
Châlons-en-<br />
Champagne<br />
A5/E54<br />
A26/E17<br />
gefällt und A6/E15 kann dabei neue Weine kennenlernen. So ha-<br />
wir von allem etwas: französische Weine, aber Troyes<br />
A10/E5ben auch<br />
<br />
Cour des Loges<br />
6, rue du Bœuf<br />
69005 Lyon<br />
Telefon: +33 (0)4 72 77 <strong>44</strong> Montluçon <strong>44</strong><br />
Limoges<br />
DZ ab 200 Euro,<br />
Suite ab 330 Euro<br />
mit der Philosophie des Hauses: « Anders als in anderen<br />
Restaurants kann ich frei entscheiden. Ich kaufe, was mir<br />
Clermont-<br />
Ferrand<br />
<br />
61 Zimmer, Restaurant, WLAN, le Mont-Dore<br />
Spa, Parkplatz<br />
A72/E70<br />
Cluny<br />
A6/E15<br />
Lyon<br />
St. Etienne<br />
A7/E15<br />
A4/E50<br />
<br />
www.courdesloges.com<br />
A43/E70<br />
A49/E713<br />
Valence<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 65<br />
A
Unterwegs in Frankreich Lyon<br />
Eine Reise zu den städtebaulichen<br />
Utopien des 20. Jahrhunderts<br />
In den 1920er/1930er-Jahren und nach dem Zweiten Weltkrieg suchten<br />
Politiker aus dem Lyoner Ballungsraum gemeinsam mit Architekten, die<br />
zur Bewegung des Neuen Bauens gehörten, nach Antworten gegen<br />
Wohnungsnot und miserable Wohnstandards. Große Bauprojekte, bei<br />
denen neue Formen und Techniken zum Einsatz kamen, wurden angeschoben.<br />
Heute vermarkten sich vier dieser Siedlungen sowie ein Kloster<br />
aus dieser Zeit gemeinsam. Ziel ist es, mehr Besucher für den Städtebau<br />
des 20. Jahrhunderts zu interessieren, der vor allem die Lebensbedingungen<br />
der Menschen verbessern wollte. Eine Reise zu den architektonischen<br />
Utopien von Tony Garnier, Morice Leroux, Jean Renaudie und Le Corbusier.<br />
66 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Wenn Monique von dem Haus spricht, in dem sie<br />
wohnt, leuchten ihre Augen. Dabei ist dessen<br />
Zustand nicht gerade tadellos. Wie auch die anderen<br />
baugleichen Gebäude der von 1974 bis 1981 unter<br />
der Regie des Architekten Jean Renaudie errichteten Cité<br />
des Etoiles in Givors, einer kleinen Kommune 25 Kilometer<br />
südlich von Lyon, könnte es eine Renovierung vertragen.<br />
Die Fassade ist dreckig und an einigen Stellen sind<br />
Betonplatten kaputt oder zeigen sich andere Spuren des<br />
Verschleißes. Kurzum, die ganze Anlage wirkt nicht gerade<br />
besonders gepflegt. « Es stimmt, wir sind hier nicht in Versailles,<br />
aber unsere Siedlung ist dafür wie ein kleines Dorf:<br />
Wir fühlen uns hier wohl und mögen unser Zuhause »,<br />
meint die junge Mutter voller Stolz.<br />
Allerdings ist nicht nur das Selbstbewusstsein der Bewohner<br />
angesichts des Zustandes des Gebäudeensembles<br />
überraschend. Genauso wenig würde man ein anderes<br />
Phänomen vermuten, das Monique ebenfalls stolz macht<br />
und sich in letzter Zeit verstärkt: Immer mehr Besucher<br />
kommen gerade an Wochenenden in die Cité des Etoiles,<br />
um sich die ungewöhnliche Architektur der Häuser anzuschauen.<br />
Das neue Interesse hängt auch damit zusammen, dass<br />
sich neben der Cité des Etoiles in Givors drei weitere<br />
Siedlungen in Lyon, Villeurbanne und Firminy sowie ein<br />
Kloster in Eveux, die allesamt im erweiterten Dunstkreis<br />
von Lyon liegen, zusammengeschlossen haben und sich<br />
als « realisierte Utopien » vermarkten, die « einen anderen<br />
Blick auf die Architektur des 20. Jahrhunderts » erlauben.<br />
Das Label haben sich die Bürgermeister der betroffenen<br />
Kommunen und die Region Rhône-Alpes ausgedacht.<br />
Sicherlich hebt es die Orte noch nicht in den Rang<br />
eines Weltkulturerbes, aber es trägt eine starke Werbebotschaft<br />
in die Welt hinaus. Schließlich geht es um nicht<br />
weniger als um die Ehrung des modernen Städtebaus<br />
des 20. Jahrhunderts, einer Epoche, als Architekten und<br />
Bauherren versuchten, Antworten auf Wohnungsnot und<br />
wohnliche Miseren zu finden. Es geht um das Erbe des<br />
Neuen Bauens und der darauf fußenden Entwicklungen.<br />
Wenn Monique heute irgendwo ihre Adresse angeben<br />
muss, ist sie jedenfalls mächtig stolz, in einer Art Denkmal<br />
zu wohnen.<br />
Den Anfang dieser städtebaulichen Epoche in<br />
der Region Rhône-Alpes machte dabei ein Projekt in<br />
Lyon. 1917 begann die Planung für das Quartier des<br />
Etats-Unis, das auch Cité Tony Garnier genannt wird.<br />
Die Stadtverwaltung hatte den Bau einer neuen Straße<br />
beschlossen. An ihr sollten Wohnhäuser entstehen, in<br />
denen kostengünstige Wohnungen für Arbeiter eingerichtet<br />
werden sollten. Wegen der vielen neuen Fabriken<br />
in Lyon strömten nämlich viele Arbeiter in die Stadt.<br />
Der damalige Bürgermeister Edouard Herriot, der zur<br />
Radikalen Partei gehörte, rief für die Realisierung des<br />
Projektes extra eine Verwaltung für kostengünstiges<br />
Wohnen ins Leben. Außerdem suchte er sorgfältig nach<br />
einem Architekten, dem er ein solches Vorhaben zutrauen<br />
würde.<br />
Tony Garnier war der Mann der Stunde. Nach zahlreichen<br />
Studien präsentierte der Architekt 1931 seine<br />
endgültigen Pläne für das neue Stadtviertel. 1934 waren<br />
die Arbeiten am Quartier des Etats-Unis abgeschlossen.<br />
Entstanden waren 1.400 Wohnungen in 49 fünfgeschossigen<br />
Gebäuden. Wirklich innovativ war dabei, dass man<br />
für Arbeiterfamilien in Frankreich zum ersten Mal Wohnungen<br />
mit viel Komfort gebaut hatte. Ob Fahrstühle,<br />
Badezimmer, Geschäfte, Kinderbetreuungseinrichtungen,<br />
Schulen oder Bibliotheken, an alles wurde in der Siedlung<br />
gedacht.<br />
Um das Leben damals in den 1930er-Jahren nachzuempfinden,<br />
fungiert heute eine Wohnung als Museum.<br />
Aber nicht nur deshalb sollte man dem Quartier des<br />
Etats-Unis einen Besuch abstatten. Die Siedlung ist außerdem<br />
eine große Kunstgalerie unter freiem Himmel,<br />
denn 25 Fassaden wurden mit Motiven einer idealen Stadt<br />
bemalt. Diese als « Musée Urbain Tony Garnier » bezeichnete<br />
Galerie soll die Leistung des Architekten würdigen<br />
und das Image des Viertels aufbessern.<br />
Ungefähr zur gleichen Zeit, als man das Quartier des<br />
Etats-Unis plante, wurde im nicht weit entfernten Villeurbanne<br />
ebenfalls an einer städtebaulichen Utopie gebastelt.<br />
Sie ging genauso auf die Initiative des Bürgermeisters des<br />
Ortes, Lazare Goujon, und eines Architekten, Morice<br />
Leroux, zurück. Erneut wollte man die Lebensumstände<br />
der Menschen verbessern.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 67
Unterwegs in Frankreich Lyon<br />
Oben: Die erst 2006 nach Plänen von Le<br />
Corbusier fertiggestellte Kirche in Firminy-Vert.<br />
Mitte: Die Cité des Etolies in Givors. Unten: Das<br />
von Le Corbusier entworfene Kloster in Eveux. S.<br />
66: Das Quartier des Gratte-ciel in Villeurbanne.<br />
S. 67: Aus der Vogelperspektive erkennt man gut<br />
die sternförmige Architektur der Cité des Etoiles.<br />
Architektonisch war das von 1924 bis<br />
1934 realisierte Projekt sogar noch spektakulärer,<br />
wählte man doch zum ersten Mal einen<br />
Baustil, der an Hochhäuser in New York<br />
erinnerte, was sich auch im Namen niederschlug:<br />
Quartier des Gratte-ciel (dt. Quartier<br />
der Wolkenkratzer). Zwar fielen die Gebäude<br />
viel niedriger aus als in New York und dienten<br />
dem sozialen Wohnungsbau und nicht<br />
als kapitalistische Machtsymbole, doch bis<br />
heute erkennt man die architektonische Verwandtschaft.<br />
Herzstück der Siedlung ist die<br />
300 Meter lange und 28 Meter breite Avenue<br />
Henri-Barbusse, an deren einem Ende zwei<br />
19-geschossige Wohntürme den Abschluss<br />
bilden und an deren anderem Ende das Rathaus<br />
mit Turm steht, das durchaus an sowjetische<br />
Bautraditionen erinnert.<br />
Bemerkenswert für die Sozialwohnungen<br />
war erneut deren Ausstattung: große Terrassen<br />
oder Balkone, eine Zentralheizung, für<br />
die als eine der ersten im Land Wärme aus<br />
einer Müllverbrennung gewonnen wurde,<br />
sowie eine damals ultramoderne Telefonzentrale<br />
zeichneten die neuen Wohnungen aus.<br />
Sowohl das Quartier des Etats-Unis in<br />
Lyon als auch das Quartier des Gratte-ciel<br />
in Villeurbanne machten in der ersten Hälfte<br />
des 20. Jahrhunderts von sich reden. Die simplen<br />
Formen und verwendeten Materialien<br />
veränderten den Städtebau nachhaltig. Das<br />
Neue Bauen wurde populär.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es in<br />
der gleichen Tradition in Eveux nordwestlich<br />
von Lyon weiter. Dieses Mal standen aber<br />
nicht ein Bürgermeister und ein Architekt am<br />
Anfang einer Idee, sondern zwei Kirchenmänner,<br />
die Ordensbrüder Couturier und<br />
Belaud, und ein Architekt, Charles-Edouard<br />
Jeanneret-Gris, besser bekannt unter dem<br />
Namen Le Corbusier. Für den in der Schweiz<br />
geborenen Architekten, der im Laufes seines<br />
Lebens die französische Staatsbürgerschaft<br />
annahm, war es eines der letzten großen Projekte.<br />
In Eveux ging es nicht um den Bau von<br />
Sozialwohnungen, sondern um den Neubau<br />
eines Klosters. Architektonisch reiht sich<br />
dieses von 1953 bis 1960 realisierte Vorhaben<br />
aber in die Reihe der anderen städtebaulichen<br />
Utopien ein.<br />
Die von außen abweisende strenge Betonarchitektur<br />
des Couvent Sainte-Marie de la<br />
Tourette wählte der Architekt ganz bewusst.<br />
Le Corbusier erklärte seine Entscheidung<br />
wie folgt: « Dieses Kloster aus Beton ist ein<br />
Liebeswerk. Von außen spricht es nicht,<br />
68 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Rhône-Alpes,<br />
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et<br />
A29/E<strong>44</strong><br />
Unterwegs Le Havre in Frankreich Lyon<br />
A131<br />
Honfleur<br />
Rouen<br />
Caen<br />
A11/E501<br />
Alençon<br />
A13/E46<br />
Le Mans<br />
A28/E402<br />
A28/E502 A10/E5-E60<br />
Angers A86/E60<br />
Tours<br />
Bemalte Hausfassade<br />
in der Cité<br />
Tony Garnier in Lyon.<br />
Azay-le-Rideau<br />
Beauvais<br />
Amiens<br />
A1/E15-19<br />
A29/E<strong>44</strong><br />
aber innen lebt es. Im Inneren geschieht das<br />
Entscheidende. » Außerdem wandte der Architekt<br />
auch für diesen Bau seine für ihn ty-<br />
A16<br />
pischen Ästhetikgrundsätze an und<br />
A4/E50<br />
proportionierte<br />
das Bauwerk nach dem « Modulor »,<br />
A13/E5<br />
PARIS<br />
einem von ihm selbst entwickelten Proportionsschema,<br />
das für harmonische Verhältnisse<br />
sorgen soll.<br />
Chartres Le Corbusier war aber nicht nur in<br />
Eveux aktiv, sondern auch im<br />
A5/E54<br />
von dort<br />
rund A11/E50 eine Autostunde A10/E5 entfernten Firminy,<br />
südwestlich von Saint-Etienne. Der damalige<br />
Bürgermeister der alten Minenstadt,<br />
Sens<br />
A6/E15<br />
Eugène Claudius-Petit, war ein Freund von<br />
Orléans<br />
ihm. Gemeinsam erdachten sie ein neues<br />
Auxerre<br />
Stadtviertel, A71/E9 das sich bewusst von den alten<br />
Quartieren der Kumpel und Saint-Fargeau<br />
Arbeiter absetzen<br />
sollte: Firminy-Vert. Le Corbusier<br />
entwarf ab 1954 diverse Gebäude dafür: ein<br />
Wohnhaus, A85 ein Stadion, ein Kulturzentrum<br />
und ein Schwimmbad. Das Gros des Viertels<br />
Bourges<br />
A34/E46<br />
Charleville-Mézières<br />
A4/E25<br />
A31/E21-E23<br />
wurde bis 1965 realisiert. Die Fertigstellung<br />
der Kirche<br />
Reims<br />
Saint-Pierre, die ebenfalls nach<br />
A4<br />
Le Corbusiers Plänen errichtet wurde, folgte Metz<br />
A4/E50<br />
allerdings erst 2006.<br />
A31/E21-E23<br />
Châlons-en-<br />
Egal, ob<br />
Champagne<br />
in den Siedlungen von Givors,<br />
Lyon, Villeurbanne und Firminy oder im<br />
Nancy<br />
Kloster von Eveux, eines fällt auf: Die Menschen,<br />
die dort heute leben, haben die zu<br />
Stein A26/E17 gewordenen architektonischen Utopien<br />
des letzten Jahrhunderts lieb gewonnen. Haut-Kœnigs<br />
Troyes<br />
Monique in der Cité des Etoiles steht dafür<br />
exemplarisch. Wenn diese Architekturepoche<br />
heute starke Kritiker hat, so darf man<br />
A5/E17-E54<br />
A31/E21-E23<br />
nicht vergessen, dass man die Architektur France<br />
immer auch im Zusammenhang mit einem<br />
M<br />
Lebensgefühl und einem Zeitgeist sehen<br />
Belfort<br />
muss. Schönheit ist ohnehin subjektiv. Visionär<br />
waren die Projekte aber auf jeden Fall.<br />
A6/E15<br />
A31/E17-E21<br />
Montbéliard<br />
Avallon<br />
Die beschriebenen Flavigny Orte haben es deshalb A36/E60<br />
Dijon<br />
verdient, als Zeugnisse A38 einer wichtigen städtebaulichen<br />
Epoche gewürdigt zu<br />
Besançon<br />
werden.<br />
Epernay<br />
Vézelay<br />
Beaune<br />
Luxembourg<br />
Saarbrü<br />
Niort<br />
/E601<br />
E5/A10<br />
ce<br />
Pau<br />
E5/A10<br />
Bordeaux<br />
<br />
Lyon und seinen Großraum erreicht man<br />
A10/E5<br />
aus Deutschland und Österreich über<br />
den Nordosten Frankreichs und aus der<br />
Poitiers<br />
Schweiz über Genf. Die beschriebenen<br />
Orte befinden sich alle in Lyon oder im<br />
erweiterten Dunstkreis der Stadt.<br />
Lyon …<br />
… Berlin 1.232 km … Hamburg 1.118 km<br />
… Köln 754 km … München 738 km<br />
Limoges<br />
… Wien 1.190 km … Zürich 435 km<br />
Angoulême<br />
A20/E9<br />
Lufthansa bietet ab Berlin, Düsseldorf,<br />
Frankfurt a.M. und München Flüge<br />
A89/E70<br />
nach Lyon an. Austrian fliegt ab Wien,<br />
Swiss ab Périgueux Zürich. Die neue Air-France- Brive-la-<br />
Gaillarde<br />
Tochter A89/E70 Hop! verbindet Düsseldorf und<br />
Stuttgart mit der Rhône-Metropole.<br />
EasyJet Bergerac startet ab Berlin nach Lyon.<br />
Aus Frankfurt a.M. verkehrt der TGV<br />
über Mannheim, Karlsruhe und Ba den-<br />
Ba den Villeneuve-s-Lot<br />
nach Lyon. Aus der deutschsprachigen<br />
Schweiz erreicht man Lyon<br />
mit dem A52/E72 Zug mit Umsteigen in Mulhouse<br />
oder Genf.<br />
Montauban<br />
<br />
www.utopies-realisees.com<br />
<br />
Für die Cité des Etoiles:<br />
Office de Tourisme<br />
70 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong><br />
Toulouse<br />
A64/E80<br />
A81/E80<br />
Carcassonne<br />
A71/E11<br />
1, place de la Liberté<br />
69700 Givors<br />
Telefon: +33 (0)4 78 07 41 38<br />
www.otfleuvegivorsgrigny.fr<br />
<br />
Für das Quartier Montluçon des Etats-Unis & Musée<br />
Urbain Tony Garnier:<br />
A71/E11<br />
Musée Urbain Tony Garnier<br />
4, rue des Serpollières<br />
Clermont-<br />
69008 Lyon<br />
A72/E70<br />
Ferrand<br />
Telefon: +33 (0)4 78 75 16 75<br />
Puy de Dôme<br />
www.museeurbaintonygarnier.com<br />
A75/E11<br />
le Mont-Dore<br />
<br />
Für das Quartier des Gratte-ciel:<br />
Le Rize<br />
23-25, rue Valentin Haüy<br />
69100<br />
Telefon: +33 (0)4 37 57 17 17<br />
http://lerize.villeurbanne.fr<br />
<br />
Für das Couvent Sainte-Marie de la<br />
Tourette:<br />
Couvent Sainte-Marie de la Tourette<br />
Route de la Tourette<br />
Rodez<br />
69210 Eveux<br />
Telefon: +33 (0)4 72 19 10 90<br />
www.couventlatourette.com<br />
<br />
Für Firminy-Vert:<br />
Site Le Corbusier<br />
Maison de la Culture<br />
Loubens-Lauragais<br />
Narbonne<br />
A75/E11<br />
Lodève<br />
Bézier<br />
Cluny<br />
Chalon-sur-Saône<br />
A6/E15<br />
Mâcon<br />
A6/E15 Bourg-en-Bresse<br />
Eveux<br />
Lyon<br />
Givors<br />
St. Etienne<br />
Firminy<br />
<br />
Für einen Besuch aller fünf Orte sollte<br />
man zwei Tage einplanen. Lyon bietet A51/E712<br />
A7/E15<br />
sich gut als Ausgangsbasis an. Von<br />
außen lassen sich die Siedlungen<br />
Orange<br />
und das Kloster jederzeit anschauen.<br />
Für weitergehende Avignon Führungen sollte<br />
man sich vorher über die Modalitäten<br />
A7/E15 Apt<br />
Nîmes informieren. Cavaillon Im Kloster in Eveux kann<br />
A9/E15 man als Gast übernachten, A51/E712 allerdings<br />
Montpellier Arles A54/E805<br />
gibt es nur Einzelzimmer. Aix-en-Provence<br />
A55<br />
A42<br />
Villeurbanne<br />
Marseille<br />
A52<br />
A41/E712<br />
Chambéry<br />
A7/E15<br />
A49/E713<br />
Grenoble<br />
Rue de Saint-Just-Malmont<br />
42700 Firminy<br />
A51/E712<br />
Valence<br />
Telefon: +33 (0)4 77 61 08 72<br />
www.sitelecorbusier.com<br />
A50<br />
A8/E80<br />
Lausanne<br />
Genève<br />
Annecy<br />
