Nr. 49 - Januar / Februar 2014
Marseille: die Renaissance einer Metropole ? Normandie: die Stars der Côte Fleurie: Cabour, Deauville, Trouville-sur-Mer und Honfleur Vichy: ein Kurbad mit schicksalhafter Vergangenheit Route Napoléon: einmal quer durch die Alpen Korsika: unterwegs auf dem Zöllnerpfad vom Cap Corse Rochefort: die Stadt, die ihre Träume lebt Rezept: ile flottante Aperitif: die Kunst des Aperitifs Genuss: die AOC Aquitaniens
Marseille: die Renaissance einer Metropole ?
Normandie: die Stars der Côte Fleurie: Cabour, Deauville, Trouville-sur-Mer und Honfleur
Vichy: ein Kurbad mit schicksalhafter Vergangenheit
Route Napoléon: einmal quer durch die Alpen
Korsika: unterwegs auf dem Zöllnerpfad vom Cap Corse
Rochefort: die Stadt, die ihre Träume lebt
Rezept: ile flottante
Aperitif: die Kunst des Aperitifs
Genuss: die AOC Aquitaniens
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DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN <strong>Nr</strong>. <strong>49</strong> · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong><br />
Marseille<br />
Die Renaissance einer Metropole<br />
ALPEN<br />
Auf Napoleons Spuren<br />
Normandie<br />
Die Reize der Blumenküste<br />
KORSIKA<br />
Wandern am Cap Corse<br />
Vichy Ein Kurort mit wechselvoller Geschichte<br />
Politik François Hollande im absoluten Stimmungstief<br />
Atlantik In Rochefort werden Träume wahr<br />
www.frankreicherleben.de<br />
Deutschland 5,90 €<br />
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Schweiz 9,60 CHF<br />
Frankreich & Benelux 7,00 €<br />
Italien 7,00 €
Nantes, Kunstwerke « Les anneaux de Buren et Bouchain », Estuaire Nantes Saint Nazaire © Nautilus<br />
Relais Thalasso Baie de la Baule /<br />
Chateau des Tourelles, Pornichet<br />
Verkostung von Meeresfrüchten auf der<br />
Insel Ile de Noirmoutier © M.Thiery<br />
Tal der Loire mit dem Weinanbaugebiet Savennières<br />
© PH.Caharel<br />
Die Region Pays de la Loire<br />
Nantes,<br />
Tor zum Tal der Loire und zum Atlantik<br />
Nantes ist mit dem Flugzeug von Berlin (Transavia), Düsseldorf (Hop!/Air France) und<br />
München (Volotea) aus erreichbar.<br />
Nicht nur das Schloss der Herzöge der Bretagne ist für den Besucher ein spannendes Erlebnis,<br />
auch das Ausstellungsprojekt „Machines de l’Ile“ mit imaginären Welten nach Jules Verne bietet<br />
ein interessantes Ziel. Darüber hinaus ist Nantes ein idealer Ausgangspunkt, um die Küstenstreifen<br />
der Départements Loire-Atlantique und der Vendée zu entdecken. Aber auch das Tal der<br />
Loire lässt sich von Nantes aus gut erschließen.<br />
Entlang der Mündung der Loire gibt es unter dem Namen „Estuaire Nantes Saint-Nazaire einzigartige<br />
Werke zeitgenössischer Kunst - eine originelle Möglichkeit, um die Flussmündung bis Saint-<br />
Nazaire kennen zu lernen.<br />
Nutzen Sie Ihren Aufenthalt in der Region Pays de la Loire, um Küstenorte wie La Baule, Pornic<br />
oder les Sables-d’Olonne mit ihrer berühmten Thalassotherapie kennen zu lernen.<br />
Entdecken Sie Weinanbaugebiete des Loiretals wie Muscadet, Anjou, …<br />
Genießen Sie die Gastronomie mit Schalentieren, schmackhaften Gemüse-und Obstsorten der<br />
Region, Süßwaren und Gebäck.<br />
Nantes und die ganze Region bieten vielfältige Möglichkeiten für Ausflüge jeder Art …<br />
Erfahren Sie mehr:
EDITORIAL<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
Marseille hat nicht gerade einen<br />
besonders guten Ruf. Lang ist die Liste der Klischees,<br />
die die meisten Franzosen und Touristen über diese Stadt<br />
im Kopf haben. Die Marseiller gelten als heißblütig,<br />
streiklustig und schlitzohrig. Fast jeder kennt<br />
eine Geschichte von jemandem, dessen Auto in<br />
Frankreichs ältester Stadt aufgebrochen<br />
oder dessen Portemonnaie geklaut wurde.<br />
Sicher lich, Marseille ist keine ganz<br />
einfache Stadt. Man würde der Metropole<br />
aber Unrecht tun, sie deshalb links liegen zu<br />
lassen. In den letzten Jahren erlebt die<br />
Hafenstadt eine unglaubliche Verwandlung,<br />
so dass sie inzwischen<br />
definitiv zu den sehenswertesten<br />
Städten des Landes gehört und<br />
viel sicherer ist, als manch<br />
einer denkt. Unser Redakteur<br />
kam sogar so begeistert von<br />
seiner Recherchereise zurück,<br />
dass er selbst meinte,<br />
er hätte sich in die Stadt<br />
verliebt. Die gesamte Redaktion<br />
fühlte sich von seinen begeisterten<br />
Erzählungen derart angesteckt, dass<br />
wir schließlich den Vieux Port von<br />
Marseille als Titelblatt wählten.<br />
Kleinstadt viel<br />
übersichtlicher<br />
als der Vieux Port von<br />
Marseille, spektakulär ist<br />
es aber trotzdem. Er lohnt genauso einen<br />
Besuch wie die ehrwürdigen Seebäder entlang<br />
der Côte Fleurie. Gerade in der Belle Epoque war Deauville<br />
das Epizentrum des gesellschaftlichen Lebens.<br />
Das hat das Seebad gemeinsam mit Vichy, dem Kurbad<br />
in der Auvergne, das schon die alten Römer wegen<br />
seiner Quellen anzog. Leider meinte es das Schicksal<br />
mit Vichy aber weniger gut als mit Deauville. Im<br />
Zweiten Weltkrieg wurde der Ort zum Synonym<br />
eines Unrechtsstaates, der mit den deutschen<br />
Nazis kollaborierte. Seitdem kämpft das<br />
Kurbad um seinen Ruf, denn Vichy selbst<br />
konnte nichts dafür, als Hauptstadt des<br />
angeblich freien Frankreichs unter<br />
Pétain ausgewählt worden zu sein.<br />
Historisches gibt es in dieser Ausgabe<br />
mit der Reportage über die Route<br />
Napoleon auch aus den Alpen zu berichten.<br />
Theoretisch könnte man die Strecke ebenso zu<br />
Fuß zurücklegen wie einst der Kaiser. Immerhin<br />
kommt das Wandern in Frankreich immer mehr<br />
in Mode, wie Sie in dieser Ausgabe nachlesen<br />
können. Wer aber wirklich per pedes losziehen<br />
will, dem empfehlen wir eher den Zöllnerpfad<br />
am Cap Corse. Der Redakteur dieses Artikels kam<br />
ebenfalls völlig begeistert von seiner Reise zurück.<br />
Wie immer viel Spaß bei der Lektüre dieser<br />
und all der anderen Themen im Heft!<br />
Anstelle vom Vieux Bassin von Honfleur,<br />
was wir zunächst als Motiv geplant<br />
hatten. Zwar ist das alte Hafenbecken<br />
der normmanischen<br />
Titelbild: Vieux Port von Marseille<br />
Jean-Charles Albert<br />
Chefredakteur<br />
jc.albert@frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 3
INHALT<br />
Korsika · 56<br />
Aperitif · 80<br />
Marseille · 22<br />
Route Napoleon · 48<br />
Côte Fleurie · 32<br />
Vichy · 42<br />
Pays-de-la-Loire · 88<br />
Rochefort · 64<br />
4 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
40 · Hotel<br />
84 · AOC Aquitanien<br />
86 · Pays-de-la-Loire<br />
Nantes<br />
Bordeaux<br />
Lille<br />
32 · Côte Fleurie<br />
76 · Grosbliederstroff<br />
PARIS<br />
42 · Vichy<br />
64 · Rochefort<br />
Lyon<br />
48 · Route Napoleon<br />
22 · Marseille<br />
Unterwegs in Frankreich<br />
22 Marseille<br />
Die Renaissance einer Metropole!?<br />
Frankreichs zweitgrößte Stadt entwickelt sich immer mehr<br />
zu einem Trendziel am Mittelmeer. Zu Besuch in einer sich<br />
neu definierenden Metropole.<br />
32 Normandie<br />
Die Stars der Côte Fleurie<br />
Cabour, Deauville, Trouville-sur-Mer und Honfleur gehör en<br />
zu den Höhepunkten eine Reise an die normannische<br />
Blumen küste, die man nicht verpassen sollte.<br />
40 Hotel<br />
Hôtel les bains de Cabourg<br />
42 Vichy<br />
Ein Kurbad mit schicksalhafter Vergangenheit<br />
Der Name Vichy steht für ein stolzes Kurbad aus der Belle<br />
Epoque, aber auch für eines der dunkelsten Kapitel der französischen<br />
Geschichte. Wie geht der Ort mit diesem Erbe um?<br />
48 Route Napoleon<br />
Einmal quer durch die Alpen<br />
Sie führt von Cannes nach Grenoble und passiert<br />
unterwegs malerische Bergpässe und sehenswerte Orte:<br />
Die Route, auf der Napoleon zurück an die Macht nach<br />
Paris marschierte.<br />
56 Korsika<br />
Türme, Kühe und Kanonen, unterwegs<br />
auf dem Zöllnerpfad vom Cap Corse<br />
Ganz im Norden der Insel der Schönheit führt ein<br />
malerischer Wanderweg durch eine zerklüftete<br />
Landschaft und entlang verfallener Wachtürme.<br />
56 · Cap Corse<br />
64 Rochefort<br />
Die Stadt, die ihre Träume lebt<br />
Obwohl sie nicht am Meer liegt, wurde Rochefort durch<br />
königliches Dekret zur Hafenstadt. Seitdem wissen die<br />
Einheimischen, dass nichts unmöglich ist, wenn man es nur<br />
wirklich will.<br />
Frankreich heute<br />
72 Politik<br />
François Hollande: Es ist nicht einfach,<br />
Präsident zu sein<br />
Noch nie hat sich ein französischer Staatspräsident<br />
bei seinem Volk so schnell so unbeliebt gemacht wie<br />
der amtierende Sozialist François Hollande. Doch<br />
wer ist schuld daran? Ein stümperhaft regierender<br />
Präsident oder ein Volk, das zu ungeduldig ist?<br />
74 Gesellschaft<br />
Die Franzosen entdecken das Wandern<br />
Immer mehr Franzosen entdecken am Wochenende oder<br />
im Urlaub ihre Heimat zu Fuß. Noch nie war das<br />
Wandern in Frankreich so beliebt wie heute.<br />
76 Deutsch-Französische Freundschaft<br />
Ein Grenzfall: Zwei zwangsverbrüderte Orte<br />
stellen sich vor<br />
Vor 51 Jahren wurde der Elysée-Vertrag unterschrieben,<br />
der aus zwei Erbfeinden Freunde machen sollte. Doch wie<br />
gelingt diese Freundschaft im Alltag ein halbes Jahrhundert<br />
später? Eine Suche nach Antworten in zwei Kommunen,<br />
die nur durch einen Fluss voneinander getrennt sind.<br />
Art de vivre<br />
80 Aperitif<br />
Die Kunst des Aperitifs<br />
In Frankreich wird ein Essen gerne mit einem Aperitif<br />
begonnen. Man reicht dafür einen edlen Tropfen und ein<br />
paar Häppchen zum Naschen. Doch was muss man noch<br />
beachten? Tipps für eine typisch französische Erfindung.<br />
82 Chantals Rezept<br />
Ile flottante<br />
84 Genuss<br />
Die AOC Aquitaniens<br />
Eines der berühmtesten Weinanbaugebiete der Welt,<br />
das Bordelais, liegt in Aquitanien. Es ist deshalb nur<br />
logisch, dass zahlreiche Weine aus dieser Region mit<br />
einem AOC-Siegel geadelt wurden. Doch Aquitanien<br />
kann auch andere AOC-Lebensmittel aufweisen.<br />
86 Gastronomie<br />
A table!<br />
Jede Region ist stolz auf ihre lokaltypische Küche.<br />
Dies gilt auch für die Pays-de-la-Loire, die ein ganz<br />
besonders inniges Verhältnis zum kulinarischen Genuss<br />
haben und mit innovativen Ideen aufwarten.<br />
3 Editorial<br />
6 On en parle<br />
12 Frankreichkalender<br />
14 On lit<br />
16 On écoute<br />
17 Abonnement<br />
18 On regarde<br />
20 On surfe<br />
90 Nachbestellungen<br />
94 Kulturschock<br />
96 Guéwen a testé<br />
97 Leserbriefe<br />
97 Impressum<br />
98 Vorschau<br />
Frankreich erleben im Internet:<br />
www.frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 5
ON EN PARLE<br />
CANAL DU MIDI<br />
Chemieangriff auf Platanen<br />
Als ob es die großen alten Platanen entlang des Canal<br />
du Midi mit dem Befall durch eine Krankheit, die zu<br />
großflächigen Abholzungen führen wird, nicht schon<br />
schwer genug hätten: Es wurde festgestellt, dass jemand<br />
die Bäume illegal mit einem chemischen Produkt, das<br />
mit Hilfe einer Bohrmaschine in die Stämme injiziert<br />
wurde, malträtiert hat. Eine Suche nach dem oder den<br />
Verantwortlichen wurde eingeleitet.<br />
GIRONDE<br />
Phare de<br />
Cordouan<br />
wird saniert<br />
Der Leuchtturm<br />
von Cordouan,<br />
der inmitten der<br />
Mündung der Gironde an<br />
der Atlantikküste steht<br />
und als der schönste des<br />
Landes gilt, weshalb er<br />
auch als « kleines Versailles<br />
am Atlantik » bezeichnet<br />
wird, erhält endlich<br />
eine dringend notwendige Schönheitskur. Bis 2018<br />
soll der Signalturm für fünf Millionen Euro saniert<br />
werden, was einer logistischen Meisterleistung gleichkommt,<br />
da sowohl die Bauarbeiter als auch die Baumaterialien<br />
per Hubschrauber zur Baustelle gebracht<br />
werden müssen. Die Restaurierung kommt dem<br />
ganzen Leuchtturm zugute, also auch der kleinen Kapelle<br />
und den wunderschönen Apartments aus dem 18.<br />
Jahrhundert.<br />
PERSONENBEFÖRDERUNG<br />
Regierung stärkt Taxigewerbe<br />
gegenüber Chauffeurdiensten<br />
Laut französischer Gesetzeslage ist es nur lizensierten Taxis<br />
erlaubt, im öffentlichen Straßenraum zu parken, um auf die<br />
Beförderung von Fahrgästen zu warten. Dafür erwerben<br />
Taxibesitzer eine Lizenz, die in Paris bis zu 200.000 Euro<br />
kosten kann. Seit 2009 hat sich jedoch mit dem seitdem<br />
erlaubten Angebot von Limousinen mit Chauffeur eine<br />
Konkurrenz entwickelt, die von den Taxifahrern zunehmend<br />
als unfair bewertet wird. Chauffeurdienste dürfen offiziell<br />
zwar nur im Voraus gemietet werden und unterliegen<br />
im Gegenzug geringeren Auflagen, insbesondere<br />
brauchen sie nicht die teure Taxilizenz. Doch während<br />
in der Anfangszeit noch ein gewisses Gleichgewicht<br />
zwischen beiden Systemen herrschte, gerät dieses nun<br />
durch die Möglichkeiten der immer weiter verbreiteten<br />
Smartphones mehr und mehr ins Wanken. So lassen<br />
sich die meist komfortableren Limousinen, deren Fahrer<br />
sich gerne im Umfeld von Bahnhöfen und Flughäfen<br />
aufhalten, inzwischen durch einen Klick in der richtigen<br />
App in kürzester Zeit bestellen, was die dort ebenfalls<br />
wartenden Taxifahrer natürlich ärgert. Um wieder zu<br />
einem ausgewogeneren Verhältnis zwischen Taxis und<br />
Limousinen zu gelangen, hat die Regierung beschlossen,<br />
dass ab dem 1. <strong>Januar</strong> <strong>2014</strong> zwischen der Reservierung<br />
eines Chauffeurdienstes und der tatsächlichen Aufnahme<br />
des Passagiers<br />
mindestens 15<br />
Minuten vergehen<br />
müssen.<br />
6 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
SNCF<br />
Verbessertes Speisenangebot<br />
in den Zügen<br />
Bisher hatte das<br />
Speisen an ge bot<br />
in den Zügen<br />
der SNCF kein en<br />
gu ten Ruf. Einheim<br />
ische und<br />
Touristen ärgerten<br />
sich über eine<br />
geringe Auswahl, geschmacklose weiche<br />
Sandwichs und hohe Preise. Damit soll nun<br />
Schluss sein. Die nationale Bahngesellschaft hat<br />
ihr kulinarisches Angebot komplett überarbeitet<br />
und auf eine neue Grundlage gestellt. So gibt<br />
es in den TGV-Zügen zukünftig Gebäck der<br />
Edelmarke « Chez Paul », Kaffee von « Illy » sowie<br />
Snacks von « Daily Monop ». Das Angebot warmer<br />
Speisen wurde in Zusammenarbeit mit bekannten<br />
Köchen wie Anne-Sophie Pic und Jean-Michel<br />
Lorrain entwickelt. Außerdem werden die Speisen<br />
hübscher serviert. Neu ist darüber hinaus, dass<br />
das Angebot auf die regionalen Unterschiede<br />
eingeht und die kulinarischen Gewohnheiten des<br />
Reiseziels berücksichtigt. So gibt es beispielsweise<br />
in den TGV-Zügen nach Deutschland Bretzel,<br />
Gugelhupf, Pinot-Weine aus dem Hause<br />
Wolfberger und Bier vom Fass.<br />
IMMOBILIENPREISE<br />
Finanzministerium bietet neuen<br />
Service für die Wertermittlung<br />
Die seit mehreren Monaten angekündigte Website<br />
« Pa trim » des französischen Finanzministeriums ist online<br />
gegangen. Damit sollen die Bürger die Mög lich -<br />
keit haben, den Wert ihres Grundbesitzes prä zi ser zu<br />
ermitteln. Während die Makler und Im mo bil ien -<br />
gut achter diesen neuen Service argwöhn isch<br />
beäugen, da sie darin eine Konkurrenz zur ei genen<br />
Ar beit sehen, betont das Ministerium, dass die ser<br />
neue Dienst vor allem dafür sorgen soll, dass die Steuerzahler<br />
ihren Immobilienbesitz in der Steu er er klär ung<br />
nicht unter- oder überbewerten. Kein Steu er zahl er soll<br />
sich bei zu niedrigen Angaben zum Ver mö gen zu künftig<br />
damit herausreden können, dass er den Wert sein es<br />
Grundbesitzes als nicht so hoch ge schätzt hätte.<br />
SCHNAPPSCHÜSSE<br />
Höhere Mehrwertsteuer ab 1. <strong>Januar</strong> <strong>2014</strong> ++ Die franzö<br />
sische Mehrwertsteuer wird zum 1. <strong>Januar</strong> <strong>2014</strong> von 19,6 auf 20 Pro zent<br />
angehoben. Für den reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben Pro zent<br />
(Gastronomie, Hotellerie, Verkehr) gilt ab dann ein Wert von zehn Pro zent.<br />
Der Mehrwertsteuersatz von 5,5 Prozent (Lebensmittel) bleibt da ge gen unver<br />
ändert.<br />
Paris ist 700 Milliarden Euro wert ++ Das Magazin<br />
L’Express hat ausgerechnet, dass Frankreichs Hauptstadt 700 Milliarden Euro<br />
wert ist. Diesen Wert sollen die sich meist in Privathand befindlichen 48.439<br />
Gebäude in der Stadt haben. Eine originelle Herangehensweise.<br />
Aéroport de Paris mit Umsatzzuwächsen ++ Die Pariser<br />
Flughafengesellschaft Aéroport de Paris kann sich freuen: In den letzten neun<br />
Monaten sind die Umsätze um 4,7 Prozent auf 2,07 Milliarden Euro gestiegen.<br />
Besonders dazu beigetragen haben die Einnahmen aus der Vermietung<br />
von Läden und dem Angebot diverser Serviceleistungen (zusammen plus<br />
6,9 Prozent). Die Strategie, das Shopping-Angebot an den beiden Pariser<br />
Flughäfen auszubauen und zu modernisieren, scheint sich auszuzahlen.<br />
Kein Sparschwein für die Rente ++ Nach einer Untersuchung<br />
von BlackRock denken 56 Prozent der Franzosen nicht daran, Geld speziell<br />
für den Ruhestand anzusparen.<br />
Hilton ist zurück in Paris ++ Seitdem das Hilton-Hotel<br />
nahe dem Eiffelturm von Accor übernommen wurde und als Pullmann<br />
firmiert, war die US-amerikanische Hotelkette Hilton nicht mehr an der Seine<br />
präsent. Zwar gab es Hilton-Hotels an beiden Flughäfen der Stadt sowie im<br />
Geschäftsviertel La Défense, aber eben nicht mehr im eigentlichen Paris.<br />
Damit ist nun Schluss: Durch den Kauf des Hotels Concorde Opéra mit seinen<br />
300 Zimmern ist die Marke wieder in Paris vertreten.<br />
Weinversteigerung in Beaune mit Rekordergebnis<br />
++ Die 153. Ausgabe der berühmten Weinversteigerung der Hospices de<br />
Beaune brachte mit 5,7 Millionen Euro ein Rekordergebnis ein. Dies be deute<br />
te einen Anstieg von 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr, das be reits ein<br />
historisches Rekordjahr war. Bei der diesjährigen von Christie’s or ga ni sier ten<br />
Versteigerung kamen 443 Kisten unter den Hammer.<br />
Großeltern wichtig für Kinderbetreuung ++ Laut des<br />
Centre d’Analyse Stratégique verbringen Frankreichs Großeltern 23 Millionen<br />
Stunden pro Woche damit, auf die Kinder ihrer Kinder aufzupassen. In elf<br />
Prozent der Fälle kümmern sie sich um den Nachwuchs am Mittwoch, dem<br />
Tag, an dem traditionell an vielen Schulen nur vormittags oder gar nicht<br />
unterrichtet wird. Außerdem holen sie in fünf Prozent der Fälle den drei- bis<br />
sechsjährigen Nachwuchs vom Kindergarten ab.<br />
Kommunen sollen sparen ++ Der französische Rechnungshof<br />
hat die lokalen Gebietskörperschaften aufgefordert, bei den Ausgaben<br />
auf die Bremse zu treten. 2012 häuften alle Kommunen zusammen einen<br />
Schul den berg von 174 Milliarden Euro an, was 9,5 Prozent der französischen<br />
Staatsverschuldung ausmacht.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 7
ON EN PARLE<br />
ZEITSCHRIFTENHANDEL<br />
Bahnhofskioske werden landesweit renoviert<br />
Sie sind rot, tragen den Schriftzug « Relay » und es gibt sie 300-mal im Land: Die Kioske<br />
in Frankreichs Bahnhöfen, die von der Lagardère-Gruppe betrieben werden. Das<br />
Unternehmen hat nun eine 30 Millionen Euro schwere Modernisierung angeschoben, damit die Verkaufsstellen<br />
noch attraktiver werden. Dafür wird eigens eine gemeinsame Tochtergesellschaft mit der SNCF gegründet.<br />
Neben der Erneuerung der Läden soll das Warenangebot ausgebaut werden. So sollen Reisende zukünftig auch<br />
Snacks, Artikel des Reisebedarfs, Souvenirs, Spielzeug und Elektronikartikel in den Läden kaufen können.<br />
PLEYEL<br />
Letzter französische Klavierbauer gibt auf<br />
Für alle Pianoliebhaber ist es eine<br />
Nachricht, die Entsetzen hervorruft:<br />
Das 1807 von dem Österreicher Ignaz<br />
Pleyel in Paris gegründete Klavierbauunternehmen<br />
Pleyel, das lange Zeit als eines der<br />
renommiertesten auf der Welt galt, stellt seine<br />
Produktion ein. Debussy, Liszt und andere<br />
große Komponisten spielten auf den Pianos<br />
dieses Herstellers. Chopin sagte sogar<br />
einst, dass er ein Pleyel-Klavier bräuchte, um<br />
seinen Ton zu finden. Doch die glorreiche Vergangenheit bringt nichts für die<br />
triste Gegenwart. Anfang des neuen Jahrtausends traf das Unternehmen eine aus<br />
heutiger Sicht fatale Entscheidung: Man beschloss, nur noch wenige, maximal 20<br />
Pianos pro Jahr zu bauen, die dafür die Crème de la Crème des Marktes sein<br />
sollten, sozusagen echte Kunstwerke « Made in France ». Peugeot Design Lab arbeitete<br />
dafür zwei Jahre lang an einem innovativen Design aus Holz und Karbon.<br />
Der Verkaufspreis für das revolutionäre Klavier betrug 165.000 Euro. Pleyel verkaufte<br />
lediglich ein einziges Exemplar davon. Zu wenig, um zu überleben.<br />
STEUERN<br />
Ein Viertel der Franzosen<br />
liebäugelt mit<br />
Steuerhinterziehung<br />
Nach einer Umfrage von RTL und<br />
Harris Interactive sind 25 Prozent<br />
der Franzosen der Versuchung<br />
nahe, ihre Steuererklärung<br />
bewusst falsch abzugeben und<br />
Steuern zu hinterziehen. Bei den<br />
über 50-Jährigen sind es sogar<br />
29 Prozent und bei Anhängern<br />
konservativer Parteien 31<br />
Prozent. Der Versuchung am<br />
nächsten sind jedoch die freien<br />
Berufe: 98 Prozent, also quasi<br />
jeder Selbständige gibt an, sich<br />
vorstellen zu können, Steuern<br />
falsch zu deklarieren.<br />
VERSAILLES<br />
Moderne Kunst für das Schloss aller Schlösser<br />
Als Jean-Jacques Aillagon aus dem Präsidentenamt der Schlossverwaltung von Versailles<br />
ausschied, wünschte er sich, dass moderne Kunst zukünftig nicht nur im Rahmen der von<br />
ihm initiierten jährlichen großen Ausstellungen im Schloss gezeigt werden würde. Seine<br />
Nachfolgerin Catherine Pégard hat diese Idee nun aufgegriffen und die Installation eines<br />
zeitgenössischen « Kronleuchters », der von den Brüdern Erwan und Ronan Bouroullec<br />
stammt, im zu den königlichen Gemächern führenden Gabriel-Treppenhaus genehmigt. Die<br />
ungewöhnliche Lampe, die wie eine leuchtende Liane aussieht, besteht aus 800 Einzelteilen,<br />
die zusammen 500 Kilogramm wiegen. Montiert wurde sie von einem Team von Swarovski.<br />
Die Firma hat auch die Kristalle des Leuchters produziert.<br />
8 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
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ON EN PARLE<br />
KLEINKUNST<br />
Paris hat<br />
ein Herz fürs<br />
Marionettentheater<br />
In der französischen<br />
Haupt stadt hat<br />
im 5. Arrondissement<br />
ein neues<br />
Theater eröffnet, in<br />
dem sich alles um<br />
Marionetten dreht. « Le Mouffetard » heißt die neue Kultureinrichtung,<br />
die von der Stadt, der Region Ile-de-France und dem französischen<br />
Kulturministerium finanziell unterstützt wird.<br />
GLEICHBERECHTIGUNG<br />
Ein Schild sorgt für Aufregung<br />
Selbst die seriöse Tageszeitung Le Monde berichtete<br />
davon: Ein in der Abflughalle am Flughafen Paris-<br />
Orly installiertes Schild sorgte für Aufregung. Auf<br />
dem Schild wurden die nach Männern und Frauen getrennten<br />
Toiletten ausgewiesen. Soweit nichts Ungewöhnliches.<br />
Allerdings wurde nur bei dem Symbol für<br />
Frauen ein zweites Piktogramm hinzugefügt, das auf das<br />
Vorhandensein eines Wickeltisches zum Windelwechseln<br />
hinwies. Eine Aufgabenteilung zwischen den Geschlechtern,<br />
die im 21. Jahrhundert nicht nur Feministinnen veraltet<br />
vorkommt. Deshalb wird das Schild nun schnell<br />
wieder ausgetauscht. Ob jedoch nur das Piktogramm für<br />
den Wickeltisch geschlechtsneutral wird oder auch in der<br />
Herrentoilette ein solcher eingerichtet wird, ist noch offen.<br />
Männern mit<br />
Babys wäre es allerdings<br />
schwer<br />
zuzumuten, die<br />
Frauentoilette besuchen<br />
zu müssen.<br />
ELEKTROSENSIBILITÄT<br />
Ein Ort ohne Elektrosmog<br />
In einer kleinen isolierten Kommune in<br />
den französischen Alpen, Saint-Julien-en-<br />
Beauchêne, wird das frankreichweit erste<br />
Zentrum für elektrosensible Menschen errichten.<br />
Die « zone blanche » genannte Einrichtung<br />
soll Platz für 30 Menschen bieten, die sich dort<br />
medizinisch beraten und behandeln lassen<br />
können. Wegen seiner Abgeschiedenheit sind<br />
die elektromagnetischen Strahlen im Dorf selbst<br />
sehr gering.<br />
GEWERBEMIETEN<br />
Champs-Elysées sind drittteuerster<br />
Einkaufsboulevard der Welt<br />
Man könnte glauben,<br />
es gibt keine Krise:<br />
Nach einer Analyse der<br />
Immobilienberatungsgesellschaft<br />
Cushman<br />
& Wakefield, die<br />
die Entwicklung der<br />
Gewerbemieten auf den<br />
wichtigsten Einkaufsstraßen der großen Metropolen<br />
weltweit beobachtet, sind die Preise für Läden auf<br />
den berühmten Pariser Champs-Elysées 2013 erneut<br />
explodiert. Der Anstieg beträgt im Durchschnitt 38,5<br />
Prozent im Vergleich zum Vorjahr, nachdem die Mieten<br />
2012 bereits um 30 Prozent gestiegen waren. Die<br />
Durchschnittsmiete beträgt für einen Quadratmeter<br />
inzwischen 13.255 Euro. Ein historischer Rekord. Die<br />
Champs-Elysées sind damit die Einkaufsstraße mit den<br />
dritthöchsten Mieten der Welt, nach der Causeway<br />
Bay in Hongkong (24.983 Euro pro Quadratmeter)<br />
und der 5th Avenue in New York (20.702 Euro pro<br />
Quadratmeter). Ein eindeutiges Zeichen für den<br />
Erfolg der Straße ist, dass immer mehr internationale<br />
Marken auf den Boulevard drängen. So hat die USamerikanische<br />
Schmuckkette Tiffany die Eröffnung<br />
eines 1.000 Quadratmeter großen Flagship-Stores<br />
für <strong>2014</strong> angekündigt. Was Immobilienbesitzer freut,<br />
besorgt zunehmend viele Pariser. Sie befürchten,<br />
dass der Prachtboulevard seine einzigartige Aura<br />
verlieren wird, wenn er nur noch eine Einkaufsstraße<br />
internationaler Marken ist, die zwar exklusiv, aber doch<br />
austauschbar sind.<br />
10 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
PYRENÄEN<br />
13 Personen auf<br />
dem Pic du Midi<br />
festgehangen<br />
BANKGESCHÄFTE<br />
Kontoeröffnung<br />
beim Tabakhändler<br />
In den Pyrenäen begann<br />
der Schneefall dieses Jahr<br />
ungewöhnlich früh und heftig. Dies bekamen Mitte November<br />
auch 13 Personen zu spüren, die sich auf dem Pic du Midi<br />
in den Pyrenäen befanden. Sie mussten tagelang auf dem<br />
2.877 Meter hohen Gipfel ausharren, da die Seilbahn wegen<br />
der Schneefälle eine Panne hatte. Sie fanden jedoch Schutz<br />
in der Bergstation mit Observatorium, die bestens für längere<br />
Aufenthalte ausgerüstet ist. Da der Gipfel zu dieser Zeit für die<br />
Öffentlichkeit geschlossen ist, handelte es sich um Techniker<br />
und Hobbyastronomen, die trotz des Zwangsaufenthaltes<br />
wussten, wie man die Zeit sinnvoll nutzen konnte. Der Direktor<br />
der Anlage versicherte deshalb auch gegenüber der<br />
Öffentlichkeit, dass kein Grund zur Sorge bestand und man<br />
solche Wetterkapriolen gewöhnt sei.<br />
Frankreichs 27.000 Tabakhändler, die rund zehn<br />
Millionen Kunden pro Tag bedienen, freuen sich<br />
über die Möglichkeit, Einnahmeverluste aus dem<br />
rückläufigen Tabakgeschäft durch das Angebot eines<br />
neuen Produkts auszugleichen. Denn zukünftig soll es<br />
möglich sein, in den Tabakläden ein Bankkonto zu eröffnen<br />
und eine Kreditkarte zu erhalten. Dafür muss der<br />
Kunde beim Händler eine kleine Schachtel für 20 Euro<br />
erwerben. Darin befindet sich eine MasterCard. Deren<br />
Identifikationsnummer gibt er zusammen mit seiner<br />
Mobilfunknummer sowie seiner E-Mail-Adresse an<br />
einem Automaten ein und scannt seinen Personalausweis.<br />
Anschließend wird die Karte vom Tabakhändler<br />
sofort freigeschaltet. Er gibt dem Kunden auch die Login-Daten<br />
für den Zugriff auf das neue Konto im Internet.<br />
Einzige Hürde, die noch existiert: Um diesen Service<br />
gesetzeskonform anbieten zu können, muss der Tabakhändler<br />
bei der Bankenaufsicht registriert sein und<br />
die Regeln im Kampf gegen Geldwäsche kennen. Bei<br />
der großen Anzahl von Tabakhändlern im Land wird es<br />
ein wenig dauern, bis der neue Service flächendeckend<br />
eingeführt ist. Trotzdem sollen <strong>2014</strong> bereits 100.000<br />
Konten auf diesem Weg eröffnet werden.<br />
Wohnen Sie im Herzen der schönsten<br />
Regionen Frankreichs in einer<br />
Ferienresidenz von Arts et Vie!<br />
Ferienresidenz Serre-Chevalier ****<br />
Monêtier-les-Bains ist eines der vier Dörfer,<br />
die zum Erholungsgebiet Serre-Chevalier<br />
gehören. Der Ort bietet viele Wander– und<br />
Wintersportmöglichkeiten.<br />
Die 3-, 4- und 5- Zimmerwohnungen sind<br />
ausgestattet mit Wohnküche, Fernseher,<br />
Telefon und Internetanschluss mit W-Lan.<br />
Im Gemeinschaftshaus gibt es eine<br />
Leihbücherei, Säle für amerikanischen Billard,<br />
Tischtennis und sonstige Spiele, sowie einen<br />
Festsaal und eine Terrassenbar.<br />
Dazu wird ein Vergnügungsprogramm angeboten, je nach Jahreszeiten, mit Ausflügen,<br />
Spiel– und Sportveranstaltungen und Konzerten.<br />
La Cîme des Prés-Chabert – 05220 Le Monêtier-les-Bains – Tel. +33 (0)4 92 22 27 37<br />
Fax +33 (0)4 92 22 27 46 – E-Mail: serre-chevalier@artsetvie.com<br />
Ferienresidenz Malaucène ****<br />
Im Herzen der malerischen Provence.<br />
Malaucène ist ein romantisches Dorf im<br />
Vaucluse. Es lockt mit herrlichen<br />
Naturwanderwegen und ist der ideale<br />
Ausgangspunkt für Ausflüge in die<br />
römisch-romanische Provence und zu den<br />
diversen Sommerfestivals in der Region.<br />
Die Ferienresidenz von Arts et Vie liegt<br />
200 m außerhalb des Ortskerns und verfügt<br />
über ein großzügiges Sportareal mit Tennis,<br />
Sauna, Wellnessbereich und Schwimmbecken<br />
(geöffnet von Juni bis September). Die komfortablen Appartements bieten Platz für<br />
4 bis 8 Personen.<br />
Boulevard des Remparts – 84340 Malaucène – Tel. +33 (0)4 90 12 62 00<br />
Fax +33 (0)4 90 12 62 99 – E-Mail: malaucene@artsetvie.com<br />
Ferienresidenz Samoëns<br />
Samoëns ist ein typisches und malerisches<br />
Dorf in Savoyen nahe der Schweiz und des<br />
Mont Blancs. Im Sommer ein beliebtes<br />
Wandergebiet, lockt Samoëns im Winter<br />
mit vielen Wintersportmöglichkeiten und<br />
direktem Zugang zu seinen Skipisten<br />
(die neue Seilbahn ist nur 300 m von der<br />
Ferienresidenz entfernt). Die Ferienresidenz<br />
von Arts et Vie liegt 300 m außerhalb des<br />
Ortskerns und verfügt über 4 Tennisplätze.<br />
In den gemütlichen Appartements finden 4<br />
bis 6 Personen Platz.<br />
339, route du Grand Massif – 74340 Samoëns – Tel. +33 (0)4 50 34 97 78<br />
Fax +33 (0)4 50 34 40 24 – E-Mail: samoens@artsetvie.com<br />
Ferienresidenz Messanges ***<br />
Eine kleine Gemeinde an der Küste von<br />
Landes. Die kleine Gemeinde Messanges<br />
liegt inmitten eines Pinienwaldes, nur<br />
1200 m entfernt von einem traumhaften<br />
Sandstrand. Unweit von Spanien und dem<br />
berühmten Guggenheim-Museum in<br />
Bilbao, befindet sich hier die Ferienresidenz<br />
Arts et Vie. Sie liegt 500 m außerhalb<br />
des Ortskerns und verfügt über ein privates<br />
Tennisareal, einen Sportplatz und ein<br />
Schwimmbad (geöffnet von Juni bis<br />
September). In den komfortablen Appartements finden 4 bis 8 Personen Platz.<br />
20, Route de la Vallée – 40660 Messanges – Tel. +33 (0)5 58 48 96 00<br />
Fax +33 (0)5 58 48 97 09 – E-Mail: messanges@artsetvie.com<br />
www.artsetvie.com
FRANKREICHKALENDER<br />
Cartier: Le style et<br />
l’histoire<br />
Paris, bis 16.02.<strong>2014</strong><br />
Brassaï: Pour l’amour<br />
de Paris<br />
Paris, bis 08.03.<strong>2014</strong><br />
Delacroix en<br />
héritage<br />
Paris, bis 17.03.<strong>2014</strong><br />
Die Ausstellung im wunderschönen<br />
Pariser Grand Palais ist die größte und<br />
umfassendste Ausstellung, die sich je<br />
mit dem Hause Cartier beschäftigt<br />
hat. Gezeigt wird dabei das ganze<br />
Spektrum der Marke. Insgesamt lassen<br />
sich 600 Exponate bewundern,<br />
Schmuckstücke genauso wie Uhren<br />
oder andere kunstvolle Objekte. Außerdem<br />
beschäftigt sich die Exposition<br />
mit den berühmten Kundinnen<br />
des Hauses wie beispielsweise Barbara<br />
Hutton, Marlene Dietrich, Liz Taylor<br />
oder Maria Félix. Schließlich haben<br />
auch sie dazu beigetragen, dass diese<br />
französische Luxusmarke in der Welt<br />
so berühmt wurde. Fast 200 Skizzen<br />
und andere Archivdokumente erzählen<br />
zudem etwas darüber, wie die edlen<br />
Produkte entstehen.<br />
Grand Palais<br />
3, avenue du Général Eisenhower<br />
75008 Paris<br />
Telefon: +33 (0)1 44 13 17 17<br />
www.grandpalais.fr<br />
Mi – Mo 10.00 – 20.00 Uhr<br />
11,00 Euro, ermäßigt 8,00 Euro,<br />
Kinder bis 16 Jahre kostenlos<br />
Nach dem Erfolg der Retrospektive<br />
über Willy Ronis 2006, Doisneau<br />
2007 und Iziz 2010 führt die Stadtverwaltung<br />
Paris ihre Ausstellungsreihe<br />
fort, bei der man die Stadt durch die<br />
Bilder großer Fotografen erkunden<br />
kann. Dieses Mal dreht sich alles um<br />
die Parisaufnahmen des französischen<br />
Fotografen mit ungarischen Wurzeln<br />
Gyula Halasz, der sich Brassaï nannte<br />
und der von 1899 bis 1984 lebte.<br />
Nachdem er in Berlin gewesen war,<br />
fotografierte er in den Straßen von Paris.<br />
Die Schmuckseiten der Metropole,<br />
ihre Hinterhöfe, ihre Intellektuellen,<br />
Künstler und großen Berühmtheiten,<br />
aber auch die einfachen Leute oder<br />
Prostituierte dienten ihm als Motiv.<br />
Eine Ausstellung, die einen Einblick in<br />
die Gedanken des Fotografen erlaubt.<br />
Hôtel de Ville<br />
Salle Saint-Jean<br />
1, place de l’Hôtel de Ville<br />
75004 Paris<br />
Telefon: +33 (0)1 42 76 40 40<br />
www.paris.fr<br />
Mo – Sa 10.00 – 19.00 Uhr<br />
Kostenlos<br />
Die Ausstellung vereint eine bemerkenswerte<br />
Auswahl an Zeichnungen<br />
und Gemälden des Künstlers Eugène<br />
Delacroix (1798-1863), die aus der<br />
Sammlung Moreau-Nélaton stammen<br />
und bisher selten gezeigt wurden. So<br />
entdeckt man Werke, die bisher kaum<br />
im Rampenlicht standen. Von den<br />
Motiven her gibt sich die Exposition<br />
sehr vielfältig. Französische Landschaftsbilder<br />
sind genauso zu sehen<br />
wie Szenen aus Marokko, Symbole<br />
der antiken Kunst wie solche aus der<br />
Renaissance. Eine schöne Hommage<br />
an einen Künstler, dessen Werk « La<br />
liberté guidant le peuple » regelmäßig<br />
verwendet wird, um die französische<br />
Nationalhymne zu bebildern, und der<br />
wegen seines großzügigen Umgangs<br />
mit Farben als einer der Wegbereiter<br />
des Impressionismus gilt.<br />
Musée national Eugène Delacroix<br />
6, rue de Furstenberg<br />
75006 Paris<br />
Telefon: +33 (0)1 44 41 86 50<br />
www.musee-delacroix.fr<br />
Mi – Mo 9.30 – 17.00 Uhr<br />
7,50 Euro<br />
12 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Internationales<br />
Comic-Festival<br />
Angoulême, 30.01. – 02.02.<strong>2014</strong><br />
Fête du citron<br />
Menton, 15.02. – 05.03.<strong>2014</strong><br />
Paparazzi! Photographes,<br />
stars et artistes<br />
Metz, 26.02. – 09.06.<strong>2014</strong><br />
Das 1974 ins Leben gerufene Comic-<br />
Festival (Festival international de la<br />
bande dessinée) von Angoulême ist<br />
im Laufe der Jahre « der » Treffpunkt<br />
für Comic-Liebhaber geworden, auch<br />
für diejenigen, die jenseits der französischen<br />