Toulon<br />
Albertville<br />
A430<br />
A46/E70<br />
Franc<br />
A57<br />
Val d’Isè<br />
Brian
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Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 71
Frankreich heute Verkehr<br />
Neuer Trend:<br />
Der Bahnhof<br />
wird zum<br />
Flughafen<br />
An einem Schalter empfangen zu werden, dort für einen Flug einzuchecken und<br />
seine Bordkarte zu erhalten, sind bekannte Rituale an einem Flughafen. Doch das<br />
gleiche Szenario spielt sich zunehmend auch an französischen Bahnhöfen ab. Der<br />
jahrzehntelange Konkurrenzkampf zwischen Flugzeug und Hochgeschwindigkeitszug<br />
weicht zunehmend einer neuen Partnerschaft. Air France und die französische<br />
Staatsbahn SNCF haben entdeckt, dass sie gemeinsam stärker sein können als alleine.<br />
Eine Zusammenarbeit, die in den kommenden Jahren die Reisegewohnheiten<br />
nachhaltig verändern könnte.<br />
Was das grundsätzliche Verhältnis zwischen Zug<br />
und Flugzeug angeht, war das in Frankreich lange<br />
Zeit genauso wie in den meisten anderen europäischen<br />
Ländern dieser Größe. Der Kuchen war unter den<br />
Akteuren gut verteilt. Das Flugzeug war für wohl situierte<br />
Reisende und für längere Entfernungen reserviert, während<br />
der Zug das Verkehrsmittel der breiten Bevölkerungsmasse<br />
darstellte und vor allem auf Kurzstrecken punktete. So hatte<br />
jedes Verkehrsmittel seinen klar abgegrenzten Markt.<br />
Diese Marktaufteilung behielt für viele Jahrzehnte<br />
ihre Gültigkeit. Bis 1981, als die erste Hochgeschwindigkeitsverbindung<br />
der Bahn zwischen Paris und Lyon<br />
eröffnet wurde. 17 Jahre nachdem in Japan bereits der<br />
Shinkansen durchs Land raste, erblickte der französische<br />
TGV das Licht der Welt. Ganz Frankreich war stolz auf<br />
diesen technologischen Fortschritt, doch niemand stellte<br />
sich damals bereits vor, wie nachhaltig der TGV einmal<br />
die Reisegewohnheiten ändern würde und in Zukunft<br />
vielleicht noch weiter ändern wird.<br />
Dabei musste es so kommen. Wenn ein Zug es ermöglicht,<br />
vom Zentrum einer Großstadt ins Zentrum einer<br />
anderen genauso schnell, ja vielleicht sogar schneller zu<br />
gelangen als mit dem Flugzeug, bei dem man meist erst<br />
zum Flughafen in der Peripherie anreisen und Wartezeiten<br />
einplanen muss, dann waren Veränderungen im Reiseverhalten<br />
der Menschen eigentlich abzusehen.<br />
So kam es dann auch: Die SNCF wilderte immer<br />
mehr in den traditionellen Gefilden von Air France. Klassische<br />
Flugzeugkunden wie Geschäftsreisende wurden<br />
auf Strecken, auf denen der TGV verkehrte, der nationalen<br />
Fluggesellschaft zunehmend abtrünnig. Die nahm<br />
das aber nicht tatenlos hin und konterte mit günstigen<br />
Preismodellen, so dass die Bewegung auch in die andere<br />
Richtung losging. Die Franzosen entwickelten beim Buchen<br />
einer Reise zunehmend einen Reflex, den sie vorher<br />
nicht unbedingt hatten: Sie verglichen bei Inlandsreisen<br />
die Preise von Air France und der SNCF miteinander und<br />
entschieden flexibel, welches Transportmittel sie wählten.<br />
Alte Vorstellungen, wonach der Geschäftsmann automatisch<br />
das Flugzeug und der Student automatisch den Zug<br />
nehmen würde, verloren an Gültigkeit.<br />
Angetrieben wird diese Rivalität bis heute durch massive<br />
Werbeaktionen von beiden Seiten. Ob « petits prix »<br />
(dt. kleine Preise), « prix découvertes » (dt. Entdeckerpreise)<br />
oder « prix mini » (dt. Minipreise), die von Air France<br />
und der SNCF ins Leben gerufenen Konzepte und Namen<br />
ähneln sich. Es geht beiden Seiten darum, dem Konkurrenten<br />
möglichst viele Kunden abtrünnig zu machen und<br />
neue Kundenschichten zu erobern.<br />
So kann es heute sein, dass eine Reise von Paris nach<br />
Lyon, Marseille oder Bordeaux mit dem Flugzeug sogar<br />
günstiger ist als mit dem Zug. Eigentlich eine paradoxe<br />
Situation, wenn man bedenkt, dass Frankreich das Hochgeschwindigkeitsnetz<br />
der Bahn extra teuer ausgebaut<br />
hat, um Verkehrsströme zwischen den Ballungsräumen<br />
des Landes umweltverträglich auf die Schiene zu lenken.<br />
Zudem war der TGV von Anfang an nicht als ein<br />
Transportmittel für reiche Eliten, sondern für alle Bürger<br />
konzipiert, was ihn bis heute günstiger sein lässt als etwa<br />
den ICE in Deutschland.<br />
Aber vielleicht verändert sich dieser Wettkampf um<br />
die Kunden in der Zukunft wieder. Anzeichen dafür<br />
erkennt man in dem Segment, wo es nicht um reine Inlandsverbindungen,<br />
sondern um Reisen ins nahe Ausland<br />
72 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
geht. Zwar nahm Air France in letzter Zeit zunehmend<br />
Nonstop-Verbindungen von Provinzflughäfen in andere<br />
wichtige europäische Städte in den Flugplan auf (zum<br />
Beispiel von Nantes nach Düsseldorf, von Toulouse nach<br />
Hamburg oder von Marseille nach Berlin) und baut<br />
auch die Bahn ihr internationales Streckennetz aus (zum<br />
Beispiel die neue TGV-Verbindung von Marseille nach<br />
Frankfurt am Main oder die erhöhten Frequenzen des<br />
Thalys von Paris ins Ruhrgebiet), doch oft wählen Reisende<br />
auf diesen Strecken einen Flug mit Umstieg in Paris.<br />
Bei genau diesen Reisen entdecken Air France und die<br />
SNCF in letzter Zeit aber immer mehr, dass es vielleicht<br />
besser sein könnte, miteinander zu kooperieren, anstatt<br />
den Konkurrenzkampf noch weiter anzuheizen. Ein neues<br />
Produkt wurde geboren: TGVair.<br />
Durch die Vernetzung beider Verkehrsmittel können<br />
Strecken nicht nur rentabler betrieben werden, sondern es<br />
wird auch der Komfort für die Reisenden gesteigert. Will<br />
man beispielsweise von Hamburg nach Nantes reisen, kann<br />
man die erste Teilstrecke bis Paris mit dem Flugzeug und<br />
die zweite Teilstrecke von Paris nach Nantes mit dem Zug<br />
zurücklegen. Grundsätzlich war dies natürlich auch in der<br />
Vergangenheit möglich, doch mit diesem Angebot reist<br />
man mit dem gleichen Ticket für beide Verkehrsmittel.<br />
Eine kleine Revolution. Denn dies bedeutet, dass Air<br />
France eine Zugreise wie eine Flugreise verkauft, so dass<br />
für den von der SNCF verantworteten Streckenabschnitt<br />
die gleichen strengen Regeln wie für den Flugverkehr gelten.<br />
Ein Vorteil, der nicht zu unterschätzen ist. Hat der<br />
Zug auf der Rückreise von Nantes nach Paris beispielsweise<br />
Verspätung, so dass man seinen Rückflug von Paris<br />
nach Hamburg verpasst, muss sich Air France um einen<br />
Ersatzflug bemühen. Oder, wenn es schon zu spät an dem<br />
Tag dafür ist, für eine kostenlose Übernachtung sorgen.<br />
Es ist also alles genau so, als ob man einen klassischen<br />
Umsteigeflug gebucht hätte. Gleiches gilt natürlich auch<br />
im umgekehrten Fall.<br />
Allerdings gibt es dieses Angebot nicht für alle Zielorte.<br />
Bisher wird TGVair ab Paris-CDG nach Angers Saint-<br />
Laud, Avignon, Champagne-Ardenne TGV, Le Mans,<br />
Lille Europe, Lorraine TGV, Lyon Part-Dieu, Nantes,<br />
Poitiers, Tours Saint-Pierre-des-Corps, Toulon, Valance<br />
und Brüssel angeboten. Nicht aber etwa nach Bordeaux<br />
oder Marseille. Denn auf diesen Strecken betreibt Air<br />
France einen Shuttle mit stündlichen Flügen, die die<br />
Fluggesellschaft natürlich weiterhin füllen möchte.<br />
So zeigt dieses Beispiel das Dilemma der neuen Zusammenarbeit.<br />
Einerseits wollen Air France und die<br />
SNCF näher zusammenrücken. Andererseits steht man<br />
am Ende trotzdem in einem Konkurrenzverhältnis zueinander,<br />
das sich nicht so leicht auflösen lässt, will eine Seite<br />
nicht zu viel vom eigenen Kuchen an die andere abgeben.<br />
Hinzu kommt, dass die SNCF TGVair nicht nur in Verbindung<br />
mit Air-France-Flügen offeriert, sondern das<br />
Programm auch anderen Fluggesellschaften offensteht.<br />
Auf den Strecken, auf denen TGVair jedoch angeboten<br />
wird, sind zwei Varianten buchbar: « Flugzeug + Zug »<br />
oder « Zug + Flugzeug ». Bei der ersten Version reist der<br />
Kunde von einem ausländischen Flughafen mit einem<br />
Flug nach Paris-CDG. Dort geht er zum Flughafenbahnhof,<br />
holt seinen Fahrschein am TGVair-Schalter ab und<br />
setzt seine Reise fort. Revolutionärer ist die andere Variante:<br />
Denn um mit dem Zug zu seinem Flug zu reisen,<br />
kann der Reisende bereits an seinem Ausgangsbahnhof<br />
für die ganze Reise einchecken. Spätestens 15 Minuten<br />
vor Abfahrt des Zuges muss er sich dafür an den TGVair-<br />
Schalter an seinem Ausgangsbahnhof wenden. Wenn der<br />
Reisende in Paris-CDG ankommt, muss er nicht mehr<br />
extra für seinen Weiterflug einchecken.<br />
Die Reise erinnert damit also wirklich an eine klassische<br />
Flugreise. Kunden des Vielfliegerprogramms von Air<br />
France (Flying Blue) sammeln außerdem auch Meilen auf<br />
dem Abschnitt, der mit dem Zug zurückgelegt wird. Allerdings<br />
gibt es unverändert einen entscheidenden Unterschied:<br />
das Gepäck. Fährt der Reisende mit dem Zug nach<br />
Paris-CDG, kann er sein Gepäck erst dort aufgegeben, obwohl<br />
er für den Weiterflug schon eingecheckt hat. Ebenso<br />
muss der Reisende in umgekehrter Richtung sein Gepäck<br />
erst am Gepäckband abholen, bevor er in den Zug steigt.<br />
Etwas verwirrend sind zudem die Bezeichnungen für<br />
dieses Angebot. Während die SNCF von TGVair spricht,<br />
firmiert der gleiche Service bei Air France manchmal auch<br />
unter dem Namen « Air-Rail ». Vorbildlich auf der Website<br />
der Fluggesellschaft ist jedoch, dass man in der Buchungsmaske<br />
bereits die mit dem Zug angefahrenen Start- bzw.<br />
Endbahnhöfe auswählen kann. Der Reservierungsprozess<br />
ähnelt also dem einer klassischen Flugbuchung.<br />
Auch wenn es unstrittig ist, dass diese Zusammenarbeit<br />
zwischen Air France und der SNCF den Komfort<br />
der Reisenden erhöht und ihnen vor allem die Sorge vor<br />
Zug- bzw. Flugverspätungen nimmt, so gibt es trotzdem<br />
einen beträchtlichen Haken: der Preis. Denn es ist nicht<br />
garantiert, dass ein solches Kombiticket genauso günstig<br />
ist, als wenn man sein Flug- und Bahnticket getrennt<br />
kaufen würde. Nicht selten ist es nämlich günstiger, beides<br />
getrennt zu erwerben. Allerdings trägt man dann das<br />
Risiko bei Verspätungen wieder selbst.<br />
Doch trotz dieses Hakens scheint die stärkere Zusammenarbeit<br />
von Air France und der SNCF von den<br />
Franzosen wertgeschätzt zu werden. 2012 wurden bereits<br />
260.000 Passagiere mit TGVair befördert. Es ist deshalb<br />
davon auszugehen und unter ökologischen Gesichtspunkten<br />
auch wünschenswert, dass sich die begonnene<br />
Zusammenarbeit weiter vertiefen wird. Ein Zeichen dafür<br />
erkennt man auf der Strecke von Straßburg nach Paris-<br />
CDG. Zum 2. <strong>April</strong> stellt Air France alle Flüge auf dieser<br />
Verbindung komplett ein und hat im Gegenzug bereits<br />
100.000 Sitze in den Hochgeschwindigkeitszügen der<br />
SNCF reserviert. So wird es in Zukunft wahrscheinlich<br />
immer geläufiger werden, dass man seine Flugreise nicht<br />
an einem Flughafen beginnt bzw. beendet, sondern an<br />
einem Bahnhof.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 73
Frankreich heute Gesellschaft<br />
Die Revolte der Frauen geht weiter<br />
Zuviel ist zuviel. Am<br />
14. November wird<br />
Jacques Nacer, der<br />
Präsident der korsischen<br />
Industrie- und Handelskammer,<br />
mitten im<br />
Zentrum von Ajaccio<br />
ermordet. Sechs Tage<br />
zuvor ist ein bekannter<br />
Anwalt, Antoine<br />
Allein 2012 werden<br />
auf Korsika 22 Morde gezählt,<br />
womit sich auf der Insel erneut eine<br />
Spirale der Gewalt dreht, die man als<br />
überwunden angesehen hatte und von der<br />
heute niemand so richtig weiß, wie sie zu stoppen<br />
ist. Vergeltungsakte, mafiöse Strukturen,<br />
Geldwäsche, schwarze Kassen, das Gesetz des<br />
Schweigens – Schlagwörter, die Korsikas Übel beschreiben<br />
und nicht zu einer rechtstaatlichen Republik<br />
gehören, als die sich Frankreich definiert.<br />
15 Jahre nach dem ersten Aufbegehren einiger<br />
mutiger Frauen gegen diese Geißeln der Insel<br />
der Schönheit versuchen diese erneut,<br />
Sollacaro, gezieltes<br />
Opfer von Unbekannten,<br />
die ihn an einer<br />
Tankstelle niederschießen.<br />
Der korsische<br />
Nationalismus allein, der<br />
seinen Anfang 1975 nahm, als<br />
der französische Staat Hubschrauber<br />
und Panzer auf die Insel<br />
schickte, um ein von ein paar Männern<br />
besetztes Weingut zu räumen, kann die Gewaltexplosion<br />
auf der Mittelmeerinsel nicht mehr erklären.<br />
Längst stehen auch andere Motive hinter den mörderischen<br />
Taten.<br />
Nach den Vorkommnissen im November – wie fast<br />
jedes Mal, wenn so etwas passiert, mag man hinzufügen<br />
– macht sich der französische Innenminister, zurzeit<br />
Manuel Vals, auf den Weg an den Tatort. Dieses Mal begleitet<br />
von seiner Kollegin, der Justizministerin Christiane<br />
Toubira. Vor den Kameras beteuern beide, dass sie gegen<br />
die Mafia und die organisierte Kriminalität auf Korsika<br />
entschlossen kämpfen wollen. Als kriminell unterwanderte<br />
Wirtschaftszweige werden der Immobiliensektor, die<br />
Baubranche, der Sport, die Sicherheitsbranche, der Tourismus<br />
sowie das Nacht- und Spielgewerbe gebrandmarkt.<br />
Außerdem verspricht man, die Polizeikräfte auf der Insel<br />
aufzustocken und die Videoüberwachung auszubauen.<br />
Sogar über ein System der automatischen Erfassung von<br />
Autokennzeichen wird nachgedacht.<br />
Doch neben diesen « üblichen » Ankündigungen, die<br />
die Korsen in dieser oder ähnlicher Form schon viele Male<br />
gehört haben, fällt vor allem eine Aussage von Manuel<br />
mit ihrem Aufschrei die Verhältnisse<br />
zu verändern. Die Revolte der<br />
Frauen ist zurück.<br />
Vals auf: « Es ist nötig, dass<br />
sich die korsische Gesellschaft<br />
mobilisiert, dass<br />
jeder sagt, was hier<br />
passiert. » Mit anderen<br />
Worten: Der Innenminister<br />
fordert die<br />
Inselbewohner auf,<br />
endlich das Schweigen<br />
zu brechen. Alle<br />
Medien nehmen diese<br />
Bemerkung sofort auf<br />
und interessieren sich<br />
plötzlich für dieses Gesetz<br />
des Schweigens, nach<br />
dem jeder wisse, wer hinter<br />
den Taten stünde, niemand<br />
sich aber traue, diese Täter zu<br />
verraten. Ein Phänomen, das für<br />
mafiöse Strukturen typisch ist.<br />
Manuel Vals Bemerkung kann allerdings<br />
eine Gruppe von korsischen Frauen nicht so im Raum stehen<br />
lassen. Es sind Frauen, die bereits im Januar 1995 von<br />
sich reden machten. Damals hatten rund 30 Korsinnen<br />
mit unterschiedlichen politischen Grundüberzeugungen<br />
eine gemeinsame Petition mit der Bezeichnung « Manifest<br />
für das Leben » initiiert. Es handelte sich dabei um einen<br />
mutigen Aufruf gegen « den rechtsfreien Raum, die Angst<br />
und das Schweigen ». Viele Inselbewohner nahmen die<br />
Frauen damals zunächst nicht ernst. Sie stempelten sie als<br />
Hysterikerinnen ab, die unverantwortlich die Zukunft der<br />
Insel aufs Spiel setzen würden.<br />
Trotzdem konnten die mutigen Korsinnen 1995 in nur<br />
wenigen Wochen mehr als 3.000 Unterschriften sammeln.<br />
Ein riesiger Erfolg. Die Frauen wurden zum Symbol einer<br />
neuen Bewegung. Sie forderten zum ersten Mal eine Abkehr<br />
von den bestehenden Verhältnissen und kritisierten<br />
dabei ganz offen ein System aus Gewalt, Einschüchterung<br />
und mangelndem Engagement der lokalen Verantwortlichen.<br />
Die Forderung nach Rechtstaatlichkeit, nach einer<br />
funktionierenden Justiz und nach Transparenz in der Politik<br />
und Verwaltung bekam zum ersten Mal ein Gesicht.<br />
74 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Dieser Akt der Zivilcourage hat die korsische Gesellschaft<br />
damals derart aufgerüttelt, dass 1998, als der Präfekt<br />
Claude Erignac ermordet wurde, nach einem Aufruf<br />
der gleichen Frauen 40.000 Menschen in den Straßen<br />
gegen die Gewalt demonstrierten, was 15 Prozent der<br />
korsischen Bevölkerung entsprach!<br />
Heute also der korsischen Gesellschaft vorzuwerfen,<br />
keinen Mut zu haben, das Schweigen zu brechen,<br />
können die Frauen logischerweise nicht unkommentiert<br />
lassen. Als Paule Persia,<br />
eine pensionierte Psychologin<br />
und Pionierin der Frauenrevolte<br />
der 1990er-Jahre,<br />
Manuel Vals Worte<br />
hört, ist sie schlicht<br />
schockiert. Für sie<br />
ist es zu einfach,<br />
die ganze Schuld<br />
den Korsen zu<br />
geben. Nach ihrer<br />
Meinung hat<br />
der französische<br />
Staat ebenfalls<br />
einen Teil der<br />
Verant wortung<br />
zu tragen. « Wir<br />
sprechen hier viel<br />
auf Korsika, Namen<br />
sind bekannt<br />
und zirkulieren. Die<br />
Regierung kennt diese<br />
genauso. Warum müssen<br />
wir noch weitere Beweise<br />
anbringen? Auf welcher Basis<br />
können wir von Bürgern verlangen,<br />
Helden zu werden? », lässt sie mitteilen.<br />
Angesichts der Bemerkung des Innenministers<br />
und sicherlich auch ein wenig aus Kränkung sieht sich<br />
die Korsin darüber hinaus veranlasst, zusammen mit ihren<br />
Mitstreiterinnen 18 Jahre nach ihrem ersten Manifest erneut<br />
einen Text zu schreiben. Dieses Mal einen offenen<br />
Brief an François Hollande, den französischen Präsidenten.<br />
In diesem Brief sparen die Frauen nicht an Kritik.<br />
So heißt es: « Im Januar 1995 haben wir das Schweigen<br />
gebrochen, um Gewalt, Morde, das Gesetz der Waffen<br />
und die Untätigkeit der Behörden zu denunzieren. Im November<br />
2012, mehr als 17 Jahre später, ist die Lage noch<br />
schlimmer geworden. Wir sind die kriminogenste Region<br />
Europas! » Außerdem: « Präsidenten und Minister der<br />
Republik hatten alle Möglichkeiten, die Ernsthaftigkeit<br />
der Lage auf der Insel zu erkennen, die Gründe dafür zu<br />
analysieren und Lösungen zu implementieren. »<br />
Viele Versprechen der Politiker wurden nach Meinung<br />
der Frauen immer wieder gebrochen. Als ob jeder Regierung<br />
in Paris, egal ob links oder rechts, der Mut fehlte.<br />
Nach dieser bitteren Feststellung stellen die Frauen eine<br />
Reihe von Fragen an den Staatschef: « Warum sind die<br />
wenigen Initiativen, die es gab, ohne Folgen geblieben?<br />
Warum blieben die Bitten, Zeugen besser zu schützen,<br />
unbeantwortet? Warum sind die Versprechen, Sonderermittlungseinheiten<br />
für ungeklärte Fälle einzurichten und<br />
den Informationsfluss an Opferfamilien zu verbessern,<br />
nicht eingehalten worden? »<br />
Wenn man diese Zeilen liest, kann<br />
man nur den Hut vor dem Mut dieser<br />
Frauen ziehen. Diese Korsinnen<br />
trauen sich auszusprechen,<br />
was viele seit Jahren<br />
ignorieren. Sie setzen<br />
erneut das Wort gegen<br />
die Gewalt. Sie<br />
wollen, dass die<br />
Jugend der Insel<br />
eine andere Art<br />
des Zusammenlebens<br />
lernt. Sie<br />
scheuen sich<br />
dabei nicht, die<br />
eigenen Gesellschaftsstrukturen<br />
kritisch<br />
zu hinterfragen.<br />
Gleichzeitig fordern<br />
sie aber auch,<br />
dass der französische<br />
Staat endlich aufwacht<br />
und zu seiner Verantwortung<br />
steht, anstatt « die<br />
korsische Gesellschaft zu stigmatisieren<br />
und von ihr zu verlangen, mit<br />
Worten das zu regeln, was eigentlich die<br />
Aufgabe der Polizei wäre ».<br />
Damit machen die Frauen genau auf den Kern des<br />
Problems aufmerksam. Denn anstatt gemeinsam nach<br />
einer Lösung zu suchen, schieben sich die korsische Bevölkerung<br />
und der französische Staat gerne gegenseitig<br />
die Verantwortung für die Probleme zu. Es mag dafür<br />
Gründe geben, sie sind angesichts der vielen Morde aber<br />
nicht mehr hinnehmbar. Die Zeit für Veränderungen ist<br />
definitiv gekommen.<br />
Als die Frauen damals ihr Manifest verfassten,<br />
träumten sie davon, es möglichst schnell als erledigt ansehen<br />
zu können. Heute wieder am gleichen Punkt wie<br />
damals angekommen zu sein, macht sie nicht stolz. Sie<br />
sehen es aber als ihre Pflicht an, erneut den Mund aufzumachen.<br />
Es bleibt zu hoffen, dass der Aufschrei der<br />
mutigen Frauen auch von den Männern gehört und verstanden<br />
wird. So oder so sind die Korsen diesen Frauen<br />
viel schuldig. Denn allein der Mut, solch ehrliche Worte<br />
zu finden, gibt dem korsischen Volk bereits ein Stück<br />
Würde zurück.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 75
Frankreich heute Politik<br />
wenn eine Freundschaft<br />
zu einem Ritual wird<br />
Der 22. Januar ist ein besonderer Tag für die deutschfranzösische<br />
Freundschaft. Es ist der Jahrestag der Unterzeichnung<br />
des Elysée-Vertrages, der die Beziehungen zweier ehemaliger<br />
Erbfeinde auf eine neue Grundlage stellte. Dieses Jahr war das<br />
Jubiläum besonders feiernswert, jährte sich das Ereignis schließlich<br />
zum 50. Mal. Doch während der Tag von offizieller Seite mit viel<br />
Pomp begangen wurde, war das Medieninteresse eher schwach.<br />
Hat die deutsch-französische Freundschaft an Reiz verloren?<br />
Ein ernüchternder Rückblick auf einen eigentlich sehr<br />
bemerkenswerten Tag.<br />
Punkt 20.00 Uhr ist für das Fernsehpublikum beidseits<br />
des Rheins eine besondere Uhrzeit. Es ist der<br />
Moment, in dem die wichtigsten Nachrichtensendungen<br />
der beiden Länder beginnen. So auch am 22. Januar<br />
<strong>2013</strong>. Der französische öffentlich-rechtliche Sender<br />
France 2 begann sein « Journal de 20 heures ». Doch bereits<br />
die ersten Sekunden, in denen die Hauptthemen der Sendung<br />
kurz angekündigt werden, waren für den überzeugten<br />
Anhänger der deutsch-französischen Freundschaft eine<br />
kleine Enttäuschung. Denn anders, als man an diesem Tag,<br />
an dem nicht nur der französische Präsident und Premierminister,<br />
sondern auch das französische Kabinett sowie<br />
400 Abgeordnete der Nationalversammlung zu einer gemeinsamen<br />
Feier nach Berlin gereist waren, erwarten<br />
könnte, war von genau diesen Feierlichkeiten im Vorspann<br />
keine Rede.<br />
So wurde in der Sendung zunächst von einem unangenehm<br />
stinkenden, aber ungefährlichen Chemieunfall<br />
in Rouen, von Gehaltsproblemen bei Renault, von einem<br />
Streik der französischen Lehrer, von Wahlen in Israel, von<br />
Flüchtlingsproblemen im Überseedepartement Mayotte<br />
und von einigen weiteren Themen berichtet, bis nach ungefähr<br />
25 Minuten endlich auch ein paar Bilder aus Berlin<br />
gezeigt wurden. Man präsentierte kurz die Ereignisse des<br />
Tages in der deutschen Hauptstadt, bevor es schon wieder<br />
zum nächsten Thema ging.<br />
Hat das französische öffentlich-rechtliche Fernsehen<br />
vielleicht vergessen, was an diesem Tag vor 50 Jahren<br />
passiert ist? Haben die Verantwortlichen<br />
kein Gefühl<br />
mehr dafür, welch kleines historisches<br />
Wunder sich hinter<br />
einem Freundschaftsvertrag<br />
von zwei Ländern verbirgt, die<br />
zuvor in Erbfeindschaft gelebt<br />
hatten und sich vor allem auf<br />
dem Schlachtfeld gegenüber<br />
standen? Fragen, die einem<br />
nach der Nachrichtensendung<br />
durch den Kopf gehen konnten.<br />
Aber wie sah es auf der anderen Seite des Rheins<br />
aus? Am Vortag des 22. Januar hatte die ARD in einer<br />
immerhin eineinhalbstündigen Sondersendung live von<br />
der Amtseinführung von Barack Obama in Washington<br />
berichtet. Wenn also schon die sich alle vier Jahre wiederholende<br />
Amtseinführung eines US-amerikanischen Präsidenten,<br />
die per se erst einmal nichts wirklich Besonderes<br />
darstellt, für eine derart umfangreiche Berichterstattung<br />
gut genug war, konnte man für das 50-jährige Jubiläum<br />
einer Freundschaft zwischen zwei Völkern, die geschichtlich<br />
betrachtet alles andere als selbstverständlich ist, Großes<br />
erwarten. Wann passiert es schon auf der Welt, dass<br />
sich zwei Regierungen samt aller ihrer Minister und zwei<br />
Parlamente gemeinsam treffen? Allein der Prominenzfaktor<br />
war enorm an diesem Tag.<br />
Doch die Realität war leider ebenfalls enttäuschend.<br />
Weder die ARD noch das ZDF sendeten live von den Feierlichkeiten<br />
des Tages. Nur in den Nachrichtensendungen<br />
wurde pflichtgemäß davon berichtet. Immerhin an prominenterer<br />
Stelle als bei den französischen Kollegen, aber<br />
schließlich fanden die Veranstaltungen auch in Berlin<br />
und nicht in Paris statt. Doch mehr als ein paar Minuten<br />
war das Thema nicht wert. Von einer zusammenfassenden<br />
Sondersendung am Abend, so wie es inzwischen schon<br />
üblich ist, wenn im Winter einfach einmal etwas mehr<br />
Schnee fällt als üblich, keine Spur.<br />
So blieb beidseits des Rheins nur der deutsch-französische<br />
Kultursender Arte, der den ganzen Tag live von den<br />
76 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Ereignissen berichtete. Aber dieser Sender hat schon wegen<br />
seines Selbstverständnisses und Auftrages kaum eine<br />
andere Wahl.<br />
Ist die Amtseinführung eines US-amerikanischen Präsidenten<br />
inzwischen also wichtiger als ein großes Jubiläum<br />
mit viel Prominenz zur deutsch-französischen Freundschaft?<br />
Interessiert es die Menschen inzwischen mehr,<br />
was viele Kilometer entfernt auf der anderen Seite des Atlantiks<br />
passiert als das, was direkt bei unseren Nachbarn<br />
geschieht? Nimmt man das Fernsehen als Maßstab, muss<br />
man diese Frage wohl leider bejahen.<br />
Da hilft es auch nichts, dass in den meisten deutschen<br />
und französischen Tageszeitungen rund um den 22. Januar<br />
einige Artikel über Deutschland und Frankreich<br />
erschienen sind. Den Ton geben heute die Fernsehsender<br />
vor, nicht mehr die Printmedien. Und selbst der Berichterstattung<br />
in der geschriebenen Presse fehlte es in vielen<br />
Fällen durchaus an Kreativität. Meist wurden in den Artikeln<br />
die historischen Zusammenhänge in Erinnerung<br />
gerufen. Darauf folgten dann oft Porträts, die eine gelebte<br />
deutsch-französische Freundschaft beweisen sollten. Sicherlich<br />
waren einige dieser Geschichten durchaus spannend.<br />
Oft wurde aber auch nur Altbekanntes wiederholt<br />
oder es wurden klassische Klischees bemüht.<br />
Wenn die mediale Berichterstattung am Ende also<br />
eher eine ernüchternde, wenn nicht gar enttäuschende Erinnerung<br />
hinterließ, blieben die offiziellen Feierlichkeiten.<br />
Außer Zweifel steht, dass die Verantwortlichen keine Mühen<br />
und Kosten gescheut haben, den 22. Januar gebührend<br />
zu feiern. Gleich die komplette französische Regierung<br />
sowie 400 Abgeordnete der Nationalversammlung machten<br />
sich auf den Weg nach Berlin. Das Reichstagsgebäude<br />
musste von seiner üblichen Bestuhlung befreit werden, um<br />
derart viele Gäste aufnehmen zu können. Reden wurden<br />
gehalten, der Pathos der Geschichte beschworen. Es gab<br />
ein gemeinsames Konzert in der Philharmonie und eine<br />
gemeinsame Kabinettssitzung. Angela Merkel und François<br />
Hollande boten sich außerdem das Du an.<br />
Trotzdem hörten sich manche Reden und Freundschaftsbekundungen<br />
am Ende recht abgedroschen an.<br />
Man konnte sich an diversen Stellen nicht des Gedankens<br />
erwehren, dass dieser Freundschaft vielleicht eine Frischzellenkur<br />
guttun könnte, dass es irgendetwas wie eine<br />
neue Vision, einen neuen Aufbruch bräuchte.<br />
Überhaupt, hat man in den offiziellen Statements<br />
wirklich versucht, auf den anderen einzugehen? Warum<br />
erwähnte Angela Merkel in ihrer Rede im Bundestag<br />
ausgerechnet, dass Frankreich sich die deutsche Politik<br />
der erneuerbaren Energien abschauen könnte? Wenn man<br />
weiß, wie unterschiedlich die Ansichten und Traditionen<br />
in der Energiepolitik beider Länder sind, ist dies ein Thema,<br />
das schnell oberschullehrerhaft wirken kann. Warum<br />
hat sie nicht vielmehr erwähnt, dass Deutschland von der<br />
modernen Familienpolitik der Franzosen lernen könnte,<br />
die dafür sorgt, dass Frankreich das zweitgeburtenstärkste<br />
Land Europas ist? Zeichnet eine echte Freundschaft nicht<br />
gerade aus, dass man nicht seine eigenen Überzeugungen<br />
in den Mittelpunkt stellt, sondern versucht, sich in die Position<br />
des anderen hineinzudenken?<br />
Bei François Hollande konnte man wiederum den<br />
Eindruck haben, dass er nicht genug betonen konnte, dass<br />
es heute in Europa nicht mehr nur auf Deutschland und<br />
Frankreich ankäme, dass man diese besondere Freundschaft<br />
in einem weiteren Kontext sehen müsste. Suchte er<br />
nach neuen Verbündeten? Vielleicht in Südeuropa?<br />
Wie steht es also um die deutsch-französische Freundschaft?<br />
Spricht es nicht für sich, dass immer weniger deutsche<br />
Schüler Französisch und immer weniger französische<br />
Schüler Deutsch lernen? Ist es für die heutige Jugend noch<br />
hipp, nach Frankreich in den Urlaub zu fahren, wie Frank-<br />
Walter Steinmeier in seiner Rede im Bundestag von seiner<br />
Jugendzeit erzählte? Damals, als Frankreich für ihn im<br />
Vergleich zu Deutschland weniger muffig wirkte. Reicht<br />
es heute aus, sich darüber zu freuen, dass immer mehr<br />
Franzosen Berlin als Partystadt entdecken?<br />
Die deutsch-französische Freundschaft hat ihre spektakuläre<br />
Seite verloren. Sie ist zu einer Selbstverständlichkeit<br />
geworden. Trotz aller Wehmut, die in diesen Worten<br />
mitschwingt, könnte dies durchaus auch positiv gesehen<br />
werden. Vielleicht ist die Freundschaft inzwischen so normal,<br />
dass man sie einfach nicht mehr inszenieren muss?<br />
Wenn eine Freundschaft als nicht mehr verwundbar gilt,<br />
darf dann nicht auch das Bedürfnis sinken, diese Freundschaft<br />
zu feiern? Schließlich haben die wenigsten Deutschen<br />
und Franzosen noch persönliche Erinnerungen daran,<br />
wie es damals war, als beide Länder bitter verfeindet<br />
waren. Die Kriege von 1870/71, 1914-1918 und 1939-1945<br />
scheinen im Gedächtnis weit weg zu sein.<br />
Zudem ist sicherlich die Feststellung richtig, dass jede<br />
Beziehung Höhen und Tiefen kennt. Gerne wird deshalb<br />
argumentiert, dass auch die deutsch-französische Freundschaft<br />
eben solche hat. Dann redet man von Helmut Kohl<br />
und François Mitterrand, wie sie in Verdun Hand in Hand<br />
nebeneinander standen. Oder von Angela Merkel und<br />
François Hollande und deren Anfangsschwierigkeiten.<br />
Das ist alles richtig. Trotzdem: So wie der Geburtstag<br />
eines jeden Menschen jedes Jahr von Neuem gefeiert wird,<br />
mal größer, mal kleiner, so sollte man diese Ehre auch der<br />
außergewöhnlichen Freundschaft zwischen Deutschland<br />
und Frankreich zuteil werden lassen. Von offizieller Seite<br />
wurde dies zum 50. Jubiläum zumindest dem Anschein<br />
nach getan. Die Berichterstattung im Fernsehen als Gradmesser<br />
der Interessen der Allgemeinheit lässt dagegen die<br />
dumpfe Vermutung aufkommen, dass dieser Freundschaft<br />
vielleicht immer mehr die Anhänger davonlaufen. Das<br />
wäre zu schade. Die deutsch-französische Freundschaft<br />
darf nicht zu einem Ritual verkommen! Denn die Ankündigung<br />
der Briten, einen Tag nach den Feierlichkeiten<br />
vom 22. Januar, einen Austritt aus der Europäischen Union<br />
in Erwägung zu ziehen, zeigt, dass nichts von Dauer<br />
sein muss, was man als selbstverständlich angenommen<br />
hat.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 77
Art de vivre Wein<br />
Les Grès<br />
de Montpellier<br />
In der Region Languedoc-Roussillon<br />
präsentiert sich Geschichte an allen<br />
Ecken und Enden, oftmals « in Stein<br />
gegossen »: Aquädukte, Oppida,<br />
romanische Kapellen und gut<br />
erhaltene mittelalterliche Stadtkerne<br />
künden von vergangenen Zeiten.<br />
Darüber kann man ein anderes<br />
historisches Vermächtnis fast<br />
übersehen: die Weinberge. Die<br />
Tradition des Weinanbaus reicht<br />
dank der Besiedlung durch die<br />
Griechen und Römer bis ins 5.<br />
Jahrhundert vor Christi Geburt zurück.<br />
Damit verfügt die Region über die<br />
ältesten Anbaugebiete Frankreichs.<br />
Innerhalb der als AOC geschützten<br />
Appellation « Languedoc » haben<br />
sich die Weingüter des Großraums<br />
Montpellier im Jahr 2002 als « Les<br />
Grès de Montpellier » zusammengeschlossen.<br />
Es handelt sich<br />