Landesgrenzen leben. Für<br />
die diesjährige Ausgabe werden neben<br />
260 Ausstellern 1.600 Comic-Autoren<br />
erwartet, berühmte und Hobbyzeichner<br />
gleichermaßen, darunter sicherlich<br />
auch die Genies von morgen. Viele<br />
Autogrammjäger finden ebenfalls ihren<br />
Weg in die westfranzösische Provinzstadt,<br />
die während des Festivals<br />
mit einem reichhaltigen Kulturprogramm<br />
aufwartet und zu der größten<br />
Comic-Buchhandlung der Welt wird.<br />
Diverse Veranstaltungsorte<br />
Telefon: +33 (0)5 45 38 70 00<br />
www.bdangouleme.com<br />
Tagespass im Vorverkauf 15,00 Euro,<br />
ermäßigt 11,00 Euro<br />
4-Tagespass im Vorverkauf 31,00 Euro,<br />
ermäßigt 24,00 Euro<br />
Tagespass vor Ort 16,00 Euro, kein<br />
ermäßigter Tarif<br />
4-Tagespass vor Ort 35,00 Euro, kein<br />
ermäßigter Tarif<br />
Das Zitronenfest von Menton reiht sich<br />
in die Tradition des Karnevals an der<br />
französischen Riviera ein, die Ausgestaltung<br />
ist jedoch besonders: Seit den<br />
1930er-Jahren werden Zitrusfrüchte für<br />
die Dekoration der Umzugswagen verwendet.<br />
Außerdem werden in den Jardins<br />
Biovès überdimensionierte Bilder<br />
ausgestellt, die mit Hilfe von Zitronen<br />
und Orangen gestaltet wurden. Jedes<br />
Jahr steht dabei ein anderes Thema im<br />
Fokus. So war die letzte Ausgabe, als<br />
die Veranstaltung ihren 80. Geburtstag<br />
feierte, Jules Verne gewidmet. Dieses<br />
Jahr geht es wieder um den Autor, und<br />
zwar um sein Werk « 20.000 Meilen<br />
unter dem Meer ». Das Zitronenfest ist<br />
außerdem eine gute Gelegenheit, den<br />
Jardin du Palais Carnolès zu erkunden,<br />
wo Europas größte Sammlung an Zitrusfrüchten<br />
zu finden ist.<br />
Im Stadtgebiet von Menton<br />
Office de Tourisme<br />
Palais de l’Europe<br />
8, avenue Boyer<br />
06500 Menton<br />
Telefon: +33 (0)4 92 41 76 76<br />
www.feteducitron.com<br />
In der Zweigstelle des weltberühmten<br />
Centre Pompidou in Lothringen dreht<br />
sich diesen Frühjahr alles um ein Metier,<br />
das von Stars gehasst und von der<br />
Öffentlichkeit kaum als Beruf angesehen<br />
wird. Es geht um die Arbeit der<br />
Paparazzi. 600 Exponate (Fotografien,<br />
Zeichnungen, Videos, Skulpturen)<br />
zeigen den künstlerischen Aspekt hinter<br />
der Tätigkeit dieser Promijäger, die<br />
nicht nur zur richtigen Zeit am richtigen<br />
Ort sein, sondern auch das Gespür<br />
dafür haben müssen, den richtigen<br />
Moment abzulichten. Die Ausstellung<br />
beleuchtet auch das komplexe Verhältnis<br />
zwischen Star und Paparazzi und<br />
geht der Frage nach, inwieweit die<br />
Bilder von Paparazzi die Fotografie der<br />
Modewelt beeinflusst haben.<br />
Centre Pompidou-Metz<br />
1, parvis des Droits de l’Homme<br />
57020 Metz<br />
Telefon: +33 (0)3 87 15 39 39<br />
www.centrepompidou-metz.fr<br />
Mo, Mi – Fr 11.00 – 18.00 Uhr<br />
Sa & So 10.00 – 20.00 Uhr<br />
12,00 Euro, ermäßigt 7,00 Euro,<br />
bis 26 Jahre kostenlos<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 13
ON LIT<br />
BILDBAND<br />
Die Modelle von<br />
Pierre Auguste Renoir<br />
Der französische Impressionist liebte es, Frauen zu malen, und<br />
hatte mit vielen seiner Modelle eine Beziehung. Sein Modell<br />
Aline Charigot hat er geheiratet. Doch vor, nach und neben<br />
ihr gab es in Renoirs Leben und auf seinen Leinwänden viele Frauen.<br />
Die Renoir-Expertin Karin Sagner erzählt die Geschichten der Porträtierten<br />
und zeigt historische Fotos der Frauen. Das Vorwort schrieb<br />
sein Urenkel Jacques Renoir.<br />
Karin Sagner: Renoir und seine Frauen • Elisabeth<br />
Sandmann Verlag • ISBN: 978-3938045671<br />
NOVELLE<br />
Eine Reise in die Zwischenwelt<br />
2008 spielte Ulrich Tukur, der fließend französisch<br />
spricht, in dem preisgekrönten französischbelgischen<br />
Film « Séraphine » den deutschen<br />
Kunsthändler Wilhelm Ude. Während des Drehs<br />
in der Picardie verschwindet der Regieassistent<br />
und erzählt nach seiner Rückkehr von einem alten<br />
Schloss, in dem er merkwürdige Dinge gesehen<br />
hat. Der Schauspieler macht sich auf zu diesem<br />
mysteriösen Ort und steigt ein in die<br />
Zwischenwelt. Er spannt den Bogen<br />
vom Rokoko über die Französische<br />
Revolution, die beiden Weltkriege bis<br />
in die Gegenwart.<br />
Ulrich Tukur: Die Spieluhr •<br />
Ullstein • ISBN: 978-3899035896<br />
BIOGRAFIE<br />
Albert Camus<br />
Albert Camus, Nobelpreisträger und einer<br />
der großen Existenzialisten, wäre in diesem<br />
Jahr 100 Jahre alt geworden. Aus diesem<br />
Anlass hat die Leiterin des ZEIT-Feuilletons<br />
Iris Radisch eine Biografie geschrieben, die den Weg des<br />
Halbwaisen Camus zum Starphilosophen nachzeichnet. Sie<br />
hat eine Fülle an Informationen aus Briefbänden, Camus‘<br />
Tagebüchern, langen Gesprächen mit den Kindern Catherine<br />
und Jean sowie den beiden wichtigen Biografien von Herbert<br />
Lottmann und Olivier Todd zusammengetragen.<br />
Iris Radisch: Camus, das Ideal der Einfachheit •<br />
Rowohlt • ISBN: 978-3<strong>49</strong>8057893<br />
BILDBAND<br />
Wenn die Malerei provoziert<br />
Schon in der Antike wurde über Kunst und den guten Geschmack gestritten. Nicht anders war<br />
es im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Mit diesem Bildband wird anhand von 100 Gemälden die<br />
Geschichte der Kunst nachgezeichnet und es dreht sich alles um das Verhältnis der Kunst zur<br />
Provokation.<br />
Stéphane Guegan: Cent tableaux qui font débat • Editions Hazan • ISBN: 978-2754107044<br />
Bücher in deutscher Sprache: · Bücher in französischer Sprache: = leicht verständlich, = mittleres Niveau, = für Fortgeschrittene<br />
14 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
BILDBAND<br />
Eine Hommage an die Frauen<br />
Titouan Lamazou wurde 1955 in Casablanca geboren.<br />
Er liebt die Seefahrt genauso wie die Malerei und das<br />
Schreiben. Lamazou kennt die Meere der Welt und gewann<br />
als erster die « Vendée Globe », die härteste Weltumsegelung<br />
für Einhandsegler, und nahm an der « Route du Rhum » teil, einer<br />
Transatlantik-Einhandsegelregatta. Gleichzeitig war er offizieller Zeichner<br />
der französischen Marine. 2003 wurde er von der UNESCO als engagierter<br />
« Künstler für den Frieden » ausgezeichnet, womit Lamazous Kampf für<br />
die Rechte von Frauen gewürdigt wurde. Dieser zweibändige Bildband<br />
präsentiert 50 seiner schönsten Zeichnungen und Fotografien von Frauen.<br />
Titouan Lamazou: Peintures et Photographies •<br />
Editions Gallimard • ISBN: 978-2742435982<br />
BILDBAND<br />
Wenn die Propaganda<br />
die Werbung ersetzt<br />
Aus Anlass des Beginns des<br />
Ersten Weltkrieges vor 100<br />
Jahren erscheint ein nicht<br />
ganz gewöhnlicher Bildband,<br />
der sich mit politischen<br />
Propagandaplakaten aus<br />
den Jahren von 1914 bis 1918<br />
beschäftigt. Der Fokus liegt<br />
dabei nicht nur auf Frankreich,<br />
sondern auf weiteren am Krieg beteiligten<br />
Ländern, also auch Deutschland, Österreich,<br />
Italien, Großbritannien und den USA. Ein Bildband,<br />
der den Krieg der Propaganda entlarvt und an<br />
eine grauenvolle Vergangenheit erinnert.<br />
Patrick Facon: 1914-1918: La<br />
guerre des affiches • Editions<br />
Atlas • ISBN: 978-2723<strong>49</strong>7206<br />
SACHBUCH<br />
Eine Metrofahrt durch Frankreichs Geschichte<br />
Wessen Gebeine ruhen eigentlich unter dem Eiffelturm? Wo befinden sich die Überreste der<br />
ältesten Kathedrale von Paris? Was hat diese Frage mit einem Parkhaus im 5. Arrondissement<br />
zu tun? Als passionierter Parisliebhaber unternimmt der französische Schauspieler Lorànt<br />
Deutsch eine ganz besondere Zeitreise, deren Fahrplan so einfach wie verblüffend ist: Im<br />
Takt der Metro taucht er ein in die bewegten Jahrhunderte der Seine-Metropole und entführt tief in die<br />
Geschichte Frankreichs. Mit überraschenden Seitenblicken zeichnet Deutsch in dem ersten Buch seines<br />
Lebens ein ungewöhnliches Porträt Frankreichs und seiner Hauptstadt.<br />
Lorànt Deutsch: Métronom • Propyläen • ISBN: 978-35<strong>49</strong>074404<br />
AUSSTELLUNGSKATALOG<br />
Der Körper des Mannes<br />
Nach dem Wiener Leopold-Museum hat sich auch das Pariser Musée<br />
d’Orsay kürzlich in einer Ausstellung mit dem nackten Männerkörper in<br />
der Kunst seit 1800 beschäftigt. Der Ausstellungskatalog bietet die Möglichkeit,<br />
die Pariser Ausstellung mit der aus Wien zu vergleichen und nach kulturellen<br />
Unterschieden in der Herangehensweise zu suchen.<br />
Masculin/Masculin • Editions Flammarion • ISBN: 978-2081310094<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 15
ON ÉCOUTE<br />
CHANSON/KLASSIK<br />
Natalie Dessay & Michel Legrand:<br />
Entre elle et lui<br />
Natalie Dessay ist eine französische, international<br />
bekannte Sopranistin, die eine Bilderbuchkarriere<br />
an den Tag legt und bereits in den größten Opernhäusern<br />
der Welt gesungen hat. Doch trotz ihrer großen<br />
musikalischen Erfolge hat sich die Künstlerin nun eine<br />
Pause von der Singerei verordnet (für wie lange, weiß sie<br />
noch nicht), um sich ihrer großen Leidenschaft für das<br />
Theaterspielen zu widmen. Doch bevor sie mit ihrem<br />
« neuen » Leben beginnt, schenkt sie ihren Fans ein Album,<br />
mit dem sie sich selbst einen Kindheitstraum erfüllt: Das<br />
Singen von Liedern von Michel Legrand zusammen mit<br />
Michel Legrand. Michel<br />
Legrand ist einer<br />
der bedeutendsten<br />
Komponisten des<br />
Landes, der insbesondere<br />
die Musik einiger legendärer Filme komponierte,<br />
zum Beispiel für « Das Mädchen von Rochefort » oder<br />
« Eselshaut » mit der großartigen Catherine Deneuve. So<br />
erscheinen auf diesem Album die größten Erfolge von Michel<br />
Legrand, gesungen von Natalie Dessay. Ein Ohrenschmaus!<br />
CHANSON<br />
Thomas Fersen & The<br />
Ginger Accident<br />
Thomas Fersen feierte letzten<br />
Herbst sein 25-jähriges Bühnenjubiläum. Sein<br />
neues Album ist ein würdiges Werk, um diesen<br />
Jahrestag zu feiern. Als Titel dient der Name der<br />
Band, die ihn begleitet. In den elf Liedern ist von<br />
den Fantasien des Sängers (« Mais oui mesdames »),<br />
seinen Begierden (« Donne-moi un petit baiser »)<br />
sowie seinen Theorien zur Liebe (« Les femmes<br />
préfèrent Jean ») die Rede. Dies alles zu Blues- und<br />
Rockrhythmen, die an die 1960er-Jahre erinnern.<br />
CHANSON<br />
Juliette Gréco: Gréco chante Brel<br />
Wenn eine Musiklegende einer anderen<br />
Musiklegende die Ehre erweist, entsteht ein<br />
Album wie « Gréco chante Brel ». Mit 86 Jahren huldigt die große<br />
Sängerin Juliette Gréco den vor 35 Jahren verstorbenen Jacques Brel,<br />
mit dem sie befreundet war, mit zwölf Chansons. Darunter bekannte<br />
Lieder wie « Amsterdam » und weniger bekannte wie « Prochain Amour ».<br />
Ein Album voller Emotionen, auf dem Juliette Gréco beweist, dass sie sich<br />
perfekt in die Lieder von Jacques Brel hineinversetzen kann.<br />
CHANSON<br />
CHANSON<br />
Julien Doré: Løve<br />
Auf seinem dritten Album präsentiert der als<br />
exzentrisch verschriene Julien Doré Liebeslieder. Er<br />
scheut dabei nicht davor zurück, seine manchmal<br />
wirren Gefühle auszudrücken und von den Höhen und Tiefen der Liebe zu<br />
singen. « Løve » bedeutet im Dänischen « Löwe ». Auf dem Album zieht der<br />
Löwe aber seine Krallen ein, um von der Liebe (« Love ») zu erzählen.<br />
Michel Fugain:<br />
Projet Pluribus<br />
Mit 61 Jahren erfindet sich Michel Fugain,<br />
der für Hits wie « Fais comme l’oiseau » oder<br />
« La fête » bekannt ist, neu und schließt sich<br />
der Gruppe « Pluribus », die aus elf Künstlern<br />
unterschiedlicher Disziplinen (Musiker,<br />
Schauspieler, Maler) besteht, an, um alte Lieder<br />
neu aufzunehmen und zehn neue Chansons<br />
zum Besten zu geben. Ein Album gegen<br />
Wintermüdigkeit und Depressionen.<br />
16 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
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Eine lesbische Liebesgeschichte<br />
Mädchen gehen mit Jungs aus – das stellt die<br />
15-jährige Adèle zunächst nicht infrage. Doch<br />
das ändert sich schlagartig, als sie Emma trifft.<br />
Die Künstlerin mit den blauen Haaren lässt sie ungeahnte<br />
Sehnsüchte entdecken und hilft ihr, sich selbst zu finden –<br />
als Frau und als Erwachsene. Atemberaubend, intensiv und<br />
hautnah erzählt Abdellatif Kechiche diese Liebesgeschichte.<br />
Der Stil ist so nah und eindringlich, dass der Betrachter jeden<br />
Kuss, jedes Schmatzen und jedes Schluchzen wie am<br />
eigenen Leib erfährt. Der Streifen ist einer<br />
der ergreifendsten und ungewöhnlichsten<br />
Liebesfilme der letzten Jahre. 2013 wurde er<br />
mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeichnet, und zwar<br />
nicht nur der Film selbst, sondern auch die beiden Hauptdarstellerinnen<br />
für ihre grandiose Leistung. Cannes setzte<br />
damit auch ein Zeichen, denn zu der Zeit gingen noch Tausende<br />
Franzosen auf die Straße, um gegen die Einführung<br />
der gleichgeschlechtlichen Ehe zu protestieren.<br />
Blau ist eine warme Farbe • Frankreich 2013, 179 min • Originaltitel: La vie d‘Adèle • Ein Film von Abdellatif Kechiche<br />
mit Adèle Exarchopoulos, Léa Seydoux, Salim Kechiouche, Mona Walravens u.a. • Kinostart: 19. Dezember 2013<br />
KOMÖDIE<br />
Freundschaft<br />
macht alles<br />
möglich<br />
In Carhaix, einer kleinen<br />
Stadt im Herzen der<br />
Bretagne, leben die<br />
Freundinnen Mathilde,<br />
Firmine und Louise.<br />
Während Mathilde und<br />
Firmine als Hebamme<br />
und Krankenschwester arbeiten, ist Louise<br />
die stolze Besitzerin einer Bowling-Halle, in<br />
der sich die drei oft am Feierabend treffen.<br />
Bald bekommt das Bowling-Trio Zuwachs von<br />
Catherine, einer Personalmanagerin, die aus<br />
Paris geschickt wurde, um die Rentabilität des<br />
Krankenhauses zu prüfen. Schnell lebt sich die<br />
Großstädterin Catherine in der französischen<br />
Provinz ein. Doch schon bald ahnt sie, dass sie<br />
im Zuge der Umstrukturierung ausgerechnet die<br />
Geburtsstation schließen muss.<br />
Willkommen in der Bretagne • Frankreich<br />
2013, 90 min • Originaltitel: Bowling • Ein<br />
Film von Marie-Castille Mention-Schaar<br />
mit Catherine Frot, Mathilde Seigner,<br />
Firmine Richard, Laurence Arné u.a. •<br />
Sprachen: deutsch/französisch, Untertitel:<br />
deutsch • Ab sofort im Handel<br />
Eine menschliche Geschichte<br />
Auf Bitten seiner französischen Noch-Ehefrau Marie kehrt<br />
Ahmad vier Jahre nach der Trennung der beiden aus<br />
Teheran zurück nach Paris, um die Scheidung abzuschließen.<br />
Schnell spürt Ahmad jedoch, dass die Beziehung zwischen<br />
Marie und ihrer Tochter Lucie angespannt ist. Ahmad will helfen, die<br />
Spannungen abzubauen – und so kommt schon bald ein Geheimnis aus der<br />
Vergangenheit ans Licht.<br />
Die pure Lust an der Schauspielerei<br />
Der Film gleicht einem Abschiedsbrief. Mit einem<br />
Augenzwinkern inszeniert der französische<br />
Meisterregisseur Alain Resnais humorvoll bis leisemelancholisch<br />
Reflexionen über das Leben, das<br />
Theater und den Tod. Seine wichtigsten und treuesten filmischen<br />
Weggefährten versammelt er dafür in diesem Werk.<br />
DRAMA<br />
DRAMA<br />
Ihr werdet Euch noch wundern • Frankreich 2011, 105 min •<br />
Originaltitel: Vous n’avez encore rien vu • Ein Film von Alain<br />
Resnais mit Sabine Azéma, Pierre Arditi, Lambert Wilson, Michel<br />
Piccoli, Denis Podalydès, Anny Duperey, Anne Consigny,<br />
Mathieu Amalric, Hippolyte Girardot u.a. • Sprachen: deutsch/<br />
französisch, Untertitel: deutsch • Ab sofort im Handel<br />
Le passé – Das Vergangene • Frankreich 2013, 130 min • Originaltitel:<br />
Le passé • Ein Film von Asghar Farhadi mit Bérénice Bejo, Tahar<br />
Rahim, Alis Mosaffa, Pauline Burlet u.a. • Kinostart: 30. <strong>Januar</strong> <strong>2014</strong><br />
18 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
DOKUMENTATIONEN<br />
Wie das Land,<br />
so der Mensch<br />
In dieser Dokumentationsreihe<br />
werden die schönsten<br />
Regionen Frankreichs<br />
bereist und wird gezeigt, wie die Natur die Menschen in den<br />
unterschiedlichen Landstrichen geprägt hat, aber auch, wie<br />
die Menschen ihrer Umgebung ihren Stempel aufgedrückt<br />
haben. In der zweiten <strong>Januar</strong>woche geht es in das Überseedepartement<br />
La Réunion, nach Versailles, in die Bretagne sowie<br />
ins Hinterland der Côte d’Azur.<br />
Montag, 6. <strong>Januar</strong> <strong>2014</strong>, 17.00 Uhr: La Réunion, Vulkane und Talkessel<br />
Dienstag, 7. <strong>Januar</strong> <strong>2014</strong>, 17.00 Uhr: La Réunion, die Küste<br />
Mittwoch, 8. <strong>Januar</strong> <strong>2014</strong>, 17.00 Uhr: Versailles<br />
Donnerstag, 9. <strong>Januar</strong> <strong>2014</strong>, 17.00 Uhr: Bretagne<br />
Freitag, 10. <strong>Januar</strong> <strong>2014</strong>, 17.00 Uhr: Grasse<br />
SPIELFILME<br />
Eine Nacht mit Fantômas<br />
Fantômas ist eine französische Serie von<br />
Kriminalromanen vom Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
und ein großer Filmmythos. Anlässlich des 100.<br />
Geburtstages der Serie präsentiert Gaumont einen<br />
seiner größten Archivschätze in einer brillanten<br />
4K-Digitalrestaurierung. Dazu hat der renommierte<br />
französische Musiker Yann Tiersen mit vier internationalen Bands neue<br />
Filmmusiken komponiert. Die Filme trafen mit ihrer skrupellosen Hauptfigur,<br />
die sich in ständig wechselnden Masken unters Volk mischt und stets der<br />
Polizei entkommt, den Nerv der Zeit, und haben bis heute nichts von ihrer<br />
düsteren Faszination eingebüßt.<br />
Samstag, 11. <strong>Januar</strong>, ab 23.05 Uhr • Das grausame Genie • Im Schatten<br />
der Guillotine • Juve gegen Fantômas • Der mörderische Leichnam<br />
Sonntag, 12. <strong>Januar</strong> <strong>2014</strong>, ab 0.30 Uhr • Fantômas<br />
gegen Fantômas • Der falsche Ermittler<br />
THEMA<br />
Der letzte Glanz<br />
der alten Welt<br />
Zu Beginn des Jahres <strong>2014</strong><br />
widmet sich ARTE mit dem<br />
Sonderprogramm « 1914 –<br />
Der letzte Glanz der alten<br />
Welt » der Belle Epoque und<br />
der Zeit vor Ausbruch des<br />
Ersten Weltkrieges. Mehrere<br />
Spiel- und Stummfilme,<br />
zahlreiche Dokumentationen sowie die ARTE-<br />
Magazine nehmen den Zuschauer mit auf<br />
eine kulturelle Reise in die friedliche und<br />
prosperierende Zeit Europas des frühen 20.<br />
Jahrhunderts. Darunter ist ein Dokumentarfilm,<br />
der einen ganzen Tag des Jahres 1913 in<br />
Frankreich rekonstruiert und dabei einen Blick<br />
auf ganz Europa wirft, eine Dokumentation<br />
über Paul Poiret, der von 1903 bis zum Ende<br />
des Ersten Weltkrieges der einflussreichste<br />
Modeschöpfer nicht nur in Frankreich,<br />
sondern auf der ganzen Welt war, sowie ein<br />
Dokumentarfilm, der das Pariser Leben der<br />
Jahre 1900 bis 1914, die sogenannte Belle<br />
Epoque, nachzeichnet, wobei Ausschnitte aus<br />
rund 700 Spielfilmen und Wochenschauen<br />
zu einem umfassenden Sittengemälde<br />
zusammengefügt werden.<br />
Samstag, 11. <strong>Januar</strong> <strong>2014</strong>, 22.05 Uhr:<br />
Stil und Eleganz - Die Belle Epoque<br />
Sonntag, 12. <strong>Januar</strong> <strong>2014</strong>, 12.30 Uhr:<br />
Paul Poiret - König der Mode<br />
Sonntag, 12. <strong>Januar</strong> <strong>2014</strong>, 23.25 Uhr:<br />
Paris 1900 - La Belle Epoque<br />
Das komplette tägliche ARTE TV-Programm finden Sie im ARTE Magazin.<br />
Jeden Monat neu am Kiosk oder im Abonnement. Jetzt bestellen unter: www.arte-magazin.de.<br />
Weitere Informationen und Angebote von ARTE : www.arte.tv<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 19
ON SURFE<br />
SHOPPING<br />
Produkte garantiert<br />
« Made in Paris »<br />
Es gibt unzählige Onlineshops<br />
im Internet.<br />
Dieser Onlineshop,<br />
der erst am 5. Dezember<br />
« seine Türen » geöffnet hat,<br />
unterscheidet sich allerdings<br />
grundlegend von anderen.<br />
Denn hinter der Website<br />
steht nicht irgendein Privatunternehmen,<br />
sondern die<br />
Stadtverwaltung von Paris.<br />
Es kommt in Frankreich und<br />
auch andernorts nicht oft vor,<br />
dass sich eine Stadtverwaltung einer derartigen<br />
Initiative annimmt. Die Motivation hinter<br />
der digitalen Boutique ist deshalb auch<br />
nicht rein ökonomischer Natur. Es geht der<br />
Stadt vor allem darum, Produkte ins Rampenlicht<br />
zu rücken, die aus der französischen<br />
Hauptstadt stammen. Damit will man die lokale<br />
Wirtschaft und die kreativen Kräfte der<br />
Stadt stärken. In der Startphase umfasst das<br />
Sortiment rund 250 Waren, darunter Kassenschlager<br />
und Raritäten. Damit man sich als<br />
Benutzer schnell zurechtfindet, werden die<br />
Artikel in Rubriken wie Kultur, Mode oder<br />
Haushalt eingeteilt. Voraussetzung für die<br />
Aufnahme eines Erzeugnisses in den Shop<br />
ist, dass das Produkt eine enge Verbindung zu<br />
Paris besitzt. Dies ist zum Beispiel bei den<br />
exklusiven Teesorten « Matin Parisien » und<br />
« Paris-Marais » aus dem renommierten Teehandel<br />
« Mariage Frères » gegeben. Oder bei<br />
originalgetreuen Nachbauten des berühmten<br />
Stuhlklassikers « Fermob », der im Jardin du<br />
Luxembourg und auf der neu gestalteten<br />
Place de la République steht. Originale Pariser<br />
Wasserkaraffen mit den Logos der Arrondissements<br />
sind ebenfalls im Sortiment. Außerdem<br />
gibt es natürlich eine Auswahl von<br />
Büchern über die Geschichte der Stadt, die<br />
Kunst oder die Stadtplanung. Kurzum, der<br />
Onlineshop ist eine wahre Fundgrube für alle<br />
Parisliebhaber und eine gute Inspirationsquelle<br />
für Mitbringsel und Geschenke. Besonders<br />
lobenswert zudem: Die Seite existiert<br />
auch in einer deutschen Fassung.<br />
www.boutique.paris.fr<br />
FOTOGRAFIE<br />
Fotokunst versus Google<br />
Zwischen 2004 und 2010 fuhr der bekannte französische<br />
Fotograf Gérard Depardon mit seinem Wohnmobil durch<br />
Frankreich, um das Land mit einem altmodischen Fotoapparat<br />
abzulichten. Das Resultat waren Bilder von Straßen, Gebäuden,<br />
Schildern und Geschäften, die Frankreich porträtieren und die seitdem<br />
in zahlreichen Ausstellungen gezeigt wurden. Eine andere Fotografin,<br />
Caroline Delieutraz, hatte nun die Idee, den Motiven ihres Kollegen mit<br />
Google Street View nachzuspüren und mit Hilfe dieses Dienstes möglichst<br />
dieselben Blickwinkel wiederzufinden, ohne dafür ihren Schreibtisch<br />
verlassen zu müssen. Es geht um eine Gegenüberstellung herkömmlicher<br />
Fotografie und den Möglichkeiten moderner Informationstechnologien,<br />
also um « zwei Visionen unserer Welt », wie die Fotografin selbst sagt.<br />
Exportschlager aus<br />
Frankreich<br />
Drei Freunde hatten die Idee, den Alltag<br />
der Menschen etwas lustiger zu gestalten. Daraus ist eine der<br />
beliebtesten Apps « Made in France » geworden, die inzwischen<br />
mehr als eine Million Nutzer auf der ganzen Welt besitzt. Bei der App<br />
werden den Benutzern jeden Tag ein paar lustige Aufgaben gestellt,<br />
zum Beispiel « Mache die Sicherheitsanweisungen im Flugzeug<br />
nach » oder « Fotografiere die Welt aus 10.000 Meter Höhe ».<br />
Anschließend können sie ihre Bilder von der Erfüllung dieser Aufgabe<br />
mit den anderen Nutzern teilen.<br />
RATGEBER<br />
Kampf den Wartezeiten<br />
SPIEL<br />
Wer ärgert sich nicht, wenn er am Telefon in einer<br />
War te schleife festhängt oder vor einem Museum anste<br />
hen muss? Eine App will den Frust vermindern und zeigt nun<br />
an, zu welchen Tages- und Wochenzeiten es am günstigsten<br />
ist, die Hotline einer Fluggesellschaft, der Bahn oder eines großen<br />
Unternehmens anzurufen bzw. sich auf den Weg zu einem<br />
Museum oder einer beliebten Sehenswürdigkeit zu machen.<br />
Eine App, die hilft, die eigene Lebenszeit effizienter zu nutzen.<br />
App 02 Minutes d’Attente<br />
www.deuxvisions.net<br />
App One Feat<br />
20 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Urlaub unterm Reetdach, in einer Design-Wohnung<br />
mit Sauna und Kamin, in einem Ferienhaus mit<br />
eigenem Garten oder in einer Kajüte wie auf einem<br />
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Die einzigartige Lage der Anlage im Herzen des<br />
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Marseille<br />
Marseille<br />
Die Rennaissance einer Metropole!?<br />
22 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Ein Jahr lang durfte sich Frankreichs zweitgrößte Stadt als Kulturhauptstadt<br />
Europas feiern lassen. Nun geht ein aufregendes Jahr zu Ende und es<br />
stellt sich die Frage nach der Zukunft. Doch wie ist Marseille überhaupt?<br />
Stimmt das Klischee vom kriminalitätsgeplagten Moloch oder ist die<br />
Metropole auf dem Weg zu einer neuen Blütezeit? Impressionen und<br />
Erlebnissplitter aus einer zerrissenen, aber verführerischen Stadt. Einer<br />
Stadt, die viele Gesichter hat und niemals ihre Würde verliert, egal wie<br />
widrig die Umstände sind.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 23
UNTERWEGS IN FRANKREICH Marseille<br />
Als ich einem Freund davon erzählte, dass ich von<br />
einer Reportage aus Marseille zurück bin, fragte er<br />
mich, ob die Stadt eher wie Barcelona oder eher<br />
wie Neapel sei. Eine Frage, auf die mir die Antwort schwerfällt.<br />
Zunächst einmal, weil sich dahinter ein sehr klischeehafter<br />
Ansatz verbirgt. Auf der einen Seite das hippe Barcelona,<br />
das es geschafft hat, sich seit den Olympischen Sommerspielen<br />
1992 ein cooles Image zuzulegen und zum<br />
Sehnsuchtsziel für Reisende aus der ganzen Welt geworden<br />
ist. Auf der anderen Seite das angebliche Monstrum Neapel<br />
mit seiner explosiven Mischung aus Arbeitslosigkeit, Mafia<br />
und Korruption. Wer kürzlich in der italienischen Hafenstadt<br />
gewesen ist, weiß, wie einseitig dieses Bild ist. Und<br />
auch in Barcelona ist nicht alles Gold, was glänzt.<br />
Für mich scheinen beide Vergleiche nicht auf Marseille<br />
zuzutreffen. Ich vergleiche die Hafenstadt lieber mit einer<br />
nicht mehr ganz jungen Diva. Sie hat ein nicht immer<br />
einfaches Leben hinter sich und trägt manchmal etwas zu<br />
viel Schminke auf, um die Spuren der Vergangenheit zu<br />
vertuschen. Oder sie unterwirft sich gar einer Schönheitsoperation.<br />
Sie hat ihre Launen und Eigenarten, übt sich in<br />
Hochmut, auch wenn es manchmal nicht angebracht ist.<br />
Vor allem aber hat sie nie ihren Stolz verloren, auch wenn<br />
es zuweilen schwerfällt, die Fassade aufrecht zu erhalten.<br />
Sie liebt unverändert den großen Auftritt.<br />
Für mich ist das ein Bild, das Marseille perfekt charakterisiert.<br />
Die Mittelmeermetropole ist Frankreichs<br />
älteste Stadt überhaupt. Gegründet wurde sie von den<br />
alten Griechen als Handelsstützpunkt rund 600 Jahre<br />
vor Christi Geburt. Massalia nannten sie den Ort. Durch<br />
ihre günstige Lage wurde die griechische Kolonie eine der<br />
reichsten und wichtigsten im westlichen Mittelmeerraum.<br />
Später kamen dann die Römer und übernahmen den Hafen.<br />
Damit herrschte in Marseille schon zivilisiertes Leben,<br />
als im Norden Europas noch wilde Barbaren durch<br />
die Wälder streiften.<br />
Vielleicht ist es dieses Wissen um eine lange und bedeutende<br />
Vergangenheit, aus dem die Stadt und ihre Bewohner<br />
bis heute ihren Stolz ziehen. Paris mag die Hauptstadt<br />
des Landes sein. Lyon die ewige Rivalin, mit der man<br />
sich darum streitet, wer nun wirklich die Nummer zwei<br />
im Land ist – Marseille zählt zwar mehr Einwohner, der<br />
Großraum Lyon ist aber einwohnerstärker und vor allem<br />
wirtschaftlich bedeutender. Trotzdem würden die meisten<br />
Marseiller einen Umzug in den wohlhabenderen Norden<br />
des Landes wie eine Strafversetzung empfinden. Marseille<br />
ist nicht die reichste und friedlichste Stadt des Landes, für<br />
die meisten Bewohner aber trotzdem die beste.<br />
Soziale Brennpunkte im Norden<br />
So sieht das auch Nadine. Sie ist als Kind afrikanischer<br />
Einwanderer im Norden der Stadt groß geworden. Dort,<br />
wo sich heute die Polizei nicht mehr in einige Viertel traut<br />
und die Drogenbosse selbst für die « öffentliche Ordnung<br />
sorgen » bzw. für das, was sie darunter verstehen. Besonders<br />
wenn man sich als Auswärtiger in eines dieser Quartiere<br />
begeben will, wird man misstrauisch beäugt, wenn<br />
einem nicht gleich auf unmissverständliche Weise mitgeteilt<br />
wird, dass man lieber schnell umkehren sollte.<br />
Immer wieder gehen die Schlagzeilen von ermordeten<br />
jungen Männern durch die Presse. Abgeschlachtet, weil<br />
sie für den falschen Clan gearbeitet oder sich nicht an die<br />
Regeln der Unterwelt gehalten haben. Wenn mal wieder<br />
ein Mord auf offener Straße am helllichten Tage passiert,<br />
ist die Aufregung besonders groß. Manche Politiker<br />
fordern dann sogar, dass das Militär in den nördlichen<br />
Ghettos der Mittelmeermetropole einmarschieren sollte.<br />
Doch kaum werden andere Schlagzeilen wichtiger, gerät<br />
das Elend in den Trabantenstädten von Marseille wieder<br />
in den Hintergrund. Ein Lokalpolitiker gab kürzlich zu<br />
Protokoll, dass sich sowieso nichts ändert, bis sich die<br />
Drogenpolitik der westlichen Welt allgemein wandeln<br />
wird. Marseille allein kann den Krieg gegen die Drogenbosse<br />
kaum gewinnen.<br />
Nadine hat es trotzdem geschafft, sich aus dieser Spirale<br />
der Gewalt zu befreien. Vielleicht hatte sie das Glück, ein<br />
Mädchen zu sein, das von ihren Eltern beschützt wurde,<br />
ohne in traditionelle Rollen gedrängt zu werden. Sie studiert<br />
inzwischen an der Universität von Marseille und lebt<br />
in einer WG in einem gepflegten Stadtteil südlich der Innenstadt.<br />
Nadine kennt die Schattenseiten ihrer Heimat aus<br />
erster Hand, trotzdem möchte sie nirgendwo anders leben.<br />
« Marseille ist einzigartig. Es ist ein echter Schmelztiegel<br />
der Nationen. Marseille ist hart, aber die Stadt macht<br />
einen damit fit für die Härten des Lebens », ist ihr Motto.<br />
Ganz besonders stolz ist sie, dass ihre Heimatstadt 2013<br />
die Kulturhauptstadt Europas geworden ist. « Es gab so<br />
viele tolle Ausstellungen und Events. Die Kultur hat die<br />
Menschen einander wirklich nähergebracht », schwärmt<br />
sie noch immer davon.<br />
Hauptstadt für ein Jahr<br />
Keine Frage, Marseille hat von dem Kulturhauptstadtjahr<br />
profitiert. Zwar gab es am Anfang viel Polemik darüber,<br />
dass trotz jahrelanger Vorlaufzeit nicht alles rechtzeitig<br />
fertig wurde. « Typisch Marseille », hieß es dann wieder<br />
allseits. Die Stadt schafft es einfach nicht, perfekt zu sein.<br />
Selbst wenn viel auf dem Spiel steht und eine große Chance<br />
wartet, verbocken es die Verantwortlichen. Doch nach<br />
den ersten Anlaufschwierigkeiten war der meiste Ärger<br />
bald verflogen. Wie andere Kulturhauptstädte zuvor verzauberte<br />
die Metropole mit einem vielseitigen Programm.<br />
Doch noch viel wichtiger als das Jahr an sich ist, was<br />
davon bleiben wird. Da gibt es einmal die Veränderungen<br />
in der Wahrnehmung der Menschen. Marseille wurde<br />
dank dieses großen Kulturevents mit positiven Schlagzeilen<br />
bedacht und nicht mit der üblichen Berichterstattung<br />
von Kriminalität und Elend. Auch weniger kulturaffine<br />
Bevölkerungsschichten entdeckten außerdem die Kraft<br />
der Kunst.<br />
24 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Oben: Blick auf das MuCEM mit seinem spektakulären Neubau und dem Fort Saint-Jean. Im Hintergrund die<br />
Cathédrale La Major. Unten links: Das Hôtel Dieu, in dem sich heute das Hotel InterContinental befindet, und<br />
die verkehrsberuhigte Promenade am Vieux Port. Unten rechts: Blick vom Hôtel Dieu auf die Kirche Notre<br />
Dame de la Garde hoch über der Stadt. S. 22/23: Blick vom Palais du Pharo auf den Vieux Port.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 25
UNTERWEGS IN FRANKREICH Marseille<br />
Hinzu kommen die baulichen Vermächtnisse. Das<br />
allerwichtigste darunter ist das brandneue Musée des<br />
civilisations de l’Europe et de la Méditerranée, kurz Mu-<br />
CEM genannt. Das Museum, das sich mit der Geschichte<br />
der Zivilisation im Mittelmeerraum beschäftigt, war das<br />
Flaggschiff für das Kulturhauptstadtjahr und wird auch<br />
zukünftig das Vorzeigemuseum der Stadt bleiben.<br />
Insgesamt besteht es aus drei Stätten, wovon sich die<br />
beiden wichtigsten direkt an der Hafeneinfahrt von Marseille<br />
befinden und miteinander verbunden sind. Herzstück<br />
ist dabei ein Neubau, der vom Architekten Rudy<br />
Ricciotti auf einer ehemals als Hafen genutzten Mole<br />
errichtet wurde. Die markante Fassade wurde weltweit<br />
als architektonische Meisterleistung gefeiert und füllte<br />
die Feuilletons in den Zeitungen rund um den Globus.<br />
Verbunden ist dieser Neubau über eine luftige Brücke aus<br />
Metall mit dem alten Fort Saint-Jean, das für die Eröffnung<br />
des Museums von Grund auf saniert wurde und auf<br />
dessen Dach ein mediterraner Garten im zeitgenössischen<br />
Design auch für Nicht-Museumsbesucher zugänglich ist<br />
und für faszinierende Ausblicke sorgt.<br />
Zwischen den beiden Gebäuden liegt ein Wasserbecken,<br />
in dem das Schwimmen ausdrücklich verboten ist.<br />
Davon lässt sich Karim im Sommer aber nicht abhalten.<br />
Milliarden Euro für die Zukunft<br />
Auf einer Fläche von 480 Hektar findet nach Angaben der Verantwortlichen<br />
Europas größtes Stadterneuerungsprogramm statt. Nun, es gibt einige<br />
europäische Metropolen, die diesen Titel für sich beanspruchen.<br />
Zweifelsfrei ist jedoch, dass das Euroméditerranée genannte Projekt eines<br />
der beeindruckendsten städtebaulichen Vorhaben des Kontinents ist.<br />
Marseille erobert seine Küste zurück und schafft auf ehemaligen Hafen-<br />
und Brachflächen ein neues Zentrum. 40.000 Menschen sollen hier einmal<br />
leben, 35.000 zur Arbeit kommen. Mehr als sieben Milliarden Euro werden<br />
am Ende verbaut.<br />
Da Euroméditerranée so erfolgreich ist, wurde es kürzlich um ein zweites<br />
Entwicklungsgebiet weiter nördlich ergänzt. Euroméditerranée 2 soll den<br />
Übergang zu den nördlichen Trabantenstädten schaffen und für noch<br />
mehr Lebensqualität sorgen. Herzstück dieses zweiten Abschnitts wird<br />
unter anderem eine neue Uferpromenade, unter der die jetzige Autobahn<br />
A55 verschwinden soll. Außerdem ein 14 Hektar großer Park.<br />
Doch nicht nur in das neue Zentrum am Hafen fließen Milliarden. Kurz vor<br />
den im Frühling stattfindenden Kommunalwahlen hat der französische<br />
Premierminister Jean-Marc Ayrault verkündet, dass der französische<br />
Staat drei Milliarden Euro in die Infrastruktur von Marseille investieren will.<br />
Damit soll die Anbindung der nördlichen Vororte ans Zentrum nachhaltig<br />
verbessert werden. Für ein Gros des Geldes soll der erst kürzlich für den<br />
TGV komplett sanierte Bahnhof Saint-Charles von einem Kopfbahnhof zu<br />
einem unterirdischen Durchgangsbahnhof ausgebaut werden. Während<br />
ein solch pharaonisches Vorhaben in Stuttgart für Bürgerproteste sorgte,<br />
freuen sich die Marseiller über die Investitionen. Außerdem soll die<br />
Bahnstrecke von Marseille nach Aix-en-Provence verdoppelt und die<br />
U-Bahn-Linie 2 nach Norden verlängert werden.<br />
Er liebt es, vom Rand ins Wasser zu springen, zum anderen<br />
Ufer zu schwimmen, aus dem Wasser zu steigen und<br />
das Spiel von vorne zu beginnen. Es ist nicht ganz klar, ob<br />
er damit seine Freundin beeindrucken will, die ihn meist<br />
begleitet und es sich dann auf einem Handtuch am Fuße<br />
des MuCEM bequem macht, oder die vielen Touristen,<br />
die ihm von der Brücke zwischen den beiden Bauten des<br />
Museums gespannt zusehen. Nun ist das Wasser aber zu<br />
kalt zum Baden und Karim sitzt nur auf der Mauer und<br />
schaut hinaus aufs Meer.<br />
Vom Einwandererviertel<br />
zum Szenestadtteil<br />
Er ist im Viertel Le Panier groß geworden, das gleich<br />
hinter dem MuCEM beginnt. Der Stadtteil ist der älteste<br />
der Mittelmeermetropole. Hier ließen sich die ersten<br />
Griechen vor über 2.600 Jahren nieder. Traditionell gilt<br />
das Viertel als ein Einwanderer- und Arbeiterquartier.<br />
Viele Familien aus Nordafrika und anderen ehemaligen<br />
französischen Kolonien fanden hier ihre erste Bleibe in der<br />
neuen Heimat. Bis heute ist Le Panier noch multikultureller<br />
als das ohnehin insgesamt multikulturelle Marseille.<br />
Doch in den letzten Jahren verändert das Viertel sein<br />
Gesicht. Aus einer missachteten Gegend wird<br />
zunehmend eine Touristenattraktion. Karim<br />
beobachtet das mit gemischten Gefühlen.<br />
Einerseits ist er stolz darauf, dass es plötzlich<br />
populär geworden ist, in Le Panier zu wohnen.<br />
Er kann damit glänzen, zu den Alteingesessenen<br />
zu gehören. Andererseits bedeuten<br />
Wandel und Aufschwung auch steigende<br />
Mieten und die Gefahr der Verdrängung.<br />
Am deutlichsten auszumachen sind die<br />
Veränderungen an einem weit sichtbaren<br />
Gebäude, dem Hôtel Dieu. Das auf einer<br />
Höhe gelegene Gebäude hat durchaus etwas<br />
von einem Schloss. Gebaut wurde es als<br />
Krankenhaus. Bis 2006 wurden hier noch<br />
Anwärter medizinischer Berufe ausgebildet.<br />
Doch dann rückten die Bauarbeiter an und<br />
verwandelten das herrschaftliche Anwesen in<br />
das neueste Luxushotel der Stadt, betrieben<br />
vom Hotelkonzern InterContinental. Wenn<br />
das 5-Sterne-Haus abends festlich illuminiert<br />
ist, wirkt es noch ein wenig fremd in<br />
dieser einstigen Arbeitergegend. Doch das<br />
InterContinental zeigt, wohin die Reise in<br />
diesem zentral gelegenen Stadtviertel gehen<br />
könnte. Denn die ganze Gegend rund um Le<br />
Panier ist im Aufbruch.<br />
Ein neues Zentrum am Hafen<br />
Wo früher eine Stadtautobahn das Stadtviertel<br />
vom Hafen trennte und viel Verkehr<br />
26 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Das herrschaftliche Palais du Pharo wurde einst als kaiserliche Residenz gebaut und dient heute als modernes<br />
Kongresszentrum. Der Park ist frei zugänglich und bietet einen traumhaften Blick auf den Vieux Port.<br />
für Lärm und Abgase sorgte, sind die Autos nun in einem<br />
Tunnel unter der Erde verschwunden. Darüber entsteht<br />
gerade ein verkehrsberuhigter Stadtboulevard. Während<br />
die Straße selbst bereits neu angelegt ist und mit Bäumen<br />
und Designstraßenlaternen ausgestattet wurde, wird in<br />
den den Boulevard säumenden Gebäuden noch kräftig<br />
gewerkelt.<br />
Euroméditerranée heißt dieses ehrgeizige Städtebauprojekt,<br />
das ungenutzte Hafenflächen und Brachen zu<br />
einem lebendigen zweiten Zentrum der Hauptstadt der<br />
Provence machen soll. So werden zum Beispiel die einstigen<br />
Gewölbe unter dem Platz, auf dem die markante<br />
Cathédrale La Major steht, geöffnet und für Geschäfte<br />
hergerichtet. Im Laufe des Jahres <strong>2014</strong> soll alles fertig sein<br />
und die ersten Läden eröffnet werden.<br />
Etwas weiter entsteht mit den « Terrasses du Port » ein<br />
weiteres großes Shoppingcenter. Mit einer Gesamtverkaufsfläche<br />
von 61.000 Quadratmetern und 160 Läden wird<br />
es das Herz der neuen Hafencity werden. Höhepunkt ist<br />
eine große Terrasse, die sich zum Meer hin öffnet und zum<br />
Flanieren und Pausieren einladen wird. Außerdem werden<br />
ein Foodcourt und zahlreiche Restaurants zum Verweilen<br />
einladen. Die Eröffnung ist ebenfalls für <strong>2014</strong> geplant.<br />
Genau gegenüber liegt ein « Les Docks » genannter<br />
Gebäuderiegel, der bereits aufwendig saniert wurde und<br />
nun für eine neue Bestimmung als Freizeitpol mit Restaurants,<br />
Geschäften und Büros vorbereitet wird. « Les<br />
Docks » ist für viele Marseiller ein Denkmal, das eng mit<br />
der Geschichte des Hafens verbunden ist. Wenn man sich<br />
vom Norden dem Vieux Port nähert, kommt man zwangsweise<br />
an diesem Gebäuderiegel vorbei. Ab Mitte des 19.<br />
Jahrhunderts bis Mitte des 20. Jahrhunderts diente er als<br />
Lager und Scharnier zwischen See- und Landhandel. So<br />
wie etwa die alte Speicherstadt in Hamburg. Die Gebäude<br />
werden heute von Büros in Beschlag genommen. Der Abschluss<br />
der Arbeiten mit der Eröffnung zahlreicher Läden<br />
in den Erdgeschossen ist für 2015 geplant.<br />
Neben « Les Docks » sind weitere Bürogebäude entstanden<br />
bzw. entstehen noch. Dort arbeitet Thomas in<br />
einer Niederlassung einer großen französischen Bank. Er<br />
liebt seinen Arbeitsplatz. « Es ist cool zu sehen, wie eine<br />
ganz neue Stadt entsteht », meint er. « Zwar ist es hier<br />
nach Feierabend noch etwas tot, aber das wird sich in den<br />
nächsten Jahren ändern, wenn alles fertig ist. »<br />
Zu dem Projekt Euroméditerranée gehört neben der<br />
Rehabilitierung vorhandener Gebäude und dem Bau neuer<br />
« gewöhnlicher » Gebäude auch die Errichtung von vier<br />
Hochhäusern, die Marseille eine echte Skyline bescheren<br />
sollen. Eines der Hochhäuser ist bereits fertig, die von<br />
Zaha Hadid entworfene, 147 Meter hohe Tour CMA-<br />
CGM, in der der gleichnamige französische Schifffahrts-<br />
und Logistikkonzern seinen Hauptsitz hat. Das<br />
Hochhaus bildet die Speerspitze am nördlichen Ende des<br />
neuen Stadtteils. Zu seinen Füßen kommt die Autobahn<br />
aus dem Norden an, um sich zu gabeln und schließlich ein<br />
paar Meter später im neuen Tunnel zu verschwinden.<br />
Auf der Brache zwischen der Tour CMA-CGM und<br />
« Les Docks » sind die anderen drei Hochhäuser geplant,<br />
jeweils unter der Federführung großer Architekten. Jean<br />
Nouvel hat einen 135 Meter hohen Turm entworfen. Daneben<br />
wird die Tour Horizon mit einem Hotel und Wohnungen<br />
von Yves Lion in die Höhe wachsen. Schließlich folgt<br />
das Hochhaus H99 mit einer Höhe von 99 Metern, das<br />
Luxuswohnungen beherbergen wird und von Jean-Baptiste<br />
Piétri stammt. In der zehnten Etage wird es ein Schwimmbad<br />
und einen Spabereich für die Bewohner geben.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 27
UNTERWEGS IN FRANKREICH Marseille<br />
Links: Simulation<br />
der geplanten<br />
Hochhäuser gemäß<br />
der aktuellen<br />
Pressemitteilung von<br />
Euroméditerranée.<br />
Rechts: Der sanierte<br />
Gebäuderiegel<br />
« Les Docks », der<br />
bis 2015 weiter<br />
umgebaut wird,<br />
damit auch Läden<br />
und Restaurants<br />
darin Platz finden.<br />
Das alte Herz der Mittelmeermetropole<br />
Wenn Thomas nach Hause will, hat er es nicht weit. Er<br />
hat eine Wohnung in der Rue de la République gefunden,<br />
einer der neuen Einkaufsstraßen von Marseille, die das<br />
neue Stadtviertel Euroméditerranée mit dem Vieux Port<br />
verbindet. Am nördlichen Ende sind die meisten Läden<br />
zwar noch verwaist und es künden nur große Plakate von<br />
der rosigen Zukunft als Bummelboulevard. Im südlichen<br />
Abschnitt, zum Vieux Port hin, ist die Rue de la République<br />
aber bereits eine schicke Flaniermeile. H&M, Celio,<br />
Starbucks und viele weitere bekannte Marken säumen den<br />
Boulevard. Die Fassaden der vor kurzem komplett sanierten<br />
Straße lassen einen glauben, man sei im Paris von<br />
Haussmann gelandet. Herrschaftlich sind die Gebäude<br />
und tadellos renoviert.<br />
Die Wohnung von Thomas liegt in der vierten Etage<br />
zum Hinterhof. Sie ist klein und nicht gerade billig. 600<br />
Euro muss er im Monat für die zwei Zimmer bezahlen.<br />
« Für eine Familie mit Kindern ist die Wohnung kaum<br />
geeignet », gibt Thomas zu. « Aber bei mir besteht keine<br />
zu große Gefahr, dass sich Nachwuchs anmeldet », fügt er<br />
schelmisch hinzu. Ihm ist es wichtig, so dicht wie möglich<br />
am Herzen der Stadt zu leben, so dass er die etwas höhere<br />
Miete gerne in Kauf nimmt.<br />
Denn trotz aller neuen städtebaulichen Projekte: Das<br />
Herz von Marseille ist und bleibt der Vieux Port, der nur<br />
ein paar Schritte von Thomas’ Wohnung entfernt beginnt.<br />
Kein anderer Ort ist mehr Wahrzeichen für Marseille als<br />
dieses Hafenbecken voller Motorboote und Segeljachten.<br />
Noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts war der Vieux<br />
Port sogar ein echter pulsierender Hafen. Hier wurde<br />
Handel mit den Kolonien und der ganzen Welt getrieben,<br />
bevor die Hafenwirtschaft in Richtung Norden abwanderte.<br />
Gut geschützt wurde die Hafeneinfahrt über Jahrhunderte<br />
durch zwei Forts, die sich jeweils auf einer Seite<br />
der Hafeneinfahrt befinden. Den schönsten Blick auf den<br />
Vieux Port hat man vom Palais du Pharo. Es liegt auf einer<br />
Erhebung auf der südlichen Seite des Hafenausgangs<br />
gegenüber vom MuCEM. Napoleon III. ließ es einst errichten.<br />
Heute dient es als Kongresszentrum.<br />
Rechtzeitig zum Kulturhauptstadtjahr wurden die<br />
Uferbereiche des Vieux Port verkehrsberuhigt. Wo sich<br />
früher lange Autoschlangen bildeten, dürfen heute nur<br />
noch Busse und Taxis passieren. An der östlichen Seite<br />
zum Zentrum hin wurde ein großer Platz angelegt. Dort<br />
finden oft Veranstaltungen statt. Fischhändler verkaufen<br />
am Quai des Belges morgens ihre fangfrische Ware. Außerdem<br />
wurde eine Überdachung errichtet, die wie ein<br />
riesiger Spiegel fungiert und in der sich das Leben am Kai<br />
spiegeln soll.<br />
Eine Fahrradstadt ohne Fahrradfahrer<br />
Die Stadtverwaltung unternimmt ohnehin viel, um<br />
den Individualverkehr aus der engen Innenstadt zu verdrängen.<br />
Viele Boulevards wie die Rue de la République<br />
oder die legendäre Canebière wurden zurückgebaut. Anstatt<br />
mehrerer Fahrspuren und zahlreicher Parkbuchten<br />
gibt es nun viel Platz für Fußgänger und Radfahrer. Auf<br />
einigen Boulevards fährt zudem die neue Straßenbahn<br />
der Metropole, die das U-Bahnnetz ergänzen soll. Autos<br />
müssen sich dagegen meist über eine Spur pro Richtung<br />
durch die Straßen quälen.<br />
Doch die Marseiller scheinen Leid gewöhnt zu sein<br />
und stehen lieber im Stau als aufs Fahrrad oder die öffentlichen<br />
Verkehrsmittel umzusteigen. Jeden Tag sind<br />
gerade im Berufsverkehr die für die Autos verbliebenen<br />
Spuren hoffnungslos verstopft, die Fahrradwege dagegen<br />
verwaist. Besonders gut lässt sich das Verkehrschaos auf<br />
der Rue de la République beobachten.<br />
Sophie versteht das auch nicht. Die aus Straßburg<br />
wegen der Liebe nach Marseille gezogene Mittdreißigerin<br />
gehört zu den wenigen, die sich mit dem Zweirad in<br />
Marseille bewegen. « Vielleicht kommt das daher, dass ich<br />
als Elsässerin mehr von der Fahrradkultur Mitteleuropas<br />
beeinflusst bin », versucht sie zu erklären. Ihre neuen<br />
Freunde in Marseille können jedenfalls nicht wirklich<br />
ihre Begeisterung fürs Fahrradfahren verstehen.<br />
Dabei hat Marseille wie inzwischen quasi jede französische<br />
Großstadt sogar ein gut ausgebautes kommunales<br />
Leihfahrradsystem. Doch einen Sinneswandel scheinen<br />
28 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
die ganzen Radwege noch nicht hervorgerufen zu haben. Die Leihstationen<br />
sind meist voller Fahrräder. Dies bedeutet im Umkehrschluss: Fast niemand<br />
benutzt die Mieträder. Aber welche echte Diva fährt auch schon Fahrrad?<br />
Vielleicht ist die Erklärung so simpel.<br />
Deutschlands<br />
gegen<br />
großes Reisemagazin<br />
Fernweh.<br />
Nicht jedes Klischee ist falsch<br />
Flanieren tun die Marseiller dagegen gerne. Egal ob rund um den Vieux<br />
Port, auf einem der Einkaufsboulevards oder in der Fußgängerzone Rue<br />
Saint-Ferréol, an deren Ende die Präfektur an einem herrschaftlichen Platz<br />
liegt. Dort nimmt Jean an einer Demonstration gegen die Budgetkürzungen<br />
und die geplante Rentenreform der sozialistischen Regierung teil. Jean ist<br />
seit drei Jahrzehnten Mitglied der Force Ouvrière, eine der militantesten Gewerkschaften<br />
des Landes.<br />
Die laute Popmusik, die über die Place de la Prefecture schallt, erinnert<br />
mehr an die Love-Parade als an eine Demonstration. Auch sind gerade<br />
einmal 40 bis 50 Demonstranten gekommen. Doch Jean irritiert das nicht:<br />
« Wir werden es diesen falschen Sozialisten schon zeigen ». Er meint damit<br />
François Hollande und seine Regierung und ist sich seiner Sache sicher, fest<br />
im Klassenkampf verankert. Die meisten Marseiller, die in den angrenzenden<br />
Bistros zu Mittag essen oder auf Einkaufstour sind, erfreuen sich dagegen<br />
vor allem an der lauten Musik. Eine Verkäuferin hinterm Tresen wippt<br />
munter im Takt.<br />
Keine Frage, so manches Klischee über Marseille ist nicht unbedingt<br />
nur ein Klischee. Die Streiklust einiger Einwohner und das Aufbegehren<br />
gegenüber ungerecht empfundenen Maßnahmen haben viele Marseiller<br />
im Blut. Selbst wenn sich hinter manchen hehren Zielen eher egoistische<br />
Überlegungen verbergen. In Marseille können einige Hafenarbeiter schon<br />
einmal tagelang den wichtigsten Hafen des Landes lahmlegen. Jede Diva<br />
hat eben ihre ganz eigenen « Macken ». In Marseille hat Streik für viele<br />
jedenfalls keine negative Konnotation. Man akzeptiert es auch, wenn die<br />
Post einmal nicht kommt, weil es für den Postboten zu sehr regnet. Auch<br />
das ist Marseille.<br />
Die Magie des Vieux Port am Abend<br />
Wenn es Abend wird und die Dunkelheit der Nacht manche Blessur verdeckt,<br />
finden viele ältere Diven zu ihrer Hochform aus jungen Jahren zurück.<br />
So auch Marseille. Es gibt keinen magischeren Moment, als nach Einbruch<br />
der Dunkelheit am Vieux Port zu sein. Südlich sieht man die illuminierte<br />
Kirche Notre Dame de la Garde hoch auf einem Hügel thronend. Nördlich<br />
das festlich beleuchtete Rathaus und das zu neuem Leben erwachte Hôtel<br />
Dieu. Zum Meer hin erstrahlen das Fort Saint-Nicolas sowie der Palais du<br />
Pharo, der fast wie ein aus dem Weltall gelandetes Ufo wirkt. Die bläuliche<br />
Beleuchtung der Stege im Jachthafen verströmt zudem viel Friedlichkeit. Die<br />
Restaurants entlang der Ufer und rund um die Cours Honoré d’Estienne<br />
d’Orves sind gut gefüllt.<br />
In diesem Moment vergisst Marseille seine kleinen Wehwehchen und<br />
Probleme. Dann fällt es nicht auf, dass die alternde Diva im Zentrum vielleicht<br />
etwas zu viel Schminke aufgetragen hat, was den Kontrast zu den<br />
tristen Vorstädten nur noch größer macht. Marseille ist in dem Augenblick<br />
die stolze Grande Dame am Mittelmeer. Kein sozialer Brennpunkt und<br />
kein ermordeter Drogenkurier können die Feierlaune stören. Marseille ist<br />
dann eine Diva im besten Sinne des Wortes und Nadine, Karim, Thomas,<br />
Sophie und Jean können zu Recht stolz darauf sein, hier ihr Zuhause zu<br />
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Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />
Avignon: Ein Tag in der Stadt<br />
der Päpste<br />
Wo die Durance<br />
in die Rhône<br />
mündet und sich<br />
drei Departements<br />
treffen, liegt<br />
Avignon. Der monumentale Palast<br />
der Päpste erinnert an die glorreiche<br />
Vergangenheit der Stadt, die bis heute<br />
für viele ein Sehnsuchtsziel geblieben ist.<br />
Ein Rundgang durch die Altstadt einer<br />
lebendigen provenzalischen Stadt.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 44<br />
Les Baux-de-Provence: Die<br />
unerwarteten Reize eines<br />
viel besuchten<br />
Dorfes<br />
Südlich von Avignon<br />
und nordöstlich<br />
von Arles erheben<br />
sich die Alpillen<br />
aus der Ebene,<br />
ein schroffer kleiner Gebirgszug aus<br />
Kalkstein. Die von der Sonne verwöhnte<br />
und vom Mistral geformte Landschaft hat<br />
mit ihren Weinbergen und Olivenhainen<br />
zahlreiche Maler inspiriert, darunter<br />
auch Van Gogh. Les Baux-de-Provence,<br />
das seit 1998 auch offiziell als eines<br />
der schönsten Dörfer Frankreichs gilt,<br />
ist das Herz der Alpillen. Wegen seiner<br />
großen Beliebtheit ist der Ort in den<br />
Sommermonaten stark überlaufen,<br />
womit er leider einen Teil seines Charmes<br />
einbüßt. Wer sich aber ein wenig abseits<br />
der Hauptwege aufhält und in der<br />
Nebensaison nach Les Baux-de-Provence<br />
kommt, kann einen überraschend<br />
reizvollen Ort vorfinden. Eine Reise voller<br />
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30 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Côte Fleurie<br />
Cabourg, Deauville,<br />
Trouville-sur-Mer,<br />
Honfleur<br />
Die<br />
Stars<br />
der<br />
Côte<br />
Fleurie<br />
Die Côte Fleurie, die Blumenküste, erhielt<br />
ihren Namen aufgrund der blühenden<br />
Gärten und Wiesen, wie sie für diesen<br />
normannischen Küstenabschnitt und das<br />
Hinterland, das Pays d’Auge, typisch sind.<br />
Urlauber schätzen die schönen Sandstrände<br />
am Ärmelkanal und die gediegenen Seebäder.<br />
Gerade Cabourg, Deauville und<br />
Trouville-sur-Mer locken mit einem Flair,<br />
das Erinnerungen an die Belle Epoque,<br />
die Hochzeit der Küste, wachwerden lässt.<br />
Honfleur bildet mit seinem malerischen<br />
Hafenbecken und seiner maritimen Vergangenheit<br />
einen angenehmen Kontrapunkt.<br />
Wer Städte mit einem geordneten Straßenmuster<br />
mag, wird Cabourg lieben. Die Straßen im Zentrum<br />
des Seebades sind zwar nicht im Schachbrettmuster<br />
angelegt, so wie man es von vielen Städten aus<br />
der neuen Welt kennt, trotzdem ist bei einem Blick auf den<br />
Stadtplan genauso schnell offensichtlich, dass Cabourg<br />
keine über Jahrhunderte gewachsene Gemeinde, sondern<br />
eine auf dem Reißbrett geplante Stadt ist. Wie ein Fächer<br />
verlaufen die Straßen in einem Halbkreis auf einen zentralen<br />
Platz zu. Als Besucher gelangt man deshalb früher oder<br />
später unweigerlich zu dem Ort, dem Cabourg einen<br />
Großteil seines Renommees verdankt: dem Jardin du Casino<br />
mit dem legendären Grand Hôtel und dem Kasino.<br />
Cabourg ohne sein Grand Hôtel wäre nicht denkbar.<br />
Zwar gehört das Luxushaus inzwischen zu einem großen<br />
Hotelkonzern, trotzdem hat es seine Rolle als Epizentrum<br />
des gesellschaftlichen Lebens des Seebades nicht verloren.<br />
32 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Es ist auch der Ort, an dem einer der berühmtesten Gäste<br />
von Cabourg logierte, dessen Namen die Tourismusexperten<br />
bis heute zur Vermarktung des Ortes vielfach bemühen.<br />
Die Rede ist von Marcel Proust.<br />
Der Schriftsteller verbrachte vor dem Ersten Weltkrieg<br />
mehrere Sommer in dem Luxushotel. Die frische Seeluft<br />
brachte ihm Linderung von seinem Asthmaleiden. Um<br />
nicht durch die Geräusche anderer Gäste bei seiner Arbeit<br />
gestört zu werden, mietete er stets drei Hotelzimmer an<br />
und bewohnte nur das mittlere davon. Der Dichter liebte<br />
den Blick aus dem Fenster auf die Weite des Ärmelkanals.<br />
« Mit den Augen den Wellen zu folgen, die eine nach der<br />
anderen wie Artisten von einem unsichtbaren Sprungbrett<br />
schnellen », schrieb er einst voller Poesie.<br />
Wer weiß, ob Cabourg jemals so berühmt geworden<br />
wäre, hätte Marcel Proust es nicht in seinem Werk « Im<br />
Schatten junger Mädchenblüte », dem zweiten Band seines<br />
siebenbändigen Romans « Auf der Suche nach der verlorenen<br />
Zeit », eines der bedeutendsten literarischen Werke<br />
des 20. Jahrhunderts, verewigt. Zwar heißt das Seebad im<br />
Roman Balbec. Der fiktive Ort ähnelt aber stark Cabourg<br />
und seinem Grand Hôtel, die beide als Vorlage dienten.<br />
So ist Cabourg fest mit dem Namen Marcel Proust verbunden<br />
und dies nicht nur auf der nach ihm benannten<br />
Promenade.<br />
Gerade außerhalb der hektischen Hochsaison im Juli<br />
und August verströmt Cabourg bis heute einen gewissen<br />
Charme des Fin de siècle. Endzeitstimmung und Leichtigkeit<br />
vermischen sich dann zu einem ganz besonderen Lebensgefühl<br />
an einem Ort, der aus der Zeit gefallen zu sein<br />
scheint. Nicht ohne Grund wirbt die Tourismuszentrale<br />
damit, « in einer Welt voller Unsicherheiten ein Hafen der<br />
Geborgenheit zu sein ». Man verpasst sich selbst den Namen<br />
« La plage des romantiques », Strand der Romantiker.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 33
UNTERWEGS IN FRANKREICH Côte Fleurie<br />
Wenn man entlang der vielen herrschaftlichen Villen<br />
im typischen normannischen Baustil mit echtem oder<br />
angedeutetem Fachwerk spaziert, ist man jedenfalls dem<br />
Investor dankbar, der dieses Fleckchen Erde im 19. Jahrhundert<br />
wachküsste. Denn ursprünglich war Cabourg ein<br />
armes Fischerdorf, das von wirtschaftlichem Wohlstand<br />
nur träumen konnte. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts, als<br />
der gut situierte Pariser Geschäftsmann Henri Durand-<br />
Morimbau Land an dieser Stelle kaufte, um nach dem<br />
Vorbild des bereits florierenden Trouville-sur-Mer ein<br />
Seebad zu erschaffen, war das so. Verwirklicht wurden die<br />
ambitionierten Pläne vom Architekten Paul Leroux aus<br />
Caen. Er dachte sich das fächerartige Straßenmuster aus,<br />
das an ein griechisch-römisches Amphitheater erinnern<br />
soll – mit dem Jardin du Casino und dem Grand Hôtel<br />
als Bühne.<br />
Bis heute gibt es diese enge Verbindung zwischen Paris<br />
und Cabourg. Gerade an sonnigen Wochenenden fallen<br />
viele Hauptstädter auf der Suche nach frischer Meeresluft<br />
für 48 Stunden wie Heuschrecken in Cabourg ein<br />
und verleihen dem Seebad seinen mondänen Charakter.<br />
Auf der Avenue de la Mer, der Hauptverkehrsstraße mit<br />
ihren zahlreichen Boutiquen und Restaurants, fühlt man<br />
sich dann wie im 6. oder 17. Arrondissement von Paris.<br />
Cabourg hat eine bürgerliche und gut betuchte Gästegemeinde,<br />
die schöne Dinge und das angenehme Leben zu<br />
schätzen weiß.<br />
Deauville, die Königin<br />
der normannischen Seebäder<br />
Doch nicht nur Cabourg zieht an der Côte Fleurie<br />
die Pariser in Scharen an. Mindestens genauso zutreffend<br />
ist dies für das nur 18 Kilometer östlich von Cabourg<br />
gelegene Deauville. Anders als das vergleichsweise<br />
noch bodenständige und familiäre Cabourg konnte<br />
sich Deauville sogar den Ruf als Hotspot des internationalen<br />
Jetsets aufbauen. Zwar geht es heute nicht mehr<br />
ganz so exklusiv zu wie in den Anfangszeiten des Seebades.<br />
Unverändert hebt sich Deauville aber von seiner<br />
Umgebung ab.<br />
Boutiquen großer Luxusmarken wie Hermès und exquisite<br />
Delikatessenläden sowie große Limousinen und<br />
SUV teurer Automarken auf den Straßen machen auf den<br />
ersten Blick deutlich, dass Deauville die Schönen und<br />
Reichen der Welt anzieht. Man kommt nach Deauville,<br />
um Entspannung zu suchen, aber auch, um Golf oder<br />
Polo zu spielen, ein Rennen auf einer der berühmtesten<br />
Pferderennbahnen des Landes zu erleben oder ein kleines<br />
Vermögen im legendären Kasino des Urlaubsortes zu gewinnen<br />
oder zu verlieren. Deauville bietet alles, wonach<br />
die internationale Schickeria trachtet, selbst wenn es wettermäßig<br />
nicht mit den mondänen Seebädern der Côte<br />
d’Azur mithalten kann.<br />
Ähnlich wie Cabourg verdankt der Ort seine Existenz<br />
34 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Oben links: Die Promenade Marcel Proust in Cabourg. Darunter: Im Zentrum von Deauville. Rechts: Herrschaftliche<br />
Ferienvilla in Cabourg. Linke Seite: Das Luxushotel Le Normandy in Deauville und der Strand des Seebades mit seinen<br />
berühmten bunten Sonnenschirmen. S. 32/33: Der Jardin du Casino mit dem Grand Hôtel und Kasino in Cabourg.<br />
der Weitsicht und dem unternehmerischen Gespür eines<br />
Mannes: Charles de Morny. Der Halbbruder von Napoleon<br />
III. war Mitte des 19. Jahrhunderts zu Besuch in<br />
Trouville-sur-Mer. Dort kam er auf die Idee, die sumpfige<br />
Fläche jenseits des kleinen Flusses Touques trockenzulegen<br />
und in ein mondänes Seebad zu verwandeln. Zusammen<br />
mit seinem Freund, bei dem er zu Besuch war, dem<br />
Doktor Olliffe, sowie dem Bankier Donon und dem Architekten<br />
Breney wollte er ein « Königreich der Eleganz »<br />
unweit der Hauptstadt schaffen.<br />
In nur vier Jahren, von 1860 bis 1864, wuchsen die<br />
ersten Villen auf dem einstigen Marschland. Da Morny<br />
ein Pferdenarr war, durfte eine Rennbahn von Anfang<br />
an nicht fehlen. Noch wichtiger für den gesellschaftlichen<br />
Aufstieg des Seebades war jedoch der Bau einer<br />
Eisenbahnlinie von Paris nach Deauville. 1863 wurde der<br />
erste Bahnhof fertiggestellt. 1931 wurde der alte Bahnhof<br />
durch einen größeren und moderneren ersetzt. Die Zugfahrt<br />
dauerte in den Anfangsjahren zwar noch fünf Stunden,<br />
doch die Anreise war trotzdem bequem und schnell<br />
genug, um wohlhabende Hauptstädter an den Ärmelkanal<br />
zu locken.<br />
Ein Quantensprung in der Entwicklung von Deauville<br />
fand Anfang des 20. Jahrhunderts statt. 1912 wurde das<br />
Kasino von Deauville errichtet. Im gleichen Jahr und ein<br />
Jahr später eröffneten nacheinander zwei große Luxushotels,<br />
Le Normandy und Le Royal. Berühmte Schriftsteller,<br />
Dichter, Modemacher, bedeutende Industrielle und<br />
Mitglieder der europäischen Königshäuser kamen in der<br />
Folgezeit nach Deauville. Das Seebad erlebte seine goldene<br />
Epoche. 1928 eröffnete sogar eine zweite Pferderennbahn<br />
und 1931 ein Flughafen.<br />
Mit dem Aufkommen des Massentourismus nach dem<br />
Ende des Zweiten Weltkrieges veränderte sich natürlich<br />
auch in Deauville das Publikum. Urlaub wurde für breite<br />
Bevölkerungsschichten erschwinglich. « Normale » Bürger<br />
entdeckten das Seebad. Trotzdem hörte Deauville nicht<br />
auf, sich international als ein exklusives Reiseziel zu positionieren.<br />
Dazu trug die Eröffnung eines Kongresszentrums<br />
in den 1980er-Jahren genauso bei wie die Organisation<br />
bedeutender Veranstaltungen. So findet seit 1975<br />
jeden September das Festival des amerikanischen Films<br />
statt oder werden im August beim Grand Prix de Deauville<br />
prestigeträchtige Galopprennen ausgetragen. 2011<br />
gingen dank des in Deauville veranstalteten G8-Gipfels<br />
Bilder des Ortes um die Welt.<br />
Doch der ganze Glamour sollte nicht davon ablenken,<br />
dass Deauville eine der wichtigsten Voraussetzungen für<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 35
UNTERWEGS IN FRANKREICH Côte Fleurie<br />
Oben: Das Vieux Bassin von Honfleur. Unten links: Blick auf Trouville-sur-Mer. Unten rechts:<br />
Eine der majestätischen Ferienvillen am Strand von Trouville-sur-Mer.<br />
einen erfolgreichen Urlaubsort am Meer erfüllt: die Existenz<br />
eines traumhaften Sandstrandes. Er ist bis heute einer<br />
der wichtigen Trümpfe des Seebades. Die gut erhaltenen<br />
nostalgischen Strandkabinen sind längst ein Wahrzeichen<br />
der Stadt. Genauso die bunten Sonnenschirme, die am<br />
Strand für ein wenig Schatten sorgen sollen.<br />
Außerdem hat Deauville in seiner Geschichte nie den<br />
Fehler gemacht, sich auf den Lorbeeren auszuruhen, sonders<br />
sich stets neu erfunden. Ein gutes Beispiel dafür ist<br />
das städtebauliche Entwicklungsbiet am östlichen Rand<br />
des Zentrums auf einer von der Touques umspülten Halbinsel.<br />
An der Schnittstelle zwischen Deauville und Trouville-sur-Mer,<br />
gleich gegenüber vom Bahnhof, wächst seit<br />
2010 ein neues Stadtquartier in die Höhe.<br />
Wo seit fast 25 Jahren Brachflächen für einen wenig<br />
einladenden Eindruck sorgten, werden Altbauten saniert,<br />
Neubauten errichtet, Straßen und Gärten neu angelegt<br />
und Ufer zu Promenaden ausgebaut. 2016 soll alles fertig<br />
sein und Deauville um eine Attraktion reicher. Die malerische<br />
Kulisse in diesem neuen Stadtteil bildet aber gar<br />
nicht Deauville selbst, sondern das pittoreske Trouvillesur-Mer<br />
auf der anderen Uferseite der Touques.<br />
Trouville-sur-Mer,<br />
das Gegenstück mit<br />
gewachsenen Strukturen<br />
Denn es sind von Deauville nur ein paar Schritte über<br />
den Pont des Belges und man ist in einem Urlaubsort, der<br />
den anderen beiden Seebädern stark ähnelt und trotzdem<br />
ganz anders ist: Trouville-sur-Mer. Natürlich gibt es viele<br />
Parallelen zu Cabourg und Deauville. Auch Trouvillesur-Mer<br />
verdankt seine Popularität vor allem gut situier-<br />
36 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
ten Parisern, die am Ärmelkanal nach ein wenig Sommerfrische<br />
suchten. Wie in den anderen beiden Orten waren<br />
es Künstler und wohlhabende Bürger, die das einstige<br />
Fischerdorf entdeckten und bekannt machten.<br />
Trotzdem unterscheidet sich Trouville-sur-Mer in<br />
einem Punkt grundlegend von den beiden benachbarten<br />
Seebädern. Der Ort ist über viele Jahrzehnte gewachsen<br />
und kein auf dem Reißbrett entstandenes Urlaubsmekka.<br />
Das verleiht ihm eine andere Atmosphäre. Zwar hat das<br />
Seebad ebenfalls einen schönen, von Villen gesäumten<br />
Sandstrand. Doch das Herz der Gemeinde zieht sich entlang<br />
der Touques ins Landesinnere.<br />
Trouville-sur-Mer wirkt kleinstädtischer und weniger<br />
künstlich. An den Kaianlagen liegen nicht nur Jachten,<br />
sondern auch Fischerboote. Der Hafen ist der wichtigste<br />
Makrelenhafen in der Umgebung. Zweimal in der Woche<br />
verwandelt ein Wochenmarkt die Uferstraße in ein buntes<br />
Treiben, das man sich so im exquisiten Deauville nicht<br />
vorstellen kann. Die Gassen in der Altstadt sind eng und<br />
verwinkelt. Hier gibt es kein sorgsam geplantes Straßenraster.<br />
Das hügelige Ufer der Touques lässt keine großen<br />
städteplanerischen Gesten zu.<br />
Vielleicht war es auch diese authentische Aura, die<br />
einige Künstler nach Trouville-sur-Mer lockte. Den Anfang<br />
machte Charles Mozin. Er kam 1825 als 19-jähriger<br />
Mann in das Fischerdorf und verliebte sich in die Gegend.<br />
Seine auf Leinwand festgehaltenen Landschaftsbilder<br />
machten andere Künstler in Paris auf den Ort neugierig.<br />
Charles Mozin siedelte sogar ganz von der Hauptstadt<br />
nach Trouville-sur-Mer über.<br />
Auch Marcel Proust war diverse Male in Trouville-sur-<br />
Mer, bevor er seine Sommer schließlich in Cabourg verbrachte.<br />
Schon vor Proust fand der Schriftsteller Gustave<br />
Flaubert seine Inspiration in dem Seebad. Guy de Maupassant<br />
schrieb in seinem Roman « Pierre und Jean » über den<br />
Ort. Sehr verbunden mit Trouville-sur-Mer fand sich zudem<br />
die Autorin Marguerite Duras, die unter anderem durch den<br />
Roman « Der Liebhaber » bekannt wurde. Sie nannte das<br />
Seebad das « Dorf am Meer ». Auch als ihre Alkoholsucht<br />
immer schlimmer wurde, ließ sie es sich nicht nehmen, am<br />
Strand spazierenzugehen. Für einen Skandal sorgte ihr Liebesabenteuer<br />
mit einem fast 40 Jahre jüngeren Mann, was<br />
alle gesellschaftlichen Konventionen über Bord warf.<br />
Honfleur, ein Hafen voller Künstler<br />
Einen noch größeren Kontrast als Trouville-sur-Mer<br />
bildet jedoch Honfleur zu den übrigen Seebädern. Das<br />
Hafenstädtchen liegt nicht mehr am offenen Ärmelkanal,<br />
sondern in der Mündung der Seine gegenüber von Le<br />
Willkommen im<br />
Mercure Rouen Champ de Mars<br />
Nur 10 Minuten zu Fuß vom historischen Zentrum Rouens<br />
entfernt, liegt das Hotel Mercure Rouen Champ de Mars geradezu<br />
ideal, um von dort die Stadt zu besichtigen. Ihr Auto können<br />
Sie unbesorgt auf dem gut bewachten Parkplatz abstellen, um<br />
bedenkenlos durch das Stadtzentrum zu bummeln.<br />
Sie können sich aber auch nach einem interessanten<br />
Besichtigungstag bei freiem Entritt in unserem Fitnesscenter<br />
entspannen (Fitnessraum, Sauna, Hammam).<br />
Gerne erwarten wir Sie auf einen Cocktail in unserer<br />
behaglich-gemütlichen Bar Le Boston. Im Restaurant le Honfleur<br />
können Sie leckere Gerichte kosten, angereichert und<br />
verfeinert durch die regionale Küche, oder auch die großen<br />
Weine des Hauses Mercure genießen.<br />
Das Hotel Mercure Champ de Mars verschafft Ihnen<br />
Ihre wohlverdiente Erholung - ganz in der Nähe der Stadt Rouen.<br />
Mercure Rouen Champ de Mars • 12 Avenue Aristide Briand • 76000 Rouen<br />
Tel.: 02 35 52 42 32 • Fax: 02 35 08 15 06<br />
Mail: h1273@accor.com • Site: www.rouen-hotel.fr
UNTERWEGS IN FRANKREICH Côte Fleurie<br />
Havre. Auch ist der Ort kein Seebad im klassischen Sinne.<br />
In Honfleur gibt es keinen breiten Sandstrand und keine<br />
Promenade zum Sehen und Gesehen werden. Trotzdem<br />
kommen aber nicht weniger Touristen hierher.<br />
Das Vieux Bassin von Honfleur mit seinen schmalen<br />
Häusern ist eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der<br />
Normandie. Im Sommer sind die Tische der Restaurants<br />
und Bars rund um das Hafenbecken bis auf den letzten<br />
Platz belegt. Alle paar Meter zücken Besucher ihre Fotoapparate,<br />
um die Postkartenidylle für die Ewigkeit<br />
festzuhalten. Honfleur hat sich heute ganz und gar dem<br />
Tourismus verschrieben, auch ohne Seebadambitionen.<br />
Doch auch wenn sich der Ort äußerlich eindeutig von<br />
Cabourg, Deauville und Trouville-sur-Mer unterscheidet,<br />
seine Geschichte ist gar nicht so anders. Denn wie die drei<br />
Seebäder verdankt Honfleur seinen legendären Ruf Malern<br />
und Schriftstellern. Wahrscheinlich ist es nicht falsch<br />
zu behaupten, dass der von den Normammen gegründete<br />
Hafenort, der später eine Zwischenstation für den Schiffsverkehr<br />
zwischen Rouen und Großbritannien wurde, die<br />
wichtigste Künstlerkolonie der Normandie war.<br />
Zu den großen Söhnen der Stadt gehört der Maler<br />
Calais Dunkerque<br />
Eugène Boudin, der in Honfleur geboren wurde und in<br />
Deauville verstarb. Er war einer der ersten Freilichtmaler<br />
und wurde zum Vorreiter des Impressionismus. Boudin<br />
lud viele Kollegen in seine Heimatstadt ein und trug damit<br />
zur künstlerischen Entwicklung des Ortes bei. Ebenfalls<br />
in Honfleur geboren wurden der Komponist Erik Satie<br />
sowie der Schriftsteller Alphonse Allais.<br />
Doch nicht nur in dem Hafenort geborene Künstler<br />
schätzten Honfleur. Auch viele auswärtige Maler und<br />
Schriftsteller prägten das Image der Künstlerkolonie. Beispielsweise<br />
der Autor Charles Baudelaire, der in Honfleur<br />
drei Bücher schrieb. Ebenso Gustave Coubet, Claude<br />
Monet oder Camille Corot.<br />
So verkraften es die Einheimischen von Honfleur ohne<br />
Probleme, dass man die Rolle als wichtigster Hafen an<br />
der Seine-Mündung längst an Le Havre verloren hat, das<br />
einst von François I. gegründet wurde, da der Hafen von<br />
Honfleur immer wieder zu versanden drohte. Wenn die<br />
Menschen heute auf das Moloch mit seinen Raffinerien,<br />
Schornsteinen und Hafenkränen auf der anderen Flussseite<br />
schauen, sind sie eigentlich Antwerpen ganz froh, das idyllische<br />
Hafenstädtchen von einst geblieben zu sein.<br />
Gent<br />
A84/E401<br />
aint-Michel<br />