dabei noch nicht um eine offiziell<br />
geschützte Appellation, doch eine<br />
eigenständige AOC ist das erklärte<br />
Ziel der lokalen Winzer. Schon heute<br />
überraschen diese ausschließlich<br />
roten Weine durch ihre Qualität.<br />
Viele Jahre hatte das Languedoc mit seinen Weinen<br />
ein Positionierungsproblem. Es reichte nicht aus,<br />
als ältestes Weinanbaugebiet Frankreichs aufzutreten<br />
und daraus eine besondere Legitimation abzuleiten, um<br />
seine Weine gut zu verkaufen. Um sich wirklich von der<br />
Konkurrenz zu unterscheiden, brauchte es eine eigene<br />
Identität. Doch wie ließ sich diese herauskristallisieren,<br />
wenn man eine so lange Geschichte hat und sich die Anbaugebiete<br />
von der Camargue und den Cevennen bis fast<br />
an die spanische Grenze erstrecken?<br />
Zunächst suchte man dafür nach dem kleinsten gemeinsamen<br />
Nenner. Vorschnell könnte man meinen, Languedoc-<br />
Weine müssten leicht unter ein Dach passen. Als Weine des<br />
Südens verkörpern sie « Sonne satt ». Sie schimmern kraftvoll<br />
golden oder rötlich und erinnern schon beim ersten Schluck<br />
an die mediterrane Landschaft und reife Früchte. Das trifft<br />
zwar alles zu, beschreibt die unglaubliche, oft verkannte<br />
Vielfalt dieser Weine aber nur unzureichend.<br />
Um sich trotzdem gemeinsam zu vermarkten, bemühten<br />
sich die Winzer der Region schon früh um eine<br />
eigene Appellation. Doch obwohl die Zusammenarbeit<br />
bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg begann, dauerte<br />
es noch bis 1985, bis das offiziell anerkannte AOC-Siegel<br />
« Coteaux du Languedoc » eingeführt wurde.<br />
Doch die Winzer waren damit noch nicht zufrieden.<br />
Gerade die Bezeichnung « Coteaux » konnte schnell in<br />
die Irre führen, vermutet man darunter eher ein überschaubares<br />
Weinanbaugebiet und kein so großes wie das<br />
Languedoc. Um Weine aus dem Languedoc noch besser<br />
vermarkten zu können, wurde deshalb 2007 die Appella-<br />
78 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
tion « AOC Languedoc » gegründet, die seitdem wie eine<br />
Dachmarke für die große Palette an Languedoc-Weinen<br />
fungiert und aktuell 18 verschiedene kleinere AOC innerhalb<br />
des Weinanbaugebietes bündelt.<br />
Die Schaffung dieses regionalen AOC-Siegels blieb<br />
in Frankreich nicht unbemerkt. Schließlich formiert sich<br />
damit ein riesiges Weinanbaugebiet, das nach eigenem<br />
Bekunden langfristig das größte AOC-Weinanbaugebiet<br />
der Welt werden will: das vereinte Weinanbaugebiet<br />
« Languedoc-Roussillon/Südfrankreich ». Ein solches<br />
würde die gesamte Region Languedoc-Roussillon abdecken<br />
und sich von Nîmes bis an die spanische Grenze<br />
erstrecken. Ein solches Ansinnen mag manch einem etwas<br />
übertrieben erscheinen, es ermöglicht aber vermutlich<br />
einen noch besseren Export von lokalen Weinen, zumal<br />
die Dachmarke weiterhin die Besonderheiten der darin<br />
gebündelten Appellation respektieren würde.<br />
Die Weine « Les Grès de Montpellier » sind ein gutes<br />
Beispiel dafür, wie jeder von der Zusammenarbeit profitieren<br />
kann – die lokalen Winzer und die Region als<br />
Ganzes. Seit die Bezeichnung im Jahr 2002 eingeführt<br />
wurde, färbt sie mit guten Kritiken der Weinexperten positiv<br />
auf den Ruf aller Languedoc-Weine ab. So profitiert<br />
die « AOC Languedoc » insgesamt. Gleichzeitig erlaubt<br />
das Konzept der Dachmarke die Schaffung eines eigenen<br />
AOC-Siegels für « Les Grés de Montpellier », was mittelfristig<br />
sicherlich auch geschehen wird. Für den Liebhaber<br />
edler Tropfen ist es deshalb heute schon interessant, einen<br />
Wein aus diesem Anbaugebiet in den Keller zu legen. Gibt<br />
es erst einmal das eigenständige AOC-Siegel, werden die<br />
Preise sicherlich steigen.<br />
Wie der Name schon andeutet, bezieht sich « Les Grès<br />
de Montpellier » auf ein Gebiet um die Hauptstadt der Region<br />
herum. Es erstreckt sich über 50 kleine Gemeinden<br />
östlich und westlich von Montpellier. Einige Weingüter,<br />
wie beispielsweise das Château de Flaugergues, liegen sogar<br />
innerhalb des Stadtgebietes.<br />
Diese städtischen Weingüter erinnern daran, dass<br />
Montpellier eine wichtige Rolle in der Geschichte des<br />
Weines spielte. Im Mittelalter haben Professoren der<br />
medizinischen Fakultät der Stadt einen Apparat zum<br />
Destillieren entwickelt. Als dann im 19. Jahrhundert die<br />
Reblaus über französische Weinberge herfiel, waren es<br />
Forscher aus Montpellier, die geeignete Maßnahmen erfanden,<br />
um die hartnäckigen Schädlinge zu bekämpfen.<br />
Diese Erinnerungen schwingen mit, wenn man durch die<br />
Weinberge streift, die gleich in der Stadt oder vor deren<br />
Toren beginnen.<br />
Der Name « Grès » kommt aus dem Okzitanischen<br />
und bedeutet « kieshaltiges Land, günstig für Weinberge ».<br />
Man könnte also denken, dass vor allem die Bodenbeschaffenheit<br />
ausschlaggebend für die Klassifizierung ist.<br />
Allerdings erstrecken sich die Weinberge von der Küstenebene<br />
bis zu den Ausläufern der ersten Berge des Zentralmassivs.<br />
Der Wein gedeiht dabei auf sehr unterschiedlichen<br />
Böden, deren gemeinsamer Nenner lediglich eine<br />
gewisse kalkhaltige Beschaffenheit ist. Für die Grenzen<br />
der Appellation « Grès » hat insofern das Klima sehr viel<br />
mehr Einfluss als der Boden.<br />
Die Bezeichnung « Les Grés de Montpellier » bezieht<br />
sich ausschließlich auf Rotweine, die aus Grenache-,<br />
Syrah- und Mourvèdre- und teilweise Carignan-Reben<br />
gekeltert werden. Die Kompositionen sind von beeindruckender<br />
Qualität und zeigen, welche Geschmacksrevolution<br />
die Weine aus dem Languedoc in den vergangenen<br />
Jahren durchgemacht haben. Ab vier Euro pro Flasche<br />
ist man dabei, herausragende Tropfen kosten aber auch<br />
schon einmal 50 Euro. Besonders begehrt sind die Weine<br />
der Domaine du Poujol, Domaine de Roquemale, Domaine<br />
Saint-Martin de la Garrigue oder vom Weingut Mas<br />
Domergue. Kenner warten jedes Jahr sehnsüchtig auf die<br />
neue Abfüllung dieser Weingüter.<br />
Zum Schluss noch ein touristischer Tipp: Wer sich<br />
für « Les Grès de Montpellier » interessiert, kann die<br />
Freude am Wein mit der Lust auf Sightseeing verbinden.<br />
Einige der Weingüter sind in wenigen Minuten von der<br />
Innenstadt von Montpellier aus zu erreichen. Neben dem<br />
Château de Flaugergues etwa das Château de Engarran,<br />
das Château de Beaulieu, das Château de Devèze und<br />
das Château de Grès Saint Paul. Sie eignen sich ideal als<br />
Ausflugsziel, ob für eine Weinverkostung oder zur Besichtigung<br />
imposanter Architektur.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 79
Art de vivre Rezept<br />
«<br />
Haben<br />
Sie manchmal auch keine Zeit oder Lust, lange<br />
am Herd zu stehen? Ich zaubere in solchen Fällen<br />
kurzerhand eine Quiche ohne Teig, eines meiner<br />
Geheimrezepte. In kleine Vierecke geschnitten bietet<br />
sie sich als Appetitanreger an, in kleinen Formen<br />
gebacken als Vorspeise oder als großes Stück mit<br />
einem Salat als Hauptspeise. Ich schlage Ihnen hier<br />
eine Variante mit Lauch und Speck vor. Genauso gut<br />
eignen sich aber auch Schinken und Lauch, Schinken<br />
und Champignons oder geräucherter Lachs und<br />
Lauch. Der Experimentierfreudigkeit sind eigentlich<br />
keine Grenzen gesetzt. Schauen Sie einfach in Ihrem<br />
Kühlschrank nach. Irgendwelche passenden Zutaten<br />
werden sich bestimmt finden lassen. Bon appétit!»<br />
Quiche sans pâte<br />
Für 2-3 Personen • Vorbereitungszeit: 15 min • Backzeit: 30 min<br />
80 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Zutaten<br />
2 Eier<br />
50 g Mehl<br />
250 ml Milch<br />
1 Lauchstange<br />
50 Speck<br />
30 g geraspelter Gruyère<br />
oder anderer Käse<br />
20 g Butter<br />
Pfeffer<br />
Zubereitung<br />
• Lauch waschen und in runde Scheiben<br />
schneiden. Anschließend<br />
in einer Pfanne andünsten. Nach<br />
einiger Zeit Speck dazugeben und<br />
beides so lange weiterdünsten, bis<br />
Speck und Lauch glasig werden.<br />
• In einer Schüssel Eier, Mehl und<br />
Milch gut miteinander verrühren.<br />
• Tarteform buttern und den angedünsteten<br />
Speck und Lauch auf<br />
dem Boden gleichmäßig verteilen.<br />
Anschließend die Eier-Mehl-<br />
Milch-Mischung darübergießen.<br />
Alles etwas pfeffern. Achtung:<br />
Salzen ist nicht notwendig, da<br />
der Speck bereits salzig genug ist.<br />
Darüber den Käse verstreuen.<br />
• Tarteform in den auf 180 Grad<br />
vorgeheizten Backofen stellen und<br />
alles 30 Minuten backen lassen.<br />
Tipp<br />
• Die Tarte kann sowohl warm<br />
als auch kalt gegessen werden.<br />
Weinempfehlung<br />
• Ein leichter Wein passt gut zu<br />
dieser Speise, beispielsweise ein<br />
Pineau d’Aunis, der aus roten Trauben<br />
hergestellt wird, die im Anjou<br />
und Tourain angebaut werden.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 81
Art de vivre Genuss<br />
Serie: Frankreichs AOC<br />
Teil 7: Die AOC von<br />
Provence-Alpes-Côte d’Azur<br />
Nach der Auvergne (Ausgabe 38), der Normandie (Ausgabe 39), der Bretagne (Ausgabe 40),<br />
der Region Rhône-Alpes (Ausgabe 41), dem Elsass (Ausgabe 42) und Korsika (Ausgabe 43)<br />
führt unsere Gourmettour durch die französischen Regionen dieses Mal in die Region Provence-Alpes-Côte<br />
d'Azur (PACA). Mit 36 geschützten Ursprungsbezeichnungen (AOC und<br />
AOP) bringt es die Region auf nicht weniger als 112 hochwertige Produkte mit AOC- und AOP-<br />
Siegel. Sie spiegeln die Vielfalt der Landschaft zwischen Mittelmeerküste und den Ausläufern<br />
der Alpen auf kulinarischer Ebene wider.<br />
Obst und Gemüse<br />
Der Anbau von Obst und Gemüse spielt im sonnigen Südosten von Frankreich eine wichtige<br />
Rolle: PACA belegt unter den französischen Regionen den Spitzenplatz bei der Obstproduktion<br />
und landet in Sachen Gemüse an zweiter Stelle. Aus allen Erzeugnissen hebt<br />
sich eine Frucht besonders hervor und trägt wesentlich zum Bild der Region bei: die Olive.<br />
Man konsumiert sie auf verschiedene Weise. Sie ist grün oder schwarz, ganz oder gebrochen.<br />
Im Fall von gebrochenen Oliven sind die AOC « Olives cassées de la vallée des Baux-de-<br />
Provence » ein absolutes Muss. Schwarze Oliven werden bevorzugt zu Tapenade verarbeitet,<br />
das ist Olivenpaste zum Bestreichen von Brotscheiben – ein schönes Beispiel für die provenzalische<br />
Küche, die gern mit Oliven und Kapern arbeitet. Bei schwarzen Oliven schwören die<br />
Kenner auf die AOC « Olives noires de Nyons ».<br />
Allgegenwärtig ist die Olive erwartungsgemäß in Form von Öl: Es gibt in der Region<br />
mindestens sechs Olivenöle von höchster Qualität, geadelt mit einem AOC-Prädikat: Olivenöl<br />
aus Aix-en-Provence, dem Tal von Les Baux-de-Provence, aus der Provence, der Haute-<br />
Provence, Nyons und schließlich Nizza.<br />
Zu den Früchten, die ebenfalls ein AOC-Siegel vorweisen können, gehören die Feigen<br />
von Solliès. Sie sind manchmal noch mit einem bunten Namen versehen wie « Violette »,<br />
« Schwarz » oder « Parisienne ». Während im Mittelalter die Gegend um Marseille für einen<br />
großen Teil der französischen Feigenproduktion sorgte, stammen heute drei Viertel der Ernte<br />
aus dem Tal Gapeau, weiter westwärts in der Nähe des Städtchens Solliès-Pont.<br />
An dritter Stelle unter den AOC-Früchten der Region PACA kommt der « Muscat du Ventoux<br />
», eine schwarze Tafeltraube, die gern zum Ausklang eines guten Essens gereicht wird.<br />
Blumen<br />
Untrennbar mit dem Bild der Provence verbunden ist der<br />
Lavendel. Die Region kann ihn in AOC-Qualität produzieren<br />
und zu Öl verarbeiten. Es wird weltweit als Lavendelöl<br />
aus der Haute-Provence geschätzt.<br />
82 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Weine<br />
Dank überaus guter Klimabedingungen produziert man in der Region logischerweise Weine,<br />
darunter 19 Lagen mit AOC-Prädikat. Dazu gehören die Gebiete Var, Bouches-du-Rhône und<br />
in geringerem Umfang Alpes-Maritimes. Das gesamte Anbaugebiet erstreckt sich von Norden<br />
nach Süden von den Alpen bis zum Mittelmeer und von West nach Ost über fast 200 Kilometer<br />
zwischen Istres und Saint-Raphaël. Es ist bekannt für seine Rosé-Weine und umfasst Namen<br />
wie Bandol, Les Baux-de-Provence, Bellet, Cassis, Palette, Côteaux d'Aix-en-Provence, Côtes<br />
de Provence Var, Côtes de Provence. Anders als vermutet, werden hier auch hervorragende, vollmundige<br />
und lagerfähige Rotweine sowie vorzügliche Weißweine gekeltert.<br />
Weiter westlich erstrecken sich die Weingüter der Côtes du Rhône und Vallée du Rhône zu<br />
beiden Seiten des Flusses, zwischen Vienne im Norden, Saint-Gilles im Südwesten und Manosque<br />
im Südosten. Das Anbaugebiet ist zweigeteilt, in eine Seite mit den Côtes du Rhône-<br />
Weinen und eine Seite mit Weingütern, die ebenfalls AOC-Weine produzieren, jedoch weniger<br />
zahlreich: Clairette de Bellegarde, Costières de Nîmes, Côtes du Vivarais, Grignan-les-Adhémar,<br />
Côte du Lubéron und Ventoux. Die Weine in den Farben rot, rosé und weiß weisen die jeweils<br />
charakteristischen Merkmale der einzelnen Appellationen auf. Einige sind echte Unikate, wie<br />
zum Beispiel der Muscat de Beaumes-de-Venise. Der süße Wein wird in der Vaucluse produziert<br />
und begeisterte schon im 14. Jahrhundert die Päpste von Avignon.<br />
Käse<br />
Unter den Milchprodukten schafft es in der Region PACA nur der Banon<br />
zu einem AOC-Siegel. Der kleine tellerrunde Ziegenkäse wird traditionell<br />
in ein Kastanienblatt gewickelt. Eine Anekdote erzählt, dass der römischen<br />
Kaiser Antonius Pius 161 starb, weil er vom Banon übermäßig gegessen hätte.<br />
Auch Jules Verne schätzte den Käse sehr – ist aber nicht daran gestorben.<br />
Fleisch<br />
Im Westen der Region erstreckt sich die Ebene von Crau über Teile der drei<br />
Départements Bouches-du-Rhone, Gard und Hérault. Das Gebiet ist für seine Stiere<br />
bekannt. Diese sind berüchtigt in der Welt des Stierkampfes und berühmt bei<br />
Fleischliebhabern – in Form von Steaks erster AOC-Güte, die unter der Bezeichnung<br />
« Taureau de Camargue » auf den Teller kommen. Die Tiere wachsen in Freiheit auf<br />
und verbringen mindestens sechs Monate in den Feuchtgebieten der Camargue, einem<br />
an Meersalz reichen Moor.<br />
Schließlich wird in der Ebene von Crau auch das erste und einzige Nahrungsmittel<br />
mit AOC-Status angebaut, das tierische Genießer verwöhnen soll: Beim « Foin de<br />
Crau » handelt es sich um stark duftendes Heu, das äußerst gesund für Tiere ist.<br />
AOC & AOP<br />
Die Appellation d’Origine Contrôlée, kurz AOC, bzw. das<br />
europäische Pendant, die Appellation d’Origine Protégée, kurz<br />
AOP, sind kontrollierte Herkunftsbezeichnungen für vielfältige<br />
landwirtschaftliche Erzeugnisse, beispielsweise für Weine und<br />
Molkereiprodukte. Beide Bezeichnungen weisen darauf hin, dass<br />
ein Produkt innerhalb einer bestimmten geografischen Zone<br />
nach fest definierten, meist altbewährten Methoden hergestellt<br />
wurde. Die Auszeichnung steht für Authentizität und Qualität und<br />
bürgt für eine lokale Verwurzelung im Herstellungsprozess.<br />
Verstöße gegen die Vorschriften eines AOC- bzw. AOP-Produktes<br />
sowie eine missbräuchliche Verwendung der Auszeichnung<br />
werden geahndet. Das Institut National des Appellations<br />
d’Origine (INAO) wacht über das System.<br />
Natürlich muss ein Produkt, das nicht über ein AOC- bzw. AOP-Siegel<br />
verfügt, nicht automatisch minderwertig sein. Denn die Prozesse,<br />
eine solche Auszeichnung zu erhalten, sind oft langwierig und die<br />
Auflagen, die das Produkt erfüllen muss, entsprechend hoch, was<br />
sich gerade kleine Produzenten oft nicht erlauben können. Für den<br />
Kunden ist die kontrollierte Herkunftsbezeichnung trotzdem eine<br />
wichtige Hilfe bei der Kaufentscheidung, insbesondere wenn man<br />
einen Hersteller selbst nicht kennt.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 83
Art de vivre Trüffel<br />
Schwarze Diamanten<br />