/E60<br />
n<br />
A87<br />
Honfleur<br />
Trouville<br />
Deauville<br />
Cabourg<br />
Saint-Lô<br />
Caen<br />
A13/E46<br />
A29/E44<br />
Le Havre<br />
A131<br />
A28/E402<br />
A13/E5<br />
<br />
Aus Norddeutschland erreicht man<br />
die Côte Fleurie über Belgien, Nordfrankreich<br />
und dann entlang des Ärmel<br />
kanals via Amiens und Le<br />
Alençon<br />
Chartres<br />
Havre.<br />
Aus Süd deutschland, Österreich A11/E50 und<br />
der Schweiz wählt man die Anreise<br />
über den Osten Frankreichs und Paris.<br />
Die D513 Le Mans verbindet Cabourg, Deauville,<br />
A11/E501 Trouville-sur-Mer und Honfleur<br />
A28/E502<br />
mit einander.<br />
Angers<br />
A86/E60<br />
Tours Chenonceau<br />
38 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong><br />
A85<br />
Monts<br />
A10/E5<br />
Rouen<br />
Evreux<br />
Blois<br />
A10/E5-E60<br />
Dreux<br />
Boulogne Cabourg …<br />
Roubaix<br />
… Berlin 1.200 km … Hamburg Lille 1.040 km<br />
… Köln 632 km … München 1.050 km<br />
… Wien 1.462 km<br />
… Zürich 808 km<br />
Honfleur …<br />
Arras<br />
… Berlin 1.150 km … Hamburg 995 km<br />
… Köln 585 km … München 1.025 km<br />
… Wien 1.438 km … Zürich Guyencourt-Saulcourt<br />
784 km<br />
Amiens<br />
A1/E15-E19<br />
Der Flughafen von Deauville verfügt<br />
praktisch über keinen Linienverkehr.<br />
Auch die nahen Flughäfen von Caen,<br />
Le Havre und Rouen lassen sich aus<br />
dem deutschsprachigen Raum nicht<br />
per Flugzeug erreichen. Der nächste<br />
A16<br />
aus Deutschland, Österreich und der<br />
Schweiz angeflogene Flughafen A4/E50 ist in<br />
Paris.<br />
PARIS<br />
Versailles<br />
Es gibt aus dem deutschsprachigen<br />
Raum keine direkten Zug ver bin dungen<br />
in die Normandie. A5/E54 Deauville,<br />
A6/E15<br />
Trou ville-sur-Mer und Cabourg sind<br />
ans französische Bahnnetz an geschlos<br />
sen. Von Paris aus verkehrt<br />
A10/E5<br />
Sens<br />
ein IC zum gemeinsamen Bahnhof<br />
Chambord<br />
Cheverny<br />
von Orléans Deauville und Trouville-sur-Mer.<br />
Von dort fahren Nahverkehrszüge<br />
nach Cabourg. Honfleur ist von den Auxerre<br />
A71/E9<br />
Bourges<br />
A26/E17<br />
Bus zu erreichen.<br />
www.cabourg.net<br />
www.deauville.org<br />
www.trouvillesurmer.org<br />
www.ot-honfleur.fr<br />
Charleville-Mézières<br />
Office de Tourisme de Cabourg A4/E25<br />
Jardins de l’Hôtel de Ville<br />
A34/E46<br />
14390 Cabourg<br />
Telefon: +33 (0)2 31 06 20 00<br />
Reims<br />
Deauville Tourisme<br />
Bruxel<br />
Bahnhöfen Deauville/Trouville-sur-<br />
Mer, Lisieux und Pont-l’Evêque Liege per<br />
112, rue Victor Hugo A4/E50<br />
14800 Deauville<br />
Epernay Châlons-en-<br />
Champagne Telefon: +33 (0)2 31 14 40 00<br />
Troyes<br />
Office de Tourisme de<br />
Trouville-sur-Mer<br />
A26/E17 32, quai Fernand-Moureaux<br />
14360 Trouville-sur-Mer<br />
Telefon: +33 (0)2 31 14 60 70<br />
A5/E17-E54 A31/E21-E23<br />
Office de Tourisme de Honfleur<br />
Quai Lepaulmier<br />
14600 Honfleur<br />
Châtillon-sur-Seine<br />
Telefon: +33 (0)2 31 89 23 30<br />
A6/E15<br />
Vézelay Avallon<br />
Charlroi<br />
Flavigny<br />
A38<br />
A31/E17-E21<br />
Dijon<br />
Luxembourg<br />
A4<br />
Metz Sarre<br />
A31/E21-E23<br />
Nancy<br />
Fran<br />
Besançon
ANZEIGE<br />
Le Havre<br />
eine Stadt und ihre Viertel<br />
Halles Centrales ©Hilke Maunder - OTAH<br />
Volcan et Saint Joseph ©Pixell - OTAH<br />
Sainte-Adresse ©Patrick Boulen - OTAH<br />
In Le Havre wird das von dem Stararchitekten Auguste Perret vollkommen<br />
neu errichtete Stadtzentrum als Weltkulturerbe gefeiert. Musterwohnungen<br />
zeigen beispielhaft den Stil der 50er Jahre. Wenn auch<br />
diese Anerkennung zum Weltkulturerbe der höchste Trumpf dieser Stadt<br />
am Meer ist und auch ihren Reiz und Ruf ausmacht, so kann Le Havre aber<br />
noch andere Trümpfe ausspielen, und diese haben durchaus Format!<br />
In der Nähe der historischen Hafenbecken „Roy et Commerce“ (Sehenswürdigkeiten,<br />
die in der App für Handys „Le Havre Impressionniste et<br />
Fauve“ beschrieben werden), bietet das Viertel St. François, das für seine<br />
zahlreichen Restaurants bekannt ist, einige sehenswerte Zeugnisse des 17.<br />
und 18. Jahrhunderts. Erwähnenswert ist das Hôtel Dubocage de Bléville,<br />
ein Patrizierhaus aus dem 17. Jahrhundert mit einer Ausstellung über das<br />
alte Le Havre sowie das Reederhaus Maison de l’Amateur, das aufgrund<br />
seiner besonderen Bauweise rund um einen zentralen Lichthof und dem<br />
kostbaren Mobiliar eine ausgesprochen beliebte touristische Sehenswürdigkeit<br />
darstellt.<br />
In Bezug auf Stimmung, Lebensqualität und Shoppen rund um das<br />
von Oskar Niemeyer errichtete Theater „Volcan“ , das sich zugleich als<br />
ein Kulturzentrum zeigt, bietet das Viertel „Halles Centrales“ mit seinen<br />
Fußgängerzonen eine große Palette von Terrassencafés, Restaurants und<br />
Geschäften.<br />
Wandelt man auf den Spuren von Monet, Pissarro, Boudin, Dufy, Friesz<br />
und Marquet, so entdeckt man den Badevorort Sainte-Adresse mit seiner<br />
Siedlung „le Nice havrais“ , dem Nizza von Le Havre. Es gibt zahlreiche Villen<br />
in anglonormannischem Stil, im Kunststil der Art Déco aus den Jahren<br />
1920 bis 1940, aber auch in zeitgenössischem Stil, und es fi nden sich ganz<br />
besonders idyllische Örtchen wie das „Le Bout du Monde“, das Ende der<br />
Welt, ideal für Sonnenhungrige und Anhänger des Dolce far niente.<br />
Das MuMa<br />
Das „MuMa“ oder „Musée Malraux“ präsentiert anlässlich<br />
des hundertsten Ge burts ta ges des Künst lers<br />
eine Sonder aus stel lung: „Nicolas de Staël: Lumières du<br />
Nord. Lumières du<br />
Sud“. Sie wird vom<br />
7. Juni bis zum 9.<br />
November <strong>2014</strong> zu<br />
sehen sein.<br />
Die Ausstellung<br />
vereint viele<br />
größere Werke,<br />
von denen manche<br />
noch wenig<br />
bekannt sind, und<br />
Nicolas de Staël, Le Port de Dunkerque, 1954,<br />
ermöglicht einen Huile sur toile, 60 x 81,2 cm, Cincinnati, Cincinnati<br />
Art Museum © ADAGP / Cincinnati Art Musuem,<br />
ganz neuen Blick<br />
bequest of Mary E. Johnston<br />
auf die Bedeutung<br />
der Landschaft im Werk von Nicolas de Staël. Werke aus<br />
den Jahren 1951/1952 zeugen ganz besonders davon.<br />
Danach folgt eine abstraktere Schaffensperiode, dann<br />
wieder eine Rückkehr zum Thema und dem Studium der<br />
Landschaft, zumeist einer Landschaft am Meer, bis hin zu<br />
seinen letzten Bildern in Antibes im Jahre 1955.<br />
Sie werden Le Havre entdecken und lieben lernen!<br />
1-Sainte-Adresse ©Erik Levilly - VDH<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 39
UNTERWEGS IN FRANKREICH Hotel<br />
Hôtel les bains de Cabourg<br />
Die französische Interpretation eines Wellness-Hotels<br />
Wenn man durch die Straßen von Cabourg fährt,<br />
was gerade an einem grauen Tag eine leicht melancholische<br />
Stimmung aufkommen lassen<br />
kann, fällt einem an einer der Kreuzungen im Ort zwangsweise<br />
ein braunes Hinweisschild für ein Hotel auf, das sich<br />
von den anderen weißen Schildern unterscheidet. « Hôtel<br />
les bains de Cabourg » ist darauf zu lesen. Folgt man der<br />
Beschilderung, gelangt man an einer Ausfallstraße in westlicher<br />
Richtung zu einem modernen Wellness-Hotel, das<br />
erst zur Saison 2013 seine Türen öffnete.<br />
Wenn man sich dem Hotel, das man durchaus als<br />
Resort bezeichnen könnte, über einen großen Parkplatz<br />
nähert, setzt sich der Eindruck fort, dass das Hôtel les<br />
bains de Cabourg anders ist als die üblichen Unterkünfte<br />
im Ort. Für die Architektur des Gebäudes hat man nicht<br />
den gängigen normannischen Stil mit steilen Dächern,<br />
Gauben, Erkern, kleinen Türmchen und echtem oder angedeutetem<br />
Fachwerk gewählt, so, wie unzählige Apartmentanlagen<br />
und Hotels im Seebad aussehen. Vielmehr<br />
entschied man sich für eine schlichte braunweiße Fassade<br />
mit großen Fenstern und Balkonen mit Glasbrüstungen<br />
sowie ein Flachdach. Traditionalisten mögen diese Architektur<br />
als einen Fremdkörper im Ort empfinden. Architektur-<br />
und Designliebhaber werden dagegen die Gradlinigkeit<br />
und Modernität derselben zu schätzen wissen.<br />
Der von außen gesetzte Stil wird im Inneren fortgeführt.<br />
Das Hotel setzt beim Interieur auf modernes Design<br />
und richtet sich an eine urbane designaffine Kundschaft.<br />
Schließlich ist die Weltstadt Paris keine zwei Stunden mit<br />
dem Auto entfernt. Auffallend ist vom ersten Moment an<br />
das äußerst freundliche Personal des 4-Sterne-Hotels. So<br />
fühlt man sich als Gast sofort willkommen und die Erholung<br />
kann schon beim Einchecken beginnen.<br />
Die Zimmer stehen in puncto Design und Ausstattung<br />
der geschmackvoll gestalteten Lobby in nichts nach.<br />
Als Farben wurden vor allem Sand- und helle Grautöne<br />
gewählt – passend zum maritimen Flair durch die direkte<br />
Lage am Meer. Trotz des Fehlens starker Farbakzente –<br />
nur ein paar Zimmer fallen mit roten Stilelementen auf<br />
– wirken die Räume nicht eintönig. Vielmehr verbreiten<br />
die hellen Farben eine entspannende Atmosphäre. Die<br />
Zimmer sind eine moderne Interpretation des klassischen<br />
Seebäderstils, der auf jeglichen Kitsch verzichtet.<br />
Die ebenfalls modernen Bäder bilden mit den raumhoch<br />
in anthrazit gefliesten Wänden einen gewollten<br />
Kontrapunkt. Dank einer warmen Halogenbeleuchtung<br />
wirken sie trotzdem angenehm und nicht abweisend. Für<br />
französische Verhältnisse ist die Größe der Bäder akzeptabel,<br />
allerdings fehlt gerade am Waschbecken Ablagefläche.<br />
Geduscht wird in der Badewanne.<br />
Einen besonderen Trumpf des Hotels entdeckt man,<br />
wenn man aus dem Fenster schaut. Das Hôtel les bains<br />
de Cabourg liegt direkt am Ärmelkanal. Vor dem Hotel<br />
breitet sich der schöne Strand von Cabourg aus. Über die<br />
berühmte Promenade Marcel Proust ist es nicht weit bis<br />
ins Zentrum des Ferienortes. Der Blick richtet sich aber<br />
vor allem auf das endlos wirkende Meer. Eine schönere<br />
Aussicht kann man sich nicht wünschen. Egal, ob der Ärmelkanal<br />
friedlich im Sonnenlicht funkelt oder an einem<br />
stürmischen Tag stark aufgewühlt ist.<br />
Voraussetzung dafür ist jedoch, dass man die teureren<br />
Zimmer mit Meerblick bzw. seitlichem Meerblick<br />
gebucht hat. Reicht der Geldbeutel nur für die sehr viel<br />
günstigeren Zimmer ohne Aussicht aufs Meer, fällt der<br />
Blick auf einen großen Parkplatz voller Autos. Allerdings<br />
ist dieser wenigstens geschmackvoll angelegt, auch wenn<br />
40 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
die Pflanzen noch ein paar Jahre wachsen müssen, bis sie<br />
den Parkplatz wirklich verschönern.<br />
Herzstück des Hotels ist der Wellness-Bereich. Da<br />
in Frankreich Heilanwendungen mit (Meer)wasser unter<br />
der Bezeichnung « Thalassothérapie » firmieren und<br />
dieses Wort in den Ohren der Franzosen nach Erholung<br />
und Entspannung klingt, nennt sich der Spa-Bereich der<br />
Anlage marketingorientiert « Thalazur – Thalassothérapie<br />
& Spa ». Wenn man jedoch vergleichbare Wellness-Hotels<br />
aus dem deutschsprachigen Raum gewöhnt ist, sollte man<br />
vor einem Besuch des Spa-Bereichs seine Erwartungen<br />
stark drosseln, selbst wenn sich das Haus großspurig<br />
« les bains de Cabourg », auf Deutsch « die Bäder von Cabourg<br />
», nennt.<br />
Weder das Schwimmbad mit integriertem Whirlpool,<br />
Strömungskanal, Wasserfall und diversen Düsen noch der<br />
eigentliche Saunabereich mit Dampf- und Trockensauna<br />
können mit den großen Wellness-Hotels in Deutschland,<br />
Österreich und der Schweiz mithalten. So ist die<br />
Dampfsauna zwar großzügig bemessen, das Sitzplatzangebot<br />
doch recht begrenzt. Die Trockensauna hinter einer<br />
fensterlosen Tür wirkt wenig einladend. Vor allem gibt<br />
es keine vernünftigen kalten Schwallduschen für die Abkühlung<br />
nach dem Schwitzen. Der Ruheraum hinterlässt<br />
ebenfalls den Eindruck, als wurde er vom Architekten<br />
eher stiefmütterlich behandelt. Nacktsein in der Sauna<br />
ist – wie überall in Frankreich – strengstens verboten, was<br />
gerade bei Saunaprofis Kopfschütteln auslöst.<br />
Doch bei all dieser Kritik darf man nicht vergessen,<br />
dass Frankreich nun einmal keine Saunanation ist und<br />
dass selbst Wellness-Hotels trotz aller Entwicklungen<br />
in den letzten Jahren noch immer ein Schattendasein im<br />
Land fristen. Von daher ist es lobenswert, dass es im Hotel<br />
überhaupt einen solchen Bereich gibt. Außerdem ist er<br />
optisch sehr modern und ansprechend gestaltet. Der Designansatz<br />
des Hauses wird konsequent durchdekliniert.<br />
Nach einem Strandspaziergang bei stürmischem Wetter<br />
kann man es gar nicht genug wertschätzen, es sich in<br />
einem Wellness-Bereich gut gehen zu lassen. Wer will,<br />
kann aus einem breiten Angebot von Anwendungen wählen.<br />
Allerdings können das Schwimmbad und die kleine<br />
Saunalandschaft an solchen Tagen auch recht schnell voll<br />
werden, denn der Spa-Bereich ist ebenfalls für externe<br />
Gäste zugänglich. Magisch ist der Blick auf den Ärmelkanal,<br />
den man vom Schwimmbad aus hat.<br />
Für ein 4-Sterne-Hotel ist es selbstverständlich, dass<br />
die Gäste auch kulinarisch verwöhnt werden. Dies gilt<br />
ebenso für das Hôtel les bains de Cabourg. Das Hotelrestaurant<br />
ist in einen legereren Bereich, in dem man<br />
tagsüber durchaus Gäste mit Bademantel sieht, die gerade<br />
eine Pause vom Saunieren und Baden machen, und einen<br />
förmlicheren Bereich mit eingedeckten Tischen unterteilt.<br />
Das Speisenangebot ist regionaltypisch geprägt. Außerdem<br />
hat man vom Restaurant wieder den wunderschönen<br />
Blick aufs Meer. So haben auch die Gäste aus den günstigeren<br />
Zimmern ausreichend Gelegenheit, diese Aussicht<br />
genießen zu können.<br />
Damit bietet das Hôtel les bains de Cabourg unterm<br />
Strich alles, um ein paar erholsame Tage an der Côte<br />
Fleurie zu verbringen. Vorausgesetzt, man mag modernes<br />
Design und akzeptiert die französische Vorstellung<br />
davon, was ein Wellness-Hotel bieten muss oder eben<br />
nicht bietet.<br />
<br />
Hôtel les bains de Cabourg<br />
44, avenue Charles de Gaulle<br />
14390 Cabourg<br />
Telefon: +33 (0)2 50 22 10 00<br />
<br />
www.hotel-lesbains-cabourg.com<br />
DZ ab 139 Euro, Suite ab 290 Euro<br />
<br />
165 Zimmer, Restaurant, Schwimmbad, Wellness-Bereich,<br />
Parkplatz, kostenloses WLAN<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 41
UNTERWEGS IN FRANKREICH Vichy<br />
ich ich<br />
Ein Kurbad mit<br />
Ein Kurbad mit<br />
schicksalhafter<br />
Vergangenheit<br />
Im Bourbonnais in der nördlichen Auvergne<br />
gelegen, ist Vichy bis heute einer der wichtigsten<br />
Kurorte Frankreichs. Schon die alten Römer schätzten die<br />
heißen und kalten Quellen, die hier an der Erdoberfläche<br />
austreten. Illustre Gäste zählten über die Jahrhunderte zu den<br />
Besuchern der Thermalanlagen. Doch auch eines der dunkelsten Kapitel<br />
der französischen Geschichte, die Zeit des Vichy-Regimes während des<br />
Zweiten Weltkrieges, wird mit dem Ortsnamen in Verbindung gebracht. Vichy<br />
trägt seitdem eine historische Last, die es sich nicht selbst ausgesucht hat.<br />
42 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Oben: Im Inneren der Trinkhalle. Linke Seite: Vornehme<br />
Wandelgänge geben dem Parc des Sources einen Rahmen.<br />
Wenn man durch die Arkadengänge<br />
im Parc des Sources im Thermalviertel<br />
von Vichy flaniert, fühlt man<br />
sich wie in einem typischen Kurbad der Belle<br />
Epoque. Majestätische Bäume und farbenfrohe<br />
Blumenrabatten schmücken den Park. Auf<br />
den Sitzbänken entlang der Wege haben es<br />
sich überwiegend ältere Kurgäste bequem gemacht.<br />
Vögel singen um die Wette. Es ist eine<br />
Idylle, wie sie für ein Kurbad nicht typischer<br />
sein könnte. Doch Vichy ist kein Kurbad wie<br />
jedes andere. Sein Name steht seit dem Zweiten<br />
Weltkrieg nicht nur für Heilung und Erholung,<br />
sondern auch für eines der dunkelsten<br />
Kapitel der französischen Geschichte.<br />
Dabei hat alles so positiv angefangen.<br />
Bereits die alten Römer wussten die heilende<br />
und wohltuende Kraft des Wassers aus<br />
Vichy zu schätzen. Durch die vulkanische<br />
Vergangenheit der Auvergne treten viele Mineral-<br />
und Heilquellen an dieser Stelle an die<br />
Oberfläche. Die Römer gründeten das Thermalbad Aquis<br />
Calidis. Es war sozusagen der Vorläufer des heutigen<br />
Vichy. Mit dem Untergang des Römischen Reichs ging<br />
auch die Badetradition verloren. Doch im 17. Jahrhundert<br />
entdeckte man die Quellen in Vichy neu. In den folgenden<br />
Jahrhunderten entwickelte sich der Ort erneut zu einem<br />
bedeutenden Kurort mit weltweiter Strahlkraft.<br />
Zu den ersten berühmten Kurgästen gehörte beispielsweise<br />
die große Schriftstellerin Marquise de Sévigné.<br />
Sie kam 1676 und 1677 nach Vichy und wohnte in der<br />
Maison Badoche. In Briefen an ihre Tochter in Grignan<br />
in Südfrankreich berichtete sie von den Erlebnissen während<br />
ihres Kuraufenthaltes und auch davon, wie ekelig das<br />
Wasser schmecke, das sie trinken musste. Allerdings ließ<br />
sie nichts auf dessen heilende Wirkung kommen.<br />
Später, 1799, kam die Mutter von Napoleon Bonaparte<br />
nach Vichy zur Kur. Ihr Sohn, der Kaiser, stiftete<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts auch den wunderschönen<br />
Parc des Sources. Es ist anzunehmen, dass der einstige<br />
Kuraufenthalt der Mutter eine Rolle dabei spielte. Der<br />
Ort entwickelte sich immer mehr zu einem beliebten Ziel<br />
des Hochadels und der Aristokratie. Auch Napoleon III.<br />
wusste die Reize von Vichy zu schätzen und machte den<br />
Ort einige Male zu seiner Sommerresidenz. Spätestens ab<br />
diesem Zeitpunkt war das Kurbad ein Trendziel geworden.<br />
In dieser Zeit, um die Jahrhundertwende vom 19.<br />
zum 20. Jahrhundert, gab es geradezu einen Bauboom<br />
in Vichy. Aus dieser Epoche stammt die Oper am südlichen<br />
Rand des Kurparks, die architektonische Anleihen<br />
an die Pariser Garnier-Oper nimmt und die heute auch<br />
ein Kongresszentrum ist. Ebenso in dieser Zeit errichtet<br />
wurde die Hall des Sources, die Trinkhalle am nördlichen<br />
Rand des Parc des Sources. Sie ist ein gutes Beispiel für<br />
die filigrane Baukunst um die Jahrhundertwende. In diese<br />
Halle wird das Wasser der wichtigsten Heilquellen geleitet,<br />
damit die Kurgäste ihre Dosen verabreicht bekommen<br />
konnten. Gleich dahinter erstreckt sich das 1903 eröffnete<br />
Kurhaus, dessen Architektur arabisch-maurische Stilelemente<br />
aufgreift.<br />
Alle drei Gebäude gehören heute zu den Hauptsehenswürdigkeiten<br />
von Vichy und machen den Charme<br />
des Thermalviertels aus. Ein wenig Patina hier und da<br />
verstärkt die ohnehin nostalgische Atmosphäre und lässt<br />
einen als Besucher fast eine Zeitreise in ein vergangenes<br />
goldenes Jahrhundert machen.<br />
Doch leider ging es mit der Geschichte des Kurbades<br />
nicht immer so positiv weiter. Zwar sind es im Wesentlichen<br />
nur vier Jahre, von 1940 bis 1944, in der jahrtausendealten<br />
Vergangenheit des Ortes, doch sie waren so düster<br />
und grausam, dass sie für immer den Ortsnamen mit<br />
einem dunklen Kapitel der französischen Geschichte in<br />
Verbindung bringen, mit dem angeblich freien Frankreich<br />
unter der deutschen Nazi-Herrschaft, dem Vichy-Regime.<br />
Dabei fiel die Wahl auf Vichy als Hauptstadt des<br />
freien Frankreichs eher zufällig. Nachdem die deutschen<br />
Truppen im Zweiten Weltkrieg immer weiter ins französische<br />
Landesinnere vordrangen und eine Besetzung der<br />
Hauptstadt drohte, verließ die französische Regierung am<br />
10. Juni 1940 Paris. Zunächst zog man ins Touraine, wo<br />
diverse Schlösser in temporäre Ministerien umgewandelt<br />
werden sollten. Doch an der Loire verweilte man wegen<br />
der fortschreitenden Kämpfe nur kurz. Schon am 14.<br />
Juni ging es weiter nach Bordeaux, gegen den Willen von<br />
Charles de Gaulle, der Quimper in der Bretagne vorgeschlagen<br />
hatte.<br />
Doch auch Bordeaux sollte keine lange Bedeutung als<br />
neue temporäre Hauptstadt der Republik haben. Denn<br />
zwei Tage später, am 16. Juni, wurde in der Präfektur des<br />
Departements Gironde, wo der Ministerrat provisorisch<br />
tagte, eine schicksalhafte Entscheidung getroffen. Die<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 43
UNTERWEGS IN FRANKREICH Vichy<br />
Oben: Die Oper von Vichy, deren Spielzeit sich in eine Winter- und eine<br />
Sommersaison unterteilt. Oben rechts: Kurgäste genießen die Sonnenstrahlen<br />
vor der Trinkhalle. Rechts: Schicke Pavillons schmücken den Kurpark.<br />
Anhänger eines Waffenstillstandes mit Hitler-Deutschland<br />
siegten in einer Abstimmung gegenüber den Anhängern,<br />
die den Krieg gegen Deutschland an der Seite der<br />
Engländer fortführen wollten. Der Staatspräsident Albert<br />
Lebrun beauftragte daraufhin den Marschall Pétain, der<br />
seit dem Ersten Weltkrieg als nationaler Held galt, mit<br />
der Bildung einer neuen Regierung, was Charles de Gaulle<br />
veranlasste, nach London ins Exil zu gehen, von wo aus<br />
er am 18. Juni zum Widerstand aufrief.<br />
Pétain unterzeichnete am 22. Juni den Waffenstillstand<br />
mit den Deutschen, was faktisch das Ende der<br />
Dritten Republik bedeutete. Frankreich wurde in einen<br />
besetzen Teil im Norden und Westen und einen freien<br />
Teil im Südosten des Landes aufgeteilt. Eine rund 1.200<br />
Kilometer lange Grenze von der Schweiz bis hinunter zu<br />
den Pyrenäen, die sich an der Route Nationale 10 und der<br />
Schienenverbindung von Tours nach Bordeaux orientierte,<br />
teilte beide Hälften voneinander, wobei der besetzte Teil<br />
etwas größer war als der unbesetzte.<br />
Da Bordeaux nunmehr im besetzten Frankreich lag,<br />
brauchte Pétain für seinen Etat français (dt. französischen<br />
Staat), das Wort Republik wurde penibel vermieden, eine<br />
neue Hauptstadt im sogenannten freien Teil des Landes.<br />
Genau an dieser Stelle wendete sich das Schicksal von Vichy<br />
ins Negative.<br />
Dem Kurort wurde zum Verhängnis, dass er 1935 mit<br />
einer brandneuen Telefonanlage ausgestattet worden war.<br />
Selbstverständlich nicht im Hinblick auf die Möglichkeit,<br />
einmal Regierungssitz zu werden, sondern für den<br />
Komfort der vielen internationalen Kurgäste. Doch diese<br />
Anlage war nun für die Einrichtung der Regierungsgeschäfte<br />
in der Provinz ideal. Außerdem gab es in Vichy<br />
ausreichend viele Hotels, die für die Arbeit der Ministerien<br />
und deren Angestellten umgewidmet werden konnten.<br />
Schließlich existierte unverändert eine Bahnverbindung<br />
in die formale Hauptstadt Paris. So fiel Pétains Wahl auf<br />
Vichy.<br />
Am 3. Juli 1940 begann die Regierung ihre Arbeit in<br />
dem Kurort. Hauptangelpunkt wurde das Hôtel du Parc,<br />
das am westlichen Rand des Parc des Sources liegt und<br />
in dem sich heute die Touristeninformation befindet. Die<br />
erste Etage bezog der Außenminister, die zweite Etage<br />
diente der Regierung und in der dritten Etage hatte Pétain<br />
seinen Amtssitz. Der Ministerrat traf sich in einem<br />
der Hotelzimmer der Herberge. Andere Ministerien wurden<br />
in weiteren Hotels untergebracht bzw. im Falle des<br />
Innenministeriums im Kasino.<br />
Am 10. Juli wurden 672 Abgeordnete und Senatoren<br />
ins Théâtre du Grand Casino, das heute als Oper firmiert,<br />
geladen, um mit 569 Stimmen und nur 80 Gegenstimmen<br />
Pétain zu ermächtigen, eine neue Verfassung zu erlassen.<br />
Aus dem republikanischen Wahlspruch « Liberté, Egalité,<br />
Fraternité » (dt. « Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit »)<br />
wurde das neue Motto « Travail, Famille, Patrie » (dt.<br />
« Arbeit, Familie, Vaterland »). Das Ende der Dritten<br />
Republik war endgültig besiegelt und das Schicksal nahm<br />
seinen Lauf.<br />
Denn das angeblich freie Frankreich war keine<br />
wirklich freie Demokratie. Demokratische Grundsätze<br />
wurden vom Vichy-Regime mit Füßen getreten und ein<br />
Überwachungsstaat wurde etabliert. Außerdem kollaborierte<br />
die neue Regierung in vielen Bereichen mit den<br />
Nazis. Charles de Gaulle wurde in Abwesenheit wegen<br />
Landesverrats zum Tode verurteilt. Gesetze wurden erlassen,<br />
die sich gegen die im Land lebenden ausländischen<br />
Juden richteten. Erst mit der Befreiung Frankreichs durch<br />
44 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
die alliierten Truppen hatte der Spuk ein Ende.<br />
Für das Kurbad hatte dies zur Folge, dass sein Ortsname<br />
der Inbegriff des kollaborierenden Frankreichs wurde,<br />
ein Symbol für einen Unrechtsstaat, der unter falschem<br />
Siegel auf der falschen Seite kämpfte. Vichy erinnerte<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg die Franzosen an ihr teilweise<br />
eigenes dunkles Mitwirken am Horrorregime der<br />
Nazis. Vichy wurde zu einem Synonym für eine Epoche,<br />
auf die man nicht stolz war.<br />
Dabei konnte die Stadt selbst nichts dafür. Die Menschen<br />
in der Kleinstadt waren nicht mehr oder weniger<br />
Kollaborateure als im Rest des Landes. Sie waren nicht<br />
mehr oder weniger der Naziideologie verfallen als andernorts.<br />
Trotzdem ist es für den Kurort bis heute nicht einfach,<br />
sich von diesem historischen Erbe zu befreien. Dabei<br />
macht die Kommune an vielen Stellen klar, was sie von<br />
dem Ganzen hält. So erinnert beispielsweise am Eingang<br />
der Oper eine Plakette an den Mut der 80 Parlamentarier,<br />
die am 10. Juli 1940 gegen Pétain gestimmt hatten.<br />
Wahrscheinlich wird es noch einige Zeit dauern, bis<br />
Vichy wieder ein ganz normales Kurbad geworden ist. Architektonisch<br />
hat es dafür jedenfalls alle Voraussetzungen.<br />
Neben dem Parc des Sources mit der Oper, dem Kasino,<br />
der Trinkhalle und dem Kurhaus wirkt auch der Rest des<br />
Ortes wie eine friedliche Gartenstadt. Gerade der Parc<br />
Napoleon III. entlang des Allier ist eine grüne Oase für<br />
Jogger, Walker und Spaziergänger.<br />
In der Innenstadt sorgen die Rue de Paris, die vom<br />
Bahnhof zum Kurpark führt, sowie die Rue Clémenceau<br />
für etwas urbanes Leben. An der Schnittstelle beider<br />
Achsen, der Place des Chemins, stellen Bistrobesitzer ihre<br />
Stühle nach draußen und ein Multiplexkino sowie ein<br />
Shoppingcenter laden zum Verweilen ein. In Vieux Vichy,<br />
der Altstadt südlich des Thermalzentrums, geht es eng<br />
und verwinkelt zu.<br />
Außerdem sorgen unverändert sechs Quellen für Linderung<br />
rheumatischer Erkrankungen oder von Stoffwechselproblemen.<br />
Drei davon sind heiße Quellen, drei kalte<br />
Quellen. Zum Teil sollte das Wasser nur unter medizinischer<br />
Aufsicht längere Zeit getrunken werden, so stark<br />
ist die Wirkung. Kurgäste wissen die heilende Wirkung<br />
zu schätzen. So ist Vichy am Ende doch vor allem eines:<br />
ein Kurbad mit langer Geschichte, die leider auch ein sehr<br />
tragisches Kapitel kennt.<br />
Claude Malhuret, Bürgermeister von Vichy<br />
1989 wurde Claude Malhuret zum ersten Mal zum Bürgermeister<br />
von Vichy gewählt. 1995, 2001 und 2008 gelang ihm jeweils die<br />
Wiederwahl. Er ist Arzt und Rechtsanwalt, den meisten Franzosen<br />
aber vor allem als ehemaliger Präsident von « Ärzte ohne Grenzen »<br />
bekannt, die er von 1978 bis 1986 führte. Unter Jacques Chirac wurde<br />
Malhuret zwei Jahre lang Staatssekretär für Menschenrechte.<br />
Schlagzeilen machte der engagierte Bürgermeister zudem zum<br />
Jahrtausendwechsel, als er hinter der Internetseite doctissimo.fr<br />
stand, einem wichtigen Gesundheitsportal, das medizinisches<br />
Sachwissen einem breiten Publikum zugänglich macht.<br />
Monsieur Malhuret, Vichy hat ein schwieriges Verhältnis<br />
zur Geschichte, oder?<br />
Ja, definitiv. Vichy gehört zu den Orten, wo der Lauf<br />
der Geschichte das Schicksal brutal auf den Kopf gestellt<br />
hat, ohne dass die Stadt selbst eine Wahl<br />
Niemand in Vichy<br />
hat Pétain gebeten,<br />
seine Hauptstadt<br />
hier einzurichten.<br />
hatte. Niemand in Vichy hat Pétain gebeten,<br />
seine Hauptstadt hier einzurichten.<br />
Ganz im Gegenteil.<br />
Wenn er seine Regierung in Vichy<br />
eingerichtet hat, so aus rein praktischen<br />
Überlegungen. Die Stadt wurde ein Opfer<br />
ihres eigenen Erfolgs. Die ganze Welt<br />
kam zuvor hierher, darunter auch viele Honoratioren aus<br />
Afrika, um zu kuren. Der Ort war eine Art Sommerhauptstadt<br />
des französischen Imperiums. Das Hotelangebot, eines<br />
der größten im Land, schien Pétain ideal. Genauso die<br />
Telefonanlage der Stadt, die wie kaum eine andere international<br />
vernetzt war. Manchmal sind es eben ganz banale<br />
praktische Aspekte, die Geschichte schreiben.<br />
Wie positioniert sich die Stadt gegenüber<br />
diesem negativen Image, das Vichy seit dieser<br />
Zeit anhängt?<br />
Unser Standpunkt dazu ist ganz klar.<br />
Vichy darf dieses Kapitel nicht vergessen.<br />
Die Regierung des französischen Staates<br />
während des Zweiten Weltkrieges wird Vichy-Regime<br />
genannt. Der historische Aspekt des Stadtnamens ist also<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 45
UNTERWEGS IN FRANKREICH Vichy<br />
allgegenwärtig. Es wäre blödsinnig, das verneinen oder<br />
vergessen machen zu wollen. Gleichzeitig ist es aber nicht<br />
Aufgabe der Stadt, die Verantwortung für die Regierung<br />
von Pétain zu übernehmen. Es ist der französische Staat,<br />
der für das Vichy-<br />
Regime die Verantwortung<br />
trägt. Nicht die<br />
Unser Standpunkt dazu<br />
ist ganz klar. Vichy<br />
Stadt Vichy!<br />
darf dieses Kapitel<br />
In diesem Sinne<br />
nicht vergessen.<br />
scheuen wir uns aber<br />
nicht, die Vergangenheit<br />
zu thematisieren<br />
und ihrer Realität ins Gesicht zu schauen. Wir organisieren<br />
Gedenkfeiern und haben in der Stadt diverse Tafeln<br />
montiert, die an diese dunklen Jahre erinnern. Die Tourismusinformation<br />
bietet sogar Rundgänge zu den einzelnen<br />
Gebäude und Hotels an, in denen sich die Regierung<br />
von Pétain eingerichtet hatte.<br />
Diese Gedenkarbeit ist nützlich und notwendig! Wir<br />
lehnen dagegen ab, ein Museum über<br />
diese Epoche zu eröffnen. Wenn es ein<br />
solches Museum geben soll, dann ist<br />
es Aufgabe des französischen Staates,<br />
dieses zu eröffnen und sich darum zu<br />
kümmern.<br />
Wie sehr ist das Image von Vichy heute<br />
noch wirklich von den Vorkommnissen im<br />
Zweiten Weltkrieg beeinflusst?<br />
Die Zeit arbeitet für uns und die<br />
Dinge bessern sich langsam. Wir<br />
haben uns stets für eine differenzierte Betrachtungsweise<br />
eingesetzt. Doch manchmal muss man auch<br />
heute noch darauf hinweisen, dass man die Bewohner<br />
von Vichy, die Vichyssois, nicht mit den Anhängern des<br />
Vichy-Regimes, den Vichystes, verwechseln darf. Das ist<br />
ein wichtiger Unterschied. Das ist ein wenig wie mit<br />
Berlin. Es gibt das Berlin als Sitz des Dritten Reiches<br />
und es gibt das Berlin von heute. Manch einer bringt<br />
das vielleicht ein wenig durcheinander. Doch insgesamt<br />
würde ich sagen, dass die Menschen heute allgemein<br />
zwischen der Stadt Vichy und dem Vichy-Regime unterscheiden.<br />
Hat es Vichy auf der internationalen Bühne einfacher?<br />
Doch manchmal ist<br />
es auch heute noch<br />
notwendig, darauf hinzuweisen,<br />
dass man die<br />
Bewohner von Vichy, die<br />
Vichyssois, nicht mit den<br />
Anhängern des Vichy-<br />
Regimes, den Vichystes,<br />
verwechseln darf.<br />
Ja. Vichy gehört zu den Städten, deren Namen mit<br />
Markenprodukten in Verbindung gebracht werden. In der<br />
ganzen Welt ist die Stadt heute für ihr Wasser bekannt,<br />
aber auch für Bonbons, Stoffe und Kosmetikprodukte. Ich<br />
habe das mit Freude auf vielen Reisen im Ausland festgestellt.<br />
Viele Frauen auf der Welt, sei es in Japan, China,<br />
Amerika oder Gabun, benutzen die Kosmetikprodukte<br />
von Vichy Laboratoires, einem der größten Erfolge des<br />
L’Oréal-Konzerns. Glauben Sie mir, viele Städte beneiden<br />
uns dafür. In diesem Bereich konnte sich die Stadt<br />
von ihrem negativen Image befreien. Außerdem ist dies<br />
ein Zeichen dafür, dass es nicht ganz so schlimm sein<br />
kann. Ansonsten hätte sich ein Konzern wie L’Oréal in<br />
den 1950er-Jahren nicht getraut, unseren Stadtnamen als<br />
Markennamen zu entwickeln und die Produkte hätten<br />
sich nicht so gut verkauft. Man sollte also nicht fatalistisch<br />
an das Thema herangehen.<br />
Vichy gilt heute als eine dynamische Stadt. Manche sprechen<br />
sogar vom « Deauville der Auvergne »...<br />
Das ist richtig. Wir verdanken dies unter anderem der<br />
Renovierung der Promenade entlang des Allier, die sich<br />
großer Beliebtheit erfreut. Die verwendeten Holzbohlen<br />
erinnern an die berühmten Holzbohlen von Deauville.<br />
Dieser Vergleich stört uns ganz und gar nicht!<br />
Wir haben in den letzten Jahren viel in der Stadt<br />
angepackt. Auch was die Wirtschaft angeht. Als ich<br />
Ende der 1980er-Jahre das Bürgermeisteramt<br />
übernahm, war der Kurbetrieb<br />
auf dem absteigenden Ast.<br />
Dabei war es die einzige « Industrie »<br />
in der Stadt. Für mich stand fest, dass<br />
wir unsere Wirtschaft diversifizieren<br />
mussten, wollten wir nicht das gleiche<br />
Schicksal erleben wie die Bergarbeiterstädte<br />
in Lothringen nach den Zechenschließungen.<br />
Wir haben deshalb alles versucht,<br />
uns breiter aufzustellen. Ein Kongresszentrum<br />
wurde errichtet, eine<br />
Universität eröffnet und Hoteliers ermutigt, Geld in Renovierungen<br />
zu stecken und sich von reinen Kurhotels<br />
zu Wellnesshotels weiterzuentwickeln. Ein Ansatz, der<br />
etwa in Deutschland schon gut funktionierte, was uns<br />
als Vorbild diente. Außerdem haben wir viel in unsere<br />
sportliche Infrastruktur investiert, was dazu geführt<br />
hat, dass wir inzwischen international einen Namen<br />
für erfolgreiche Trainingsbedingungen für Sportteams<br />
haben.<br />
Außerdem haben wir die Innenstadt renoviert. Heute<br />
ist Vichy einer der wenigen Orte in Frankreich, wo alle<br />
Geschäfte auch sonntags geöffnet haben. All dies zeigt:<br />
Wir sind dynamisch!<br />
Sie sind inzwischen<br />
über 20 Jahre lang Bürgermeister<br />
von Vichy.<br />
Was empfinden Sie als<br />
Ihren größten Erfolg?<br />
In der ganzen Welt ist<br />
die Stadt heute für ihr<br />
Wasser bekannt, aber<br />
auch für Bonbons, Stoffe<br />
und Kosmetikprodukte.<br />
Es erfüllt mich mit<br />
Freude zu sehen, dass die Stadt ihr Gesicht verändert hat<br />
und dass die Einwohner und Touristen das wertschätzen.<br />
Dies zeigt, dass Änderungen möglich sind und dass man<br />
46 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Arras<br />
12/E50<br />
5/E60<br />
N24<br />
DinardSaint-Malo<br />
N176/E401<br />
Dinan<br />
Lyon. Letztere Route gilt Angers auch für<br />
A11/E60<br />
La Baule<br />
die Anreise aus Österreich und der<br />
A86/E60<br />
St. Nazaire Schweiz. Wenn man aus Richtung<br />
Nantes<br />
Paris kommt, verlässt A87 man die A71 Monts an<br />
der Ausfahrt Clisson <strong>Nr</strong>. 12. Die A719, die bis<br />
Cholet<br />
Vichy verlängert werden soll, sowie<br />
A83<br />
die anschließende D2209 führen ans<br />
Les Sablesd’Olonne<br />
Ziel. Von Lyon aus kommend verlässt<br />
man die A89 an der Ausfahrt <strong>Nr</strong>. 2,<br />
Cherbourg-<br />
Octeville<br />
sich nicht von Pessimismus runterziehen<br />
lassen darf. Wenn man den richtigen<br />
Willen dazu hat, lassen sich Dinge<br />
verändern.<br />
A84<br />
<br />
Aus Deutschland gelangt man<br />
Rennes<br />
nach Vichy entweder über den<br />
Nor den Frankreichs und die Autobahn<br />
verbindung von Paris über A11/E501 Or-<br />
Le Mans<br />
A28/E502<br />
léans nach Clermont-Ferrand oder<br />
über den Osten Frankreichs und<br />
um über A83 die D906 in den Kurort Poitiers zu<br />
gelangen.<br />
Saint-Sigismond<br />
N11/E601<br />
Niort<br />
Vichy …<br />
La Rochelle<br />
… Berlin 1.276 km … Hamburg E5/A10 1.217 km<br />
… Köln 768 km … München 883 km<br />
… Wien 1.339 E602/A837 km … Zürich 543 km<br />
Le Porge<br />
Cap-Ferret<br />
Vichy verfügt zwar über einen jettaug<br />
lichen Flughafen, aber keine<br />
Angoulême<br />
Linien<br />
fluggesellschaft fliegt den Flughafen<br />
zurzeit an. Der nächste Montalivet<br />
Flughafen<br />
ist in Clermont-Ferrand, wohin<br />
E5/A10<br />
Le A29/E44 Havre<br />
A131<br />
Honfleur<br />
Caen<br />
Wir sind dafür nicht das einzige<br />
A13/E46<br />
Saint-Lô<br />
Beispiel. Nehmen Sie Bordeaux. Alain<br />
Juppé hat die Stadt zu einer neuen<br />
A84/E401<br />
Blüte gebracht. Das ist auch keine<br />
Frage von Avranches links oder rechts. Lyon<br />
und Montpellier werden von sozialistischen<br />
Bürgermeistern<br />
le Mont-Saint-Michel<br />
geführt<br />
Alençon<br />
A28/E402<br />
aus Deutschland, Österreich und der<br />
A10/E5<br />
Schweiz allerdings keine Direktflüge<br />
bestehen. Air France bindet Orléansdie<br />
Stadt über ihr Drehkreuz in Paris an<br />
den deutschsprachigen Raum an.<br />
Alternativ bietet Blois sich der Flughafen<br />
Chambord<br />
von Lyon<br />
A10/E5-E60<br />
als Zielflughafen an.<br />
Cheverny<br />
Tours Chenonceau<br />
A71/E9<br />
Es gibt keine direkten A85Zugverbindun-<br />
gen aus dem deutschsprachigen<br />
A10/E5<br />
Bourges<br />
Raum nach Vichy. Die Stadt ist auch<br />
nicht ans französische TGV-Netz<br />
angeschlossen. Direkte A20/E9 Zugver bindungen<br />
bestehen jedoch aus<br />
A71/E11<br />
Lyon<br />
und Paris.<br />
www.vichy-destinations.com<br />
Office de Tourisme<br />
19, rue du Parc<br />
03200 Vichy<br />
Telefon: +33 (0)4 70 98 71 94<br />
Limoges<br />
Opéra de Vichy<br />
1, rue du Casino<br />
03200 Vichy<br />
Telefon: +33 (0)4 70 30 50 30<br />
A89/E70<br />
LESETIPP FÜR EINEN AUSFLUG IN DIE UMGEBUNG<br />
Wer zu<br />
Sens<br />
Kurzwecken nach Vichy reisen<br />
möchte, findet ein<br />
A5/E17-E54<br />
reichhaltiges<br />
An gebot diverser Kuren von zwei bis<br />
zwölf Tagen. Weitere Informationen<br />
Châtillon-sur-Seine<br />
finden sich auf Auxerre der oben ange geben<br />
en Website.<br />
Aurillac<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47<br />
Sarlat-le-Canéda im Land ausbrach, litt Clermont-Ferrand lange Zeit unter der<br />
Bordeaux<br />
Clermont-Ferrand: Aufbruch aus schwieriger Position isolierten Lage inmitten des Zentralmassivs. Zwar haben neue<br />
Die A52/E72 Hauptstadt der Auvergne, die einst aus<br />
den zwei unabhängigen Städten Clermont<br />
und Montferrand entstand, was sich bis<br />
Jumièges<br />
wir unsere Rouen Wirtschaft<br />
Evreux<br />
erleben wie die<br />
Chartres<br />
A11/E50<br />
A16<br />
A6/E15<br />
A89/E70<br />
A1/E15-E19<br />
und haben ebenfalls eine erstaunliche<br />
A34/E46<br />
Entwicklung hinter sich. Beide politischen<br />
Lager sind A26/E17 also dazu in der<br />
A5/E54<br />
A71/E11<br />
Clermont-<br />
Ferrand<br />
A75/E11<br />
A6/E15<br />
A72/E70<br />
A26/E17<br />
Autobahnen inzwischen für bessere Anbindungen gesorgt,<br />
doch bis heute ist die Auvergne eine der ärmsten Gegenden<br />
Frankreichs. Zudem ist die Stadt wirtschaftlich mehr oder weniger<br />
heute im Doppelnamen widerspiegelt,<br />
einem Industriegiganten ausgeliefert: Michelin. Doch dies<br />
Mimizan<br />
hatte es nicht immer einfach. Als nach dem hinderte die Provinzstadt nicht daran, aus ihrem Schicksal das<br />
Oran<br />
Zweiten Weltkrieg der Wohlstand überall<br />
Beste zu machen.<br />
E5-E70/A63<br />
A9/E15<br />
A75/E11<br />
Av<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
Saint-Guilhemle-Désert<br />
Nîmes<br />
A54/E805<br />
Hossegor France<br />
A<br />
Lodève<br />
Toulouse<br />
Arles<br />
Biarritz Bayonne<br />
Montpellier<br />
Hendaye<br />
A64/E80<br />
Frankreich erleben · A9/E15 <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 47<br />
Sare<br />
A<br />
Bézier<br />
Donostia-<br />
Pau<br />
S. Sebastian<br />
Amiens<br />
Für mich stand fest, dass<br />
diversifizieren mussten,<br />
wollten wir nicht das<br />
A13/E5<br />
gleiche Schicksal<br />
Bergarbeiterstädte in<br />
Lothringen nach den<br />
PARIS<br />
Versailles<br />
Zechenschließungen<br />
Dreux<br />
Périgueux<br />
Tulle<br />
Brive-la-Gaillarde<br />
Montluçon<br />
Beaulieu-sur-Dordogne<br />
Guyencourt-Saulcourt<br />
Lage. Die größte Zufriedenheit spüre<br />
Reims<br />
ich deshalb, weil ich als Bürgermeister<br />
Veränderungen initiieren konnte und<br />
die Zeit den A4/E50 Rest erledigt. Kein Platz<br />
Epernay Châlons-ender<br />
Fatalität!<br />
Champagne<br />
Monsieur Malhuret, wir danken Ihnen<br />
für das Gespräch.<br />
Vézelay<br />
Vichy<br />
Troyes<br />
Chalon-sur-Saône<br />
Saint-Etienne<br />
Charleville-Méz<br />
Dijon<br />
A38<br />
Beaune<br />
A6/E15<br />
Lyon<br />
Valence<br />
A7/E15<br />
A4/E5<br />
A31/E<br />
C
UNTERWEGS IN FRANKREICH Route Napoleon<br />
Route Napoleon<br />
Einmal quer durch die Alpen<br />
Sie ist 335 Kilometer lang und führt von<br />
Cannes quer durch die Alpen bis nach Grenoble:<br />
die Route Napoleon. Die Straße ist<br />
mehr als eine touristische Strecke. Auf diesen<br />
Kilometern hat sich entschieden, ob es Napoleon<br />
Bonaparte nach seiner Verbannung<br />
nach Elba noch einmal an die Spitze Frankreichs<br />
schaffen würde. Über Grasse, Castellane,<br />
Digne-les-Bains, Sisteron und Gap führte<br />
sein Triumphzug in nur sieben Tagen. Heute<br />
lässt sich die Strecke an einem Tag bewältigen.<br />
Mehr Spaß macht es aber, sich Zeit zu<br />
lassen und ein paar Zwischenstopps für Erkundungen<br />
rechts und links der Strecke einzuplanen.<br />
Was wäre dem Kaiser damals wohl durch den Kopf<br />
gegangen, hätte er gewusst, dass sein beschwerlicher<br />
Weg zurück aus dem Exil auf Elba an die<br />
Macht in Paris später einmal eine Touristenattraktion<br />
wird? Wahrscheinlich hätte er ungläubig den Kopf geschüttelt.<br />
1815 konnte er noch nicht ahnen, dass breite<br />
Massen der Bevölkerung jemals so wohlhabend sein würden,<br />
dass sie im Namen der Erholung und dank technischer<br />
Errungenschaften rund um den Globus jetten, um sich<br />
einfach andere Regionen, Städte und Länder anzuschauen.<br />
Napoleon Bonapartes Reise durch die Alpen war alles<br />
andere als ein Zuckerschlecken und hatte mit Tourismus<br />
rein gar nichts zu tun. Nachdem der Kaiser nach der<br />
Niederlage der Völkerschlacht bei Leipzig abdanken und<br />
seinen Wohnsitz auf Elba nehmen musste, fühlte er sich<br />
unverändert zu Höherem berufen und plante sein Comeback.<br />
Am 1. März 1815 landete er mit seinen Getreuen<br />
schließlich im Golfe Juan an der Côte d’Azur und näch-<br />
48 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Oben: Auf den ersten Kilometern der Route Napoleon in der Höhe von Escragnolles.<br />
Links: Digne-les-Bains. Unten: Blick aufs malerische Castellane, das am Verdon liegt.<br />
tigte in Cannes. Da er den bequemeren Weg zurück in die<br />
Hauptstadt durch das Rhône-Tal als zu gefährlich ansah,<br />
entschloss er sich zu einer mühseligen Überquerung der<br />
Alpen von Cannes nach Grenoble. Kein einfaches Unterfangen<br />
zur damaligen Zeit. Trotzdem bewältigten er<br />
und seine Männer die Strapazen in gerade einmal sieben<br />
Tagen.<br />
Die gut ausgebaute Straßenverbindung aus heutiger<br />
Zeit war damals natürlich noch nicht existent. Sie wurde<br />
erst über 100 Jahre später eingeweiht und erhielt ihren<br />
Namen in Erinnerung an Napoleon in den 1930er-Jahren.<br />
Ein gelungener Marketingcoup, würde man heute sagen.<br />
Als Markierung der Strecke dient das Abbild des kaiserlichen<br />
Adlers. Schließlich hatte Napoleon vorhergesagt,<br />
dass « der Adler von Kirchturm zu Kirchturm fliegen wird<br />
bis zu den Türmen von Notre-Dame ». Er sollte Recht behalten,<br />
wenn seine erneute Herrschaft auch nur 100 Tage<br />
andauerte.<br />
Wenn man sich heute auf die Spuren von Napoleon<br />
quer durch die Alpen begibt, sollte man keine landschaftlichen<br />
Höchstleistungen erwarten. Die Route Napoleon<br />
ist keine spektakuläre Alpenstraße wie die Route des<br />
Grandes Alpes. Zwar erklimmt auch die Route Napoleon<br />
einige sehenswerte Pässe und durchquert malerische<br />
Täler. Doch gerade im Abschnitt jenseits von Digneles-Bains<br />
wird die Szenerie weniger aufregend und man<br />
durchfährt vor allem das breite und stark zivilisierte<br />
Durance-Tal anstatt einer einsamen Alpenlandschaft. Bei<br />
einer Fahrt auf der Route Napoleon geht es mehr um die<br />
Geschichte, sehenswerte Städte entlang der Strecke und<br />
ein paar landschaftliche Leckerbissen. Die Mischung<br />
macht das Kunstwerk.<br />
Nichtsdestotrotz begeistert die Route Napoleon aber<br />
gerade auf ihren ersten Kilometern weg vom Mittelmeer<br />
hinein in die Seealpen. Hat man die Schnellstraße von<br />
Cannes nach Grasse und das meist verstopfte Zentrum<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · <strong>49</strong>
UNTERWEGS IN FRANKREICH Route Napoleon<br />
der Hauptstadt des Parfums hinter sich gelassen, schraubt<br />
sich die Route Napoleon immer mehr in die Berge hinein.<br />
Mit jeder Kurve gewinnt man an Höhe und der Panoramablick<br />
zurück auf Grasse und das Mittelmeer wird spektakulärer.<br />
Abnehmende Temperaturen sorgen für eine<br />
angenehme Frische.<br />
Castellane, ein Dorf<br />
mit spektakulärer Felswand<br />
Man passiert den Col du Pilon, den Pas de la Faye,<br />
den Col de Valferrière und den Col de Luens. Dann nähert<br />
man sich einem grünen Tal, in dem Castellane liegt.<br />
Der Ort mit rund 1.600 Einwohnern ist die erste größere<br />
Siedlung nach Grasse. Napoleon erreichte das Dorf<br />
vormittags, so zwischen 10.00 und 12.00 Uhr. Großen<br />
Widerstand musste der Kaiser nicht befürchten, da seine<br />
Ankunft für die Menschen überraschend kam. Allerdings<br />
war der Empfang durch die Einheimischen auch nicht<br />
überschwänglich. Von den Dorfbewohnern wollte sich jedenfalls<br />
niemand Napoleons Truppen anschließen. Dafür<br />
empfing der Unterpräfekt Francoul Napoleon zum Mittagessen.<br />
Er war ein alter Freund des Kaisers. Napoleon<br />
bedankte sich dafür wiederum bei ihm damit, dass er ihn<br />
zum Präfekten von Digne-les-Bains ernannte.<br />
Heute ist Castellane vor allem ein gemütlicher Ferienort.<br />
Viele Reisende nutzen die Gemeinde als Zwischenstation<br />
oder Basis für die Erkundung des weltberühmten<br />
Grand Canyon du Verdon, der nur wenige Kilometer südlich<br />
von Castellane beginnt. Oder sie besuchen von hier<br />
aus den Lac de Castillon und dessen Umgebung nördlich<br />
von Castellane.<br />
Das Wahrzeichen des Ortes ist eine rund 180 Meter<br />
über dem Dorf aufragende Felswand. Auf ihr befindet sich<br />
die Kapelle Notre-Dame-du-Roc, die als Wallfahrtsstätte<br />
beliebt ist. Ein Spazierweg führt hinauf zum Gotteshaus,<br />
von wo aus man einen malerischen Panoramablick genießt.<br />
Unterwegs kommt man an den Ruinen von Petra<br />
Castellana vorbei. Denn schon zur Zeit der alten Römer<br />
gab es den Ort im Herzen der Haute-Provence.<br />
Nach Castellane gewinnt die Route Napoleon wieder<br />
an Höhe. Es geht hinauf zum Col des Lèques. Dabei sollte<br />
man immer mal wieder den Blick zurück auf Castellane<br />
und die markante Felswand werfen. Immer der Asse folgend,<br />
passiert man anschließend Barrême, wo Napoleon<br />
die Nacht vom 3. auf den 4. März 1815 verbrachte, um<br />
schließlich nach Digne-les-Bains zu gelangen. Der fast<br />
18.000 Einwohner zählende Kurort ist die erste Stadt<br />
nach Grasse und sogleich Hauptstadt des Departements<br />
Alpes-de-Haute-Provence.<br />
Digne-les-Bains,<br />
Kurort und Hauptstadt<br />
Auch ohne Napoleon wäre der malerisch in die Alpen<br />
eingebettete Ort eine Reise wert. Der Kaiser erreichte den<br />
Kurort am 4. März 1815. Er blieb aber nur kurze Zeit und<br />
stärkte sich im Hôtel du Petit-Paris, bevor er weiter zum<br />
Château de Malijai westlich von Digne-les-Bains zog, wo<br />
er die Nacht verbrachte. Napoleon ist aber nicht die einzige<br />
Persönlichkeit, die mit Digne-les-Bains in Verbindung<br />
gebracht wird.<br />
In dem Jahr, in dem der Kaiser durch den Ort kam,<br />
wurde Alphonso Beau de Rochas dort geboren. Beau de<br />
Rochas wirkte später maßgeblich an einer Telegraphenverbindung<br />
zwischen Frankreich und England durch<br />
den Ärmelkanal mit. Auch an der Erfindung des Viertaktmotors<br />
war er beteiligt. Ebenso aus Digne-les-Bains<br />
stammt Pierre Gassendi, ein Anhänger Galileis, der sich<br />
der Sternenbeobachtung widmete und als Mathematiker,<br />
Astronom und Physiker bekannt wurde.<br />
Auf einer Reise auf der Route Napoleon ist Digneles-Bains<br />
jedenfalls eine perfekte Zwischenetappe zum<br />
Übernachten. Das beschauliche Zentrum mit dem von<br />
Platanen gesäumten Boulevard Gassendi oder die verwinkelte<br />
Altstadt laden zum Müßiggang ein. Geschichts- und<br />
Kulturfreunde finden vier Museen vor, darunter das Musée<br />
Alexandra-David-Néel. Die Asien- und Buddhismusforscherin<br />
kaufte 1927 ein Haus in Digne-les-Bains und<br />
vermachte es nach ihrem Tod der Stadt, einschließlich der<br />
vielen Mitbringsel von ihren Expeditionen im Himalaja.<br />
Die Thermalbäder des Kurbades sind für echte Kuren<br />
vorgesehen und dienen leider nicht der kurzzeitigen Erholung.<br />
Wer nur ein wenig im warmen Wasser plantschen<br />
will, sollte den Complexe Aquatique Les Eaux Chaudes<br />
aufsuchen.<br />
Hinter Digne-les-Bains hat man den landschaftlich<br />
spektakulärsten Abschnitt der Route Napoleon verlassen.<br />
Nach gut 16 Kilometern gelangt man in das breite<br />
Durance-Tal, wo die Alpen nur noch zur malerischen<br />
Kulisse werden. Am Übergang befindet sich das Château<br />
de Malijai. In dem Schloss aus dem 18. Jahrhundert verbrachte<br />
Napoleon die Nacht vom 4. auf den 5. März 1815<br />
schlafend in einem Sessel.<br />
Die Durance war lange Zeit ein Fluss, der mit seiner<br />
Unberechenbarkeit und seinen zahlreichen Überschwemmungen<br />
den Menschen zu schaffen machte. Erst<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg nahm man sich die Bändigung<br />
des Stromes vor. In den 1960er-Jahren wurde ein<br />
System aus Kanälen und Staudämmen eröffnet, dass die<br />
ganzjährige Regulierung der Wassermassen erlaubt. Die<br />
Durance spielt seitdem eine wichtige Rolle in der Strom-<br />
Rechte Seite im Uhrzeigersinn: Der Verdon bei Castellane. Blick auf das grüne Tal von Castallane mit dem<br />
markanten Felsen (in der Bildmitte). Blick auf Sisteron vom östlichen Ufer der Durance, das leider von einer<br />
Autobahn verunstaltet wird. Aussicht von der Festung von Sisteron auf das nördliche Durance-Tal.<br />
50 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 51
UNTERWEGS IN FRANKREICH Route Napoleon<br />
erzeugung und der Bewässerung der Felder. Neben der<br />
hier als breite Landstraße ausgebauten Route Napoleon<br />
verläuft parallel dazu eine Autobahn. Es ist kein Frevel,<br />
insbesondere hinter Sisteron, einige Kilometer auf der<br />
Autobahn zurückzulegen, um schneller voranzukommen.<br />
Sisteron, am Schnittpunkt<br />
zwischen Provence und Alpen<br />
Vorher wartet mit Sisteron auf den Reisenden aber ein<br />
Höhepunkt entlang der Route Napoleon. Die Kleinstadt<br />
liegt an einer Verengung des Durance-Tals und bildet die<br />
traditionelle Grenze zwischen der Provence im Süden und<br />
der Dauphiné im Norden. Von der auf einem Felsvorsprung<br />
gelegenen Zitadelle kann man weit das Durance-<br />
Tal in beide Richtungen überblicken und überwachen.<br />
Auch Napoleon musste diesen strategisch wichtigen Ort<br />
passieren. Doch er hatte Glück. Die Zitadelle war nur<br />
spärlich besetzt, da Truppen, die seinen Marsch in die<br />
Hauptstadt hätten stoppen können, am Vortag verlegt<br />
worden waren. Trotzdem blieb Napoleon nicht in Sisteron,<br />
sondern zog gleich weiter nach Gap.<br />
Die Zitadelle ist auch heute noch die Hauptsehenswürdigkeit<br />
des Ortes, ein Besuch geradezu Pflicht. Dabei<br />
wurde die Festung im Zweiten Weltkrieg arg in Mitleidenschaft<br />
gezogen. Bomben zerstörten unter anderem<br />
die beeindruckend auf dem Felsen thronende Kapelle, die<br />
aber nach dem Krieg wieder sorgsam restauriert wurde.<br />
Wenn man bis ganz nach oben will, muss man schon ein<br />
wenig Kondition mitbringen. Dafür wird man am Ende<br />
mit einem einzigartigen Panoramablick belohnt.<br />
Vauban, der in Frankreich fast mit jeder Festung in<br />
Verbindung gebracht werden kann, hat an dieser Zitadelle<br />
nur zum Teil mitgewirkt. Er kam 1682 nach Sisteron,<br />
um das bereits existierende Bollwerk zu inspizieren. Seine<br />
anschließend ausgearbeiteten Verbesserungsvorschläge<br />
wurden nur zum Teil umgesetzt.<br />
Nicht nur die Zitadelle lohnt einen Besuch, auch der<br />
Ort selbst kann sich sehen lassen. In Sisteron spürt man<br />
noch die Lebensfreude des Südens. Man kann gut ein,<br />
zwei Stunden durch den Ort flanieren und in einem der<br />
Cafés einkehren. Von den alten Römern, die bereits die<br />
Siedlung Segustero an dieser Stelle gründeten, schließlich<br />
führte die wichtige Handelsstraße Via Domitia durch das<br />
Tal, ist allerdings fast nichts mehr erhalten.<br />
Hinter Sisteron folgt die Route Napoleon noch bis<br />
Tallard der Durance. Wer es eilig hat, kann – wie bereits<br />
erwähnt – diese Strecke getrost auf der parallel verlaufenden<br />
Autobahn zurücklegen. Danach geht es weg vom<br />
Fluss nach Gap. Die knapp 38.000 Einwohner zählende<br />
Stadt ist eines der Wirtschaftszentren der südlichen Alpen.<br />
Gap, alpin und<br />
mediterran zugleich<br />
Napoleon kam am späten Abend des 5. März 1815 in<br />
die Kleinstadt und wurde von der einheimischen Bevölkerung<br />
herzlich empfangen – anders als noch in Sisteron<br />
zuvor. Die Menschen applaudierten dem Kaiser und die<br />
Nationalgarde übergab ihre Waffen. Unter dem Eindruck<br />
der Begeisterung der Menschen sagte Napoleon zu einem<br />
ihn begleitenden General: « Endlich! Wir sind wirklich<br />
in Frankreich! » Über die Rue de Provence gelangte Napoleon<br />
in die Rue de France, wo er in der Auberge de<br />
Marchand mit der Hausnummer 17 über Nacht blieb. Am<br />
nächsten Tag verweilte er noch den Vormittag in Gap, bevor<br />
es weiter in Richtung Grenoble ging.<br />
Einige Tage später zogen einige aufgebrachte Bürger<br />
aus Marseille nach Gap, um die Stadt für den triumphalen<br />
Empfang Napoleons zu strafen. Die Bewohner von Gap<br />
konnten sich aber erfolgreich wehren. Genauso gegenüber<br />
einem zweiten noch größeren Ansturm ein paar Tage später.<br />
Heute ist die Hauptstadt des Departements Hautes-<br />
Alpes das Verwaltungs- und Wirtschaftszentrum einer<br />
ansonsten eher spärlich bevölkerten Umgebung. Fast jeder<br />
dritte Einwohner des Departments wohnt in der Stadt.<br />
Mit seiner Lage von 735 Metern über dem Meeresspiegel<br />
vereint der Ort alpines und mediterranes Lebensgefühl<br />
miteinander. Man ist von hier genauso schnell am warmen<br />
Mittelmeer mit seinen Stränden sowie in den wichtigsten<br />
Skigebieten der französischen Alpen. Die Innenstadt ist<br />
schön angelegt und verfügt über mehrere kleine Plätze<br />
mit städtischem Leben.<br />
Am Anfang des 21. Jahrhunderts gab es Überlegungen,<br />
sich um die Austragung der Olympischen Winterspiele<br />
2018 zu bewerben. Schließlich ging für Frankreich<br />
allerdings Annecy und nicht Gap ins Rennen. Gewonnen<br />
hat am Ende aber nicht der nördliche Rivale, sondern das<br />
südkoreanische Pyeongchang. Trotzdem ist Gap eine sehr<br />
sportlich orientierte Stadt. 2013 wurde sie von der französischen<br />
Sportzeitung L’Equipe zur sportlichsten Stadt in<br />
der Kategorie « Stadt mit mehr als 20.000 Einwohnern »<br />
gekürt.<br />
Nördlich von Gap wird die Route Napoleon landschaftlich<br />
wieder spannender. Napoleon erreichte am<br />
Abend des 6. März 1815 Corps, wo er sich in der Herberge<br />
« Chez Dumas » einquartierte. Von dort sollte es weiter<br />
bis Grenoble gehen. Doch in Laffrey südlich von Grenoble<br />
erlebte der Kaiser eine kritische Situation, als sich ihm<br />
königliche Truppen entgegenstellten. Napoleon hielt eine<br />
Rechte Seite oben links: Einer der Plätze im Zentrum von<br />
Gap. Darunter: Blick auf Sisteron. Daneben: Die Festung von<br />
Sisteron. Unten: Die Route Napoleon kurz vor Grenoble.<br />
52 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 53
Saarbrücken<br />
/E21-E23<br />
A4<br />
Bitche<br />
Karlsruhe<br />
Metz Sarreguemines<br />
A35<br />
UNTERWEGS IN FRANKREICH Route Napoleon<br />
A31/E21-E23<br />
A4/E25<br />
flammende Rede und sorgte damit dafür, dass die Solda-<br />
Nancy<br />
ten zu ihm überliefen. Strasbourg Danach war es nicht mehr weit bis<br />
Grenoble, womit er den beschwerlichen Teil seiner Reise<br />
durch die Alpen hinter sich<br />
A35<br />
hatte.<br />
In<br />
France<br />
Grenoble endet auch offiziell die Route Napoleon,<br />
auch wenn Napoleons Rückkehr A5/E35 an die Macht erst vollendet<br />
war, als er knapp zwei Freiburg Wochen später an der<br />
Colmar<br />
Seine<br />
ankam. Grenoble ist heute eine moderne Großstadt inmitten<br />
der Alpen. Ein Ort, der eine eigene Reise verdient.<br />
Napoleon sagte einst im Rückblick zu seiner Überquerung<br />
der Alpen: « Bis Grenoble war ich ein Abenteurer. In<br />
Grenoble war ich ein Prinz. » Heute ist eine Reise auf der<br />
Route Napoleon kaum noch ein Abenteuer. Ein Erlebnis<br />
ist es aber unverändert.<br />
e<br />
70<br />
A35/E25<br />
Mulhouse<br />
A36/E60<br />
<br />
Die Route Napoleon beginnt in Cannes<br />
und endet in Grenoble. Basel Can nes<br />
Belfort<br />
erreicht man aus dem deutschsprach<br />
igen Raum am besten über<br />
Besançon Nord italien. Von dort folgt die N85<br />
die Côte d’Azur an. Swiss verbindet<br />
dem Verlauf der Route Napoleon.<br />
Zürich, EasyJet Basel und Berlin und<br />
Auch wenn es in vielen Bern Reiseführern<br />
Ger man wings Köln/Bonn mit Nizza.<br />
an ders heißt, ist die Strecke nicht<br />
Aus Wien geht es mit Austrian oder<br />
Schweiz<br />
durchgehend als solche aus ge schildert.<br />
Eine gute Landkarte ist deshalb<br />
em p fehlenswert. Die Strecke ist norma<br />
le rweise ganzjährig befahrbar.<br />
Lausanne<br />
Cannes …<br />
Der nächste Flughafen für den Startpunkt<br />
der Route Napoleon ist in<br />
Zürich Nizza. Lufthansa bietet Direktflüge<br />
von Frankfurt a.M. und München an<br />
Nikki nonstop nach Nizza. Air France<br />
hat aus dem deutsch sprach igen<br />
Raum Umsteigeverbindungen via<br />
Paris im Flugprogramm.<br />
Die Route Napoleon lässt sich nicht<br />
… Genève Berlin 1.387 km … Hamburg 1.457 km<br />
mit dem Zug zurücklegen. Ein Auto<br />
… Köln 1.167 km … München 731 km<br />
ist unabdingbar. Den Startpunkt der<br />
… Wien 1.197 km … Zürich 625 km<br />
Route Napoleon erreicht man mit<br />
Annecy<br />
Grenoble …<br />
dem TVG von Frankfurt a.M. über<br />
… Berlin 1.254 km … Hamburg 1.204 km<br />
… Köln 844 km … München 893 km<br />
Mann heim, Karlsruhe und Baden-<br />
Baden nach Marseille, von wo aus<br />
… Wien 1.223 km<br />
Chambéry<br />
… Zürich 428 km<br />
Züge nach Cannes verkehren.<br />
www.castellane.org<br />
Grenoble<br />
Italien<br />
Briançon<br />
Deutschland<br />
www.ot-dignelesbains.fr<br />
www.sisteron.fr<br />
Torino<br />
www.gap-tourisme.fr<br />
Office de Tourisme de Castellane<br />
Rue Nationale<br />
04120 Castellane<br />
Telefon: +33 (0)4 92 83 61 14<br />
Office de Tourisme de<br />
Digne-les-Bains<br />
Place du Tampinet<br />
04000 Digne-les-Bains<br />
Telefon: +33 (0)4 92 36 62 62<br />
Office de Tourisme de Sisteron<br />
Hôtel de Ville<br />
04200 Sisteron<br />
Telefon: +33 (0)4 92 61 36 50<br />
Office de Tourisme de Gap<br />
1, place Jean Marcellin<br />
05000 Gap<br />
Telefon: +33 (0)4 92 52 56 56<br />
Wer es eilig hat, kann die Strecke an<br />
ein em Tag zurücklegen. Emp fehlenswer<br />
ter ist es jedoch, sich lieber zwei,<br />
drei Tage Zeit zu lassen. Ideale Etappen<br />
ziele sind Digne-les-Bains und<br />
Gap.<br />
Apt<br />
Gap<br />
Aix-en-<br />
Provence<br />
A8/E80<br />
A52<br />
Marseille<br />
A50<br />
Toulon<br />
France<br />
Sisteron<br />
Digne-les-Bains<br />
A51/E712<br />
A57<br />
Castellane<br />
A8/E80<br />
Nice<br />
Cannes<br />
LESETIPP FÜR DIE ROUTE NAPOLEON<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 45<br />
Grasse: Der Duft einer Hauptstadt<br />
Auf einer Höhe von 350 Metern zwischen dem Mittelmeer und den Alpen<br />
gelegen, lockt Grasse im Hinterland von Cannes viele Touristen an.<br />
Neben der Altstadt, die mit ihren Fassaden an Südfrankreich und<br />
Italien gleichermaßen erinnert, ist es vor allem ein Duft, der die<br />
Menschen ködert. Der Duft kostbarer Flacons. Denn Grasse ist die<br />
Hauptstadt der Parfumwelt, einer Industrie, die eine lange Tradition<br />
im Ort hat, wenn sie sich auch immer mehr verändert. Ein Besuch der<br />
Stadt weckt deshalb gemischte Gefühle zwischen Nostalgie und der industriellen Realität<br />
von heute.<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN<br />
FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
54 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
UNTERWEGS IN FRANKREICH Korsika<br />
Türme, Kühe<br />
und Kanonen<br />
Unterwegs auf dem Zöllnerpfad vom Cap Corse<br />
Das Cap Corse, die nördlichste Spitze Korsikas, ist bei Touristen beliebt,<br />
denn hier lässt sich jede Menge sehen und erleben. Wer im Urlaub Natur,<br />
Kultur und etwas sportliche Betätigung kompakt miteinander kombinieren<br />
will, dem sei eine Wanderung auf dem Sentier des Douaniers empfohlen:<br />
Ein schmaler Pfad führt entlang von Klippen und schönen Stränden durch<br />
eine beeindruckende Küstenlandschaft. Besonders faszinieren halb<br />
verfallene Türme aus der Zeit der genuesischen Herrschaft.<br />
56 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Pünktlich um acht sitze ich am Frühstückstisch des<br />
Hotels und esse von allem reichlich. Denn für insgesamt<br />
etwa 26 Kilometer Wegstrecke will ich gewappnet<br />
sein, allerdings ohne schwere Lasten in Form von<br />
Proviant schleppen zu müssen. In meinen Picknick-Rucksack<br />
packe ich dann auch nur zwei Äpfel und eine Tüte<br />
Gummibären. An Wasser spare ich dagegen nicht, damit<br />
habe ich schon einmal schlechte Erfahrung gemacht. Eine<br />
große Flasche mit anderthalb Litern muss es auf solch einer<br />
Strecke mindestens sein. Außerdem unverzichtbar ist<br />
Sonnenschutz in Form von Creme und Hut, denn die Sonne<br />
brennt auf Korsika auch Ende September noch erbarmungslos.<br />
Das wiederum spricht dafür, einen Sprung ins Meer<br />
einzuplanen, also denke ich auch an die Badesachen. Im<br />
Nachhinein weiß ich: Wer die Tour ohne Badeutensilien<br />
unternimmt, wird sich ärgern. Die traumhaften Strände<br />
unterwegs sind nur zu Fuß oder über das Meer erreichbar<br />
und daher ausschließlich von einigen Wanderern bevölkert.<br />
Jetzt aber los, denn vor mir liegt noch eine knappe<br />
Stunde Fahrt, bevor ich am Startpunkt im kleinen Fischerdorf<br />
Macinaggio ankomme. Ein Parkplatz in der<br />
Nähe des Hafens ist schnell gefunden. Kaum ein Mensch<br />
ist auf der Straße.<br />
Ich verlasse den beschaulichen Ort in Richtung Norden,<br />
vorbei an einer kleinen Bucht, und steige langsam<br />
die erste Klippe hinauf. Aus der Ferne sehe ich schon den<br />
ersten Genueser Turm, oberhalb des Wegs befindet er sich<br />
gut erhalten im Gebüsch, das allerdings gar nicht zum<br />
Durchqueren einlädt: Es handelt sich um Macchia, die<br />
typische niedrige Strauch- und Baumvegetation Korsikas.<br />
Sie besteht zu 80 Prozent aus Dornen, der Rest ist stacheliges<br />
Kraut, zumindest ist man davon fest überzeugt,<br />
sobald man sich auch nur zwei Meter vom rechten Weg<br />
entfernen will. Wege, die nicht regelmäßig bewandert<br />
werden, verschwinden innerhalb kurzer Zeit unter neuer<br />
Vegetation. Angeblich nimmt der Macchia-Anteil auf<br />
Korsika sogar zu. Das ist insofern erstaunlich, da die Insel<br />
sehr trocken ist. Ich frage mich, wie es dieses Grünzeug<br />
schafft, hier so zu wuchern.<br />
Als es um die nächste Kurve geht, stolpere ich fast<br />
über eine alte Kanone, so unerwartet liegt diese da.<br />
Langsam kristallisiert sich das Gesamtbild dieses Weges<br />
heraus, er heißt ja nicht umsonst Sentier des Douaniers<br />
– Zöllnerpfad. Das Cap Corse wurde über diesen Trampelpfad<br />
gegen Schmuggler gesichert. Entlang der Küstenlinie<br />
drehten die Zöllner jeweils im Auftrag der aktuellen<br />
Herrscher ihre Runden und behielten sowohl die See- als<br />
auch die Landseite stets im Visier. Neben dem damals<br />
schon aktuellen Kampf gegen Steuerhinterziehung besserten<br />
sie auch schon mal ihr Gehalt auf, indem harmlosen<br />
Reisenden Wegezoll abgeknöpft wurde. Nun, der Anblick<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 57
UNTERWEGS IN FRANKREICH Korsika<br />
Oben: Kühe lieben die Strände am Cap Corse. Der Zöllnerpfad ist<br />
zwar gekennzeichnet, man sollte sich aber nicht auf eine lückenlose<br />
Beschilderung verlassen. Blick auf die Finocchiarola-Inseln. Unten:<br />
Die Kapelle Santa Maria della Chiapella und die Tour Santa Maria. S.<br />
56/57: Der Zöllnerpfad führt durch die für Korsika typische Macchia-<br />
Landschaft entlang verfallener Türme aus Genueser Zeit.<br />
58 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
einer Uniform und eine Kontrolle meines<br />
harmlosen Gepäcks bleibt mir 2013<br />
erspart.<br />
Immer weiter geht es, vorbei an<br />
schönen Badebuchten und den vorgelagerten<br />
Finocchiarola-Inseln, eine davon<br />
ist ebenfalls mit einem Turm bestückt.<br />
Nach etwa anderthalb Stunden erreiche<br />
ich das erste Highlight des Zöllnerweges,<br />
die dem Verfall preisgegebene Chapelle<br />
Santa Maria della Chiapella. Die<br />
Kapelle aus dem 12. Jahrhundert erweist<br />
sich wahrlich nicht als architektonische<br />
Schönheit und ist darüber hinaus auch<br />
noch « verrammelt und verriegelt ». Dennoch<br />
erhebt sich der romanische Bau<br />
irgendwie charmant aus der Wildnis.<br />
Der strahlend blaue Himmel bietet die<br />
richtige Kulisse.<br />
Hier ist eine gute Gelegenheit für<br />
eine Rast und eine kurze Bekanntschaft<br />
mit offensichtlich gottesfürchtigen Kühen,<br />
denn warum sonst tummeln sie sich<br />
bevorzugt direkt an der Kapelle? Später<br />
entdecke ich echte « indische Verhältnisse<br />
»: Kühe laufen auch auf weiteren Abschnitten<br />
des Weges herum und fühlen<br />
sich erst recht am Strand so richtig wohl.<br />
Nur die Liegen machen sie einem noch<br />
nicht streitig …<br />
Nur wenige Minuten von der Kapelle<br />
entfernt, entdecke ich den Turm gleichen<br />
Namens, den Tour Santa Maria.<br />
Mit den Füßen im Wasser macht dieser<br />
Steinklotz einen robusten Eindruck.<br />
Allerdings trügt der Schein, denn von<br />
der anderen Seite ist der Verfall unübersehbar.<br />
Zu spät für jede Sanierung, aber<br />
den neugierigen Passanten wird er noch<br />
einige hundert Jahre ein spannendes Fotomotiv<br />
liefern.<br />
Im Zeichen der Herrscher:<br />
Die Genueser Türme<br />
Die zahlreichen Türme an der Küste,<br />
besonders im Norden Korsikas, stammen<br />
aus der Zeit, als die Insel unter der<br />
Herrschaft Genuas stand. Diese begann<br />
1288 und endete, abgesehen von einigen<br />
Unterbrechungen, im 18. Jahrhundert.<br />
Bereits vorher und natürlich auch nach<br />
den Besatzern aus Genua waren andere<br />
Mächte an Korsika interessiert. Die Verteidigung<br />
der Insel hatte daher für jeden<br />
Eroberer Priorität. Besonders erfolgreich<br />
waren die Genuesen. Mit Wehrtürmen<br />
und Festungen gelang es ihnen fast fünf<br />
Jahrhunderte lang, Piraten und unerwünschte<br />
Eindringlinge in Schach zu<br />
halten.<br />
Bei der folgenden Badebucht, Cala<br />
Genovese, werde ich sofort schwach<br />
und denke ernsthaft darüber nach, hier<br />
anzuhalten und den Rest des Tages faul<br />
in der Sonne zu liegen. Ich bleibe aber<br />
standhaft und verschiebe die Belohnung<br />
auf den Rückweg. Zunächst bereue ich<br />
es nicht, weitergegangen zu sein. Bis ich<br />
plötzlich knöcheltief in undefinierbarem<br />
Untergrund aus Sand, Seegras und –<br />
sind das wirklich Kuhfladen? – einsinke.<br />
Es handelt sich um eine Art Morast,<br />
zum Glück keiner der schlimmen Sorte<br />
wie im schottischen Moor. Ich überlebe<br />
das! Aber die Schuhe sind jetzt bis auf<br />
die Socken nass und ich kann also auch<br />
direkt ins Meer stapfen, der Schlamm<br />
muss ja irgendwie abgespült werden.<br />
Nun muss ich mit nassen Füßen weiter.<br />
Der « Schlammassel » ist dennoch<br />
schnell vergessen, es ist schließlich heiß<br />
und die Sonne lacht.<br />
Ab jetzt geht es nun doch die für diesen<br />
Weg angekündigten, entscheidenden<br />
Höhenmeter aufwärts. Circa 100 Meter<br />
muss ich nach oben, dann wandere ich<br />
entspannt weiter über einen kleinen Höhenzug<br />
mit bester Aussicht. Mir fallen<br />
zahlreiche Steinmännchen auf. Baulustige<br />
Wanderer haben diese nützlichen<br />
Wegweiser errichtet, verirren kann man<br />
sich also nicht. Auch wenn sie auf diesem<br />
einfachen Weg nicht wirklich nötig<br />
sind, auf anderen Wanderwegen, speziell<br />
auf Korsika, sollte man sie keinesfalls<br />
zerstören. Denn oftmals fehlen « amtliche<br />
» Wegweiser. Umfassend beschildert<br />
ist auch der Sentier des Douaniers nicht.<br />
Man begnügt sich mit großen Tafeln an<br />
zentralen Punkten.<br />
Ein weiteres Highlight auf luftiger<br />
Klippe erscheint am Horizont: der Tour<br />
d’Agnello. Nach zehn Minuten bin<br />
ich vom Kammweg auf die Höhe des<br />
Turms herabgestiegen. Die Aussicht ist<br />
überwältigend, strahlend blaues Meer,<br />
grandiose Felsen und steile Klippen. In<br />
Richtung Westen erkennt man schon<br />
den Ort Barcaggio, das Ziel der Wanderung.<br />
Jetzt wird es richtig spannend:<br />
Vom Agnello-Turm ist so viel Bausub-<br />
Hôtel****<br />
Castel Brando<br />
Zauberhaftes Hotel<br />
im Cap Corse :<br />
ein einzigartiger und<br />
authentischer Ort<br />
Im Herzen des herrlichen Cap Corse gelegen<br />
ist das Hotel Castel Brando ein<br />
Hotel mit viel Charme und einer zeitlosen<br />
Atmosphäre. Untergebracht in einem<br />
authentischen Herrenhaus aus dem XIX<br />
Jahrhundert und seinen Nebengebäuden,<br />
ist das Hotel von einem schattigen Park<br />
hundertjähriger Palmen und von exotischen<br />
Düften umgeben.<br />
Nur hundert Meter vom Meer entfernt liegt<br />
das Hotel in Erbalunga ,dem Tor zum<br />
Cap Corse. Mit seinem kleinen, mittelalterlichen,<br />
unter Denkmalsschutz gestelltem<br />