Die Kulissen der schwarzen Trüffel aus dem schwarzen Périgord<br />
Im Südosten des Departements Dordogne,<br />
ungefähr gleich weit von Bordeaux und<br />
Toulouse entfernt, ist das mittelalterliche<br />
Sarlat-la-Canéda die Hauptstadt des<br />
Périgord Noir. Reiseführer erklären, dass die<br />
Bezeichnung « schwarz » von den dichten<br />
Eichen- und Kastanienwäldern in der<br />
Umgebung herrührt. Doch wer weiß,<br />
vielleicht spielt auch ein Pilz eine Rolle?<br />
Er ist ein Star der Feinschmeckerszene und<br />
heißt tuber melanosporum, besser bekannt<br />
unter dem Namen « schwarzer Périgord-<br />
Trüffel ». Die traditionell verschlossene Welt<br />
der Trüffelproduktion hat uns während der<br />
gerade zu Ende gehenden Saison einen<br />
Blick hinter ihre Kulissen erlaubt. Die seltene<br />
Chance, mehr über eine regionaltypische<br />
Kostbarkeit zu erfahren.<br />
Lauf, Fosto! Such, such! » Immer wieder hallt diese<br />
Aufforderung durch die Landschaft des Périgord.<br />
« Der Himmel ist grau, es nieselt sogar ein wenig. Außerdem<br />
ist es kalt. Die Natur, wenige Kilometer vom dörflichen<br />
Trubel in Sarlat-la-Canéda entfernt, scheint an diesem<br />
trüben Tag im Januar in eine Starre gefallen zu sein.<br />
Doch Fosto, ein Hund voller Lebendigkeit, dem sein Herrchen<br />
gerade die Leine abgenommen hat, sprüht nur so vor<br />
Energie. Auf einem eineinhalb Hektar großen, eingezäunten<br />
Terrain läuft er wild hin und her. Er scheint dabei<br />
keiner Logik zu folgen. Patrick Deviers, sein Herrchen,<br />
lässt ihn gewähren. Zwischendurch ermutigt er ihn immer<br />
wieder weiterzusuchen, teils in spielerischem, teils in direktivem<br />
Ton.<br />
Plötzlich konzentriert sich Fosto immer stärker auf<br />
einen kleinen Bereich, den er mehr und mehr einengt.<br />
Scheinbar hat er etwas gefunden. Dann bleibt er am Fuße<br />
einer Eiche stehen und stößt mit seiner Nase in den Erdboden.<br />
Seine Schnauze ist nun voller Erde, was ihn niesen<br />
lässt. Mit seinen Pfoten beginnt er schließlich in der Erde<br />
zu graben. Doch nach kurzer Zeit hört er unvermittelt<br />
wieder damit auf. Sein Herrchen ist inzwischen angerannt<br />
gekommen. Patrick Deviers schaut in das von Fosto gegrabene<br />
Loch und sieht eine perfekte, frische Trüffel.<br />
Fosto hat das Interesse an seinem Fund dagegen bereits<br />
84 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
verloren. Jetzt zählt für ihn nur noch eines:<br />
seine Belohnung, nach der sein Herrchen bereits<br />
in der Tasche sucht. Kaum hält Patrick<br />
Deviers das Leckerli in der Hand, richtet sich<br />
der Hund auf, schnappt es und verschlingt es<br />
fröhlich in wenigen Sekunden. Danach streichelt<br />
Patrick Deviers Fosto liebevoll, bevor<br />
es mit der Arbeit weitergeht. « Komm, Fosto,<br />
such weiter, mein Hund, such weiter », hallt<br />
es erneut durch die Landschaft.<br />
Dieses Spektakel dauert an diesem Wintertag<br />
gute zwei Stunden. Immer wieder<br />
wird Fosto fündig und freut sich auf seine<br />
Belohnung, während sich die Taschen seines<br />
Herrchens mit kostbaren Trüffeln füllen.<br />
« Manchmal machen wir das auch länger, so<br />
drei bis vier Stunden », erklärt uns Patrick<br />
Deviers. « Aber man muss auch wissen, wann<br />
Schluss ist. Für Fosto ist es ein Spiel, aber<br />
eines, das ermüdet. Er muss sich danach wieder<br />
ausruhen können. »<br />
In diesen Worten spürt man die Liebe,<br />
die Patrick Deviers gegenüber seinem Vierbeiner<br />
empfindet, der in der Tat viel Spaß an<br />
der Trüffelsuche zu haben scheint. « Fosto<br />
hat aber auch keinen Grund zur Beschwerde.<br />
Von Ende Februar bis Anfang Dezember hat<br />
er Urlaub. Das ist doch nicht übel, oder? »,<br />
merkt Patrick Deviers schmunzelnd an. Die<br />
Trüffelernte ist in der Tat eine kurze Saison,<br />
die sich manchmal noch bis Mitte <strong>März</strong> hinzieht,<br />
dann ist aber Schluss. Es bleiben also<br />
nur gut drei Monate, um die erlesenen Trüffel<br />
zu finden.<br />
Als wir Patrick Deviers und seinen Hund<br />
beobachten, verstehen wir, warum er das<br />
Wort « Trüffelernte » nicht so gerne mag.<br />
« Ernte » hört sich seiner Meinung nach eher<br />
wie ein Lebensmittel an, das man zuvor gezielt<br />
gesät hat und dann nur noch zu ernten<br />
braucht. Patrick Deviers spricht lieber vom<br />
« Sammeln », so wie es bei anderen Pilzen<br />
auch heißt. Zwar ist sein Terrain, ähnlich einer<br />
Obstplantage, extra für die Trüffelzucht<br />
angelegt und entsprechend bepflanzt, dennoch<br />
ist das Gedeihen des tuber melanosporum<br />
trotz intensiver internationaler Recherchen<br />
bis heute kein vollkommen planbarer<br />
Vorgang.<br />
« Zum Glück! So behalten Trüffel ihren<br />
besonderen Zauber », meint Patrick Deviers<br />
dazu, während er Fosto streichelt. « Wenn<br />
wir dieses Feld betreten, wissen Fosto und<br />
ich nicht, was wir finden werden. Jedes Mal<br />
ist es eine Überraschung. Heute haben wir<br />
ein gutes Dutzend Trüffel gefunden. Beim<br />
Auf Trüffelsuche<br />
mit Patrick Deviers<br />
und seinem<br />
Hund Fosto. Linke<br />
Seite: Eine frisch<br />
gefundene Trüffel.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 85
Art de vivre Trüffel<br />
Auf dem<br />
Trüffelmarkt von<br />
Sarlat-la-Canéda.<br />
Oben links: Sylvie<br />
Bois, Trüffelzüchterin<br />
und Präsidentin<br />
des Verbandes der<br />
Trüffelzüchter des<br />
Périgord. Oben<br />
rechts: Vor dem<br />
Verkauf müssen alle<br />
Trüffel gesäubert,<br />
gewogen und<br />
klassifiziert werden.<br />
Unten rechts: Einmal<br />
im Jahr findet<br />
im Anschluss an<br />
den Trüffelmarkt<br />
ein großes<br />
Trüffelfest statt.<br />
86 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
letzten Mal waren es aber sehr viel weniger. Im Durchschnitt<br />
komme ich mit Fosto alle zwei, drei Tage hierher.<br />
Es gibt aber keine feste Regel dafür. Die Natur hat ihre<br />
eigenen geheimen Regeln. Das mag ich. »<br />
Da Trüffel ein saisonales Produkt sind, das gewöhnlich<br />
im Winter konsumiert wird, ist es als Züchter nicht<br />
so einfach, das ganze Jahr davon zu leben. Deshalb macht<br />
es Patrick Deviers wie die meisten anderen in der Gegend<br />
auch. Neben seinem anerkannten Beruf als trufficulteur,<br />
wie Trüffelzüchter im Französischen heißen, ist er in den<br />
trüffelfreien Monaten « normaler » Landwirt. Die Trüffel<br />
sind für ihn eher ein geschätzter Zuverdienst, dessen<br />
Höhe aber von Jahr zu Jahr beträchtlich schwankt und auf<br />
den er sich nicht verlassen kann.<br />
Seine Trüffelzucht hat Patrick Deviers von seinem<br />
Vater geerbt. Es handelt sich um ein Terrain, auf dem<br />
Eichen, Steineichen, Haselnusssträucher und ein paar<br />
Birken stehen, alles gepflanzt in den Jahren von 1981 bis<br />
2000. Diese Baumarten fördern den Wuchs von Trüffeln.<br />
Zwar gibt es auch heute noch wilde Trüffel und vereinzelt<br />
Leute, die danach suchen. Wer aber von Trüffeln leben<br />
will, zumindest teilweise, kommt an einer Trüffelzucht<br />
nicht wirklich vorbei.<br />
Dafür werden vom nationalen landwirtschaftlichem<br />
Forschungsinstitut (Institut National de la Recherche<br />
Agricole) speziell gezüchtete Pflanzen angeboten. Diese<br />
im Topf verkauften Pflanzen wurden im Frühstadium<br />
mit Trüffelsporen « geimpft », so dass sich später an ihren<br />
Wurzeln der Pilz entwickeln kann. Es handelt sich dabei<br />
allerdings um einen natürlichen Vorgang ohne jegliche<br />
Erfolgsgarantie.<br />
Viel hängt vom Umfeld und der Pflege der Pflanzen<br />
ab, wobei man bis heute recht wenig über die genauen Voraussetzungen<br />
für einen Erfolg weiß. Patrick Deviers sieht<br />
das sehr realistisch: « Eine Trüffelzucht ist ein geheimnisvoller<br />
Ort. Man muss die Natur respektieren, geduldig<br />
sein und nicht immer versuchen, alles verstehen zu wollen.<br />
Außerdem muss man das Terrain das ganze Jahr über gut<br />
pflegen, selbst wenn man nicht sieht, was unter der Erde<br />
passiert. »<br />
Patrick Deviers‘ Trüffelzucht zeichnet sich durch einen<br />
kalkhaltigen Boden aus, den der Pilz mag. Der Boden<br />
ist nicht sehr fest. Wenn man darüberläuft, gibt er<br />
leicht nach. Patrick Deviers bearbeitet den Boden einmal<br />
im Jahr. Außerdem sollte eine solche Zucht nach Süden<br />
oder zumindest Südwesten bzw. Südosten ausgerichtet<br />
sein, damit für ausreichend Sonnenschein gesorgt ist. Ein<br />
Bewässerungssystem ist ebenfalls wichtig, da Trüffel das<br />
richtige Verhältnis zwischen Feuchtigkeit und Wärme<br />
zum Reifen brauchen. Aus langer Erfahrung weiß man,<br />
dass Weinstöcke, Lavandin und Schneckenklee förderlich<br />
sind. Forscher gehen davon aus, dass diese Pflanzen keine<br />
Träger anderer Pilze sind, die der Trüffelentwicklung entgegenstünden.<br />
Man sollte eine Trüffelzucht nicht in der<br />
Nähe von Wäldern anlegen, in denen bestimmte Bäume<br />
stehen.<br />
Als wir mit Patrick Deviers sein Feld verlassen, verschließt<br />
er mit Gründlichkeit das Tor zu seiner Zucht.<br />
Diebstähle sind leider häufig. Manche Kollegen denken<br />
sogar darüber nach, ein Videoüberwachungssystem einzurichten.<br />
Patrick Deviers erklärt uns anschließend, dass in<br />
Kürze der Zyklus von vorne beginnen wird. Neue Trüffel<br />
werden im <strong>März</strong> und <strong>April</strong> an den Wurzeln « geboren ».<br />
Sie sind dann noch mikroskopisch klein. Einige davon<br />
werden sich entwickeln, andere nicht. Ende August sind<br />
die Trüffel noch kräftig rot. Bis zur Ernte im Winter werden<br />
sie aber schwarz.<br />
Wir kommen zu seinem Auto, in das Fosto fröhlich<br />
hineinspringt. Der Hund ist das Ritual gewöhnt. « Er ist<br />
wirklich ein wunderbares Tier, ein so freundlicher Hund »,<br />
sagt Patrick Deviers. « Er hat mich viel Geld gekostet, um<br />
die 1.000 Euro. Doch ich musste ihn unbedingt kaufen.<br />
Die Zeit, wo man mit Schweinen nach Trüffeln sucht,<br />
ist vorbei. Stellen Sie sich ein 250 Kilogramm schweres<br />
Schwein vor, wie es den Erdboden durchwühlt. Das ist<br />
absolut nicht praktikabel. Fosto ist viel wendiger und<br />
schneller. Außerdem weiß er, dass er die Trüffel nicht mit<br />
seinen Pfoten kratzen darf. Er versteht das. Er ist ein richtiger<br />
Profi. Ich bin stolz auf ihn. »<br />
Patrick Deviers weiß auch, dass die besten<br />
Trüffelfinder Wildschweine sind. « Die haben das schlicht<br />
in ihren Genen, so sehr lieben sie Trüffel », erläutert er.<br />
« Das ist auch einer der Gründe, warum wir unsere Terrains<br />
einzäunen müssen. » Patrick Deviers hat schon von<br />
Kollegen gehört, die versuchten, Wildschweine zu domestizieren,<br />
um sie anschließend für die Trüffelernte einzusetzen.<br />
Er weiß aber auch, dass dies eigentlich verboten<br />
ist, da Wildschweine eine wilde Spezies sind. Nichts geht<br />
für ihn also über einen treuen Kompagnon wie Fosto.<br />
Normalerweise zeigen Trüffelzüchter nicht so gerne,<br />
wo sich ihre Terrains befinden. Da unter der Erde Kostbarkeiten<br />
ruhen, machen sie nicht gerne viel Aufhebens<br />
darum. Außerdem könnten zu viele Besucher das empfindliche<br />
Ökosystem stören. Doch in Sarlat-la-Canéda<br />
und Umgebung ist man diesbezüglich etwas offener als in<br />
anderen Regionen.<br />
Aber selbst wenn man es geschafft hat, einen Trüffelzüchter<br />
zu finden, den man begleiten darf, wird man<br />
ihm nie alle Geheimnisse entlocken können. So will uns<br />
Patrick Deviers nicht verraten, wie oft er sein Feld im<br />
Sommer wässert. Dass er es tut, verriet ein Bewässerungssystem.<br />
« Man muss nicht alles wissen. Man fragt einen<br />
Zauberer schließlich auch nicht nach seinen Tricks »,<br />
antwortet er bestimmt, nachdem alle im Auto sitzen, um<br />
zurück in den Ort zu fahren.<br />
In Sarlat-la-Canéda findet am nächsten Tag der Trüffelmarkt<br />
statt. Ein Spektakel, bei dem nicht nur Experten,<br />
sondern auch interessierte Laien willkommen sind. Sylvie<br />
Bois ist Trüffelzüchterin und Präsidentin des Verbandes<br />
der Trüffelzüchter des Périgord. Wie jeden Samstagmorgen<br />
von Dezember bis Februar findet man sie auf der Place<br />
de la Liberté, denn sie ist in ihrer Funktion verantwortlich<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 87
Art de vivre Genuss<br />
Mehr Informationen über den<br />
Trüffelmarkt und das Trüffelfest<br />
von Sarlat-la-Canéda<br />
Office de Tourisme Sarlat Périgord Noir<br />
3, rue Tourny<br />
24200 Sarlat-la-Canéda<br />
Telefon: +33 (0)5 53 31 45 45<br />
www.sarlat-tourisme.com<br />
Das nächste Trüffelfest findet im Januar<br />
2014 statt. Den Trüffelmarkt gibt es an<br />
jedem Samstagvormittag von Dezember bis<br />
Februar.<br />
Ein Korb voller Trüffel.<br />
Eine Kostbarkeit<br />
von hohem Wert.<br />
für den Trüffelmarkt von Sarlat-la-Canéda.<br />
Dort steht neben dem Rathaus ein großes<br />
Zelt, in dem von 8.00 Uhr morgens an Trubel<br />
herrscht. Trüffelzüchter lassen ihre Ware<br />
überprüfen.<br />
Denn bevor eine<br />
Trüffel verkauft<br />
wird, muss sie die<br />
strengen Augen<br />
der Präsidentin und<br />
ihres Teams passieren.<br />
Jedes Stück<br />
wird gewogen und<br />
klassifiziert. Dabei<br />
muss die Trüffel<br />
vollkommen von<br />
Erdresten befreit<br />
sein, damit das<br />
Gewicht und damit<br />
der Preis nicht ungerechtfertigt<br />
hoch<br />
angegeben werden.<br />
Der Trüffelmarkt<br />
von Sarla-la-Canéda zeichnet sich durch<br />
diese Kontrolle aus, wobei nur zwei Trüffelsorten<br />
zulässig sind. Dank<br />
der Kontrolle hat auch der<br />
unerfahrene Konsument<br />
die Sicherheit, ein Produkt<br />
zu einem an gemes<br />
senen Preis zu<br />
erwerben und nicht<br />
über den Tisch gezogen<br />
zu werden.<br />
Wenn die nahe<br />
Kirchturmglocke<br />
9.00 Uhr schlägt,<br />
ergreift Sylvie<br />
Bois das Wort und<br />
eröffnet offiziell den<br />
Trüffelmarkt. Sie nennt<br />
die zu verkaufende Menge<br />
für diesen Tag und die Durchschnittspreise<br />
der Märkte in der Umgebung<br />
sowie die Preise der letzten Markttage. Zum<br />
Schluss ermahnt sie die Händler, alle Preise<br />
gut sichtbar anzuschlagen. Danach warten<br />
die Händler an ihren Tischen auf Kunden.<br />
Sie müssen dafür aber nicht lange ausharren.<br />
In kurzer Zeit füllt sich der Platz unter dem<br />
Zelt mit potentiellen Käufern und Neugierigen.<br />
Lebhafte Gespräche entfalten sich<br />
überall. Sei es über den Preis oder die Frische<br />
eines Produktes oder den Rat für ein gutes<br />
Rezept. Die Luft ist von dem für Trüffel typischen<br />
Duft geschwängert.<br />
Die Preise zwischen den Anbietern ähneln<br />
sich meist. Für ein Kilo schwarzer Périgord-Trüffel<br />
der ersten Kategorie muss man<br />
an diesem Morgen zwischen 900 und 1.000<br />
Euro auf den Tisch legen. Trüffel der zweiten<br />
Kategorie, also solche, die kleine Makel haben,<br />
etwa Kratzer von Hundepfoten, kosten<br />
ein bisschen weniger. Nach ein paar Stunden<br />
sind rund 30 Kilogramm über die Verkaufstische<br />
gegangen. Es war ein erfolgreicher<br />
Markttag. Die Händler sind zufrieden, Sylvie<br />
Bois ebenso.<br />
An diesem Samstag leert sich das Herz<br />
des Ortes nach dem Markt aber nicht so<br />
wie sonst. Denn dieses Wochenende findet<br />
zusätzlich das jährlich sich wiederholende<br />
Trüffelfest statt. Diverse Attraktionen sollen<br />
Besuchern die Spezialität näherbringen. Am<br />
Fuße der Kathedrale ist sogar eine Trüffelzucht<br />
nachgebaut. Man führt dort vor, wie<br />
Hunde auf Trüffelsuche gehen. Außerdem<br />
erhält man viele Informationen, etwa, dass<br />
auch Fliegen die Existenz der schwarzen Diamanten<br />
anzeigen können. Allerdings ist es<br />
sehr mühsam, in freier Natur diese Fliegen<br />
aufzuspüren.<br />
Überall im Ort gibt es zudem Stände<br />
mit Kochkursen oder Weinverkostungen.<br />
Auch mit Sporen geimpfte Stecklinge sind<br />
zu kaufen. Zudem wird eine lokale Spezialität<br />
angeboten, eine Art Tapa mit Trüffeln<br />
und Stopfleber. 15.000 werden davon in<br />
nur vier Stunden in den Mägen der Besucher<br />
landen.<br />
Vor einem der Zelte, das als Restaurant<br />