Fischerhafen, ist dieses Dorf eins der<br />
schönsten Orte Korsikas und des gesamten<br />
Mittelmeerbereiches.<br />
Castel Brando ist für seine Gäste eine<br />
wirkliche Oase der Ruhe und ein komfortabeler<br />
Zufl uchtsort: 2 Swimmingpools,<br />
darunter ein beheiztes, ein Whirlpool, Spa<br />
« l‘Olivier », gemütliche Zimmer, Privatparkplatz,WiFi<br />
kostenlos zur Verfügung<br />
gestellt… Hier ist der Service wirklich fürsorglich<br />
und individuell.<br />
Erbalunga<br />
20222 Brando<br />
Korsika<br />
E-mail: info@castelbrando.com<br />
Telefon: +33 <strong>49</strong>5 30 10 30<br />
Fax: +33 <strong>49</strong>5 33 98 18
UNTERWEGS IN FRANKREICH Korsika<br />
Oben: Blick entlang der felsigen Küste mit einem der markanten Türme.<br />
Rechte Seite: Blick auf Rogliano. Die Spuren des Verfalls sind nicht zu übersehen.<br />
stanz erhalten, dass man im Turm nach oben klettern<br />
kann, per Leiter in die Beletage. Ein Spaß für die ganze<br />
Familie, jedenfalls für die, die ich vor Ort antreffe. Ich<br />
steige ebenfalls ein Stockwerk höher, schaue durch dicke<br />
Mauern und zücke die Kamera für Erinnerungsfotos. Damit<br />
lässt sich zu Hause Eindruck machen!<br />
Und weiter geht es. Ein kleines Wäldchen aus Wacholderbäumen<br />
spendet für kurze Zeit Schatten. Auf freier<br />
Bahn brütet dann wieder die Sonne und ich bin froh,<br />
dass ich genug Wasser dabei habe. Mir fällt der intensive<br />
Duft der Macchia auf. Alle Kräuter dieser Welt scheinen<br />
in irgendeiner Wildform versammelt, ich allerdings<br />
erkenne nur Rosmarin, Lavendel und Salbei. Von informierten<br />
Florakennern erfahre ich später, dass zum typischen<br />
Macchia-Mix auch Zistrosen, Ginster, Baumheide<br />
sowie Mastix- und Erdbeerbäume gehören. Zusammen<br />
duften die Gewächse in der Sonnenhitze betörend vor sich<br />
hin. Immer wieder steigen mir würzige Schwaden dieses<br />
einzigartigen Parfüms in die Nase.<br />
Napoleon, prominenter Abkömmling Korsikas, soll<br />
gesagt haben, dass er seine Heimat mit geschlossenen Augen<br />
am Duft erkennen würde. Das glaube ich gern. Allerdings<br />
blieb Napoleon den Beweis schuldig, denn er war zu<br />
dieser Zeit bereits auf Sankt Helena verbannt.<br />
Inzwischen bin ich wieder auf Strandhöhe. Es geht<br />
im Sand recht beschwerlich vorwärts. Barcaggio liegt<br />
zum Greifen nahe, aber da ich auf jeden Fall zu Fuß dieselbe<br />
Strecke zurück nehmen will, trete ich den Rückweg<br />
jetzt schon an – schließlich wartet da noch mein<br />
Badevergnügen fernab jeder Zivilisation auf mich. Auf<br />
meiner Karte ist ein alternativer Weg eingezeichnet, der<br />
einen Kilometer Abkürzung verspricht. Nur wo beginnt<br />
er? Ein ausgetretener Pfad führt vom Strand weg und<br />
verläuft sich alsbald im Gestrüpp. Noch komme ich über<br />
kleine Felsbrocken weiter, hin und wieder ist etwas Freifläche.<br />
Aber nach zehn Minuten erkenne ich, dass diese<br />
Abkürzung eine Sackgasse werden wird. Wegweiser an<br />
den entscheidenden Stellen sind hier wie gesagt nicht<br />
üblich.<br />
Leicht gestresst und nun hungrig, esse ich meine 200<br />
Gramm Gummibärchen in einem Zug auf. Es hilft nichts,<br />
ich muss zum Strand zurück und exakt auf dem gleichen<br />
Weg zum Ausgangsort zurücklaufen. Der Zuckerschock<br />
versüßt mir die Enttäuschung – und außerdem bietet die<br />
wunderschöne Strecke auch von der anderen Seite spektakuläre<br />
Blicke.<br />
Bald bin ich wieder fit und munter und marschiere<br />
motiviert zur Badebucht, die ich auf dem Hinweg links<br />
liegen ließ. Die Abkühlung habe ich mir verdient. Niemand<br />
macht mir die Bucht und die Wellen streitig, auch<br />
keine Kuh kommt vorbei.<br />
Schließlich breche ich endgültig auf, und wandere<br />
nach Macinaggio zum Auto zurück. Dort angekommen,<br />
verabschiede ich mich von meinen Schuhen. Der felsige<br />
Untergrund und zahlreiche Baumwurzeln haben ihnen<br />
arg zugesetzt, der Stoff ist aufgerissen und die Sohle löst<br />
sich. Vielen Dank für die treuen Dienste. Ich schlüpfe in<br />
Flipflops. Angenehm erschöpft, schließlich habe ich mit<br />
dem Sentier des Douaniers ein ordentliches Stück Cap<br />
Corse gemeistert, steuere ich zurück zum Hotel.<br />
60 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Pittoreskes<br />
Cap Corse<br />
Rogliano und Erbalunga –<br />
zwei Orte, die man<br />
gesehen haben muss<br />
Die Wanderung auf dem Zöllnerpfad<br />
lässt sich sehr gut mit einem Abstecher nach<br />
Rogliano verbinden. Dieses beschauliche<br />
Bergdörfchen liegt nur fünf Kilometer von<br />
Macinaggio landeinwärts entfernt. Rogliano<br />
thront inmitten von Oliven- und Kastanienhainen<br />
und besteht aus sieben Weilern, die<br />
alle terrassenförmig verteilt und übereinandergeschichtet<br />
am Fuße des Monte Poggio<br />
liegen. Der Ort war ursprünglich eine Römersiedlung.<br />
Im 12. Jahrhundert übernahm<br />
die Familie da Mare, ein altes Adelsgeschlecht,<br />
die Geschicke Roglianos und weiterer<br />
Teile der korsischen Nordhalbinsel. Die<br />
Ruinen dreier Burgen, ein Kloster und befestigte,<br />
teilweise verfallene Türme erinnern an<br />
die einstige Bedeutung des Ortes. 1869 kam<br />
Rogliano nochmals groß ins Gespräch, als<br />
Kaiserin Eugenie mit der kaiserlichen Yacht<br />
den Hafen von Macinaggio anlief, nachdem<br />
sie den Suezkanal eingeweiht hatte.<br />
Rogliano – der Verfall ist<br />
typisch für Korsika<br />
Heute geht es Rogliano mit seinen 550<br />
Einwohnern nicht besser als zahlreichen anderen<br />
kleinen Orten Korsikas, speziell wenn<br />
sie sich in den Bergen, und damit abgeschnitten<br />
von den Touristenströmen, befinden:<br />
Hier sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht,<br />
es gibt keine Arbeit, keine Perspektive. Der<br />
Zerfall der historischen Gebäude bezeugt<br />
das. Selten ist er allerdings so eindrucksvoll<br />
wie in Rogliano. Der ganze « morbide<br />
Charme » wird bei einem Streifzug durch<br />
den kleinen Ort erfahrbar. Villen, Kapellen,<br />
Brunnen und Kirchen sind in einem bedauernswerten<br />
Zustand. Getaucht in warmes<br />
Licht der untergehenden Sonne erscheint<br />
zwar alles romantisch, nur wohnen möchte<br />
man hier nicht.<br />
Etwas Leben regt sich dann aber doch.<br />
Ein kleines Hotel neben der Kirche Saint-<br />
Agnel aus dem 16. Jahrhundert ist renoviert<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 61
UNTERWEGS IN FRANKREICH Korsika<br />
Impressionen von Erbalunga. Auch hier stehen noch die Reste eines<br />
Turms aus Genueser Zeit. Der Zahn der Zeit nagt an vielen Gebäuden.<br />
Barcaggio<br />
<br />
Korsika ist bekanntlich eine Insel.<br />
Wer mit dem Auto anreisen will, benö<br />
tigt folglich eine Fähre. Aus dem<br />
deutsch sprachigen Raum führt der<br />
schnells te Weg über Italien und<br />
die Fähr häfen Savona und Livorno.<br />
Wer lieber über das fran zösische<br />
Macinaggio<br />
Fest land anreist, kann eine Fähre ab<br />
Mar seille, Toulon oder Nizza nehmen.<br />
Der nächste Fährhafen für eine Er kundung<br />
des Cap Corse ist Bastia. Der<br />
beschriebene Zöllnerpfad führt von<br />
Macinaggio nach Barcoggio ganz im<br />
Nordosten des Cap Corse. Von Bastia<br />
führt die D80 nach Macinaggio..<br />
Macinaggio …<br />
… Berlin 1.353 km … Hamburg 1.582 km<br />
… Köln 1.296 km … München 893 km<br />
… Wien 1.076 km … Zürich 7<strong>49</strong> km<br />
Korsika verfügt über vier Flughäfen.<br />
Der dem Cap Corse am nächsten gele<br />
gen e ist in Bastia. In den Sommermon<br />
a ten verbindet Germanwings<br />
Ber lin, Düsseldorf, Hamburg, Köln/<br />
Tour Santa Bonn Maria und Stuttgart nonstop mit Bastia.<br />
Ganzjährig fliegt Air France via<br />
Paris aus dem deutschsprachigen<br />
Tour<br />
runinée Raum nach Bastia.<br />
Eine Anreise mit dem Zug ist ein mühsam<br />
es Unterfangen. Man muss einen<br />
der italienischen oder französischen<br />
Fähr häfen ansteuern und von dort mit<br />
der Fähre nach Korsika übersetzen.<br />
www.macinaggioroglianocapcorse.fr<br />
Office de Tourisme<br />
Base Nautique<br />
Port de Plaisance<br />
20248 Macinaggio<br />
Telefon: +33 (0)4 95 35 40 34<br />
Der Sentier des Douaniers von<br />
Macinaggio nach Barcaggio:<br />
Weglänge: pro Strecke 13 km (26 km<br />
komplett)<br />
Dauer: ca. 6 Stunden reine<br />
Laufzeit, Bade- und Fotopausen<br />
dazuaddieren<br />
Gastronomie: Prinzip Picknickkorb<br />
– unterwegs keine Einkehr- und<br />
Verpflegungsmöglichkeiten; In<br />
Macinaggio und Barcaggio gibt es<br />
Bars und Restaurants.<br />
Ausrüstung: Feste Schuhe,<br />
Trinkwasser, Sonnenschutz,<br />
Badesachen<br />
Rückweg-Alternative: Von Barcaggio<br />
kann man für ca. 40 Euro mit dem<br />
Taxi zurück nach Macinaggio<br />
fahren. In den Sommermonaten<br />
verkehrt von Barcaggio zudem<br />
ein Boot, Abfahrt ist 12:00 Uhr, 15:15<br />
Uhr und 17.30 Uhr. Vorher online<br />
nachschauen, ob die Zeiten aktuell<br />
sind: www.sanpaulu.com<br />
Bei der Tourismus-Information in<br />
Macinaggio sind Karten erhältlich.<br />
62 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
und bietet sowohl Speis und Trank als auch Übernachtungsmöglichkeiten.<br />
Vielleicht kommt es in einigen Jahren<br />
zu einer echten Wiedergeburt Roglianos. Verdient<br />
hätte es der Ort, der mit seiner grünen Umgebung zum<br />
Schönsten gehört, was das Cap zu bieten hat.<br />
In Erbalunga treffen sich<br />
Tradition und Tourismus<br />
Erbalunga ist einer der kleinsten Fischereihäfen<br />
Frankreichs. Bekannt bei Künstlern und Touristen, bietet<br />
sich der malerische Ort als Basislager für eine Entdeckung<br />
der nördlichen Teile Korsikas an. Schon von weitem hat<br />
man einen herrlichen Blick auf die hohen Häuser von<br />
Erbalunga, die sich um den winzigen Hafen gruppieren.<br />
Gut sichtbar ist auch die Ruine eines alten Turms aus Genueser<br />
Zeiten. Da der Ort an der dem Meer zugewandten<br />
Seite autofrei ist, lässt es sich hier wunderbar flanieren.<br />
Die verwinkelten Gassen und Steintreppen hat man in<br />
einer knappen halben Stunde abgelaufen, den Turm und<br />
die sehenswerte Kirche Saint-Erasme aus dem 18. Jahrhundert<br />
besichtigt.<br />
Erbalunga bietet aber auch Gaumenfreuden, besonders<br />
frischer Fisch empfiehlt sich, denn die Lieferung erfolgt<br />
ohne Umwege. Restaurants und Bars sind im Sommer gut<br />
gefüllt. Wer einkehrt, kann vielleicht in Ruhe einem Maler<br />
zuschauen, der die zahlreichen Motive auf seine Leinwand<br />
bannt. Zum Beispiel die Häuser mit den schlichten,<br />
grau oder in verwaschenen Farben verputzten Fassaden,<br />
die Fischerboote oder die Berge, die sich im Hintergrund<br />
Erbalungas steil in die Höhe erheben.<br />
Wer sich dem Ort aus Richtung Bastia nähert, entdeckt<br />
direkt an der Straße ein altes Gebäude mit der Aufschrift<br />
« Glaciers de Brado »: Bevor es am Kap Strom und<br />
damit Kühlschränke gab, wurde Eis aus den Bergen ins<br />
Tal gebracht und in diesem Gebäude gelagert bzw. verkauft.<br />
Vor einem Ausstieg aus dem Auto zu Fotozwecken<br />
sei allerdings gewarnt. Die Straße ist genau so breit, dass<br />
zwei Autos aneinander vorbeikommen, für Fußgänger ist<br />
kein Millimeter Platz. Und korsische Autofahrer betätigen<br />
die Bremse nur äußerst ungern.<br />
Es lohnt sich, Erbalunga an den Ostertagen zu besuchen,<br />
denn hier lebt die Tradition: Bereits am Gründonnerstag<br />
beginnen die Feierlichkeiten, wenn Männer und<br />
Frauen, die Köpfe unter Tüchern und Kapuzen verhüllt,<br />
schwere Kreuze zum Benediktinerinnen-Kloster oberhalb<br />
des Ortes schleppen. Am Karfreitag findet mit der<br />
« Cerca » eine weitere Prozession statt. Auch sie vermittelt<br />
einen Eindruck von der leidenschaftlichen Religiosität der<br />
Menschen auf Korsika.<br />
Neu! Das Paradies existiert in Cala Di<br />
Greco, einem einzigartigen Flecken Erde<br />
gegenüber der Zitadelle von Bonifacio.<br />
Hochwertige Suiten und Zimmer mit Patio<br />
und Garten in einer Anlage mit jahrhundertalten<br />
Olivenbäumen.<br />
Panoramablick auf die Zitadelle und den<br />
Hafen von Bonifacio mit seinen Schiffen<br />
sowie Sardinien in der Ferne.<br />
Beheizter Pool mit Meerblick.<br />
Strände und Geschäfte in nur 3 Kilometer<br />
Entfernung.<br />
Hôtel Cala Di Greco<br />
Bancarello · 20169 Bonifacio, Korsika<br />
www.caladigreco.com · info@caladigreco.com<br />
Telefon: +33 (0) 4 95 73 08 90<br />
Fax: +33 (0) 4 95 73 19 43
UNTERWEGS IN FRANKREICH Rochefort<br />
ROCHEFORT<br />
Die Stadt, die ihre<br />
Träume lebt<br />
Obwohl Rochefort nicht direkt am Meer liegt,<br />
wird die Stadt an der Charente aufgrund eines<br />
königlichen Beschlusses im 17. Jahrhundert zur<br />
Hafenstadt. Eine Anordnung, die das Schicksal<br />
der bis dahin unbedeutenden Siedlung brüsk<br />
verändert. Die Bewohner von Rochefort müssen<br />
sich quasi über Nacht dem Meer gegenüber<br />
öffnen. Sie lernen dabei eine wichtige Lektion:<br />
Wenn man wirklich etwas will, ist fast nichts<br />
unmöglich. Der Wunsch, Träume und Utopien<br />
zu verwirklichen, ist zum Erbgut der Stadt geworden,<br />
er ist bis heute der Motor ihrer Entwicklung.<br />
64 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Der französische Autor Eric Orsenna,<br />
der die Meere liebt und selbst segelt, benutzt<br />
ein schönes Bild, um die Vergangenheit<br />
von Rochefort zu versinnbildlichen: Er<br />
stellt sich Ludwig XIV. vor, wie dieser an einem<br />
Tag im Jahre 1666 mit seinem Finger zufällig auf<br />
einen Ort auf einer Frankreichkarte zeigt und<br />
damit die Zukunft von Rochefort bestimmt. Natürlich<br />
gingen der königlichen Entscheidung in<br />
Wahrheit ausführliche Untersuchungen voraus,<br />
doch das Bild hat durchaus einen wahren Kern.<br />
Vor 1666 war Rochefort eine kleine Siedlung<br />
im Inland, gelegen zwischen Nantes und Bordeaux.<br />
Zwar gab es durch die Charente eine Anbindung<br />
ans Meer, doch das befand sich fast 20<br />
Kilometer flussabwärts. Der Ort bestand aus einer<br />
mittelalterlichen Burg sowie ein paar Häusern,<br />
die sich um eine Kirche gruppierten. Der<br />
Rest waren Wälder und Sümpfe. Rochefort<br />
hatte eigentlich nichts, was die Aufmerksamkeit<br />
des Königs erregen könnte.<br />
Dennoch tippte Ludwig XIV. – um<br />
bei dem Bild von Orsenna zu bleiben<br />
– nicht ohne Grund mit seinem Zeigefinger<br />
auf den Ort. Damals war<br />
die französische, von Richelieu<br />
geschaffene Kriegsflotte in einem<br />
erbärmlichen Zustand. In Folge<br />
diverser Kämpfe besaß das<br />
Land 1661 kaum mehr zwei<br />
Dutzend Kriegsschiffe, die<br />
darüber hinaus zum Teil<br />
nicht mehr richtig seetauglich<br />
waren.<br />
Der König wusste<br />
dies und machte<br />
sich Sorgen um die<br />
Sicherheit seines<br />
Landes.<br />
Ihm war<br />
klar, dass es notwendig<br />
war, die französische<br />
Flotte aufzurüsten<br />
und wieder zum Stolz des Landes<br />
zu machen. So reifte die Entscheidung,<br />
neue Häfen mit großen Arsenalen für die französische<br />
Marine zu schaffen. Toulon wurde als<br />
Standort an der Mittelmeerküste ausgewählt,<br />
Cherbourg und Brest am Ärmelkanal bzw. an<br />
der nördlichen Atlantikküste.<br />
Rochefort erwies sich nach Untersuchungen<br />
schließlich als ideal für die südliche Atlantikküste.<br />
Der Ort lag im Landesinneren und war<br />
damit auf natürliche Weise vom Meer geschützt,<br />
sowohl hinsichtlich feindlicher Angriffe als auch<br />
bezüglich rauer Winde und anderer Wetterkapriolen.<br />
Dank eines Flusses gab es trotzdem eine<br />
gute Anbindung ans Meer und die Bucht vor<br />
Rochefort war durch die Ile d’Oléron und die Ile<br />
de Ré ein vor dem offenen Meer geschützter Ankerplatz,<br />
den man zudem durch Festungen auf<br />
den Inseln gut absichern konnte.<br />
So waren die Würfel gefallen: Das inländische<br />
Rochefort wurde durch königlichen<br />
Beschluss zur Hafenstadt und zu einer der wichtigsten<br />
Basen der französischen Marine – mit<br />
einem Marinearsenal, das den Herrschafts- und<br />
Repräsentationsansprüchen von Ludwig XIV.<br />
gerecht wurde.<br />
Um die königlichen Pläne umzusetzen,<br />
waren für damalige Verhältnisse kolossale Bauarbeiten<br />
notwendig. Herzstück der von Jean-<br />
Baptiste Colbert, dem Oberintendant royaler<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 65
UNTERWEGS IN FRANKREICH Rochefort<br />
Bauwerke unter dem Sonnenkönig, ausgearbeiteten<br />
Pläne war die Errichtung einer Manufaktur<br />
zur Herstellung von Tauen, Seilen und<br />
Kordeln, die Corderie Royale. In ihr sollten insbesondere<br />
Hanftaue hergestellt werden, die für<br />
die Kriegsschiffe gebraucht wurden. Damit die<br />
längsten Taue des Königreiches produziert werden<br />
konnten, bedurfte es eines langen Gebäudes.<br />
So entstand ein architektonisches Meisterwerk,<br />
das 390 Meter lang war, um bis zu 300 Meter<br />
lange Taue herstellen zu können. Die Seilmanufaktur<br />
war das damals längste Fabrikgebäude auf<br />
dem Kontinent.<br />
Als schwierig für Colberts Pläne erwies sich<br />
jedoch der Baugrund. Denn das Gebäude sollte<br />
inmitten einer sumpfigen Landschaft entstehen.<br />
Der Lösungsansatz<br />
für<br />
das Problem war für damalige Zeiten eine Meisterleistung<br />
der Ingenieure: Man errichtete eine<br />
Plattform aus Eichenbohlen. 4.000 hundertjährige<br />
Bäume und über 2.000 Arbeiter waren dafür<br />
notwendig. Die Plattform « schwamm » auf dem<br />
morastigen Grund. Um anschließend darauf ein<br />
Gebäude zu errichten, musste man sorgsam darauf<br />
achten, die Mauern an allen Seiten gleichzeitig<br />
hochzuziehen, damit die Plattform nicht<br />
durch eine unterschiedliche Gewichtsbelastung<br />
aus dem Gleichgewicht kam. Noch heute sind<br />
Bauingenieure und Architekten begeistert, wie<br />
man dies mit den Mitteln der damaligen Zeit<br />
erfolgreich hinbekam.<br />
Aber natürlich war die Corderie Royale nur<br />
ein Puzzleteil in der Entwicklung Rocheforts als<br />
wichtiger Militärhafen. Weitere große Gebäude<br />
waren notwendig. Eine Gießerei, eine Segelmacherwerkstatt,<br />
eine Böttcherei, eine Schmiede,<br />
Pulvermagazine, Trockendocks, Hafenbecken<br />
und vieles mehr wurde<br />
errichtet. Außerdem<br />
wurden<br />
die Straßen<br />
des Ortes<br />
befestigt und<br />
Steinhäuser<br />
für die wach-<br />
66 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
sende Einwohnerzahl hochgezogen. Tag und<br />
Nacht schufteten Arbeiter aus ganz Frankreich,<br />
um Rochefort ein neues Gesicht zu geben.<br />
Aus einem verschlafenen Provinznest wurde<br />
eine für das Königreich strategisch wichtige<br />
Stadt. Die Einwohner gewöhnten sich daran,<br />
dass Schiffe zum Stadtbild gehörten. In drei<br />
Jahrhunderten verließen 550 Schiffe die Werft<br />
von Rochefort. Sie wurden hier nicht nur gebaut,<br />
sondern auch komplett ausgerüstet. Schiffe aus<br />
Rochefort bevölkerten die Weltmeere und dienten<br />
großen Expeditionen.<br />
Einige der Schiffe, die in Rochefort vom<br />
Stapel liefen, schrieben sogar Weltgeschichte.<br />
So etwa der Dreimaster « Hermione ». Der<br />
gerade einmal 23-jähige Marquis de la Fayette<br />
machte sich damit als Nachrichtenübermittler<br />
von Ludwig XVI. auf den Weg nach Boston, um<br />
dem zukünftigen Präsidenten der Vereinigten<br />
Staaten, George Washington, die Botschaft zu<br />
übermitteln, dass das französische Königreich<br />
den Unabhängigkeitskampf gegen die Engländer<br />
unterstützen würde.<br />
In dieser Epoche, als Rochefort groß und bedeutend<br />
wurde, hat sich auch die Erfahrung ins<br />
kollektive Gedächtnis gebrannt, dass man Dinge<br />
verändern kann, wenn man es nur will. Der Ansatz<br />
« gemeinsam ist man stark » half Rochefort<br />
auch, als die florierenden Jahre zu Ende gingen.<br />
Denn die Geschichte ließ sich nicht anhalten.<br />
Maritime Expeditionen wurden immer unwichtiger.<br />
Hanftaue verloren mit der technologischen<br />
Entwicklung an Bedeutung. Dampfmaschinen<br />
und Schiffsschrauben ersetzten Segel. Holz<br />
machte Eisen und Stahl Platz. Rochefort und<br />
sein Marinearsenal waren dem Niedergang geweiht.<br />
1867 wurde die Seilmanufaktur dichtgemacht,<br />
am 10. September 1926 ordnete Frankreichs<br />
damaliger Staatspräsident die Schließung<br />
des Arsenals an.<br />
Für Rochefort und seine Bewohner waren<br />
dies extrem bittere Momente. Ein weiteres<br />
schlimmes Kapitel der Geschichte folgte 1944,<br />
als die Deutschen, nachdem sie bereits diverse<br />
Gebäude in die Luft gesprengt hatten, auch noch<br />
die Corderie Royale niederbrannten. Ein riesiges,<br />
mehrere Tage wütendes Feuer zerstörte das<br />
Gebäude komplett und vernichtete damit « das »<br />
Symbol von Rochefort. Eine Stadt lag am Boden.<br />
Rochefort hätte sich in diesem schweren<br />
Augenblick seinem Schicksal ergeben und die<br />
glorreiche Vergangenheit zu einer nostalgischen<br />
Erinnerung werden lassen können. Doch die<br />
Menschen von Rochefort krempelten die Ärmel<br />
hoch. « Das Meer ist verschwunden? Holen wir<br />
es wieder! Die Schiffe sind ausgelaufen? Bauen<br />
Oben, unten und S. 64/65: Im pres sion en von der Ent stehung der<br />
« Hermione ». Die Hänge matten für die Be satz ung sind bereits<br />
mon tiert. Die Decken höhe beträgt nur 1,5 Meter. Linke Seite:<br />
Die Corderie Royale nach dem Krieg und nach dem Wiederaufbau.<br />
Im Museum sieht man, wie früher in der Seil ma nu faktur<br />
ge ar beitet wurde. Der Nachbau der « Hermione ».<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 67
UNTERWEGS IN FRANKREICH Rochefort<br />
wir neue! », schrieb Eric Orsenna über die Tatkraft<br />
der Stadt. Wenn Ludwig XIV. imstande<br />
war, aus einer inländischen Siedlung eine strategisch<br />
wichtige Hafenstadt zu machen, warum<br />
sollte es nicht auch im 20. Jahrhundert möglich<br />
sein, Träume und Utopien zu verwirklichen? So<br />
machte sich Rochefort mutig auf den Weg in<br />
eine neue Zukunft.<br />
1964 entschied der Admiral Dupont, der<br />
ebenfalls maritimer Präfekt von Rochefort war,<br />
eigenmächtig, die Ruine der ehemaligen Seilmanufaktur,<br />
an der die Menschen so hingen, von<br />
der überwuchernden Natur zu befreien. 1976<br />
erwarb die Stadt schließlich das Gelände und<br />
ein zehnjähriger Wiederaufbau konnte beginnen.<br />
Von außen wurde die Fassade originalgetreu<br />
rekonstruiert. Sie erstrahlt seitdem genauso<br />
prachtvoll wie im 17. Jahrhundert. Das Innere<br />
wurde dagegen den modernen Bedürfnissen<br />
angepasst, so dass diverse Einrichtungen untergebracht<br />
werden konnten: die Industrie- und<br />
Handelskammer, eine Bibliothek, ein Museum<br />
über die Geschichte der Corderie Royale, ein<br />
internationales Meereszentrum, die Liga für<br />
den Schutz von Vögeln sowie<br />
das Zentrum für den Küstenschutz.<br />
Rochefort hatte sein<br />
wichtigstes Wahrzeichen zurück.<br />
Die Seilmanufaktur ist<br />
heute aber nicht das einzige<br />
Gebäude, das die glorreiche<br />
Vergangenheit in Erinnerung<br />
hält. Auch diverse Museen in<br />
der Stadt kümmern sich um<br />
die Wahrung des Erbes. Das<br />
beeindruckendste darunter ist vielleicht das Musée<br />
de l’école de médecine navale. 1722 wurde in<br />
Rochefort die erste Schule zur Ausbildung von<br />
Marinechirurgen gegründet, die später als Modell<br />
für ähnlich Einrichtungen andernorts diente.<br />
Das Museum der ehemaligen Medizinschule<br />
erinnert daran und thematisiert gesundheitliche<br />
Fragen auf dem Meer und während der großen<br />
Expeditionen. So erfährt man zum Beispiel, dass<br />
zwar fünf Prozent der Schiffsbesatzungen nicht<br />
zurückkehrten, weil sie im Kampf auf See gefallen<br />
waren, 20 Prozent dagegen jedoch wegen Gesundheitsproblemen<br />
unterwegs den Tod fanden.<br />
Aber nicht nur mit diesen Gebäuden und<br />
in diesen öffentlichen Einrichtungen trifft man<br />
heute auf Spuren der Vergangenheit. In der Avenue<br />
Charles de Gaulle betreibt Sylvie Deschamps<br />
ihr Atelier « Le Bégonia d’Or », das ebenfalls<br />
einen Bezug zur Geschichte von Rochefort hat.<br />
Sylvie Deschamps ist eine der wenigen Frauen in<br />
Frankreich, die mit Goldfäden arbeiten können.<br />
Dieses Handwerk hat sich in Rochefort wegen<br />
der Einrichtung des Arsenals etabliert, da die<br />
Uniformen der Marine mit goldenen Stickereien<br />
verziert wurden. Sylvie Deschamps hält diese<br />
Kunst bis heute hoch und arbeitet für die großen<br />
Edelmodehäuser und Inneneinrichter. Die Goldstickerin<br />
genießt internationale Anerkennung.<br />
Ein weiteres Beispiel findet man auf einer<br />
anderen ungewöhnlichen « Baustelle ». Seit 25<br />
Jahren wird an dem Nachbau der « Hermione »<br />
gewerkelt. Verrückt ist das Vorhaben vor allem<br />
deshalb, weil man sich für diesen Nachbau auferlegt<br />
hat, nur die Arbeitsmethoden aus der Originalzeit<br />
des Schiffes anzuwenden. 2015 soll der<br />
Dreimaster fertig sein. Damals wurden solche<br />
Schiffe von rund 100 Werftarbeitern in sieben<br />
Monaten konstruiert. Heute hat es zwar um ein<br />
Vielfaches länger gedauert, dafür ging es von<br />
Anfang an nicht nur um das Ergebnis, sondern<br />
den Prozess an sich. Auch wurden einige Kompromisse<br />
für die Neuzeit eingegangen. So gibt es<br />
eine elektrische Ausrüstung an Bord. Noch verrückter<br />
als der Bau ist wahrscheinlich das Ansinnen,<br />
nach Fertigstellung mit dem Schiff erneut<br />
nach Boston segeln zu wollen.<br />
Die Umtriebigkeit von Rochefort und seinen<br />
Bewohnern zeigt sich fast überall. In der<br />
Stadt befindet sich die letzte noch betriebene<br />
Schwebefähre Frankreichs. Seit 1976 steht sie<br />
unter Denkmalschutz. Dies reichte den Verantwortlichen<br />
aber nicht aus. Sie strebten nach<br />
Höherem und so prüft die UNESCO aktuell,<br />
ob die Schwebefähre als Weltkulturerbe anerkannt<br />
werden kann, so wie bereits sieben andere<br />
Schwebefähren auf der Welt.<br />
68 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Dies wäre eine wunderbare Auszeichnung für<br />
diese 176 Meter breite Flussüberquerung, deren<br />
Bau bereits 1889 beschlossen, aber erst 1897 in<br />
Angriff genommen wurde, nachdem Experten in<br />
Bilbao mit einer Schwebefähre erste Erfahrungen<br />
sammeln konnten. Damals sorgte das Bauwerk<br />
nicht bei allen für Begeisterung. Der Schriftsteller<br />
und Marineoffizier Pierre Loti beschimpfte<br />
das Konstrukt als « hässlich wie der Eiffelturm ».<br />
Zum Glück setzte sich diese Meinung nicht durch.<br />
Heute dient die Schwebefähre nur noch als Touristenattraktion.<br />
Trotzdem beförderte sie 2013<br />
56.000 Menschen mit einer Geschwindigkeit von<br />
eineinhalb Stundenkilometern von einem Ufer der<br />
Charente ans andere.<br />
Rochefort überrascht neben diesen Meisterleistungen<br />
der Ingenieurskunst und des Bauhandwerks<br />
auch mit einem grünen Schatz. Ein wenig<br />
außerhalb des Zentrums in südöstlicher Richtung<br />
stehen 1.000 Quadratmeter große Gewächshäuser:<br />
das Conservatoire du Bégonia. Es wacht über die<br />
weltgrößte Begoniensammlung. Eine Pflanze, die<br />
in über 2.000 Arten vorkommt und damit eine der<br />
wichtigsten der Pflanzenwelt ist.<br />
Die Ursprünge dieser Gewächshäuser erklären<br />
sich wiederum durch die Seefahrertradition von<br />
Rochefort. Michel Bégon, der für Ludwig XIV.<br />
den Hafen des Ortes anlegen ließ, interessierte sich<br />
auch für die Botanik. Er schickte zwei Wissenschaftler<br />
auf Erkundungstour in die Antillen. Einer davon beschrieb<br />
1689 eine Pflanze, die er auf den Namen « Begonia<br />
roseo flore, folio orbiculare » taufte. Der Name<br />
Begonie bürgerte sich ein. Heute kümmert sich das<br />
Oben: Die Bibliothek und die Aus stel lungs räu me des<br />
Museums der ehe maligen Medi zin schule. Zu den wichtigsten<br />
Ex po na ten gehören die Model le des Nerven systems<br />
und des Venen systems von Gaspard Vives und Joachim<br />
Clémot. Unten: Die Schwebe fähre. Linke Seite: Sylvie<br />
Deschamps in ihrem Atelier. S. 70: Eine Be go nien blüte.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 69
alo<br />
401<br />
Rennes<br />
Bayonne<br />
A84<br />
A83<br />
A83<br />
E5-E70/A63<br />
A84/E401<br />
UNTERWEGS IN FRANKREICH Rochefort<br />
Avranches<br />
A28/E402<br />
le Mont-Saint-Michel<br />
Nantes<br />
A11/E60<br />
Clisson<br />
N11/E601<br />
Spanien<br />
Saint-Lô<br />
A87<br />
Cholet<br />
Niort<br />
La Rochelle<br />
E5/A10<br />
Rochefort<br />
<br />
Aus den meisten Gegenden Deutschlands<br />
sowie aus Österreich erreicht<br />
man Rochefort via Belgien bzw. Ostfrankr<br />
eich, Paris und Tours. Aus der<br />
Schweiz sowie dem äußers ten Südwes<br />
ten Deutschlands sollte man<br />
France<br />
E5/A10<br />
A52/E72<br />
Frank reich weiter südlich durch queren.<br />
Von der Autobahn A10 von Paris<br />
nach Bordeaux führt die A837 direkt<br />
A64/E80 nach Rochefort.<br />
Rochefort Pau …<br />
Angers<br />
Bordeaux<br />
… Berlin 1.530 km … Hamburg 1.380 km<br />
… Köln 960 km … München 1.310 km<br />
… Wien 1.710 km<br />
Alençon<br />
Le Mans<br />
A11/E501<br />
A28/E502<br />
A86/E60<br />
Monts<br />
Poitiers<br />
Angoulême<br />
A89/E70<br />
A10/E5<br />
… Zürich 900 km<br />
70 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong><br />
Périgueux<br />
A13/E5<br />
Evreux<br />
Dreux<br />
Chartres<br />
A11/E50<br />
Blois<br />
A10/E5-E60<br />
Tours Chenonceau<br />
A85<br />
A20/E9<br />
Der nächste Flughafen ist in La Rochel<br />
le. Er wird allerdings nicht aus<br />
dem deutschsprachigen Raum ange<br />
flo gen. Die nächsten Montluçon größeren<br />
Flug häfen sind in Bordeaux und<br />
Nantes. Air France bietet aus dem A71/E11<br />
Ancienne école de médecine A9/E15<br />
A75/E11<br />
navale<br />
Saint-Guilhemle-Désert<br />
A54/E805<br />
25, rue Amiral Meyer Nîmes<br />
17300 Rochefort<br />
Lodève<br />
Telefon: +33 (0)5 46 99 59 Arles 57<br />
Montpellier<br />
www.musee-marine.fr<br />
A9/E15<br />
deutsch sprach igen Raum via Paris<br />
Pont Transbordeur de Martrou<br />
Flüge in beide Städte an. Außerdem Clermont- Route A72/E70 de Martrou<br />
Limoges<br />
Ferrand<br />
flie gen Transavia ab Berlin, Hop! ab<br />
17620 Echillais<br />
Lyon<br />
A89/E70 Puy de Dôme<br />
Düs sel dorf und Volotea ab München<br />
Telefon: +33 (0)5 46 83 30 86<br />
A75/E11<br />
non stop nach Nantes. le Mont-Dore www.pont-transbordeur.fr<br />
St.-Etienne<br />
Aus dem deutschsprachigen Raum<br />
Tulle<br />
gibt es keine direkten Zugver bin dungen<br />
an die französische Atlantik-<br />
Brive-la-Gaillarde<br />
küste. Beaulieu-sur-Dordogne<br />
Die Stadt ist auch nicht<br />
ans französische Aurillac<br />
Sarlat-le-Canéda<br />
TGV-Netz an geschlossen.<br />
Wer von Paris mit dem<br />
TGV anreisen will, muss in La Rochelle<br />
oder Surgères umsteigen.<br />
www.rochefort-ocean.com<br />
Office de Tourisme<br />
10, rue du Docteur Peltier<br />
17300 Rochefort<br />
Telefon: +33 (0)5 46 28 91 20<br />
Corderie Toulouse Royale<br />
Rue Jean-Baptiste Audebert<br />
17300 Rochefort<br />
Telefon: +33 (0)5 46 87 01 90<br />
Narbonne<br />
www.corderie-royale.com<br />
A81/E80<br />
Limoux<br />
Andorra<br />
A10/E5<br />
Chambord<br />
Cheverny<br />
A16<br />
PARIS<br />
Versailles<br />
Orléans<br />
A71/E9<br />
A6/E15<br />
Bourges<br />
A71/E11<br />
France<br />
Céret<br />
Spanien<br />
A4/E50<br />
wichtig es ist, an seine Ziele zu glauben. Ein König<br />
machte aus Rochefort A6/E15 eine Hafenstadt. A31/E17-E21 Die<br />
Menschen der Vézelay Stadt Avallon haben diese Flavigny unglaubliche<br />
Tatkraft bis heute verinnerlicht. Als Dijon<br />
A38<br />
Besucher<br />
Perpignan<br />
A9/E15<br />
AP7/E15<br />
ablesnne<br />
Epernay Châlons-en-<br />
Champagne<br />
Le Bégonia d’Or<br />
67, avenue Charles de Gaulle<br />
Cluny<br />
17300 Rochefort<br />
Telefon: +33 (0)5 46 87 59 36<br />
www.broderieor.com<br />
Conservatoire du Bégonia<br />
1, rue Charles-Plumier<br />
17300 Rochefort<br />
Telefon: +33 (0)5 46 82 40 30<br />
Valence<br />
www.begonia.rochefort.fr<br />
Musée National de la Marine A7/E15<br />
1, place de la Gallissonnière<br />
17300 Rochefort<br />
Telefon: +33 (0)5 46 99 86 57<br />
www.musee-marine.fr<br />
Chantier de l’Hermione<br />
Place de la Gallissonnière<br />
17300 Rochefort<br />
Telefon: +33 (0)5 46 82 07 07<br />
www.hermione.com<br />
A6/E15<br />
A4/E50<br />
Konservatorium vor allem um die seltenen Ausprägungen<br />
dieser Pflanze.<br />
A5/E54<br />
A26/E17<br />
Es unternimmt viel<br />
für deren Artenerhalt.<br />
All diese Sehenswürdigkeiten Troyes sorgen dafür,<br />
dass man als Besucher problemlos drei Tage in<br />
Sens<br />
A5/E17-E54<br />
Rochefort verbringen kann, ohne sich zu langweilen.<br />
Doch ein Besuch der Stadt ist nicht<br />
nur wegen der touristischen Attraktionen von<br />
Interesse. In Rochefort Châtillon-sur-Seine<br />
Auxerre erlebt man hautnah, wie<br />
kann man dem nur Respekt zollen und dafür<br />
dankbar sein. Rochefort ist eben eine Stadt, die<br />
ihre Träume lebt. Zum Glück! Beaune<br />
Bézier<br />
Collioure<br />
Chalon-sur-Saône<br />
A31/E21-E23<br />
A43/E70<br />
A<strong>49</strong>/E713<br />
Crest<br />
Orange<br />
Avignon<br />
A7/E15<br />
Aix-en-<br />
Provence<br />
A55<br />
Saillans<br />
Marseille<br />
Die<br />
Apt<br />
A52<br />
A3<br />
Cham<br />
Gre<br />
A50<br />
A
Unterkünfte<br />
Sonstiges<br />
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LESETIPPS FÜR AUSFLÜGE IN DIE UMGEBUNG<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38<br />
Die grünen Kanäle des Marais Poitevin<br />
An der Schnittstelle der drei Departements<br />
Vendée, Deux-Sèvres und Charente-Maritime<br />
befindet sich eine der beeindruckendsten<br />
Landschaften Frankreichs, der Marais Poitevin. In<br />
diesem riesigen grünen Sumpfgebiet westlich der<br />
Stadt Niort fungieren Kanäle als Straßen und es<br />
gibt Boote anstatt Autos. Mehr als anderswo kommt es einem im<br />
Marais Poitevin so vor, als wäre die Zeit stehengeblieben.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42<br />
Cognac: Von betrunkenen Spinnen und verdächtig<br />
schwarzen Fassaden<br />
Mit Cognac werden gerne Lederclubsessel vor<br />
einem knisternden Kaminfeuer assoziiert, in denen<br />
man es sich gemütlich macht. Cognac hat für<br />
viele etwas Dekadentes. Doch anders als das<br />
Getränk liefert die Kleinstadt Cognac auf den<br />
ersten Blick kein besonders luxuriöses Bild ab. Vielmehr wirkt sie<br />
wie eine typische Provinzstadt mit knapp 20.000 Einwohnern.<br />
Doch von diesem Eindruck sollte man sich nicht in die Irre führen<br />
lassen. Hinter einigen der dunklen Fassaden verbergen sich<br />
wertvolle Schätze.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 46<br />
Ile d‘Oléron, Ile de Ré, Ile Madame, Ile d‘Aix, Fort<br />
Boyard: Reif für die Insel(n)<br />
Vor der Küste von La Rochelle und Rochefort liegt<br />
für Inselliebhaber ein kleines Eldorado. Nicht nur<br />
die beiden großen, jeweils durch eine Brücke mit<br />
dem Festland verbundenen Inseln Ile de Ré und<br />
Ile d‘Oléron, sondern auch drei weniger bekannte<br />
Eilande, die Ile d‘Aix, die Ile Madame und das Fort Boyard, locken<br />
an diesen Abschnitt der französischen Atlantikküste. Jede Insel hat<br />
ihre eigenen Vorzüge, eines haben sie aber gemeinsam: Für einen<br />
Sommerurlaub im Departement Charente-Maritime sind sie eine<br />
sehr gute Wahl.<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.