dient, wartet ein Hund. Er sitzt brav in der<br />
Ecke, angebunden an einer Bank. Er hechelt<br />
ein wenig. Bei seinem Anblick denken wir<br />
sofort, dass es ein « Kollege » von Fosto sein<br />
muss. Was für eine Qual, ihn hier inmitten<br />
des Trüffelgeruchs angeleint zu haben, denken<br />
wir uns insgeheim. Ein Kind nähert sich<br />
dem Tier, streichelt ihm über den Kopf und<br />
gibt ihm ein Leckerli. Dann kommt der Vater<br />
und sagt zu seiner Tochter: « Weißt Du,<br />
es ist nicht gut, dem Hund einfach so eine<br />
Belohnung zu geben. Die sollte er nur bekommen,<br />
wenn er eine Trüffel gefunden hat.<br />
Aber Du hast schon Recht, heute ist ein besonderer<br />
Tag. Er soll auch an dem Fest teilhaben.<br />
» Dem Hund sind diese Worte egal.<br />
Er verschlingt das Leckerli genauso schnell<br />
wie Fosto. Ob er dabei bereits an die nächste<br />
Entdeckung einer Trüffel oder den bald<br />
anstehenden neunmonatigen Urlaub denkt,<br />
wird sein Geheimnis bleiben.<br />
88 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Vive la langue française!<br />
Französisch erLesen.<br />
• N o 2 | 6 0 º A n n é e •<br />
Février <strong>2013</strong> Artikel aus führenden französischsprachigen Zeitungen<br />
¤ 2,00 [d]<br />
AC T UA L I T É<br />
• Mali: pourquoi la France<br />
est entrée en guerre<br />
• À Alger, François Hollande<br />
décrète la paix des mémoires<br />
Pages 2–3<br />
É C O N O M I E<br />
• Notre-Dame-des-Landes:<br />
un projet d’aéroport<br />
controversé<br />
Page 4<br />
S O C I ÉTÉ<br />
• Rouler à Paris en voiture,<br />
bientôt un luxe?<br />
Page 6<br />
f f F R A NÇ A I S FAC I L E f f<br />
• Jeunes: le service civique,<br />
ça marche!<br />
• Théâtre: à la<br />
Comédie-Française, Molière<br />
est toujours roi<br />
Pages 8–9<br />
C U LT U R E<br />
• Le cinéma français est-il<br />
trop subventionné?<br />
• Exposition: Rodin sous<br />
toutes les coutures<br />
Pages 10–11<br />
L’A I R D U T E M P S<br />
• Prêt-à-porter: Balenciaga a<br />
choisi Alexander Wang<br />
Page 13<br />
S p r ac h t r a i n i n g • L a n d e s ku n d e • Vo k a b e lh i lfe n<br />
Die Revue de la Presse-Redaktion bietet Ihnen interessantes Zusatzmaterial:<br />
S E RV I C E P RO F S<br />
Pages 6 et 7<br />
L E J O U R N A L PA R L É<br />
Pages 5, 6 et 7<br />
Le Journal Parlé<br />
Revue de la Presse Audiodateien<br />
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24<br />
(Jahresabonnement)<br />
Gérard Depardieu entre<br />
Poutine et Raspoutine<br />
C’est sur décret de Vladimir<br />
Poutine que Gérard Depardieu<br />
a obtenu, le 3 janvier <strong>2013</strong>, un<br />
passeport russe. Cela à peine un<br />
mois après l’annonce de son exil<br />
fiscal en Belgique. Accordée en<br />
un temps record, la citoyenneté<br />
russe a valu à l’acteur des réactions<br />
mêlant consternation et<br />
sarcasme. En effet, dans une<br />
lettre ouverte diffusée par la<br />
télévision russe, la star avait<br />
exprimé son admiration pour<br />
la culture et «la démocratie»<br />
russes. En 2011, Depardieu avait<br />
incarné le rôle de Raspoutine,<br />
dans le téléfilm éponyme, une<br />
coproduction franco-russe.<br />
1 Dans son adresse aux Russes,<br />
le soir du 31 décembre, Vladimir<br />
Poutine a rappelé que «les miracles<br />
arrivent parfois». Gérard<br />
Depardieu en sait désormais<br />
quelque chose. Défiant toutes<br />
les lois naturelles et bureaucratiques,<br />
l’acteur français a obtenu<br />
en un temps record la citoyenneté<br />
russe. sur oukase personnel du<br />
président Poutine.<br />
2 Tout s’est passé très vite. Le<br />
18 décembre, Depardieu, ulcéré<br />
par l’attitude du pouvoir français<br />
qui ne «supporte pas la réussite»,<br />
raconte à ses amis que Poutine lui Montrant fièrement son passeport russe, Gérard Depardieu pose<br />
a déjà envoyé un passeport russe. en costume traditionnel, le 6 janvier <strong>2013</strong> à l’opéra-théâtre de<br />
Le Kremlin dément mollement, Saransk, capitale de la république russe de Mordovie (Sibérie occidentale).<br />
Le gouverneur de Mordovie a proposé à l’acteur une maison et le<br />
mais Poutine, deux jours plus<br />
tard, déclare devant un parterre poste de ministre de la Culture de sa région. | Photo: picture<br />
d’un millier de journalistes que si alliance/RIA Nowosti/Julia Chestnova<br />
«Gérard [qu’il connaît bien, ndlr]<br />
désire un permis de séjour ou un<br />
Rencontre<br />
passeport russe, considérons que<br />
entre Gérard<br />
l’affaire est réglée, et de manière<br />
Depardieu et le<br />
positive», tout en regrettant que<br />
président russe,<br />
les autorités françaises n’aient<br />
Vladimir<br />
pas respecté «l’âme sensible du<br />
grand artiste qu’est Depardieu».<br />
3 Comme en témoigne le décret<br />
du 3 janvier, Poutine a tenu parole:<br />
c’est en vertu de l’article 89<br />
de la Constitution de la Fédération<br />
de Russie, qui stipule que le<br />
président décide des questions de<br />
citoyenneté et de l’octroi de l’asile<br />
politique, que Gérard Depardieu<br />
0 – 1 L’ExIL (m.) fiscal das steuerexil (vgl. RdlP<br />
1/<strong>2013</strong>, s. 3) – citoyenneté (f.) h.: staatsangehörigkeit<br />
– valoir qc à qn jdm. etw. einbringen – consternation<br />
(f.) Bestürzung – diffuser h.: verbreiten<br />
11) – éponyme<br />
rerschaft – ndlr = note de la rédaction – âme (f.)<br />
seele – témoigner de qc etw. bezeugen – en vertu<br />
de qc kraft e-r s. – Constitution (f.) h.: Verfassung<br />
– stipuler festlegen, bestimmen – octroi (m.) Zuerkennung<br />
– désormais fortan – détenteur (m.) Beour<br />
le commun des mortels<br />
est désormais détenteur du passeport<br />
rouge. Sinon, pour le commun<br />
des mortels, les procédures<br />
d’obtention d’un permis de séjour<br />
ou d’un passeport prennent,<br />
comme dans la plupart des pays,<br />
de longs mois, voire des années.<br />
4 Officiellement, «Gérard» a<br />
été ainsi remercié pour sa contribution<br />
à la culture et au cinéma<br />
russes. «Depardieu a joué dans<br />
une série de projets cinématographiques<br />
très importants, dont sa<br />
performance en tant que Raspoutine.<br />
Ce film n’est pas encore sorti<br />
sur les écrans chez nous, mais<br />
c’est une approche nouvelle et<br />
très osée de ce rôle», a commenté<br />
le porte-parole du Kremlin, Dmitri<br />
Peskov.<br />
5 Au-delà du rôle de Raspoutine,<br />
les apparitions «russes» de<br />
Depardieu, à l’écran ou sur les<br />
affiches, se limitent, depuis des<br />
années, à des publicités pour<br />
des marques de ketchup, des éléments<br />
de cuisines et des banques.<br />
Mais les Russes l’aiment de bon<br />
cœur, comme ses compatriotes,<br />
Pierre Richard, Mireille Mathieu<br />
ou alain Delon.<br />
6 «C’est une opération de communication<br />
dans le plus pur style<br />
soviétique», commente, à l’antenne<br />
de la radio Echo de Moscou,<br />
le satiriste Viktor Chenderovitch,<br />
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Poutine, le<br />
6 janvier <strong>2013</strong> à<br />
Sotchi, au bord<br />
de la mer Noire.<br />
| Photo:<br />
picture<br />
alliance/<br />
Mikhail<br />
Klimentyev/<br />
RIA Nowosti<br />
convaincu que la citoyenneté n’a<br />
pas été accordée à Depardieu par<br />
avidité du fisc russe qui en veut à<br />
sa fortune. «Blagues à part, Depardieu<br />
est devenu citoyen russe<br />
en échange des trois millions de<br />
nos concitoyens qui se sont fait la<br />
malle, dégoûtés et déprimés par<br />
la Russie de Poutine…», a poursuivi<br />
le chroniqueur. Il a recommandé<br />
aussi à l’acteur de venir<br />
s’installer en Russie avec toute<br />
sa famille, pour voir s’il continue<br />
de dire qu’«en Russie il fait bon<br />
vivre», comme l’a écrit l’acteur<br />
dans sa lettre ouverte aux journalistes<br />
russes, publiée jeudi.<br />
7 Pour le politologue stanislav<br />
Belkovsky, «c’est la conséquence<br />
d’un traumatisme moral profond<br />
Suite page 16<br />
Lire aussi nos informations<br />
en page 14<br />
rung – le porte-parole der sprecher – au-delà de<br />
jenseits von, abgesehen von – affiche (f.) Plakat –<br />
publicité (f.) h.: Reklame<br />
6 – 7 Convaincu überzeugt – avidité (f.) Gier – le<br />
fisc h. die steuerbehörde – qui en veut à sa fortune<br />
die hinter seinem Vermögen her ist – blagues (f.<br />
t spaß beiseite – se faire la malle seine
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 20<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 23<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 24<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 27 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 28<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 29<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 30<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 32<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 33<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 34<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 35 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 36<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 37<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 40<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43
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Reisethemen,<br />
nach Regionen geordnet:<br />
7<br />
9<br />
8<br />
6<br />
5<br />
1<br />
10<br />
2<br />
12<br />
4<br />
3<br />
11<br />
13<br />
14<br />
1 Paris und Umgebung <strong>Nr</strong>.<br />
Paris mit Kindern: Tipps für einen Städtebesuch mit dem 42<br />
Nachwuchs<br />
Le Bon Marché: Eine Pariser Institution feiert ihren 160. 41<br />
Geburtstag<br />
Stadtentwicklung: Architektonischer Aufbruch an der Seine 40<br />
Hôtel des Invalides: Ein kleines Militär-Versailles mitten in 38<br />
Paris<br />
Les Arènes de Lutèce: Die unerwartete Entdeckung eines 37<br />
römischen Amphitheaters<br />
Lido: Carien, Porträt einer Startänzerin 37<br />
Avenue des Champs-Elysées: Wie steht es um den Glanz des 36<br />
Prachtboulevards?<br />
Musée Rodin: Der Charme eines Künstleranwesens<br />
35<br />
mit einzigartigem Garten<br />
Notre-Dame: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Chartres: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Saint-Denis: Ruhestätte der Könige 33<br />
Pantheon: Großes Gebäude für die Großen Frankreichs 32<br />
Aus der Mitte entsprang ein Fluss: Das Pariser Stadtviertel 31<br />
Butte-aux-Cailles<br />
Serie: Designrestaurants 31<br />
Serie: Kiezrestaurants 30<br />
Pariser Friedhöfe: Museen unter freiem Himmel 30<br />
Gärten in Paris: Oasen der Ruhe 29<br />
Serie: Weinbars 29<br />
Batobus: Mit dem Linienschiff über die Seine 28<br />
Stadtentwicklung: Neugestaltung der Seine-Ufer 28<br />
Serie: Ungewöhnliche Restaurants 28<br />
Versailles: Das eigentümliche Paradies der Maire-Antoinette 27<br />
Serie: Restaurants mit Ausblick 27<br />
Hauptstadt der Liebe: Ist Paris noch sexy? 25<br />
Paris bei Nacht: Eine romantische Reise<br />
24<br />
durch die Metropole<br />
Mehr als nur Kino: Legendäre Lichtspielhäuser der<br />
23<br />
französischen Hauptstadt<br />
Das Grand Palais erwacht aus dem Dornröschenschlaf 20<br />
Hotel<br />
Hotel Lutetia, Paris 33<br />
2 Nordfrankreich <strong>Nr</strong>.<br />
Pays de Condé: Eine Bergbaugegend erfindet sich neu 43<br />
10 Ideen... für Ferien am Meer 40<br />
10 Ideen...für Nord-Pas-de-Calais 38<br />
Arras & Douai: Riesen für den Kleinen 36<br />
Amiens: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Beauvais: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Jardin Mosaic: Ein Spaziergang wird zur Reise 33<br />
Jardins de Valloires: Die 10 schönsten Gärten Frankreichs 32<br />
Symbole der Freiheit: Nordfrankreichs Belfriede 29<br />
Hotel<br />
Pasino Saint-Amand-les-Eaux 43<br />
3 Elsass / Lothringen / Champagne <strong>Nr</strong>.<br />
Wellness in den Bergen: Nach dem Sport die Erholung 43<br />
Musée Lalique: Eine Hommage an die Glasmacherkunst 43<br />
Maison de Robert Schuman: Zu Besuch bei einem der Väter 42<br />
des vereinten Europas<br />
Genuss: Die AOC des Elsass 42<br />
10 Ideen...für ein Wochenende im Elsass 41<br />
Haut-Kœnigsbourg: Ein wahrhaft deutsch-französisches 40<br />
Kulturerbe<br />
Marne: In der Heimat des Champagners 40<br />
Bitche: Das zweite Leben einer Zitadelle 38<br />
Grand Ballon: Eine Wanderung auf die Spitze der Vogesen 37<br />
Neufchef & Aumetz: Das stolze Erbe der lothringischen Kumpel 36<br />
Mont Sainte-Odile: Berg der Hoffnung und der Tragödie 35<br />
Straßburg: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Reims: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Metz: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Serie: Städtevergleich (4): Metz versus Nancy 34<br />
Chantals Rezept: Quiche Lorraine 33<br />
Höhenrausch in den Vogesen: Route des Crêtes 29<br />
Kaysersberg im Elsass: Ein Traum aus Fachwerk 27<br />
Epernay: Die Champs-Elysée des Schaumweins 23<br />
Hotel<br />
La Clairière Bio- & Spa-Hotel, La Petite-Pierre 38<br />
Museumotel L'Utopie, Raôn-l'Etape 29<br />
Le Château-Fort, Sedan 16<br />
Le Prestige Impérial, Plombières-les-Bains 12<br />
4 Burgund / Jura <strong>Nr</strong>.<br />
Maison de Louis Pasteur: Ein Dorf im Fokus der Wissenschaft 43<br />
Hospices de Beaune: Ein Krankenhaus mit Weinbergen 41<br />
Lac de Pannecière: Spaziergang durch die Ruinen eines 41<br />
untergegangenen Dorfes<br />
Montbéliard: Die Farben einer Stadt 41<br />
Peugeot-Museum: Mehr als ein Automobilmuseum 39<br />
Roche de Solutré & Roche de Vergisson: Zwei Felsen, ein 35<br />
Wanderparadies<br />
Wein: Saint-Véran aus Burgund 35<br />
Châtillon-sur-Seine: Das Erwachen einer verschlafenen 34<br />
Provinzstadt<br />
Château de Saint-Fargeau: Wo der Blick hinter die Kulissen 32<br />
erlaubt ist<br />
Mönchsstille: Die Abtei von Fontenay 30<br />
Fort Saint-Antoine: In der Kathedrale des Comté 30<br />
Cluny und Flavigny: Eine Reise ins<br />
24<br />
mittelalterliche Burgund<br />
Der Pilgerhügel von Vézelay 20<br />
5 Loire-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Cheverny: Das Schloss von Tim und Struppi 43<br />
Mit dem Ballon übers Loire-Tal: Bitte zeichne mir ein Schloss 38<br />
Blois: Ein Schloss der Geheimnisse und Intrigen 36<br />
Le Mans: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Wein: Chinon, ein Wein für alle Fälle 34<br />
Le Mans: Unerwartet anders 33<br />
Château de Villandry: Die 10 schönsten Gärten Frankreichs 32<br />
Angers: Einfach l(i)ebenswert 30<br />
Azay-le-Rideau: Ein Juwel der Renaissance 27<br />
Loire-Schlösser: Skandale, Anekdoten, Petitessen 20<br />
Hotel<br />
Troglobodo: Wohnen in der Höhle 31<br />
6 Normandie <strong>Nr</strong>.<br />
Genuss: Die AOC der Normandie: 39<br />
10 Ideen... ...für die Normandie 37<br />
Rouen: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Mont-Saint-Michel: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Dieppe: Die Stadt und das Meer 34<br />
Falaises d'Etretat: Die 10 schönsten Naturwunder Frankreichs 33<br />
Livarot: Das Brot der armen Leute 32<br />
Jardin Botanique de Vauville – Die 10 schönsten Gärten<br />
Frankreichs<br />
32<br />
Mémorial: Ein Museum für den Frieden 31<br />
Die fantastische Reise zur Ile de Tatihou 28<br />
Die Ruinenreste der Abtei von Jumièges 23<br />
Honfleur: Hafenromantik und Künstlerflair 20<br />
Hotel<br />
Domaine de la Corniche, Rolleboise (Giverny) 36<br />
7 Bretagne <strong>Nr</strong>.<br />
Bürgerbewegung: Libérez les menhires 42<br />
Brest: Die unterschätzte Hafenstadt am Ende der Welt 41<br />
Genuss: Die AOC der Bretagne 40<br />
Abbaye de Daoulas: Kloster der Kultur und der Heilpflanzen 39<br />
Golfe du Morbihan: Ein typisch bretonisches Naturerlebnis 35<br />
Ile d'Ouessant: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Ile de Sein: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Ile-aux-Moines: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Belle-Ile-en-Mer: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Jardins de l'Abbaye de Daoulas – Die 10 schönsten Gärten 32<br />
Frankreichs<br />
Jardins du Château de la Ballue – Die 10 schönsten Gärten 32<br />
Frankreichs<br />
Pointe du Raz: Das Ende der Welt 31<br />
Ile de Bréhat 29<br />
Dinan: Mittelalterliches Flair in der Bretagne 24<br />
8 Nördliche Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />
EU-Hauptstadtjahre: <strong>2013</strong>: Nantes und Marseille werden 43<br />
europäische Hauptstädte<br />
Cognac: Von betrunkenen Spinnen und verdächtig schwarzen 42<br />
Fassaden<br />
Radfernweg: Velodyssey, immer am Atlantik entlang 41<br />
10 Ideen... für Ferien am Meer 40<br />
Abteien, die sogar Kinder begeistern 40<br />
Marais Poitevin: Die grünen Kanäle des Marais Poitevin 38<br />
Likör: Angélique de Niort, Likor aus einer Heilpflanze 38<br />
Futuroscope: Zukunftspark mit rosiger Zukunft 37<br />
Zukunftspark mit rosiger Zukunft 36<br />
Ile d'Yeu: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Ile de Ré: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Clisson: Ein Stück Italien im Westen Frankreichs 32<br />
La Rochefoucauld: Eine Familiensaga 30<br />
Hotel<br />
Logis Saint-Martin, Saint-Maixent-l'Ecole 37<br />
9 Südliche Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />
Radfernweg: Velodyssey, immer am Atlantik entlang 41<br />
Chantals Rezept: Cannelés 41<br />
10 Ideen... für Ferien am Meer 40
Wein: Château Bardins 37<br />
Gironde: Wie Vauban eine Flussmündung abriegelte 36<br />
Stadtentwicklung: Bordeaux, eine Stadt mit Ambitionen 35<br />
Genuss: Gâteau basque 34<br />
Dune du Pyla: Die 10 schönsten Naturwunder Frankreichs 33<br />
Baskenland: Saint-Jean-Pied-de-Port, ein baskisches 32<br />
Schmuckstück<br />
Serie: Städtevergleich (2) Bordeaux versus Toulouse 32<br />
Bassin d'Arcachon: Auf den Spuren der Austernzüchter 28<br />
Périgord: Auf den Spuren von Jacquou le Croquant 23<br />
10 Zentralfrankreich / Pyrenäen <strong>Nr</strong>.<br />
Wellness in den Bergen: Nach dem Sport die Erholung 43<br />
Pastell: Das blaue Gold 43<br />
Guéwen a testé... Pastellworkshop 43<br />
Bastiden: Die neuen Städte des Mittelalters 42<br />
Genuss: Die AOC der Auvergne 38<br />
Viaduc de Garabit 37<br />
Umweltschutz: Kettensägenmassaker am Welterbe Canal 36<br />
du Midi<br />
Albi: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Genuss: Diskrete Früchtchen, Backpflaumen aus Agen 33<br />
Cirque de Gavarnie: Die 10 schönsten Naturwunder<br />
33<br />
Frankreichs<br />
Serie: Städtevergleich (2) Bordeaux versus Toulouse 32<br />
Im Katharerland: Ein Wanderweg zwischen Mittelmeer und 30<br />
den Pyrenäen<br />
Loirequelle: Wo alles beginnt 27<br />
Pic-du-Midi: Eine Nacht zwischen Himmel und Erde 27<br />
Rhune-Bergbahn: Südamerikanisches Flair<br />
24<br />
in den Pyrenäen<br />
Corrèze: Die Gärten der Colette 20<br />
Hotel<br />
Le Grand Balcon, Toulouse 42<br />
Hôtel parc beaumont, Pau 27<br />
11 Alpen / Rhône-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Wellness in den Bergen: Nach dem Sport die Erholung 43<br />
Tradition: Guignol, kleine Helden aus Lyon 43<br />
Drôme-Tal: Ein Geheimtipp zwischen Provence und Alpen 42<br />
Wein: Clairette de Die 42<br />
Genuss: Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />
Grignan. Im Land der schönen Briefe: eine Reise nach Grignan 40<br />
Wein: Lirac, das «mediterranste» Weinanbaugebiet im 40<br />
Rhône-Tal<br />
Jardin Zen d'Erik Borja: Auf der Suche nach dem verlorenen 39<br />
Garten<br />
Gastronomie: Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />
Tourismus: Trends für den Winterurlaub 2011/12 36<br />
Genuss: L'O Provençale: Olivenöl aus Nyons 36<br />
Genuss: Nougat aus Montélimar 35<br />
Ardèche: Zu den schönsten Dörfern der Ardèche 34<br />
Palais Idéal du Facteur Cheval: Die Kraft eines Traumes 33<br />
Pont d'Arc: Die 10 schönsten Naturwunder Frankreichs 33<br />
Mont Blanc: Alpine Winterfreuden 31<br />
Val d'Isère: Internationale Skistation auf 1.850 Metern Höhe 30<br />
Vogelpark von Villars-les-Dombes 28<br />
Ardèche: Ein Departement voller Überraschungen 23<br />
Hotel<br />
Manoir de la Roseraie, Grignan 40<br />
Avenue Lodge Hotel, Val d'Isère 28<br />
Helvie, Val-les-Bains, Ardèche 23<br />
l’ermitage, Lyon 18<br />
12 Languedoc-Roussillon <strong>Nr</strong>.<br />
Pont du Gard: Altes Aquädukt erfrischend jung 41<br />
Céret & Collioure: Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />
Umweltschutz: Kettensägenmassaker am Welterbe Canal 36<br />
du Midi<br />
Wein - A.O.C. Fitou, Qualitätsgarant aus dem Süden 33<br />
Orgues d'Ille-sur-Têt – Die 10 schönsten Naturwunder 33<br />
Frankreichs<br />
Bambouseraie de Prafance – Die 10 schönsten Gärten 32<br />
Frankreichs<br />
Montpellier: Eine Stadt im Aufbruch 27<br />
Nîmes: Römische Baudenkmäler und mediterrane<br />
23<br />
Lebensfreude<br />
Côte Vermeille: Die rote Küste 20<br />
Hotel<br />
La Mîne d'Or, Gagnières 24<br />
Château L’Hospitalet, Narbonne 20<br />
13 Côte d’Azur / Provence <strong>Nr</strong>.<br />
EU-Hauptstadtjahre: <strong>2013</strong>: Nantes und Marseille werden 43<br />
europäische Hauptstädte<br />
Drôme-Tal: Ein Geheimtipp zwischen Provence und Alpen 42<br />
Orange: Eine Stadt spielt Theater 42<br />
10 Ideen... für Ferien am Meer 40<br />
Bormes-les-Mimosas: Wo Blumen wie Königinnen verehrt 39<br />
werden<br />
10 Ideen... für die Provence 39<br />
Ile de Port-Cros: Kleine Trauminsel im Mittelmeer 38<br />
Domaine du Rayol: Die Geschichte eines ungewöhnlichen 36<br />
Parks<br />
Eze: Wo die Berge ins Meer fallen 35<br />
Ile de Porquerolles: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Dentelles de Montmirail: Mit dem Mountainbike durch das 34<br />
kleine Gebirge<br />
Saint-Rémy-de-Provence - Provenzalische Idylle 33<br />
Serie: Städtevergleich (3): Cannes versus Saint-Tropez 33<br />
Calanques: Die 10 schönsten Naturwunder Frankreichs 33<br />
Colorado Provençal de Rustrel: Die 10 schönsten Naturwunder 33<br />
Frankreichs<br />
Gorges du Verdon: Die 10 schönsten Naturwunder Frankreichs 33<br />
Nizza: Frühlingsgefühle einer Diva 32<br />
Avignon: Ein Tag in der Stadt der Päpste 31<br />
Serie: Städtevergleich (1) Lyon versus Marseille 31<br />
Wanderung: Auf Schusters Rappen durch die Provence 29<br />
Jean Cocteau zwischen Nizza und Menton 28<br />
Baux-de-Provence: Ein kleines Weingebiet wird groß 28<br />
Cannes hors Saison 24<br />
Hotel<br />
Clarion Grand Hôtel Aston, Nizza 41<br />
B Design & Spa, Le Paradou 39<br />
Château de la Messardière, Saint-Tropez 35<br />
Attrap'Rêves, Allauch (Provence) 33<br />
Dolce Frégate, Saint-Cyr-sur-Mer 15<br />
14 Korsika <strong>Nr</strong>.<br />
Genuss: Die AOC Korsikas 43<br />
10 Ideen... für Ferien am Meer 40<br />
Calanche di Piana: Die 10 schönsten Naturwunder<br />
33<br />
Frankreichs<br />
15 Überseegebiete (DOM/TOM) <strong>Nr</strong>.<br />
Französisch-Guayana: Natur, Geschichte, Raumfahrt 37<br />
Martinique: Entdeckungen in einer Postkartenidylle 31<br />
La Réunion: Imposante Vulkaninsel im Indischen Ozean 24<br />
Hotel<br />
Cap Est Lagoon Resort & Spa – Luxusresort auf den<br />
30<br />
französischen Antillen<br />
Weitere Themen:<br />
Gesellschaft & Alltag<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
EU-Hauptstadtjahre: <strong>2013</strong>: Nantes und Marseille werden 43<br />
europäische Hauptstädte<br />
Shopping: Winterschlussverkauf, der andere Wintersport 43<br />
Interview: Michel Chevalet, der Mann, der den Franzosen die 42<br />
Wissenschaft erklärt<br />
Kriminalität: Angst über der Stadt 42<br />
Bürgerbewegung: Libérez les menhires 42<br />
Interview: Jean Viard, der Mann, der Frankreich beobachtet 41<br />
Stadtentwicklung: Architektonischer Aufbruch an der Seine 40<br />
Berufe: Simone Hérault, die Stimme Frankreichs 40<br />
Berühmtheiten: Die 100 bekanntesten Franzosen 39<br />
Frankreichbild: Frankreichs Image in der Welt 39<br />
Berufe: Die Unsterblichen, die 40 Wächter der französischen 39<br />
Sprache<br />
Berufe: Der Präfekt, lebendes Symbol des Zentralismus 38<br />
Berufe: Carien, Startänzerin im Lido 37<br />
Tourismus: Trends für den Winterurlaub 2011/12 36<br />
Berufe: Félisa, Gardienne in Paris 36<br />
Spendenbereitschaft: Wie großzügig sind die Franzosen? 35<br />
Laizität: Ein Thema von immerwährender Aktualität 34<br />
Ladenöffnungszeiten: Wird der Sonntag zum Werktag 34<br />
Serie: Städtevergleich (4): Metz versus Nancy 34<br />
Ehrenlegion: Geht es noch um Verdienste? 33<br />
Serie: Städtevergleich (3): Cannes versus Saint-Tropez 33<br />
Frauen: Madame Glückspilz? Die Situation der französischen 32<br />
Frauen<br />
Serie: Städtevergleich (2): Bordeaux versus Toulouse 32<br />
Serie: Städtevergleich (1): Lyon versus Marseille 31<br />
Mona Ozouf: Bretonin, Französin und Europäerin 31<br />
Es lebe die Elite!: Frankreichs Grandes Ecoles 29<br />
Fußball: Ist der Ball denn auch in Frankreich rund? 29<br />
Frankophonie: Eine Situationsanalyse 28<br />
Krieg auf vier Rädern: Die Debatte um das Quad 27<br />
Regionalsprachen: Babylonisch à la française 24<br />
Versailles: Traditionelle Berufe hinter historischen Mauern 23<br />
Gedenkkultur: Darf der Staat in die Geschichtsschreibung 20<br />
eingreifen?<br />
Politik<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Interview: Gregor Gysi und Frankreich 43<br />
Machtverhältnisse: Alles nach links 41<br />
Medien: Die politische Ausrichtung französischer Medien 40<br />
Volksabstimmungen: Modethema im Wahlkampf 39<br />
Fünf Jahre Sarkozy: Zeit für eine Bilanz 38<br />
François Hollande: Der neue Präsident? 37<br />
Umweltschutz: Kettensägenmassaker am Welterbe Canal 36<br />
du Midi<br />
Präsidentschaftswahl 2012: Die Kultur als Wahlkampfthema 35<br />
Stadtentwicklung: Bordeaux, eine Stadt mit Ambitionen 35<br />
Laizität: Ein Thema von immerwährender Aktualität 34<br />
TGV: Wieviel Hochgeschwindigkeit kann sich Frankreich 34<br />
leisten?<br />
Marine Le Pen: Das «neue» Gesicht des französischen 32<br />
Rechtsextremismus<br />
Widerstände: Sind Franzosen Weltmeister im Streiken? 30<br />
Weniger Vergünstigungen für Politiker und Beamte: Wie steht 30<br />
es um die Pläne zur Reform der Privilegien?<br />
Staatsbankette: Wenn die Politik durch den Magen geht 29<br />
Plages de gauche, plages de droite: Urlaub in politischen 28<br />
Farben<br />
Frankophonie: Eine Situationsanalyse 28<br />
In Mamas oder Papas Fußstapfen: Kinder französischer 27<br />
Politiker in der Politik<br />
Sarkozy: Entpuppt sich der Präsident als Linker? 24<br />
Französischer Staat: Sympole und Insignien 24<br />
Frédéric Mitterrand: Der neue französische Kulturminister 23<br />
Licht und Kerzen: Lyon gratuliert Leipzig zum Wendejubiläum 23
Umweltpolitik: Frankreich wagt die erneuerbaren Energien 20<br />
Subventionen: Wissen die Franzosen die EU überhaupt zu 20<br />
schätzen?<br />
Wirtschaft<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Tourismus: Hauptsache außergewöhnlich 40<br />
Tourismus: Futuroscope, Zukunftspark mit rosiger Zukunft 37<br />
Bistrosterben: Naht das Ende des Bistros? 33<br />
Austernkrise: Sterben Frankreichs Austern aus? 32<br />
Guide Michelin: Eine Deutsche an der Spitze der französischen 29<br />
Gastronomiebibel<br />
Olympia 2012: Wie Frankreichs Norden von den Spielen in 27<br />
London profitieren will<br />
Flughäfen: Welche Zukunftsperspektiven haben Frankreichs 21<br />
Flughäfen<br />
Kunst & Kultur<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
EU-Hauptstadtjahre: <strong>2013</strong>: Nantes und Marseille werden 43<br />
europäische Hauptstädte<br />
ST-ART: Eine Kunstmesse zwischen den Welten 38<br />
Céret & Collioure: Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />
Musée Rodin: Der Charme eines Künstleranwesens mit 35<br />
einzigartigem Garten<br />
Französisches Historisches Museum: Ein Projekt schlägt hohe 31<br />
Wellen<br />
Pariser Philharmonie: Wenn Politik von der Realität eingeholt 31<br />
wird<br />
Mémorial Caen: Ein Museum für den Frieden 31<br />
Zurück bei den Sch'tis: Eine Kleinstadt und ihr Filmruhm 30<br />
Jean Cocteau an der Côte d'Azur: Jean Cocteau zwischen 28<br />
Nizza und Menton<br />
Die afrikanische Seele von Paris: Interview mit Alain<br />
27<br />
Mabanckou<br />
Chanson: Dalida, unsterbliche Ikone des französischen 20<br />
Chansons<br />
Lebensart<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Guignol: Kleine Helden aus Lyon 43<br />
Shopping: Le Bon Marché, eine Pariser Institution feiert ihren 41<br />
160. Geburtstag<br />
Bunte Töpfe: Keramik aus Vallauris 28<br />
Santons: Krippenfiguren aus der Provence 24<br />
Genuss<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC Korsikas 43<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC des Elsass 42<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC der Bretagne 40<br />
Gastronomie: Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC der Normandie 39<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC der Auvergne 38<br />
Rillettes: Einfach, deftig, köstlich 37<br />
L'O Provençale: Olivenöl aus Nyons 36<br />
Nougat: Süßigkeit aus Montélimar 35<br />
Gâteau basque: Traditionelles Gebäck aus dem Baskenland 34<br />
Backpflaumen aus Agen: Diskrete Früchtchen 33<br />
Livarot: Das Brot der armen Leute 21<br />
Ti'Punch & Planteur: Der Charme der Antillen in zwei Cocktails 31<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen<br />
31<br />
Hauptstadt (6): Designrestaurants<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen<br />
30<br />
Hauptstadt (5): Kiezrestaurants<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen<br />
29<br />
Hauptstadt (4): Weinbars<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen<br />
28<br />
Hauptstadt (3): Ungewöhnliche Restaurants<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen<br />
27<br />
Hauptstadt (2): Restaurants mit Ausblick<br />
Kandierte Maronen: Eine weihnachtliche Süßigkeit 24<br />
Esskultur: Fastfood erobert Frankreich 23<br />
Poulet de Bresse: Ein Huhn, ein Mann, eine Leidenschaft 20<br />
Weine & Spirituosen<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Picon: «Un Picon-Bière, s'il vous plaît» 43<br />
Cognac: Von betrunkenen Spinnen und verdächtig schwarzen 42<br />
Fassaden<br />
Clairette de Die: Der Schaumwein für glückliche Menschen 42<br />
Lagerung: Tipps zum Aufbewahren von Wein 41<br />
Bier: Schattendasein oder Geheimtipp? 40<br />
Lirac: Das «mediterranste» Weinanbaugebiet im Rhône-Tal 40<br />
Wein & Gesundheit: Vive le vin! Vive la santé! 39<br />
Angélique de Niort: Likor aus einer Heilpflanze 38<br />
Château Bardins: Ein kleines Familien-Weingut in Pessac- 37<br />
Léognan<br />
Cognac: Eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte 36<br />
Saint-Véran: Erschwinglicher Spitzenwein aus Burgund 35<br />
Vinexpo: Die Welt des Weins zu Gast in Frankreich 35<br />
Chinon: Ein Wein für alle Fälle 34<br />
A.O.C. Fitou: Qualitätsgarant aus dem Süden 33<br />
Crème de Cassis: Ein Getränk, das kein großes Brimborium 32<br />
um sich macht<br />
Champagner für alle!: Gute Qualität für unter 15 Euro 30<br />
Armagnac: 700 Jahre und noch keine Falten 30<br />
Saint-Pourçain: Wein von der Tafel der Mächtigen 29<br />
Vin jaune & Vin de Paille: Die geheimnisvollen Weine des 27<br />
Juras<br />
Pommeau: Das geheime Getränk der Normannen 24<br />
Rum: Hochprozentiges aus Übersee 23<br />
Bier: Ein überraschend französisches Produkt 20<br />
Chantals Rezepte<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Coq au vin 43<br />
Poires safranées et ses tuiles à l'orange 42<br />
Cannelés 41<br />
Gazpacho de tomate 40<br />
Crème brûlée à la fleur d'oranger 39<br />
Velouté de laitue 38<br />
Tarte aux rillettes 37<br />
Liqueur d'estragon 36<br />
Gratin dauphinois 35<br />
Salade au crottin de chèvre chaud 34<br />
Quiche Lorraine 33<br />
Huitres chaudes à la fondue de poireaux et son sabayon 32<br />
Parmentier de canard 31<br />
Poulet basquaise 30<br />
Moules à la crème 29<br />
Soupe de fraises 28<br />
Méli-Mélo d’avocat et melon 27<br />
Steak au Poivre 24<br />
Baba au rhum 23<br />
Jarrets de porc à la sauge et au romarin 20<br />
Eine Übersicht aller jemals erschienenen Themen, also auch der ausverkauften<br />
Ausgaben, finden Sie im Internet: www.frankreicherleben.de<br />
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Dies ist ein Angebot der Globus Medien GmbH, AG Charlottenburg HRB 11<strong>44</strong>11B, Geschäftsführer: Markus Harnau.