FRANKREICH HEUTE Politik<br />
François Hollande<br />
Es ist nicht einfach, Präsident zu sein<br />
Noch nie waren die Franzosen so<br />
unzufrieden mit einem Präsidenten wie mit<br />
François Hollande. In den letzten Umfragen<br />
erklärte nur einer von fünf Franzosen, mit<br />
der Arbeit des Staatsoberhauptes zufrieden<br />
oder sehr zufrieden zu sein. Liegt es an der<br />
Person François Hollande oder daran, dass<br />
die Franzosen schwer regierbar sind? Wie<br />
weit ist der Präsident mit der Erfüllung seiner<br />
Wahlversprechen anderthalb Jahre nach<br />
Amtsantritt? Fragen, die nie aktueller waren<br />
als in der momentanen Krise im Land.<br />
Erinnern wir uns. Vor rund zwei Jahren konnten Sie<br />
an dieser Stelle einen Artikel über Nicolas Sarkozy<br />
lesen. « Fünf Jahre Sarkozy, Zeit für eine Bilanz »<br />
war der Titel. Damals, kurz vor den Präsidentschaftswahlen<br />
im Mai 2012, ging es um die Bilanz nach fünf Jahren Sarkozy<br />
an der Macht. Damals mussten wir feststellen, dass<br />
viele Franzosen die Nase voll von ihrem obersten Staatsdiener<br />
hatten, was sich in den Schlagzeilen vieler Zeitungen<br />
niederschlug. « Der Taugenichts der Republik »,<br />
« Der kannibalische Präsident », « Die Schande der Fünften<br />
Republik », « Hat es Super-Sarko übertrieben? » prangte es<br />
in großen Buchstaben auf den ersten Seiten der Blätter im<br />
Land.<br />
Heute, zwei Jahre später, könnte man glauben, dass<br />
sich nichts geändert hat. Das Sarkozy-Bashing wurde<br />
durch ein Hollande-Bashing nahtlos abgelöst. « Hollande<br />
wach auf, es brennt! », « Hollande, hören die Dummheiten<br />
auf? », « Wo ist der Mut, Herr Präsident? » lauten nun<br />
die Schlagzeilen. Der einzige Unterschied zu Sarkozy ist<br />
nur, dass Hollande noch nicht einmal zwei Jahre Amtszeit<br />
brauchte, um an diesen Tiefpunkt der Popularität zu gelangen.<br />
Man könnte sich fragen, was für ein merkwürdiges<br />
Volk die Franzosen sind. Kaum haben sie einen Präsidenten<br />
in den Ruhestand geschickt, sind sie den neuen<br />
auch schon wieder leid. Umfragewerte sprechen eine<br />
klare Sprache diesbezüglich. Seit 1958, dem Beginn der<br />
Fünften Republik, misst das Barometer von IFOP für die<br />
Sonntagszeitung Journal du Dimanche die Stimmung im<br />
Land. Mit einer aktuellen Zustimmungsrate von gerade<br />
einmal 20 Prozent in den Umfragen ist François Hollande<br />
der unpopulärste Präsident seit Beginn dieser Umfrage.<br />
Besonders hart für das Staatsoberhaupt ist dabei, dass<br />
sich die Ablehnung seiner Arbeit quer durch alle Gesellschaftsschichten<br />
zieht. Dass die bessergestellten Franzosen<br />
einem sozialistischen Präsidenten gegenüber eher ablehnend<br />
eingestellt sind, ist historisch nichts Neues. Dass<br />
aber nur noch 17 Prozent der Arbeiter und Angestellten<br />
hinter Hollande stehen, ist für die politische Linke eine<br />
schallende Ohrfeige.<br />
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Präsident derart viel<br />
Gegenwind bekommt. Aber bisher war der Popularitätsabsturz<br />
nie so tief und so schnell. Bis jetzt hielt François<br />
Mitterrand den Negativrekord. Er erhielt bei der Umfrage<br />
im Dezember 1991 nur 22 Prozent Zustimmung für seine<br />
Politik, was damals viel mit der Nominierung von Edith<br />
72 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Cresson zur Premierministerin zusammenhing. Zwar war<br />
die Politikerin die erste Frau in diesem Amt, was viele<br />
begeisterte, sie machte aber alsbald einige gravierende politische<br />
Fehler.<br />
Jacques Chirac fiel dagegen nie unter einen Wert von<br />
27 Prozent der Zustimmung. Dies dafür jedoch gleich<br />
zweimal. Einmal im November 1995, als sein Premierminister<br />
Alain Juppé eine Reform des Rentensystems und<br />
der sozialen Sicherungssysteme ankündigte, und einmal<br />
im Juni 2006, als die Jugend des Landes massiv auf die<br />
Straßen ging, um gegen den Plan der Einführung eines<br />
sozial weniger abgesicherten Arbeitsvertrages für Berufseinsteiger<br />
zu protestieren.<br />
Nicolas Sarkozy schnitt in seinen schwersten Momenten<br />
sogar noch besser ab als Jacques Chirac. Sein Negativrekord<br />
lag bei 28 Prozent Zustimmung. Das war im April<br />
2011, als er eine Reihe von Maßnahmen durchboxte und<br />
er ankündigte, die Vermögenssteuer abzuschaffen und in<br />
Libyen militärisch einzugreifen, was im Volk sehr umstritten<br />
war.<br />
Um diese Zahlen richtig zu interpretieren, muss man<br />
gerechtigkeitshalber aber auch erwähnen, dass erst Nicolas<br />
Sarkozy und François Hollande mit einer weltweiten<br />
Krise konfrontiert waren, die die Vorgänger in diesem<br />
Maße in ihrer Amtszeit nie erlebt hatten. Trotzdem ist<br />
der Popularitätsabsturz von François Hollande beeindruckend,<br />
worüber auch seine Berater immer besorgter sind.<br />
Eine Entschuldigung dafür wird gerne in der Überzeugung<br />
gesucht, dass die Franzosen ein kaum bzw. nur<br />
schwer regierbares Volk seien. Ein Volk, das zu ungeduldig<br />
ist und einem Präsidenten bzw. einer Regierung nicht<br />
die Zeit lässt, Reformen wirken zu lassen. Doch selbst<br />
wenn in dieser Aussage ein Funken Wahrheit liegt, so<br />
wissen selbst die Anhänger von Hollande, dass diese Erklärung<br />
allein etwas zu kurz greift.<br />
Umfragen zeigen immer wieder, dass es vor allem die<br />
wirtschaftliche Krise ist, die den Präsidenten so unbeliebt<br />
macht. Doch Frankreich ist nicht das einzige Land auf<br />
dem Kontinent, das mit den Folgen der Weltwirtschaftskrise<br />
zu kämpfen hat. Dies allein kann also auch nicht die<br />
Ursache für die Unbeliebtheit sein. Vielmehr scheint es<br />
weniger der Inhalt seiner Politik zu sein, die das Volk in<br />
Wallung bringt, als die Art und Weise, wie er sie gestaltet.<br />
Denn inhaltlich hat François Hollande bereits einiges<br />
in die Wege geleitet. Während seines Wahlkampfes listete<br />
der Politiker 60 Maßnahmen auf, die er bei einem Sieg<br />
umsetzen wollte. Natürlich war diese Liste eine perfekte<br />
Steilvorlage für die Presse, die seitdem regelmäßig einen<br />
Abgleich zwischen Versprechen und Wirklichkeit macht.<br />
Internetseiten wie www.bilan-engagements.fr, www.<br />
bilanduchangement.fr und www.luipresident.fr verfolgen<br />
zum Teil fast tagesaktuell den Stand der Dinge. Ein Phänomen,<br />
das es so vorher auch noch nie gab.<br />
Doch genau diese Listen zeigen auch, dass Hollande<br />
seit seiner Ankunft im Elysée-Palast nicht untätig gewesen<br />
ist. Rund die Hälfte der Versprechen wurde bereits<br />
erfüllt oder wird in Kürze umgesetzt. Beispielsweise die<br />
Absenkung des Rentenalters auf 60 Jahre für diejenigen,<br />
die ihre maximalen Beitragsjahre erreicht haben, die Reduzierung<br />
des Gehaltes des Präsidenten um 30 Prozent,<br />
eine höhere Besteuerung großer Vermögen, die Einführung<br />
einer Finanztransaktionssteuer, die Schaffung einer<br />
staatlichen Investitionsbank, Maßnahmen gegen die<br />
Jugendarbeitslosigkeit oder die Öffnung der Ehe für homosexuelle<br />
Paare.<br />
Gleichzeitig bleibt aber die Liste noch notwendiger<br />
Reformen unverändert lang, zumal seit dem Wahlkampf<br />
neue Vorhaben hinzugekommen sind. Gerade in Krisenzeiten<br />
ist es fatal, den Eindruck zu erwecken, wichtige<br />
Reformen könnten aus dem Blick geraten sein. Etwa die<br />
Reform des Rentensystems mit der Abschaffung zahlreicher<br />
Privilegien für bestimmte Berufsgruppen sowie die<br />
Durchsetzung des Verbots, mehrere politische Ämter<br />
zu kumulieren. Darüber hinaus erscheinen auf der Liste<br />
immer noch Engagements, deren Erfüllung als nicht<br />
mehr umsetzbar gelten, zum Beispiel ein ausgeglichener<br />
Haushalt im Jahr 2017. Niemand in Frankreich glaubt<br />
mehr daran, dass dies so noch zu schaffen ist.<br />
Unterm Strich bleibt also trotz aller getaner Arbeit der<br />
Eindruck, dass noch viel erledigt werden muss. Das spüren<br />
auch die Menschen. Doch neben diesen inhaltlichen<br />
Punkten ist es vor allem die Art und Weise, wie François<br />
Hollande regiert, die die Franzosen kritisieren. Der Politiker,<br />
der seit eh und je für eine konsensorientierte Politik<br />
steht, haut in den Augen vieler Bürger nicht stark genug<br />
mit der Faust auf den Tisch. Eine immer größer werdende<br />
Zahl sieht in der Suche nach Konsens ein Fehlen von<br />
Durchsetzungskraft und einen zu großen Laxismus.<br />
Dieser Eindruck wurde noch dadurch verstärkt, dass<br />
der Präsident und seine Regierung bei einer Reihe von<br />
Entscheidungen nachträglich wieder eingeknickt sind und<br />
einen Schritt zurückgemacht haben. Exemplarisch für<br />
diese stümperhafte Politik steht die Affäre um die Ausweisung<br />
einer Familie ohne Aufenthaltsgenehmigung und<br />
die nachträgliche Einladung an die Tochter, alleine wieder<br />
nach Frankreich zurückzukehren, um im Land die Schule<br />
zu beenden.<br />
So wünschen sich die meisten Franzosen am Ende vor<br />
allem einen Präsidenten, der in seinem Handeln konstanter<br />
und stringenter ist. Vielleicht auch einen Präsidenten,<br />
der besser kommuniziert, denn viele Errungenschaften<br />
seit der Amtsübernahme sind noch nicht einmal richtig<br />
bekannt geworden. François Hollande scheint zumindest<br />
den Wunsch des Volkes verstanden zu haben. Es gibt<br />
diverse Hinweise, dass er an seinem Regierungsstil und<br />
seiner Kommunikationsstrategie feilt. Ob das aber reicht,<br />
den Sozialisten aus dem Stimmungstief zu holen, oder ob<br />
der Kampf schon verloren ist, werden erst die kommenden<br />
Monate und die Bewältigung der nächsten Probleme zeigen.<br />
Bis dahin bleibt François Hollande der Präsident mit<br />
den niedrigsten Zustimmungswerten seit Bestehen der<br />
Fünften Republik.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 73
FRANKREICH HEUTE Gesellschaft<br />
Die Franzosen entdecken<br />
das Wandern<br />
Noch nie war das Wandern in Frankreich so beliebt wie heute.<br />
In den letzten Jahren ist es zu einem Phänomen geworden, das alle<br />
Gesellschaftsschichten erfasst. Naturliebhaber, Sonntagswanderer<br />
und neue Wanderprofis entdecken ihr Land als Eldorado für eine<br />
Fortbewegung zu Fuß. Außerdem erweist sich der Trend für viele<br />
Wirtschaftsbereiche und den Tourismus als äußerst attraktiv.<br />
In « Emile oder über die Erziehung<br />
», dem berühmten, 1762 von<br />
Jean-Jacques Rousseau veröffentlichten<br />
Werk, soll der fiktive Junge<br />
Emile dank einer idealen Erziehung<br />
zum Vorzeigemann reifen. Rousseau<br />
spricht in dem Werk von seiner Leidenschaft<br />
fürs Wandern. Er fordert<br />
seinen kleinen Helden dazu auf, zu<br />
Fuß durchs Land zu ziehen, was eine<br />
Quelle der Freiheit und des Vergnügens<br />
sei: « Man geht los, wenn man es<br />
will. Man hält an, wenn es einem<br />
passt. Man verausgabt sich so, wie<br />
man es möchte. Man beobachtet unterwegs<br />
die Landschaft, man schaut<br />
nach links und rechts und man<br />
kommt zu allen Aussichtspunkten. »<br />
Für Jean-Jacques Rousseau war das<br />
Wandern eine große Lust.<br />
Wenn man sich heute die Situation<br />
in Frankreich anschaut, könnte<br />
man glauben, dass die Franzosen,<br />
250 Jahre später, endlich dem Rat<br />
des großen Philosophen folgen. Dabei<br />
ist es wohl kaum die Erziehungsarbeit<br />
in den Schulen, die sich diesen<br />
Verdienst auf die Fahnen schreiben<br />
kann. Wandern steht nicht wirklich<br />
auf der Agenda des Sportunterrichts.<br />
Auch ist dies keine Disziplin, die das<br />
Bildungsministerium als Prüfung<br />
vorsieht. Trotzdem wird die Zahl<br />
der Franzosen immer größer, die die<br />
Lust am Wandern entdeckt.<br />
Experten schätzen, dass Wandern<br />
in wenigen Jahren zur beliebtesten<br />
Freizeitbeschäftigung der<br />
Franzosen in freier Natur geworden<br />
ist. Und da es heute Umfragen zu<br />
allen erdenklichen Themen gibt,<br />
stellt man fest, dass 68 Prozent der<br />
Franzosen, die älter als 15 Jahre<br />
sind, regelmäßig zu Fuß unterwegs<br />
sind, entweder als Freizeitbeschäftigung<br />
oder als Sport. Doch was sagen<br />
solche Zahlen aus, wenn das Fortbewegen<br />
zu Fuß zu den grundlegenden<br />
Aktivitäten des Menschen gehört?<br />
Zum Glück gibt es weitere Indizien,<br />
die das Wandern als Trend<br />
bestätigen. So muss man sich nur in<br />
eines der Sportgeschäfte des Landes<br />
begeben, beispielsweise in eine<br />
Filiale der Ketten Decathlon oder<br />
Go Sport. Der für das Wandern<br />
reservierte Verkaufsbereich war<br />
noch nie so großzügig bemessen wie<br />
heute. Ob Wanderschuhe, Rucksäcke,<br />
GPS-Geräte oder andere<br />
Utensilien, die Auswahl ist enorm.<br />
Dass die Nachfrage nach derartigen<br />
Produkten gestiegen ist, zeigt sich<br />
sogar noch deutlicher bei den großen<br />
Supermärkten. Denn auch Carrefour,<br />
Auchan, Leclerc & Co. haben<br />
Wanderutensilien in ihr Programm<br />
aufgenommen.<br />
Manche Wanderschuhe kosten<br />
heute mehr als 200 Euro. Das wäre<br />
nach Meinung vieler Experten vor<br />
zwei Jahren noch kaum kommerzialisierbar<br />
gewesen. Die Nachfrage<br />
schafft sich ihr Angebot. Vorbei sind<br />
die Zeiten, in denen das Wandern<br />
als Betätigung einiger komischer Eigenbrötler<br />
abgetan wurde. Wandern<br />
ist in Mode gekommen. Wandern ist<br />
cool. Sogar das Nordic Walken ist<br />
inzwischen in Frankreich angekommen,<br />
selbst wenn viele Franzosen<br />
immer noch denken, dass es sich bei<br />
den Stöcken um Skistöcke handelt.<br />
Hinsichtlich der Ausrüstung hat<br />
74 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
zudem ein großer Modernisierungsschub<br />
begonnen. Wanderschuhe<br />
sind längst nicht mehr nur braun,<br />
sondern leuchten in den grellsten<br />
Farben. Dies lässt wiederum die<br />
Einwohner mancher verlassener<br />
Bergdörfer den Kopf schütteln, fragen<br />
sie sich doch, warum man so viel<br />
Geld für eine modische Ausrüstung<br />
ausgeben soll, nur um die Landschaft<br />
zu erkunden.<br />
Soziologen können zudem<br />
vermelden, dass sich der typische<br />
Wanderer ebenfalls verändert hat.<br />
Während Frauen traditionell lieber<br />
flanieren und spazieren gehen und<br />
Männer eher wandern, ändert sich<br />
dies seit einiger Zeit. Immer mehr<br />
Paare und Familien gehen gemeinsam<br />
auf Wandertour. Wandern ist<br />
zu einem generationsübergreifenden,<br />
geschlechtsunabhängigen Freizeitvergnügen<br />
geworden. Frankreich<br />
erfasst geradezu eine kleine Wanderrevolution.<br />
Es ist heute nicht<br />
mehr ungewöhnlich, bei einem<br />
Abendessen unter Freunden die<br />
Frage zu hören, ob man am nächsten<br />
Wochenende mit zum Wandern in<br />
den Wald kommen will.<br />
Eigentlich hätte es die Leidenschaft<br />
fürs Wandern schon lange<br />
geben können. Schließlich bietet<br />
Frankreich alle geografischen Voraussetzungen.<br />
Historisch ist Frankreich<br />
zudem ein Land des Transits.<br />
So führen etwa vier Strecken des<br />
Jakobswegs durch Frankreich. Seit<br />
über 67 Jahren werden außerdem<br />
Wanderwege im ganzen Land ausgeschildert.<br />
Rund 7.000 Freiwillige,<br />
die in 120 regionalen Einheiten des<br />
nationalen Wandervereins organisiert<br />
sind, kümmern sich darum. So<br />
ist das Netz der großen Wanderwege,<br />
die berühmten GR-Wege (GR<br />
steht für « Grande Randonnée »),<br />
inzwischen über 90.000 Kilometer<br />
lang. Damit besitzt Frankreich eines<br />
der längsten Wanderwegenetze Europas.<br />
Die inzwischen 6,5 Millionen<br />
Franzosen, die in einem Wanderclub<br />
organisiert sind, freut es.<br />
Der neue Boom verändert auch<br />
die Wahrnehmung der Tourismusexperten.<br />
Galten Wanderer früher<br />
als wenig interessant für diesen<br />
Berufszweig, da sie wenig Geld in<br />
den Urlaubsregionen ließen, so hat<br />
sich dies inzwischen grundlegend<br />
gewandelt. Einige Fremdenverkehrsämter<br />
machen aus dem Wandertourismus<br />
inzwischen sogar ihre<br />
Priorität. Sie können sich dabei auf<br />
vielversprechende Zahlen berufen.<br />
So stellte der Verein « Grande Traversée<br />
des Alpes » fest, dass die rund<br />
30.000 Wanderer, die das Aspe-Tal<br />
im Sommer von Juni bis September<br />
durchlaufen, für einen Umsatz von<br />
zwei Millionen Euro in der lokalen<br />
Wirtschaft sorgen. So eröffnet die<br />
neue Lust an der Fortbewegung zu<br />
Fuß auch neue ökonomische Perspektiven<br />
für den Tourismus.<br />
Aber nicht nur der Tourismussektor<br />
profitiert. Auch Branchen,<br />
die man auf den ersten Blick nicht<br />
mit dem Wandern in Verbindung<br />
bringen würde, bekommen ein<br />
Stück vom Kuchen ab. So die Verlagsbranche.<br />
Es gibt immer mehr<br />
« wandernde Autoren ». Einer der<br />
größten Erfolge auf dem französischen<br />
Buchmarkt in den letzten<br />
Monaten ist das Buch « Immortelle<br />
randonnée, Compostelle malgré<br />
moi » des ehemaligen Botschafters<br />
Jean-Christophe Rufin aus dem<br />
Verlag Editions Guérin. Das Mitglied<br />
der Académie Française erzählt<br />
darin von seiner Pilgertour auf dem<br />
Jakobsweg. Die Franzosen lieben das<br />
Buch so sehr, dass es bereits diverse<br />
Male nachgedruckt werden musste.<br />
Der Journalist Jean-Paul Kauffmann,<br />
der als Geisel im Libanon<br />
« berühmt » wurde, veröffentlichte<br />
das Buch « El camino del Norte », in<br />
dem er davon berichtet, wie er 525<br />
Kilometer entlang der Marne wanderte<br />
und spannende Menschen traf.<br />
Ein intimes Porträt Frankreichs und<br />
seiner Bewohner.<br />
Der berühmte Genetiker Axel<br />
Kahn hat sich ebenfalls auf den Weg<br />
gemacht und ist einmal quer durch<br />
Frankreich gelaufen. 2.000 Kilometer<br />
legte er dabei von Mai bis Ende<br />
Juli zurück. Er hat darüber zwar<br />
(noch) kein Buch geschrieben, seine<br />
Erfahrungen aber in einem Internetblog<br />
niedergeschrieben, welcher<br />
ebenfalls einen großen Erfolg bei<br />
den Franzosen feierte.<br />
Bei soviel Begeisterung fürs<br />
Wandern will die Politik natürlich<br />
nicht ins Hintertreffen geraten. Am<br />
10. April 2013 zog sich der Abgeordnete<br />
für das Departement Pyrénées-Atlantiques,<br />
Jean Lassaille, die<br />
Wanderschuhe an. Er ließ seinen<br />
Dienstwagen in Paris und begab sich<br />
von der Nationalversammlung aus<br />
auf eine ganz persönliche Tour de<br />
France. Sein Anliegen: « Ein Marsch<br />
über die Straßen und Wege Frankreichs,<br />
um die Bürger zu treffen und<br />
die Demokratie und die Republik<br />
wiederzubeleben, um das Leid, die<br />
Zweifel, aber auch die Hoffnungen<br />
der Franzosen kennenzulernen ».<br />
Durchaus ambitioniert.<br />
Seine Gegner werfen ihm zwar<br />
vor, während der Zeit nicht seiner<br />
Arbeit in der Nationalversammlung<br />
nachgehen zu können, zumal noch<br />
nicht klar ist, wann er seine Tour beenden<br />
wird. Jean Lassaille lässt sich<br />
davon aber nicht beirren. Währenddessen<br />
kann das Volk die Etappen<br />
des « wandernden Abgeordneten »,<br />
wie er sich selbst nennt, auf seiner<br />
Internetseite www.ledeputequimarche.fr<br />
nachverfolgen und ihm Unterkunft<br />
gewähren.<br />
Unterm Strich lässt sich also feststellen,<br />
dass die Ermutigungen von<br />
Jean-Jacques Rousseau gefruchtet<br />
zu haben scheinen. Das Wandern<br />
nimmt manchmal sogar Formen an,<br />
an die der Philosoph sicherlich nicht<br />
dachte. Um dem neuen Boom gerecht<br />
zu werden und Engpässe zu vermeiden,<br />
kümmern sich die Freiwilligen<br />
des nationalen Wanderclubs längst<br />
um neue Wanderwege. Die Revolution<br />
kann also weitergehen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 75
FRANKREICH HEUTE Deutsch-Französische Freundschaft<br />
Zwei zwangsverbrüderte Orte stellen sich vor<br />
Durch die Unterzeichnung des Elysée-Vertrages wurde die gute<br />
Beziehung zwischen den ehemaligen Erbfeinden Deutschland<br />
und Frankreich gesetzmäßig vorgeschrieben. Wie gehen die<br />
Menschen mit dieser vertraglich verordneten Freundschaft<br />
im täglichen Leben um? Wir gehen aus Anlass des<br />
deutsch-französischen Tages am 22. <strong>Januar</strong>, der an diesen<br />
Freundschaftsvertrag erinnert, der Frage nach und besuchen<br />
Grosbliederstroff, einen Ort in Lothringen, und das benachbarte<br />
Kleinblittersdorf auf deutscher Seite. Beide Gemeinden sind<br />
nur durch einen Fluss voneinander getrennt und über eine<br />
Fußgängerbrücke (Freundschaftsbrücke bzw. Pont d‘Amitié)<br />
miteinander verbunden. Beide Orte haben außerdem<br />
eine gegenseitige Städtepartnerschaft geschlossen.<br />
Im Interview beantworten Monsieur Niederländer,<br />
Bürgermeister von Grosbliederstroff, sowie Herr<br />
Strichertz, Bürgermeister der Gemeinde<br />
Kleinblittersdorf, Fragen über das<br />
alltägliche Zusammenleben.<br />
Monsieur Niederländer, ein Teil Ihrer Gemeinde besteht<br />
aus deutschen Grenzgängern, Stichwort<br />
« Steuer vorteil ». Fühlen Sie sich ausgenutzt?<br />
Niederländer: Man hat lange Zeit angenommen,<br />
dass die Deutschen nur zu uns kommen, um die steuerlichen<br />
Vorteile zu nutzen und diese Leute haben so gut wie<br />
gar nicht an dem Leben in der Gemeinde teilgenommen.<br />
Wie viele Personen dies letztendlich wirklich waren,<br />
lässt sich schwer sagen, vielleicht zehn, vielleicht<br />
20 Prozent. Aber ein Teil der Deutschen, die heute<br />
nach Frankreich ziehen, vor allem die jungen Paare<br />
mit kleinen Kindern, bemühen sich sehr viel mehr,<br />
sich zu integrieren und am Gemeindeleben hier in<br />
Grosbliederstroff teilzunehmen, auch in der Kommunalpolitik.<br />
So haben wir zum ersten Mal in der Geschichte<br />
eine ausländische conseillère communale, ein deutsches<br />
Gemeinderatsmitglied. Das ist das perfekte<br />
Beispiel für die Integration. Diese Fortschritte lassen<br />
sich meist auf die jungen Paare zurückführen, die ihre<br />
Kinder in die école maternelle hier im Ort schicken. Ein<br />
Grund hierfür ist, dass die école maternelle in Frankreich<br />
kostenlos ist. Ab der école primaire wird es allerdings ein<br />
wenig schwieriger, da viele deutsche Eltern ihre Kinder<br />
wieder von der französischen Schule nehmen, um sie in<br />
Deutschland einzuschulen.<br />
Früher war es auch so, und ich übertreibe hier nicht,<br />
dass die Häuser in Grosbliederstroff innerhalb einer<br />
Woche verkauft waren. Damals haben wir uns darüber<br />
beschwert, weil das die Preise in die Höhe trieb. Wir<br />
waren in einer aggressiven Konkurrenzsituation, da die<br />
Deutschen mit ihren besseren<br />
Geldmitteln unserer<br />
So haben wir zum ersten<br />
Mal in der Geschichte<br />
eine ausländische<br />
Bevölkerung die Häuser<br />
wegnahmen. Das hatte<br />
mit der starken D-Mark<br />
conseillère communale, und dem schwachen<br />
ein deutsches Gemeinderatsmitglied.<br />
Das ist<br />
Francs zu tun.<br />
Heutzutage sind es<br />
das perfekte Beispiel<br />
für die Integration.<br />
nicht mehr viele Deutsche,<br />
die hierher ziehen.<br />
Aber diejenigen, die diesen<br />
Schritt gehen, sind<br />
gewillt, sich viel mehr zu integrieren, als es früher der Fall<br />
war. Es gibt in der Espace Victor Hugo neben dem Rathaus<br />
mittlerweile sogar einen Kurs, der Französisch für<br />
Deutsche anbietet. Dieser Kurs ist sehr gut besucht.<br />
76 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Strichertz: Dieses Pendant gibt es bei uns auf der<br />
deutschen Seite auch. Es existiert seit zehn Jahren eine<br />
Kooperation diesbezüglich zwischen den beiden Orten.<br />
Wir haben sogenannte Tandemkurse ins Leben gerufen,<br />
in denen Deutsche und Franzosen im Wechsel die jeweils<br />
andere Sprache sprechen müssen. Das wird sehr gut angenommen.<br />
Um aber nochmals auf die eigentliche Frage zu sprechen<br />
zu kommen: Die Deutschen hatten ursprünglich im<br />
Sinn, Steuern zu sparen, wenn sie nach Frankreich zogen.<br />
Wir haben aber mittlerweile das Gefühl, dass in den letzten<br />
Jahren ein massiver Wandel stattgefunden hat. Zum<br />
einen stimmt das mit der Steuerersparnis auch gar nicht<br />
mehr. Wenn ich nämlich am Jahresende einmal vergleiche,<br />
welche Steuern in Frankreich anfallen, die die Deutschen<br />
gar nicht kennen, dann ist die Ersparnis nicht mehr<br />
so relevant. Aber viel wichtiger ist von der Einstellung her,<br />
dass die Menschen, die auf die französische Seite ziehen,<br />
ein hohes Integrationsinteresse haben. Die leben nicht nur<br />
dort, um Steuern zu sparen. Sie wollen die Sprache lernen,<br />
die schöne französische Sprache.<br />
Wie sieht die wirkliche, gelebte Freundschaft zwischen<br />
den beiden Orten aus, beispielsweise bei Feuerwehreinsätzen,<br />
Karnevalsveranstaltungen etc.?<br />
Niederländer: Es gibt mehr und mehr Beziehungen<br />
zwischen den diversen Institutionen. Zum Beispiel bei der<br />
Feuerwehr oder auch den Angelvereinen, die zusammen<br />
ihre Feste ausrichten. Die Bergleute, die Kirche, die Chöre<br />
und vor allem der Kanuclub am Saarufer. Wir haben<br />
auch einen Spielpark in Grosbliederstroff, zu dem viele<br />
von der deutschen Seite kommen.<br />
Außerdem existieren Austauschprogramme zwischen<br />
den beiden Kommunen. Das geht nun schon seit einigen<br />
Jahren so, dass sich die jeweiligen Stadträte zusammensetzen.<br />
Das ist nicht aufgrund der Städtepartnerschaft<br />
so, sondern weil sich die<br />
einzelnen Personen gut<br />
verstehen, also kein gezwungenes<br />
oder institutionalisiertes<br />
Treffen. Daraus<br />
erwachsen auch internationale<br />
Projekte wie<br />
beispielsweise der Pont<br />
Die Deutschen hatten<br />
ursprünglich im Sinn,<br />
Steuern zu sparen, wenn<br />
sie nach Frankreich<br />
zogen. Wir haben aber<br />
mittlerweile das Gefühl,<br />
dass in den letzten Jahren<br />
ein massiver Wandel<br />
stattgefunden hat.<br />
International, welcher<br />
nur durch die Kooperation<br />
zwischen den beiden<br />
Kommunen umgesetzt<br />
werden kann.<br />
In Sachen Kooperation gibt es aber auch Hindernisse,<br />
wie bei den Junioren-Fußballern zum Beispiel. Um<br />
ein Team auf die Beine zu stellen, müssen wir mit zwei<br />
französischen Orten zusammenarbeiten, damit genügend<br />
Spieler zusammenkommen. Eine Kooperation mit dem<br />
Fußballclub Kleinblittersdorf besteht, allerdings nur für<br />
Grosbliederstroff und Kleinblittersdorf<br />
– Eine wechselvolle Vergangenheit<br />
Im Mittelalter waren die beiden Ge mein den links und rechts<br />
der Saar nichts weiter als zwei un be deu ten de Teile der loth rin -<br />
g ischen Gemeinde Blie ders torff. Doch die Wir ren der<br />
Geschichte mach ten Groß- und Klein blit ters dorf zu einem<br />
Grenz fall. Der Versailler Ver trag teilte die Orte erst mals, der<br />
Fluss diente als Grenze. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
wechselten sich Deutschland und Frank reich als Besitzer<br />
ab. Die seit 1880 bestehende Freund schafts brücke (zu Be ginn<br />
des Zweiten Welt krieges zerstört und 1964 wieder neu er richtet)<br />
verbindet die bei den Gemeinden per Fuß weg miteinander.<br />
Zeit weise diente die Freund schafts brücke sogar als Grenzübergang<br />
zwischen den beiden Ländern. Heute ist sie das<br />
Symbol für eine gelebte deutsch-französische Partnerschaft.<br />
die Trainings. Die Turniere sind unverändert strikt nach<br />
Ländern getrennt.<br />
Darüber hinaus kooperieren die beiden Kommunen im<br />
Sinne des Eurodistriktes. Eines betrifft besonders die beiden<br />
Kommunen Grosbliederstroff und Kleinblittersdorf:<br />
Es ist ein Naturwasserbecken, das für den Kanu- und<br />
Kajaksport auf der Saar geschaffen werden soll. Aber auch<br />
hier gibt es wie immer juristische Fallstricke, da man mit<br />
zwei unterschiedlichen Administrationen zusammenarbeiten<br />
muss: einer französischen Behörde und einer deutschen<br />
– das ist quasi unmöglich. Ich wiederhole hier das<br />
Beispiel mit der Brücke: die Finanzierung, wer bezahlt<br />
was? Das eine Jahr war es Deutschland, das keine finanziellen<br />
Mittel hatte. Das Jahr darauf war dies Frankreich.<br />
Das hat die ganze Sache verzögert.<br />
Strichertz: Wir haben hier das Thema der jumelage,<br />
der Städtepartnerschaft. Wobei, wir leben es hier eigentlich<br />
nicht als Städtepartnerschaft, sondern weil wir uns<br />
persönlich gut verstehen. Da passiert eine ganze<br />
Menge, auch bei den Vereinen. Ich war jetzt gerade<br />
auf der Feier « 100 Jahre Obst- und Gartenbauverein<br />
». Da habe ich gehört, dass sie ganz intensiven<br />
Kontakt mit der französischen Seite haben. Das ist<br />
durch irgendein Dorffest entstanden. Die Menschen<br />
leben das wirklich sehr intensiv.<br />
Wir haben auch eine jumelage mit einem kleinen<br />
Ort bei Nantes. Die Städtepartnerschaft ist<br />
allerdings sehr administrativ. Da muss man über<br />
800 Kilometer Distanz schauen, dass man Akteure<br />
findet, die diese Partnerschaft noch leben. Und das<br />
bricht dann so nach und nach weg. Mit Grosbliederstroff<br />
leben wir die Partnerschaft wirklich, obwohl das<br />
gleiche Wort darübersteht. Aber wir leben es, weil wir<br />
hier vor Ort viele Möglichkeiten und Kontakte haben, wie<br />
man das Ganze zusammen leben kann.<br />
Ich denke, das hier ist eine gewachsene Struktur, homogen<br />
und doch teilweise vermischt, zum Beispiel, weil<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 77
FRANKREICH HEUTE Deutsch-Französische Freundschaft<br />
Ute Schmidt (Anm. d. Red.: das deutsche Gemeindebeiratsmitglied)<br />
auf der französischen Seite lebt und auch im<br />
französischen Gemeinderat ist. Das sind dann Beispiele,<br />
die diese guten Beziehungen verfestigen. Das ist viel<br />
wichtiger als ein geschriebenes Stück Papier, auf dem man<br />
sich wechselseitig zu irgendetwas verpflichtet. Das<br />
war ja auch der Geist des Elysee-Vertrages.<br />
Ich war mit Herrn Niederländer einmal in<br />
Straßburg und Kehl. Da hat man gemerkt, dass<br />
nicht alles, was von oben gewollt ist, auch unten<br />
funktioniert. Unser Eindruck von Straßburg und<br />
Kehl war damals, dass es bei uns wesentlich besser<br />
läuft als dort, weil dann auch teilweise Akteure<br />
aufeinanderprallen, die von ihrer Mentalität her gar<br />
nicht zusammenpassen. Da merkt man: Es kann nur<br />
dort funktionieren, wo die Leute den Willen haben,<br />
über die Grenzen, die für mich gar nicht mehr<br />
existieren, hinweg zusammenzuarbeiten und wo<br />
auch die Chemie stimmt. Wenn die Chemie nicht<br />
stimmt, dann können sie 100.000 Blätter mit Siegel<br />
formulieren, aber es passiert nichts. Im Gegenteil: Die<br />
Welten prallen eher aufeinander, als dass eine Bereitschaft<br />
existiert, miteinander zu arbeiten. Das, denke ich, funktioniert<br />
hier ganz anders.<br />
Gerade hier in der Region scheint es so, dass sich das typisch<br />
Deutsche und das typisch Französische vermischt und das Miteinander<br />
dadurch erleichtert wird...<br />
Strichertz: Das kommt auch daher, dass wir zum<br />
Teil deutsche und französische Vorfahren haben. Wenn<br />
wir das Saarland verlassen und im Bundesgebiet unterwegs<br />
sind, wie ich zum Beispiel damals zu meiner<br />
Bundeswehrzeit in München, wurde ich gefragt: « Wo<br />
kommst du her? ». Ich antwortete damals: « Aus Saarbrücken<br />
». « Wieso redest du dann Deutsch? » An diesem<br />
Beispiel wird einem bewusst, dass wir hier eine besondere<br />
Situation haben.<br />
Niederländer: (lacht) Das geht uns auch so, wenn<br />
wir mit Paris telefonieren. Nein, ganz so schlimm ist es<br />
nicht. Hier in der Region<br />
sind wir in der Tat mehr<br />
oder weniger gezwungen, Ihr Deutschen habt die<br />
zusammenzuarbeiten. Kultur des Kompromisses.<br />
Man versteht sich. Der<br />
eine arbeitet im Land des<br />
anderen. Man arrangiert sich, auch was das Administrative<br />
angeht. Wenn man 100 oder 150 Kilometer ins<br />
Landesinnere fährt, ist der Deutsche allerdings ein Ausländer<br />
wie ein Engländer oder Holländer. Hinzu kommen<br />
die Ressentiments und Vorurteile, die bestimmt mit dem<br />
Zweiten Weltkrieg zu tun haben.<br />
Wem gehört die Fußgängerbrücke, die Freundschaftsbrücke,<br />
die Grosbliederstroff und Kleinblittersdorf miteinander<br />
verbindet? Ist diese auch gemeinsam gebaut worden?<br />
Niederländer: Das hat Deutschland finanziert. Aber<br />
auch in diesem Fall wird zusammengearbeitet: 2008 gab<br />
es ein Fest anlässlich der 40-jährigen Städtepartnerschaft<br />
der beiden Orte. Die Brücke sollte zu diesem Anlass beleuchtet<br />
werden. Da hat man die Kosten einfach geteilt.<br />
Kleinblittersdorf hat das<br />
Mir gefällt es persönlich<br />
sehr gut an den Menschen<br />
in Grosbliederstroff,<br />
dass sie lockerer<br />
sind als in Deutschland<br />
und die Probleme eher<br />
unpolitisch angegangen<br />
werden. Bei uns<br />
wird schon auf Gemeindeebene<br />
sehr viel<br />
Parteipolitik betrieben.<br />
Equipment bezahlt und<br />
Grosbliederstroff hat für<br />
den Strom gesorgt.<br />
Wo gehen Sie Ihre Lebensmittel<br />
einkaufen? Profitieren<br />
Sie auch hier von der<br />
Grenznähe?<br />
Strichertz: Es gibt<br />
bestimmte Lebensmittel,<br />
die bestimmt in Frankreich<br />
besser zu kaufen<br />
sind, sowohl von der<br />
Qualität her als auch preislich betrachtet, vor allem beim<br />
Fisch, Käse und Wein.<br />
Niederländer: Es gibt Produkte, die sind sicherlich<br />
günstiger in Deutschland. So geht jeder gerade dort einkaufen,<br />
wo es für ihn persönlich am günstigsten ist. Es<br />
gibt sogar Franzosen, die von Metz aus 50 Kilometer fahren,<br />
um in einem Saarbrücker Warenhaus einzukaufen.<br />
Umgekehrt ist es auch so: Wenn ich in ein französisches<br />
Restaurant hier in Grosbliederstroff gehe, sind drei von<br />
fünf Tischen mit Deutschen besetzt.<br />
Strichertz: In Kleinblittersdorf ist es genau das<br />
Gleiche. Wenn wir die französischen Gäste in unseren<br />
Restaurants nicht hätten, müssten wir schließen. Auch die<br />
letztes Jahr eröffnete Saarland-Therme hat ursprünglich<br />
auf die Mentalität ihrer zahlreichen französischen Gäste<br />
Rücksicht nehmen wollen und neben der textilfreien Sauna<br />
einen separaten Saunabereich mit Textilzwang eingerichtet.<br />
Aber auch das hat sich nach einem Jahr ziemlich<br />
durchmischt und man findet im Nacktbereich textiltragende<br />
Gäste und umgekehrt. Die Durchmischung findet<br />
auch auf anderen Gebieten statt. Zum Beispiel<br />
haben unsere deutschen Ärzte viele französische<br />
Patienten.<br />
Niederländer: Und viele Deutsche kommen in<br />
unsere französische Apotheke. Wenn Sie aufmerksam<br />
sind, bemerken Sie, dass sich die Apotheke auf<br />
beide Seiten eingestellt hat. Ein Eingang befindet sich in<br />
der Straße Richtung Kleinblittersdorf mit der Aufschrift<br />
« Apotheke » und ein zweiter Eingang auf der anderen<br />
Seite mit der Aufschrift « pharmacie ». Diese Entwicklung<br />
wurde natürlich durch den Euro verstärkt. Es fallen die<br />
Wechselkurse weg und man hat nur noch eine Währung,<br />
die den gleichen Wert hat. Die Preise sind vergleichbar<br />
geworden. Es haben sich mittlerweile auch viele deutsche<br />
Firmen in Frankreich angesiedelt.<br />
Außerdem hat sich in unserer Generation sprachlich<br />
78 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
einiges geändert. Die meisten sprechen Französisch und<br />
Deutsch, die Kommunikation ist sehr viel einfacher geworden.<br />
In den Geschäften in dieser Region sprechen die<br />
Verkäufer beide Sprachen. Die Sprachbarriere existiert<br />
nicht mehr.<br />
Was gefällt Ihnen an den Grosbliederstroffern gut bzw.<br />
nicht so gut – und umgekehrt an den Kleinblittersdorfern?<br />
Strichertz: Mir gefällt es persönlich sehr gut an den<br />
Menschen in Grosbliederstroff, dass sie lockerer sind als<br />
in Deutschland und die Probleme eher unpolitisch angegangen<br />
werden. Bei uns wird schon auf Gemeindeebene<br />
sehr viel Parteipolitik<br />
betrieben. Ihr in Grosbliederstroff<br />
lebt das, was<br />
bei uns im Grundgesetz<br />
steht: Nämlich dass jeder<br />
Mandatsträger nach<br />
freiem Gewissen seine<br />
Entscheidung formulieren<br />
und treffen soll. So wird<br />
Wenn man die Sprache<br />
nicht versteht, kann man<br />
den Rest auch<br />
vergessen.<br />
das bei euch gelebt. Und bei uns ist das genau umgekehrt.<br />
Bei uns ist es der Fraktionszwang, und das geht schon auf<br />
ganz unterer Ebene im Ortsrat los. Meiner Mentalität<br />
käme eure Vorgehensweise näher.<br />
Niederländer: Was ich an den Deutschen gut finde,<br />
ist, dass man sich zu einem bestimmten Thema an den<br />
Tisch setzt: Sie hören sich gegenseitig zu und lassen sich<br />
ausreden. So sind die Diskussionen sehr viel konstruktiver<br />
und man findet unter Umständen sehr viel schneller eine<br />
Lösung. Ihr Deutschen habt die Kultur des Kompromisses.<br />
Was ich nicht so sehr wertschätze, ist, dass, wenn man<br />
außerhalb von Saarbrücken in einem Gremium sitzt, die<br />
Gesprächspartner ausschließlich Deutsch sprechen, weil<br />
sie die französische Sprache nicht beherrschen. Aber das<br />
wird nach meiner Einschätzung nach und nach besser.<br />
Die Deutschen strengen sich mittlerweile an, sich mehr<br />
und mehr auf Französisch auszudrücken.<br />
Was dem entgegenwirkt, ist die Tatsache, dass in den<br />
deutschen Schulen, auch in dieser Region, mehr und mehr<br />
Englisch und nicht Französisch als erste Fremdsprache<br />