Kulturschock<br />
Von Grünkohl<br />
und Stopfleber<br />
Gibt es in Deutschland auch regionale Spezialitäten?<br />
», fragt mich mein Gegenüber, nachdem er<br />
« lang und breit über seinen letzten Besuch auf<br />
dem Trüffelmarkt im Périgord berichtet hat. Jedes Jahr<br />
fährt er von Paris aus dorthin. Für ein paar Stunden vor<br />
Ort legt er dafür Hunderte von Kilometern mit dem Auto<br />
zurück. Eine Strapaze, aber schließlich ist der Trüffelmarkt<br />
eine Tradition mit langer Vergangenheit! Dafür kann man<br />
schon einmal ein paar Stunden im Auto sitzen.<br />
« Natürlich », antworte ich etwas pikiert, bereits ahnend,<br />
dass nun bestimmt wieder die ewig gleichen französischen<br />
Klischees über die deutsche Küche aus dem<br />
Ärmel geschüttelt werden. « Der Südwesten Deutschlands<br />
ist beispielsweise bekannt für seine Maultaschen und seine<br />
Spätzle. Im Norden isst man in der kalten Jahreshälfte<br />
gerne Grünkohl. An den Küsten ist man stolz auf Heringsgerichte<br />
», erkläre ich. « Und in Berlin? », fragt mich<br />
mein Gesprächspartner weiter. « Currywurst und Buletten<br />
», fällt mir spontan ein.<br />
Eine Antwort, die mein Gegenüber zum Schmunzeln<br />
bringt. Wahrscheinlich überlegt er sich, wie er nun süffisant<br />
darüber sinnieren kann, dass man eine Wurst mit<br />
roter Soße oder gebratenes Hackfleisch wohl kaum mit<br />
der von der UNESCO zum Welterbe ernannten französischen<br />
Küche vergleichen könne. Doch bevor er zu einem<br />
solchen Diskurs ansetzen kann, kommt mir das ultimative<br />
Gegenargument in den Sinn: « Wie ist es denn mit Paris?<br />
Hat Paris eine kulinarische Spezialität zu bieten? »<br />
Schweigen! Mir ist klar, dass ich mit dieser Frage einen<br />
Volltreffer gelandet habe. So ist es auch: Nach einigen<br />
Sekunden des Nachdenkens gibt mein Gesprächspartner<br />
zu, dass man in der französischen Hauptstadt wohl lange<br />
nach paristypischen Gerichten suchen müsse. Zwar gibt<br />
es viele Restaurants in der Seine-Metropole, die kulinarische<br />
Spezialitäten aus anderen Regionen offerieren. Aber<br />
eine Speise, die synonym für die französische Hauptstadt<br />
steht? Außer einem jambon-beurre, einem mit Butter bestrichenen<br />
und mit gekochtem Schinken belegten Baguette,<br />
fällt ihm nichts ein. « Das ist dann wohl genauso ein<br />
Snack wie die Currywurst in Berlin », merkt er selbstkritisch<br />
an. Ich nicke voller Genugtuung mit dem Kopf. Es<br />
steht eins zu eins in unserem kleinen Wettstreit.<br />
« Aber identifizieren sich die Menschen mit ihren<br />
regionalen Speisen wirklich ebenso stark wie die Franzosen?<br />
», will mein Gegenüber nun wissen. « Ich habe in<br />
deutschen Restaurants oft das Gefühl, die immer gleichen<br />
Speisen und Beilagen zu essen, egal ob ich im Norden,<br />
Süden, Westen oder Osten bin. Schnitzel, Bratkartoffeln,<br />
Braten, Sauerkraut, … » Ich unterbreche ihn. Selbstverständlich<br />
sehe ich es als meine Pflicht an, darüber aufzuklären,<br />
dass sich Sauerkraut regional sehr wohl unterschiedlicher<br />
Beliebtheit erfreut und dass ein Restaurant<br />
in Hamburg mitnichten die gleichen Klassiker auf der<br />
Speisekarte hat als eines in München.<br />
« Trotzdem », erwidert mein Gesprächspartner, « ist es<br />
wirklich das Gleiche, wie sich die Menschen über das Essen<br />
identifizieren? Nehmen wir einen Franzosen aus dem<br />
Südwesten. Dürfte er kein magret de canard oder kein foie<br />
gras mehr essen, würde er sich nicht mehr als der gleiche<br />
Mensch fühlen. Nicht anders würde es einem Elsässer mit<br />
94 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
seiner choucroute ergehen. »<br />
Ginge das einem Oldenburger ohne Grünkohl oder einem<br />
Schwaben ohne Spätzle genauso? Ich muss zugeben,<br />
ich komme ins Grübeln. Um etwas Zeit zu gewinnen,<br />
platziere ich erst einmal die Bemerkung, dass Stopfleber<br />
ja wohl Tierquälerei und deshalb die Produktion in<br />
Deutschland aus gutem Grunde verboten sei. Dieses Mal<br />
ist es mein Gesprächspartner, der diesen quälenden Gesichtsausdruck<br />
bekommt, wenn man sich die immer gleichen<br />
Klischees und Argumente anhören muss. Um aber<br />
erst gar nicht darüber eine zweite Diskussion zu beginnen,<br />
wechsle ich schnell das Thema und füge hinzu: « Na ja,<br />
Entenbrust essen wir in Deutschland ebenfalls, so besonders<br />
kann das ja nicht sein. »<br />
Aber wie sieht es mit seiner Frage nach der Identifikation<br />
aus. « Schwierig », antworte ich schließlich darauf.<br />
« Du magst vielleicht Recht haben, dass wir uns – zumindest<br />
global betrachtet – weniger stark über klassische<br />
Gerichte definieren. Natürlich gibt es regionale Spezialitäten<br />
und natürlich sind viele Menschen auch stolz darauf.<br />
Gleichzeitig haben sich viele Spezialitäten längst im<br />
ganzen Land verbreitet und werden nicht mehr unbedingt<br />
nur einer Region zugeordnet. Insgesamt grenzt man sich<br />
untereinander vielleicht eher über andere Themen und Eigenarten<br />
ab als über die Küche. Essen hat bei uns sicherlich<br />
einen anderen, weniger wichtigen Stellenwert als bei<br />
Euch. » Ich bin bereit, in diesem Punkt ein zwei zu eins<br />
für ihn gelten zu lassen.<br />
« Was allerdings die immer gleichen Speisen auf den<br />
Speisekarten der Restaurants angeht, so habe ich da doch<br />
einige Zweifel », fahre ich zugleich fort. « Es mag zwar<br />
stimmen, dass es regionale Besonderheiten in Frankreich<br />
gibt. Crêpes wird man nur in der Bretagne oder im Rest<br />
des Landes ausschließlich in bretonischen Crêperien finden,<br />
aber ansonsten bieten viele französische Gaststätten<br />
ebenfalls das immer Gleiche an. Vom croque Monsieur<br />
über den salade au chèvre chaud und das steak frites bis zur<br />
crème brûlée, so vielfältig sind Frankreichs Speisekarten<br />
nun auch nicht. » Mein Gesprächspartner ist zwar nicht so<br />
ganz überzeugt, aber zumindest nach meinem Empfinden<br />
steht es nun wieder zwei zu zwei.<br />
« In einem Punkt muss ich Dir aber Recht geben », beende<br />
ich meinen kleinen Monolog, « bei uns sind ein paar<br />
Klassiker der deutschen Küche zumindest in Restaurants<br />
eher auf der Strecke geblieben. So wird man nicht so häufig<br />
Gerichte wie Königsberger Klopse oder Senfeier auf<br />
den Speisekarten des Landes finden. Auf der anderen Seite<br />
werden Bratkartoffeln wahrscheinlich überproportional<br />
oft angeboten, verglichen damit, wie selten man diese<br />
sonst zu Hause zubereitet. »<br />
Mein Gegenüber widerspricht natürlich nicht. Warum<br />
auch? Schließlich steht es wieder drei zu zwei für ihn,<br />
wenn nicht gar drei zu eins aus seiner Sicht. Die Welt<br />
ist für ihn wieder in Ordnung. Natürlich gesteht er als<br />
weltoffener Franzose auch anderen Nationen kulinarische<br />
Errungenschaften zu. Wichtig ist nur die Feststellung,<br />
dass am Ende das französische Essen trotzdem überlegen<br />
ist, und sei es nur einen kleinen Tick. Das ist in etwa so,<br />
wie der autobegeisterte Deutsche auch einem Alfa Romeo<br />
gute Sportlichkeit, einem Jaguar Eleganz oder einem Citroën<br />
cooles Design zusprechen würde, wissend, dass am<br />
Ende sein BMW, Mercedes oder Audi trotzdem überlegen<br />
ist, da es technisch und qualitätsmäßig eben die besseren<br />
Auto sind, zumindest aus deutscher Sicht.<br />
« Königsberger Klopse muss ich unbedingt mal probieren<br />
», merkt mein Gesprächspartner an, nachdem ich ihm<br />
erklärt habe, um was es sich dabei handelt. Es sind versöhnliche<br />
Worte eines Siegers, der ein wenig stolz ist und<br />
dennoch keine Überheblichkeit an den Tag legen muss.<br />
Ich gönne es ihm, schließlich ist die französische Küche<br />
wirklich sehr lecker und verstehen es die Franzosen wie<br />
keine andere Nation, ihr kulinarisches Erbe zu zelebrieren.<br />
« Und ich einen jambon-beurre, wenn ich das nächste<br />
Mal in Paris bin », erwidere ich. Dann kommt mein Gegenüber<br />
zu unserem Ausgangsthema zurück und erzählt<br />
weiter von seinem letzten Besuch auf dem Trüffelmarkt.<br />
Die Welt ist eben wieder in Ordnung.<br />
Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 95
Guéwen a testé<br />
Wie verläuft das Einchecken?<br />
Wie die meisten Fluggesellschaften unternimmt<br />
Air France alles, um die Passagiere zu ermutigen, sich<br />
von zu Hause aus per Internet oder an einem Automaten<br />
am Flughafen selbst einzuchecken. Schließlich<br />
möchte man Personal einsparen. Da ich aber den<br />
persönlichen Kontakt schätze und mich freue, wieder<br />
ein paar Wörter Französisch zu sprechen, wende ich<br />
mich an den Check-in-Schalter. Der gebotene Service<br />
ist in Ordnung, doch eine Enttäuschung bleibt:<br />
Das Personal ist nicht von Air France und spricht<br />
kein Wort Französisch. So bleibt es bei einer Konversation<br />
auf Deutsch.<br />
Wie verläuft das Boarding?<br />
Obwohl ein Mitarbeiter zunächst alle Familien mit<br />
Kindern, Menschen mit Behinderungen, Business-<br />
Class-Passagiere und Statuskunden<br />
zum Einsteigen auffordert, strömen alle<br />
Passagiere zeitgleich in Richtung Flugzeug.<br />
Der Mitarbeiter ist von dem Chaos<br />
schnell überfordert. Er gibt alsbald seine<br />
Prioritäten auf und lässt alle passieren.<br />
Die Franzosen werden ihrem Ruf, schlecht<br />
organisiert zu sein, wieder einmal gerecht.<br />
In der Fluggastbrücke wartet dagegen eine<br />
angenehme Überraschung: Eine gute Auswahl<br />
deutscher und französischer Tageszeitungen<br />
liegt zum Mitnehmen bereit.<br />
Wie ist der Empfang<br />
im Flugzeug?<br />
Freundlich und korrekt. Vom Eingang bis zu meinem Sitz<br />
werde ich mindestens dreimal mit einem netten Lächeln begrüßt.<br />
Mal begleitet von einem « Bienvenue à bord Monsieur »,<br />
mal von der englischen Variante. Die Kostüme der Stewardessen<br />
und Stewards sind elegant. Sie stammen aus dem Hause<br />
Guéwen a testé …<br />
... AF-Flug von Berlin nach Bordeaux<br />
Da sich unsere Redaktion in Bordeaux , der Verlag aber in Berlin befindet ,<br />
reisen meine Kollegen und ich regelmäßig zwischen den beiden Städten hin<br />
und her. Jedes Mal mit Air France , denn die Fluggesellschaft bietet als einzige<br />
diese Verbindung an , allerdings mit Umsteigen in Paris. Doch wie gut<br />
ist der angebotene Service? Ich versuche es durch die Brille eines Reisenden<br />
zu sehen , der diesen Trip zum ersten Mal unternimmt.<br />
Christian Lacroix.<br />
Bei den folgenden<br />
Ansagen wird<br />
lediglich Französisch<br />
und Englisch<br />
gesprochen. Auf<br />
Deutsch folgt ganz<br />
am Ende nur eine<br />
kurze automatische<br />
Tonbandaufzeichnung.<br />
Vom Personal<br />
scheint niemand die<br />
Sprache Goethes<br />
zu beherrschen.<br />
Als die Pilotin das<br />
Wort ergreift, frage ich mich insgeheim,<br />
ob sie wohl auch von Christian Lacroix<br />
eingekleidet wurde.<br />
Welcher Service wird<br />
während des Fluges geboten?<br />
Auf der Website von Air France wird<br />
einem während des Fluges ein Imbiss<br />
versprochen. Hungrig warte ich also auf<br />
den Bordservice. Ich freue mich schon<br />
darauf, gleich eine kulinarische Kleinigkeit<br />
der weltbekannten französischen<br />
Küche aufgetischt zu bekommen. Ein<br />
fataler Fehler! Die Stewardess fragt mich, ob ich etwas Süßes<br />
oder etwas Salziges wünsche. Ich wähle die zweite Option<br />
und bekomme eine kleine Tüte mit Knabberzeug. Welche<br />
Enttäuschung! Es stammt noch nicht einmal aus Frankreich.<br />
Dann sollte man es doch lieber gleich wie die Billigfluggesellschaften<br />
ohne kostenlosen Bordservice<br />
machen und erst gar keine falschen Hoffnungen<br />
wecken. Auch von Champagner kann man in der<br />
Economy-Class von Air France nur träumen.<br />
Wie verläuft das Umsteigen<br />
in Paris?<br />
In Paris haben wir das Pech, auf dem Vorfeld<br />
aussteigen zu müssen. Anstatt das Flugzeug über<br />
eine Fluggastbrücke bequem verlassen zu können,<br />
müssen wir uns in einen Bus quetschen, der so<br />
voll wird wie die Pariser Metro im Berufsverkehr.<br />
Nach einer minutenlangen Fahrt über das Flughafengelände<br />
erreichen wir schließlich den Terminal 2F.<br />
Ich habe Glück, mein Weiterflug nach Bordeaux geht vom<br />
gleichen Terminal ab. So muss ich nicht lange durch den<br />
Flughafen irren, obwohl die Beschilderung übersichtlich ist.<br />
Wieder in der Luft, wähle ich dieses Mal den süßen Snack.<br />
Es ist ein Keks vom Mont-Saint-Michel. Zwar immer noch<br />
enttäuschend, aber definitiv besser als meine erste Wahl.<br />
96 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
Leserbriefe · Impressum<br />
Impressum<br />
Frankreich erleben ist das Ergebnis von Teamarbeit. Neben den<br />
Autoren und Fotografen tragen auch die Lektoren, Grafiker und<br />
alle anderen Mitarbeiter zur Qualität der einzelnen Artikel bei.<br />
Daher sind keine einzelnen Personen am Ende eines Artikels<br />
hervorgehoben, sondern findet die Nennung im Impressum<br />
statt.<br />
Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />
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Herausgeber: Markus Harnau<br />
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Cobac, Dominique Cache, Stefanie Dracker, Andrea Garbe, Dr. Jan<br />
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bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Verlags.<br />
Frankreich erleben erscheint alle zwei Monate und ist im gut<br />
sortierten Zeitschriftenhandel in Deutschland, Österreich, der<br />
Schweiz, Luxemburg und Südtirol sowie per Abonnement<br />
erhältlich.<br />
Einzelpreise im Handel: 5,90 € (D), 6,50 € (A),<br />
9,60 CHF (CH), 7,00 € (F/L/B/NL), 7,00 € (I)<br />
Abonnement (Preise pro Jahr): 29,90 € (D), 35,90 €<br />
(A), 51,80 CHF (CH), alle anderen Länder: 39,90 €<br />
Bezugspreise beinhalten, wo erforderlich, die gesetzliche<br />
Mehrwertsteuer.<br />
© <strong>2013</strong> Globus Medien GmbH, Berlin<br />
Bildnachweise (nach Seiten, Anordnung von links nach rechts,<br />
oben nach unten): Titel: S1: Serge Robin, Ajc Presse • S.3:<br />
Serge Robin, Ajc Presse • S.4: Serge Robin, Ajc Presse; DR,<br />
DIE LINKE im Bundestag; Christophe Pallot, Agence Zoom, Les<br />
Bains du Monetier; Serge Robin, Ajc Presse • S.6: DR • S.7:<br />
Arnaud Février, Agence Ubi Bene • S.8-10: Serge Robin, Ajc<br />
Presse; A.S.O. Amaury Sport Organisation, DR • S. 11: Ingrid<br />
Friedl • S.12-13: DR • S.14-18: DR • S.19: Arte / DR • S.20: DR<br />
• S.22-28: Serge Robin, Ajc Presse • S.30-31: DR • S.32-36:<br />
Serge Robin, Ajc Presse• S.38-39: Christophe Pallot, Agence<br />
Zoom, Les Bains du Monetier • S.40: Ludovic Di Orio • S.42:<br />
Pierre & Vacances Center Parcs, Avoriaz Tourisme S.43: Fabrice<br />
Rambert, Lucien Barrière • S.<strong>44</strong>-45: DR • S.46-53: Serge Robin,<br />
Guéwen Brown, Ajc Presse • S.54: Serge Robin, Ajc Presse •<br />
S.62: Serge Robin, Ajc Presse • S.63: Hôtel Pasino, DR • S.64-<br />
68: Guéwen Brown, Ajc Presse • S.70: Martin Argyroglo; Serge<br />
Robin, Ajc Presse • S.72: DIE LINKE im Bundestag • S.76: Marc<br />
Bertrand, Office du Tourisme de Paris • S.78: Serge Robin, Ajc<br />
Presse; Jean-Julien Bault • S.80-81: Maurice Albert, Ajc Presse<br />
• S.82-84: CIV Corse, DR; Syndicat AOP Farine de Châtaigne<br />
Corse; Syndicat AOC Miel de Corse; AOC Oliu di Corsica •<br />
S.86-88: Serge Robin, Ajc Presse • S.94: Chantal Cobac pour<br />
Frankreich erleben • S.96: Peter Schmidt; Pier Giorgio Mariani,<br />
Fotolia; Serge Robin, Ajc Presse; Fotolia, Jeas Ottoson<br />
Leserbriefe<br />
Nach dem Krieg war mein Vater<br />
zwei Jahre lang in französischer<br />
Kriegsgefangenschaft. In der Nähe<br />
von Beauvais lebte er auf einem<br />
Bauernhof und konnte sich frei bewegen,<br />
ganz ohne Wachposten und<br />
Stacheldraht. Der Patron, seine Frau<br />
und ihre beiden Kinder waren nett<br />
und freundlich zu meinem Vater und<br />
mit seinem Schulfranzösisch konnte<br />
er sich mit ihnen gut unterhalten.<br />
Beim Essen saß er mit der Familie<br />
am gleichen Tisch und draußen bei<br />
der Arbeit auf dem Feld teilte der<br />
Patron die letzte Zigarette mit ihm,<br />
damals keine Selbstverständlichkeit!<br />
1989 fiel die Mauer und wir Bürger<br />
der ehemaligen DDR waren über<br />
Nacht frei. Wir konnten reisen und<br />
niemand zensierte unsere Briefe. So<br />
schrieb ich kurz nach der Wende<br />
einen Brief an die Familie, um mich<br />
für alles zu bedanken, was sie meinem<br />
Vater Gutes getan hatten. Eine<br />
Sensation in der französischen Familie,<br />
der Sohn vom Erik schreibt nach<br />
50 Jahren einen Dankesbrief! Es<br />
entstand ein herzlicher Briefwechsel,<br />
ich wurde eingeladen, wir haben uns<br />
gegenseitig besucht und wurden inzwischen<br />
gute Freunde. Mein längst<br />
verstorbener Vater hätte seine helle<br />
Freude. Nach drei unseligen Kriegen<br />
sind wir die erste Generation, die in<br />
friedlicher Absicht ohne Gewehr,<br />
sondern mit dem Fotoapparat ins<br />
Nachbarland kommt, um die Schönheit<br />
des Landes, seine Bauwerke und<br />
die Herzlichkeit der Menschen zu erleben.<br />
Ich bin davon überzeugt, dass<br />
es nie wieder Krieg zwischen unseren<br />
beiden Ländern geben wird und dass<br />
nie wieder deutsche Soldaten auf<br />
französische schießen werden.<br />
Wolfgang Welcker, Radebeul<br />
Seit Ausgabe <strong>Nr</strong>. 12 bin ich interessierte<br />
Leserin Ihres Magazins. In<br />
jedem neuen Heft stoße ich auf mindestens<br />
vier Berichte über Ziele, die<br />
mir von Urlauben her bekannt sind.<br />
Heute sind uns weite Urlaubsreisen<br />
leider nicht mehr möglich. Geblieben<br />
ist die Liebe zu Frankreich, seine<br />
Sprache und Kultur, seine Menschen<br />
und Landschaften – und die Vorfreude<br />
auf jedes neue Frankreich erleben.<br />
Ich hoffe, neue Themen gehen Ihnen<br />
noch lange nicht aus.<br />
Christa Dinger, Zweibrücken<br />
Hat Ihnen unser Magazin gefallen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge oder<br />
Anregungen? Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />
Per E-Mail: leserbriefe@frankreicherleben.de<br />
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Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />
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Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42<br />
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Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39<br />
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Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong> · 97
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Kunst am Fluss<br />
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Languedoc-Roussillon<br />
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weitere Themen<br />
Normandie<br />
Heimat des<br />
Impressionismus<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 45 – Mai / Juni <strong>2013</strong> erscheint am 30. <strong>April</strong> <strong>2013</strong><br />
98 · Frankreich erleben · <strong>März</strong> / <strong>April</strong> <strong>2013</strong>
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Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41<br />
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