gewählt wird. Vielleicht, weil Englisch nach wie vor als<br />
Weltsprache, vor allem in der Geschäftswelt gilt. Ich denke<br />
aber auch, weil Französisch für die Deutschen nicht<br />
so einfach zu lernen ist. Französisch gilt als schwierig zu<br />
erlernende Sprache – im Vergleich zu dem viel einfacheren<br />
Englisch. Hier in Frankreich gilt Deutsch als Sprache der<br />
Gebildeten, wenn man zum Beispiel sein Kind das deutsche<br />
Abitur und französische Baccalauréat gleichzeitig<br />
machen lassen möchte. Früher war es Latein, heute ist es<br />
Deutsch.<br />
Wir unternehmen sehr viele Bemühungen, um den<br />
Rückgang der deutschen Bevölkerungszahl hier in Frankreich<br />
zu verhindern, weil man weiß, dass ein Faktor für<br />
die gute wirtschaftliche Entwicklung für unser Land in<br />
naher Zukunft auch Deutschland ist – weil Deutschland<br />
einen Bevölkerungsrückgang verzeichnet. Und daher gibt<br />
es ein sehr großes Arbeitsstellenangebot in Deutschland,<br />
und um diesen Transfer zu ermöglichen, ist es notwendig,<br />
dass auch die Deutschen französisch sprechen und umgekehrt.<br />
Wenn man die Sprache nicht versteht, kann man<br />
den Rest auch vergessen.<br />
Strichertz: Das ist auch die Diskussion, die wir zum<br />
Beispiel auf der deutschen Seite seit zwei Jahren führen.<br />
In den Gesamtschulen brechen zurzeit die Schülerzahlen<br />
weg. Wir haben letztens in einem Workshop mehrfach<br />
zusammengesessen und dabei auch herausgefiltert:<br />
Wir stehen in einer Konkurrenzsituation zu zwei<br />
weiteren Orten. Diese beiden Orte bieten als erste<br />
Fremdsprache Englisch auf der weiterführenden<br />
Schule an. Nur 30 Prozent der Eltern entscheiden<br />
sich, ihr Kind nach Kleinblittersdorf auf die Schule<br />
zu schicken. Das Argument ist, dass woanders die<br />
erste Fremdsprache Englisch ist. Der Grund ist,<br />
wie Monsieur Niederländer schon angeführt hat,<br />
dass Französisch die schwierigere Sprache zu sein<br />
scheint und Englisch viel leichter zu lernen ist.<br />
Noch eine kleine Anekdote: Eine mir bekannte Dame<br />
hat eine deutsch-französische Personalberatung, die deutsche<br />
und französische Unternehmen bei der Auswahl von<br />
geeignetem Führungspersonal berät. Die Dame hat einen<br />
schönen Briefkopf für ihre Firma gewählt: Da steht: New<br />
York – London – Paris – Kleinblittersdorf.<br />
Niederländer: Von mir auch eine kleine Anekdote:<br />
Grosbliederstroff ist weltbekannt durch einen Deutschen,<br />
der hier wohnt. Er ist fanatischer Fan von Bayern München.<br />
Seit etlichen Jahren steht er mit seinem Grosbliederstroff-Banner<br />
immer in erster Reihe auf allen wichtigen<br />
Fußballspielen, und das weltweit. Er wird von keinem<br />
Verein und keiner Institution unterstützt, sondern ist eine<br />
Privatperson, die mit dem Banner um die Welt reist.<br />
Monsieur Niederländer, Herr Strichertz, wir danken Ihnen<br />
für das Interview.<br />
Zwei Bürgermeister, die sich verstehen: Herr Strichertz<br />
(links) und Monsieur Niederländer (rechts).<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 79
ART DE VIVRE Aperitif<br />
Die unst<br />
des peritifs<br />
Der Aperitif – oder für die Insider « l’apéro »– gehört zu den wichtigsten französischen<br />
Gewohnheiten. Man kann zu Recht sagen, dass er integraler Bestandteil des nationalen<br />
Kulturguts sei. In allen Gesellschaftsschichten bekennt man sich zum Aperitif. Nur zwei<br />
Prozent der Franzosen sagen, dass sie nie einen Aperitif zu sich nehmen. Der Aperitif<br />
bringt Menschen zusammen und sorgt für eine lockere Atmosphäre, bevor es gemeinsam<br />
zu Tisch geht. Doch wie bei jedem guten Brauch gibt es ein paar Regeln, die man kennen<br />
sollte, damit der Aperitif wirklich der erste Höhepunkt vor dem eigentlichen Essen wird.<br />
Wann ist die richtige Zeit<br />
für einen Aperitif?<br />
Die Frage, wann man einen Aperitif reicht, beschäftigt<br />
jeden, der in Frankreich einlädt. Zwar gibt es keine<br />
echte Regel, alles kommt auf den individuellen Fall an.<br />
Dennoch gilt im Allgemeinen der Brauch, dass man mit dem<br />
Aperitif erst dann startet, wenn alle Beteiligten beieinander sein<br />
können, sowohl der Gastgeber, der die Mahlzeit vorbereitet (es<br />
wäre sehr unhöflich, ihn zu übergehen) als auch die Gäste.<br />
Generell kann man einen Aperitif vor dem Mittagessen als<br />
auch vor dem Abendessen genießen. Einen Aperitif zu Mittag<br />
wird man jedoch häufiger in den Ferien anbieten, vor allem im<br />
Sommer. Auf dem Land gehört er durchaus noch ganzjährig<br />
zum guten Ton, deutlich öfter jedenfalls als in den Städten.<br />
Da man in der Stadt traditionell später zu Abend isst als<br />
auf dem Land, lässt der Aperitif bei den Städtern auch etwas<br />
länger auf sich warten. Wenn also in Paris das Dinner erst<br />
gegen 21.00 Uhr beginnt, kommt ein Aperitif gegen 20.30<br />
Uhr auf den Tisch. Zu diesem Zeitpunkt wird auf dem Land<br />
wahrscheinlich schon abgedeckt: Gegessen wird dort zwischen<br />
19.00 Uhr und 19.30 Uhr, der Aperitif entsprechend<br />
eine halbe Stunde vorher konsumiert.<br />
Wie lange bleibt<br />
man beim Aperitif?<br />
Dazu gibt es keine genaue Regel, alles ist eine Frage<br />
der Situation und Stimmung. Als Faustregel kann<br />
man eine halbe Stunde ansetzen. Das ermöglicht jedem,<br />
ein Gläschen zu trinken und ein paar Snacks zu<br />
knabbern, ohne das eigentliche Mittag- oder Abendessen<br />
im Anschluss zu beeinträchtigten.<br />
Wozu ist ein Aperitif<br />
eigentlich gut?<br />
Mit dem Aperitif stimmt man sich aufeinander<br />
ein, bevor es zu Tisch geht. Freunde<br />
oder Familie kommen zusammen und man<br />
stellt allen Anwesenden eventuell unbekannte<br />
Gesichter vor. Franzosen empfinden dieses<br />
Vorspiel aus kulinarischer Sicht noch nicht<br />
als Bestandteil der Mahlzeit. Das heißt, man<br />
sollte maßvoll bei den Snacks zulangen. Alles<br />
dient dazu, dass man Appetit auf die eigentliche<br />
Mahlzeit bekommt, nicht, um sich satt zu<br />
essen.<br />
80 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Welche Getränke sollte man<br />
als Aperitif servieren?<br />
Im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung muss man nicht<br />
über eine gut bestückte Bar verfügen, um einen akzeptablen Aperitif<br />
kredenzen zu können. Lediglich eine minimale Wahlmöglichkeit zwischen<br />
alkoholischen und alkoholfreien Getränken sollte man anbieten.<br />
Franzosen legen hingegen mehr Wert darauf, dass dem Anlass entsprechend<br />
« eine gute Flasche » geöffnet wird, statt mit einem « gewöhnlichen<br />
Getränk » Vorlieb nehmen zu müssen. Gut kommt es an, wenn<br />
man mit der Flasche eine Geschichte liefern kann. Ein Tröpfchen, das<br />
man während des letzten Urlaubs entdeckt hat oder eine Rarität, die<br />
auf einer Weinmesse vorgestellt wurde, sorgen im Freundeskreis garantiert<br />
für gute Stimmung.<br />
Es ist letztendlich nicht so wichtig, ob man Wein, Bier oder einen<br />
stärkeren Alkohol anbietet. Hauptsache, man beweist etwas Sorgfalt<br />
und weiß, mit den rechten Zutaten die Stimmung zu heben.<br />
Wenn man zu einem Geburtstag einlädt oder um ein spezielles<br />
Ereignis zu feiern, kommt als Aperitif ein Glas Champagner in die engere<br />
Wahl. Manche Familien, vor allem auf dem Land, heben sich den<br />
Champagner dagegen bis zum Dessert auf. Hier kann letztlich jeder<br />
so vorgehen, wie er will. Das Einzige, was sich nicht als Aperitif eignet,<br />
sind stark zuckerhaltige Getränke, einschließlich Liköre. Denn sie<br />
können den Geschmack der nachfolgenden Speisen beeinträchtigen.<br />
Muss man zu einem Aperitif<br />
unbedingt etwas essen?<br />
Zwar muss man nichts essen, jedoch hat der Brauch,<br />
eine Kleinigkeit zu verzehren, durchaus Sinn: Wer bereits<br />
ziemlich hungrig ist, hält besser durch bis zur eigentlichen<br />
Mahlzeit. Außerdem mildert eine Grundlage die<br />
Wirkung des Alkohols, wenn er auf nüchternen Magen<br />
eingenommen wird. Die Häppchen zum Aperitif dürfen<br />
klein sein, sie sollen ja nur die Zeit überbrücken, bis zu<br />
Tisch gebeten wird.<br />
Als Feinschmecker achten Franzosen darauf, was<br />
sie zum Aperitif essen. Die Zeiten von Chips und anderen<br />
stark verarbeiteten industriellen Produkten sind<br />
passé. Heutzutage werden Oliven, getrocknete Früchte<br />
oder noch besser hausgemachte Snacks bevorzugt,<br />
zum Beispiel Quiche oder Pizza, die in handliche<br />
Portionen geschnitten wurden. Erlaubt ist auch Wurst<br />
und Schinken, vorausgesetzt, der Aufschnitt ist von<br />
guter Qualität. Die einfachsten Dinge sind oft die<br />
beliebtesten: Passend zur guten Flasche darf es auch<br />
eine exzellente Wurst oder Paté sein, gern wieder mit<br />
Geschichte: « vom Metzger unseres Vertrauens » oder<br />
« selbst gezaubert nach einem alten Familienrezept ».<br />
In die Rubrik « Deftiges » passt auch ein guter, luftgetrockneter<br />
Schinken, in dünne Scheiben geschnitten<br />
wird er für viel Zuspruch sorgen.<br />
Wussten Sie schon?<br />
Eingefahrene Gewohnheiten haben ein langes<br />
Leben: Ein Aperitif ist in Frankreich statistisch<br />
gesehen eher Männersache: 55 Prozent der<br />
Männer geben an, mindestens einmal pro<br />
Woche einen Aperitif zu nehmen, nur 41<br />
Prozent der Frauen tun es ihnen gleich. Und<br />
im Gegensatz zu dem, was man von unseren<br />
Nachbarn denken könnte, sind nur vier Prozent<br />
der Franzosen täglich einem Aperitif zugeneigt.<br />
Kulturell überheblich sind die Franzosen in<br />
Sachen Aperitif jedenfalls nicht: Eine Mehrheit<br />
von 54 Prozent denkt, dass der Aperitif keine rein<br />
französische Tradition hat, sondern in anderen<br />
Ländern ebenso beliebt ist.<br />
Während eines Aperitifs redet man natürlich<br />
– aber am wenigsten über Politik. Die Themen,<br />
die am meisten diskutiert werden, sind<br />
nach Meinung von 63 Prozent der Befragten<br />
allgemeiner Natur und Aktualität: persönliche<br />
Geschichten der Anwesenden (39 Prozent), das<br />
Leben in der Nachbarschaft (29 Prozent) und<br />
Neues im Sport (15 Prozent). Erst dann kommt<br />
die Politik mit 13 Prozent, dicht gefolgt von<br />
Klatsch (zehn Prozent), den kleinen indiskreten<br />
Geschichten über berühmte Leute.<br />
Am wichtigsten ist die Atmosphäre beim Aperitif<br />
und weniger, was die Gläser und Teller füllt. 90<br />
Prozent der Befragten geben an, dass es vor<br />
allem darauf ankommt, dass alle integriert<br />
werden und miteinander reden, dagegen ist es<br />
nur für <strong>49</strong> Prozent von Bedeutung, dass jeder gut<br />
essen und trinken kann.<br />
Quelle: IFOP-Umfrage, Mai 2013<br />
Welche Menge an Alkohol<br />
trinkt man als Aperitif?<br />
Auch hier ist alles eine Frage der Ausgewogenheit.<br />
Es geht nicht darum, sich zu betrinken, ganz im Gegenteil.<br />
Meistens reicht die Zeit nur für ein Glas, damit<br />
ist das Limit klar und bei Tisch geht es dann ja gleich<br />
mit Wein weiter. In einigen Regionen Frankreichs ist es<br />
jedoch üblich, seinen ersten Drink zu verdoppeln, also<br />
die gleiche Menge noch einmal zu trinken. In diesem<br />
Fall ist es besser, vorsichtig zu sein und nur kleine Mengen<br />
auszuschenken. Vorsicht bei Hochprozentigem:<br />
Ein Pastis Marseillais wirkt stärker als ein Kir oder ein<br />
Bier, vor allem, wenn man nicht daran gewöhnt ist.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 81
ART DE VIVRE Rezept<br />
«<br />
Ile<br />
flottante, wörtlich übersetzt « schwimmende<br />
Insel », ist ein großer Klassiker<br />
unter den französischen Desserts. In vielen<br />
französischen Restaurants steht es auf der<br />
Speisekarte. Manche sagen dazu auch Œufs<br />
à la neige (Eischnee). Ursprünglich handelte<br />
es sich um Eischnee, der mit einer Crème<br />
anglaise und auf einer in Likör getränkten<br />
Brioche serviert wurde. Im Laufe der Zeit<br />
fiel die Brioche weg, was das Ganze leichter<br />
verdaulich macht. Mich begeistert neben dem<br />
Geschmack das Aussehen dieses Desserts.<br />
Beim Anfertigen der Karamellhauben sind<br />
der Kreativität keine Grenzen gesetzt.<br />
»<br />
Ile flottante<br />
Für 4 Personen • Vorbereitungszeit: 20 min<br />
82 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Zutaten<br />
Für die Crème anglaise:<br />
500 ml Milch<br />
65 g Zucker<br />
1 Vanillestange<br />
(alternativ: 1 Packung<br />
Vanillezucker)<br />
4 Eigelb<br />
Für den Eischnee:<br />
4 Eiweiß<br />
40 g Zucker<br />
Salz<br />
Für die Karamellhaube:<br />
75 g Zucker<br />
Zubereitung<br />
Crême anglaise:<br />
• Vanillestange längs aufschneiden<br />
und die Samen herauskratzen.<br />
Anschließend die Schote und<br />
die Samen in die Milch geben<br />
und diese in einem Topf kurz<br />
aufkochen lassen. Alternativ<br />
zur Vanillestange lässt sich auch<br />
Vanillezucker verwenden.<br />
• Währenddessen das Eigelb der<br />
Eier vom Eiweiß trennen. Das<br />
Eigelb und den Zucker in eine<br />
Schüssel geben und mit einem<br />
Schneebesen schlagen, bis das<br />
Eigelb heller wird. Anschließend<br />
langsam die erhitzte Milch unter<br />
ständigem Rühren dazugießen.<br />
• Die Masse in einen Topf umfüllen<br />
und bei schwacher Hitze erwärmen.<br />
Dabei alles mit einem Holzlöffel<br />
gleichmäßig umrühren, bis<br />
die Sauce leicht andickt. Wenn der<br />
weiße Schaum von der Oberfläche<br />
verschwindet oder wenn die Crème<br />
leicht am Löffel kleben bleibt, kann<br />
die Sauce vom Herd genommen<br />
werden. Anschließend alles durch<br />
ein Sieb gießen, abkühlen lassen<br />
und in den Kühlschrank stellen.<br />
Eischnee:<br />
• Ein wenig Wasser in einem Topf<br />
zum Kochen bringen. Währenddessen<br />
eine Prise Salz zum Eiweiß<br />
geben und das Eiweiß zu Eischnee<br />
schlagen. Anschließend den<br />
Zucker hinzugeben und weitere<br />
fünf Minuten kräftig schlagen.<br />
• Mit Hilfe von zwei Esslöffeln kleine<br />
Eischneehaufen bilden und ins<br />
siedende Wasser legen. Darauf achten,<br />
dass sie sich im Wasser nicht<br />
berühren. Nach 45 Sekunden den<br />
Eischnee mit einem Schaumlöffel<br />
aus dem Wasser nehmen, abtropfen<br />
lassen und zur Seite legen.<br />
Karamellhaube:<br />
• In einem Topf bei mittlerer Hitze<br />
den Zucker ohne Zutun von<br />
Wasser karamellisieren lassen.<br />
• Anschließend mit einem Esslöffel<br />
eine Portion herausnehmen und auf<br />
einer umgekehrten Kelle ein Muster<br />
nach Wahl gießen. Da die Kelle<br />
kalt ist, wird die Flüssigkeit alsbald<br />
erstarren. Anschließend die Kelle<br />
umdrehen und die Karamellhaube<br />
vorsichtig von der Kelle lösen.<br />
• Die kalte Crème anglaise in vier<br />
Dessertschalen gießen. Anschließend<br />
die Eischneehaufen<br />
gleichmäßig auf die vier Portionen<br />
verteilen. Zum Schluss die Karamellhaube<br />
darauf dekorieren. Das<br />
Dessert kann serviert werden.<br />
Tipp<br />
• Anstelle der Karamellhaube<br />
kann man auch zerkleinerte<br />
Pralinen, in Stücke geschnittene<br />
Mandeln oder Streifen von<br />
Limonenschalen verwenden.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 83
ART DE VIVRE Genuss<br />
Serie: Frankreichs AOC<br />
Teil 12: Die AOC Aquitaniens<br />
Aquitanien zeichnet sich durch seine Lage zwischen dem Atlantischen Ozean im Westen,<br />
den weitläufigen Kiefernwäldern der Landes im Hinterland der Küste und den hohen Bergen<br />
der Pyrenäen im Süden aus. 130 regionale Produkte genießen einen AOC-/AOP-Status. Das<br />
Gros der kontrollierten Herkunftsbezeichnungen entfällt auf Weine. Aber auch ein paar<br />
AOC-Lebens mittel kommen aus der Region, selbst wenn deren Hauptproduktionsgebiete<br />
teilweise in Nachbarregionen liegen. Unterm Strich wird die Region ihrem Ruf gerecht, eine<br />
Hochburg für Weinliebhaber und Feinschmecker zu sein.<br />
Weine<br />
Aquitanien ist die Heimat eines der wichtigsten und berühmtesten Weinanbaugebiete<br />
der Welt, das Bordelais. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass rekordverdächtige<br />
113 Weine aus der Region das AOC-Siegel auf ihren Flaschen tragen. Dazu<br />
zählen weiße, roséfarbene und rote Bordeaux-Weine genauso wie die Appellationen<br />
« Bergerac », « Buzet », « Graves », « Loupiac », « Montbazillac » und « Margaux ». Sie<br />
alle zusammen sorgen dafür, das Aquitanien für seine Weine weltbekannt ist.<br />
Weinbrände<br />
In Aquitanien gedeihen nicht nur exquisite Weine. Die Region partizipiert auch<br />
an der Herstellung von zwei prominenten Weinbränden, die primär mit den Nachbarregionen<br />
Poitou-Charentes und Midi-Pyrénées in Verbindung gebracht werden:<br />
Cognac und Armagnac. Zwischen beiden Weinbränden gibt es Ähnlichkeiten,<br />
beispielsweise kommen in beiden Fällen Reben der Sorte Ugni Blanc zum Einsatz.<br />
Bedeutende Unterschiede existieren dagegen hinsichtlich der Destillierung und<br />
des Geschmacks. Armagnac wird hauptsächlich im Departement Gers produziert,<br />
das zur Region Midi-Pyrénées gehört, Cognac in den Departements Charente und<br />
Charente-Maritime der Region Poitou-Charentes. Ein Teil der Reben stammt aber<br />
jeweils von Weinbergen auf aquitanischem Boden.<br />
Äpfel & Nüsse<br />
Nüsse haben im Périgord, das Teil Aquitaniens ist, eine lange Tradition. Man hat Nachweise<br />
davon bereits in den Siedlungen der Cro-Magnon-Menschen gefunden. Im 10. Jahrhundert<br />
nutzten Bauern Nüsse als Zahlungsmittel, um Schulden zurückzuzahlen. Drei Jahrhunderte<br />
später galt Nussöl als fast genauso wertvoll wie Gold. Nüsse aus dem Périgord sind heute der<br />
« Rolls-Royce » unter den französischen Nüssen. Ihr Anbau unterliegt strengen Regeln. Wie<br />
beim Wein gibt es für diese Nüsse auch die Variante « primeur ». Darunter versteht man Nüsse,<br />
die im Inneren noch weich sind und die bis spätestens 15. Oktober eines Jahres geerntet wurden.<br />
Beim Obst profitiert die Region außerdem vom benachbarten Limousin. Da der berühmte als<br />
AOC geadelte « Pomme de Limousin » zum Teil auch auf aquitanischem Territorium gedeiht,<br />
darf sich die Region ebenfalls damit schmücken.<br />
84 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Gewürze<br />
Seitdem der Piment d’Espelette im Jahr 2000 mit dem AOC-Siegel und<br />
2012 mit dem europäischen Pendant AOP ausgezeichnet wurde, geht es mit<br />
der lokalen Wirtschaft des namensgebenden Pyrenäendorfes bergauf. Schon<br />
immer waren die weißen Häuser mit roten Fensterläden des Dorfes eine Sehenswürdigkeit,<br />
da in den Gassen die Chilischoten malerisch zum Trocknen<br />
aufgehängt werden. Seit der Auszeichnung strömen noch mehr Neugierige in<br />
den Ort südöstlich von Bayonne. Es heißt sogar, dass die Immobilienpreise gestiegen<br />
seien, da es immer mehr Interessenten gebe, die den Ezpeletako biperra,<br />
wie die Chilisorte auf Baskisch heißt, selbst herstellen wollen. Das « rote Gold »<br />
von Espelette generiert einen Jahresumsatz von rund zehn Millionen Euro. Das<br />
weckt Begehrlichkeiten, zumal der Herstellungsprozess keine großen Investitionen<br />
erfordert. Der Piment d’Espelette wird als Pulver oder als Strang verkauft,<br />
der mindestens aus 20 Schoten, manchmal aber auch aus bis zu 100 Schoten<br />
besteht. Als Pulver ersetzt er gerne den Pfeffer beim Würzen einer Speise. Als<br />
Schote, frisch oder getrocknet, wird er üblicherweise in Stücke geschnitten und<br />
zur Bereicherung von Saucen und Schmorgerichten eingesetzt.<br />
Käse & Butter<br />
Der Ossau-Iraty kommt aus dem Béarn und dem Baskenland und ist der<br />
Star der lokalen Käsesorten. Der Schafskäse wird vor allem im Departement<br />
Pyrénées-Atlantiques produziert, aber auch in ein paar Kommunen im Departement<br />
Hautes-Pyrénées, das bereits zur Region Midi-Pyrénées gehört.<br />
Seinen Namen hat er vom Iraty-Wald, einem der größten Buchenwälder<br />
Europas. Seit den 1970er-Jahren kämpften die Hersteller darum, dass der<br />
Käse nicht nur eine Variante des Roqueforts wurde, sondern seine eigene<br />
kontrollierte Herkunftsbezeichnung bekam. 1980 war es soweit und der<br />
Ossau-Iraty erhielt sein AOC-Siegel. Außerdem darf sich Aquitanien mit<br />
den AOC-Produkten Rocamadour (Käse) sowie Beurre de Charentes-Poitou,<br />
Beurre de Charente und Beurre des Deux-Sèvres (alles Buttersorten) schmücken.<br />
Zwar findet deren Produktion vornehmlich in Nachbarregionen statt, ein<br />
Teil der Milch kommt aber auch aus Aquitanien.<br />
AOC & AOP<br />
Die Appellation d’Origine Contrôlée, kurz AOC, bzw. das<br />
europäische Pendant, die Appellation d’Origine Protégée, kurz<br />
AOP, sind kontrollierte Herkunftsbezeichnungen für vielfältige<br />
landwirtschaftliche Erzeugnisse, beispielsweise für Weine und<br />
Molkereiprodukte. Beide Bezeichnungen weisen darauf hin, dass<br />
ein Produkt innerhalb einer bestimmten geografischen Zone<br />
nach fest definierten, meist altbewährten Methoden hergestellt<br />
wurde. Die Auszeichnung steht für Authentizität und Qualität und<br />
bürgt für eine lokale Verwurzelung im Herstellungsprozess.<br />
Verstöße gegen die Vorschriften eines AOC- bzw. AOP-Produktes<br />
sowie eine missbräuchliche Verwendung der Auszeichnung<br />
werden geahndet. Das Institut National des Appellations<br />
d’Origine (INAO) wacht über das System.<br />
Natürlich muss ein Produkt, das nicht über ein AOC- bzw. AOP-Siegel<br />
verfügt, nicht automatisch minderwertig sein. Denn die Prozesse,<br />
eine solche Auszeichnung zu erhalten, sind oft langwierig und die<br />
Auflagen, die das Produkt erfüllen muss, entsprechend hoch, was<br />
sich gerade kleine Produzenten oft nicht erlauben können. Für den<br />
Kunden ist die kontrollierte Herkunftsbezeichnung trotzdem eine<br />
wichtige Hilfe bei der Kaufentscheidung, insbesondere wenn man<br />
einen Hersteller selbst nicht kennt.<br />
Bisher erschienen: Auvergne (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38), Normandie (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39), Bretagne (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 40), Rhône-Alpes<br />
(Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41), Elsass (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42), Korsika (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43), Provence-Alpes-Côte d’Azur (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 44), Pays<br />
de la Loire (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 45), Burgund (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 46), Franche-Comté (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47), Limousin (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 48)<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 85
ART DE VIVRE Gastronomie<br />
Wenn es eine Sache<br />
gibt, die von allen<br />
französischen Regionen<br />
in den Vordergrund<br />
gestellt wird, dann ist es<br />
die Behauptung, dass man<br />
in der eigenen Region gut<br />
essen könne. Überall im Land<br />
ist man stolz auf die lokale<br />
Küche, auf regionale Produkte<br />
und Besonderheiten in der<br />
Zubereitung, auf die Kunst, die<br />
Nahrungsaufnahme als ein Erlebnis<br />
zu inszenieren. Gut zu essen, ist eines der<br />
wichtigsten Bedürfnisse der Franzosen. Doch<br />
obwohl dies für das ganze Land gilt, gibt es unter<br />
den 22 Regionen Frankreichs eine, wo sich kulinarische<br />
Genüsse ganz besonders zu Hause fühlen dürfen: in den Pays-de-la-Loire.<br />
Schon seit Jahrhunderten pflegt man in der Region ohne viel Aufsehen eine<br />
raffinierte Kochkunst. Diese Tradition erlaubt den Pays-de-la-Loire auch heute,<br />
Besucher mit etwas so Universellem wie dem Essen zu überraschen.<br />
86 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Die Loire, Frankreichs mythischer Fluss, spielte in<br />
der Entwicklung des Landes zur Feinschmeckernation<br />
eine wichtige Rolle. Angefangen hat es in<br />
einem westlichen Abschnitt des Flusses in der Region<br />
Centre im 15. Jahrhundert. 1483 wurde im Manoir de la<br />
Devinière unweit von Chinon ein Junge geboren, der später<br />
einer der berühmtesten Schriftsteller Frankreichs wurde<br />
und einer, der die französische Sprache nachhaltig prägte:<br />
François Rabelais.<br />
Der überzeugte Humanist und aufgeschlossene Autor<br />
schuf in einem Romanzyklus die Figur « Gargantua », einen<br />
Riesen, der einen unendlichen Appetit hat und alles<br />
verschlingt, was ihm vor den Mund kommt – im eigentlichen<br />
wie im übertragenen Sinne. Rabelais’ Held lebt<br />
inmitten des Volksstammes der « Gastrolatres », für die die<br />
Nahrungsaufnahme Hauptbestandteil ihres Lebens ist,<br />
womit sie den ganzen Tag beschäftigt sind. Sie leben, um<br />
zu essen. Von dem Wort « Gastrolatres » zur Bezeichnung<br />
« Gastronomie » ist es kein großer Schritt mehr. Ein Teil<br />
des Ursprungs für dieses Wort liegt also an dieser Stelle<br />
des Flusses.<br />
Zum ersten Mal erwähnt wurde das Wort aber weiter<br />
flussaufwärts, weiter südöstlich im Land, wo die Quelle<br />
der Loire liegt. 1760 wurde in dem kleinen Dorf Saint-<br />
Symphorien-de-Lay im Departement Loire in der Region<br />
Rhône-Alpes Joseph de Berchoux geboren. Ein heute fast<br />
vergessener Dichter, der aber für den Ursprung des Wortes<br />
« Gastronomie » verantwortlich ist.<br />
Er veröffentlichte 1801 das Gedicht « La Gastronomie<br />
ou l’homme des champs à table » (dt. « Die Gastronomie<br />
oder die Landmenschen zu Tisch »), das in vier Teile<br />
untergliedert ist: « Histoire de la cuisine des anciens »<br />
(dt. « Geschichte der Küche der Vorfahren) », « Premier<br />
service » (dt. « Erster Service »), « Second service » (dt.<br />
« Zweiter Service) » und « Dessert » (dt. Nachtisch). Eine<br />
Speisenabfolge, die sich zum Grundkonzept der französischen<br />
Küche entwickelte und seit 2010 zum immateriellen<br />
Weltkulturerbe der UNESCO gehört. Berchoux grenzte<br />
sich mit seinem Gourmetansatz dabei auch von der<br />
Völlerei in Rabelais’ Werk ab.<br />
Es ist auf jeden Fall die Loire, der Fluss<br />
aller Flüsse Frankreichs, wo die Gastronomie<br />
im Sinne der Feinschmeckerei<br />
geboren wurde. Vielleicht<br />
sind es deshalb auch die Paysde-la-Loire,<br />
wo man sich<br />
dem guten Essen ganz<br />
besonders verpflichtet<br />
fühlt. In dieser weitläufigen<br />
Ebene entlang<br />
des letzten Abschnittes<br />
der Loire<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 87
ART DE VIVRE Gastronomie<br />
Oben: Feinschmeckermarkt in Nantes während des « Festival<br />
des goûts uniques 2012 ». Unten: Der Keks « LU », für den Nantes<br />
bekannt ist. S. 86: Beim « Festival des goûts uniques 2012 »<br />
wurde ein großes Dinner im Innenhof des Schlosses der<br />
Herzöge der Bretagne veranstaltet. S. 87 im Uhrzeigersinn:<br />
Traditionelles Restaurant in Clisson. Gemeinsames Essen in<br />
Angers während des « Festival des goûts uniques 2012 ». Die<br />
« Cantine du voyage » während der « Voyage à Nantes » 2013.<br />
auf ihrem Weg zum Meer liegen die fünf Departements<br />
Mayenne, Sarthe, Maine-et-Loire, Loire-Atlantique und<br />
Vendée.<br />
Auf den fruchtbaren Böden zwischen dem Landesinneren<br />
und dem Ozean gedeihen ganz unterschiedliche<br />
Lebensmittel. Dies spiegelt sich natürlich in der lokalen<br />
Küche wider. Die Gegend rund um Nantes ist bekannt für<br />
Gemüse. Egal ob Karotten, Zwiebeln, Rüben, Lauch oder<br />
Salate, viele Produkte haben im ganzen Land einen hervorragenden<br />
Ruf. Die Vendée ist berühmt für ihre Bohnen<br />
(mogettes) und ihren Schinken ( jambon vendéen). An der<br />
Küste und auch entlang der Loire kommen zudem gerne<br />
Meeresfrüchte auf den Tisch. Die fleur de sel de guérande<br />
ist ein Muss für Feinschmecker.<br />
In den nördlichen und östlichen Landesteilen der<br />
Region dreht sich viel ums Fleisch. Die rillettes du Mans,<br />
ein Brotaufstrich, sind ein Genuss, genauso wie die andouilette,<br />
eine Wurst aus Innereien, oder der boudin blanc,<br />
eine Weißwurst. Angers ist berühmt für sein Kalbfleischgericht<br />
cul de veau au vin blanc et aux morilles oder sein<br />
Gänsefleischgericht oie farcie de Segré aux marrons.<br />
Entlang der Loire beschränkt sich die Liebe zum<br />
guten Essen aber nicht nur auf eine Liste lokaltypischer<br />
Speisen. So ist Tours inzwischen national und international<br />
für Veranstaltungen bekannt, die sich mit dem Essen<br />
beschäftigen. Beispielsweise die « Rencontres François<br />
Rabelais », eine von der Universität der Stadt initiierte<br />
Konferenz, die sich wissenschaftlich dem Thema nähert.<br />
Die Universität hat aus dem Essen sogar eine universitäre<br />
Disziplin gemacht und einen Lehrstuhl eingerichtet, der<br />
sich um das kulinarische Erbe kümmert. Oder das « Euro<br />
88 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Unsere Dossiers <strong>2014</strong><br />
Gusto », ein Festival, bei dem es um den internationalen<br />
Trend des Slow Food geht.<br />
Überall entlang der Loire gibt es viele gute und zum<br />
Teil innovative Restaurants. Die Stadt Nantes nutzt die<br />
Gastronomieszene sogar als positiven Standortfaktor. Jedes<br />
Jahr gibt die Hauptstadt der Pays-de-la-Loire einen kostenlosen<br />
Gastronomieführer heraus (auch als digitale Version<br />
www.lestablesdenantes.fr), der Restaurants listet, die<br />
mit frischen lokalen Produkten kochen und Weine aus der<br />
Gegend ausschenken. So will man Einheimische und Besucher<br />
für gutes Essen sensibilisieren und die lokale Wirtschaft<br />
unterstützen. Der Führer ist inzwischen so beliebt,<br />
dass er in der Stadt genauso wichtig geworden ist wie die<br />
großen Restaurantführer Michelin und Gault et Millau.<br />
Darüber hinaus wird in Nantes seit 2010 alle zwei<br />
Jahre das « Festival des gôuts uniques » veranstaltet, das<br />
jeweils Tausende von Neugierigen anzieht und für das<br />
unter anderem riesige temporäre Restaurants in der Stadt<br />
eingerichtet werden.<br />
Außerdem wurde während der jährlichen Veranstaltung<br />
« Le voyage à Nantes » letzten Sommer eine « Cantine<br />
du voyage » eröffnet, die ein Zentrum des geselligen<br />
Zusammenseins und des guten Essens wurde. Es gab<br />
dort ein Restaurant, einen Feinkostladen mit kulinarischer<br />
Buchhandlung, einen Abendmarkt und Platz<br />
für Petanque und Tischfußball. Samstagabends wurde<br />
gegrillt und sonntagsmittags verspeiste man gegrillte<br />
Hähnchen in großer Runde. Nächsten Sommer wird<br />
man wieder etwas Ähnliches erwarten dürfen.<br />
Alles Initiativen, die man eher aus anderen Trendstädten<br />
wie Berlin kennt als von französischen Orten und<br />
die zeigen, das gutes Essen nicht immer auch gleichzeitig<br />
kostspielig sein muss. Ohnehin ist es für die Restaurants<br />
der Gegend typisch, dass sie gerne mit simplen Zutaten<br />
experimentieren. Ausgangspunkt ist dann meist ein typisches<br />
lokales Produkt, das in einen neuen, vielleicht<br />
ungewöhnlichen Kontext gestellt wird. Gerne spielen die<br />
Köche mit unterschiedlichen Geschmacksnoten, egal ob<br />
es sich um die Sternegastronomie oder das Restaurant<br />
um die Ecke handelt.<br />
Daher verwundert es nicht, dass sich Wochenmärkte<br />
in der Region unverändert großer Beliebtheit erfreuen,<br />
egal ob in Städten wie Laval, Le Mans, Angers, Nantes,<br />
Saumur und La Roche-sur-Yon oder in Dörfern wie<br />
Clisson. Oft kann man auf diesen Märkten früh am<br />
Morgen auch die lokalen Küchenchefs treffen und beobachten,<br />
wie die Händler bereits die besten Produkte für<br />
die Gastronomen reserviert haben.<br />
Natürlich gilt dies alles nicht nur für die Pays-dela-Loire.<br />
Doch gerade in dieser Region gehört die gute<br />
Küche wie ganz selbstverständlich zum Leben. Es handelt<br />
sich nicht um einen prätentiösen Ansatz. Außerdem<br />
ist man für Innovationen offen. François Rabelais würde<br />
sich sicherlich darüber freuen. Sein Riese « Gargantua »<br />
würde, wenn er diesen Artikel lesen könnte, wahrscheinlich<br />
schreien: « A table! ».<br />
1/<strong>2014</strong> Frühjahr<br />
1914 – Beginn des Ersten<br />
Weltkrieges<br />
2/<strong>2014</strong> Sommer<br />
814 – Der Tod von Karl<br />
dem Großen<br />
3/<strong>2014</strong> Herbst<br />
Euro(pa) – Euro(pe)<br />
4/<strong>2014</strong> Winter<br />
Deutsch-französische<br />
Vorurteile<br />
www.dokumente-documents.info
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 20<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 23<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 27 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 28<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 29<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 32<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 34<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 35 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 36<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 37<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 40<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 44<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 45 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 46 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 48
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Reisethemen,<br />
nach Regionen geordnet:<br />
7<br />
9<br />
8<br />
6<br />
5<br />
1<br />
10<br />
2<br />
12<br />
4<br />
3<br />
11<br />
13<br />
14<br />
1 Paris und Umgebung <strong>Nr</strong>.<br />
Oscar Niemeyer: Mit Frankreich auf Du und Du 48<br />
Monnaie de Paris: MétaLmorphoses, die Geburt eines neuen<br />
Stadtteils<br />
Monnaie de Paris: Eine Fabrik hinter königlicher Fassade 46<br />
Paris mit Kindern: Tipps für einen Städtebesuch mit dem<br />
Nachwuchs<br />
Le Bon Marché: Eine Pariser Institution feiert ihren 160.<br />
Geburtstag<br />
Stadtentwicklung: Architektonischer Aufbruch an der Seine 40<br />
Hôtel des Invalides: Ein kleines Militär-Versailles mitten in<br />
Paris<br />
Les Arènes de Lutèce: Die unerwartete Entdeckung eines<br />
römischen Amphitheaters<br />
Lido: Carien, Porträt einer Startänzerin 37<br />
Avenue des Champs-Elysées: Wie steht es um den Glanz des<br />
Prachtboulevards?<br />
Musée Rodin: Der Charme eines Künstleranwesens<br />
mit einzigartigem Garten<br />
Notre-Dame: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
2 Nordfrankreich <strong>Nr</strong>.<br />
Calais: Eine Stadt mit Spitze 48<br />
Musée Matisse: Kunstgenuss auf dem platten Land 47<br />
Pays de Condé: Eine Bergbaugegend erfindet sich neu 43<br />
10 Ideen... für Ferien am Meer 40<br />
10 Ideen...für Nord-Pas-de-Calais 38<br />
Arras & Douai: Riesen für den Kleinen 36<br />
Amiens: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Beauvais: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Jardins de Valloires: Die 10 schönsten Gärten Frankreichs 32<br />
Symbole der Freiheit: Nordfrankreichs Belfriede 29<br />
Hotel<br />
Pasino Saint-Amand-les-Eaux 43<br />
3 Elsass / Lothringen / Champagne <strong>Nr</strong>.<br />
Abbaye de Murbach: Es steht ein Kloster im Walde 47<br />
Schiffshebewerk Saint-Louis/Arzviller: Ein Fahrstuhl für Schiffe 45<br />
48<br />
42<br />
41<br />
38<br />
37<br />
36<br />
35<br />
Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze<br />
(Teil 1: Ostfrankreich)<br />
Wellness in den Bergen: Nach dem Sport die Erholung 43<br />
Musée Lalique: Eine Hommage an die Glasmacherkunst 43<br />
Maison de Robert Schuman: Zu Besuch bei einem der Väter<br />
des vereinten Europas<br />
Genuss: Die AOC des Elsass 42<br />
10 Ideen...für ein Wochenende im Elsass 41<br />
Haut-Kœnigsbourg: Ein wahrhaft deutsch-französisches<br />
Kulturerbe<br />
Marne: In der Heimat des Champagners 40<br />
Bitche: Das zweite Leben einer Zitadelle 38<br />
Grand Ballon: Eine Wanderung auf die Spitze der Vogesen 37<br />
Neufchef & Aumetz: Das stolze Erbe der lothringischen Kumpel 36<br />
Mont Sainte-Odile: Berg der Hoffnung und der Tragödie 35<br />
Straßburg: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Reims: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Metz: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Serie: Städtevergleich (4): Metz versus Nancy 34<br />
Höhenrausch in den Vogesen: Route des Crêtes 29<br />
Kaysersberg im Elsass: Ein Traum aus Fachwerk 27<br />
Epernay: Die Champs-Elysée des Schaumweins 23<br />
Hotel<br />
La Clairière Bio- & Spa-Hotel, La Petite-Pierre 38<br />
Museumotel L'Utopie, Raôn-l'Etape 29<br />
Le Château-Fort, Sedan 16<br />
Le Prestige Impérial, Plombières-les-Bains 12<br />
4 Burgund / Jura <strong>Nr</strong>.<br />
Saône: Mit dem Hausboot auf der Saône unterwegs 44<br />
Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze<br />
(Teil 1: Ostfrankreich)<br />
Maison de Louis Pasteur: Ein Dorf im Fokus der Wissenschaft 43<br />
Hospices de Beaune: Ein Krankenhaus mit Weinbergen 41<br />
Lac de Pannecière: Spaziergang durch die Ruinen eines<br />
untergegangenen Dorfes<br />
Montbéliard: Die Farben einer Stadt 41<br />
Peugeot-Museum: Mehr als ein Automobilmuseum 39<br />
Roche de Solutré & Roche de Vergisson: Zwei Felsen, ein<br />
Wanderparadies<br />
Wein: Saint-Véran aus Burgund 35<br />
Châtillon-sur-Seine: Das Erwachen einer verschlafenen<br />
Provinzstadt<br />
Château de Saint-Fargeau: Wo der Blick hinter die Kulissen<br />
erlaubt ist<br />
Der Pilgerhügel von Vézelay 20<br />
5 Loire-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Cheverny: Das Schloss von Tim und Struppi 43<br />
Mit dem Ballon übers Loire-Tal: Bitte zeichne mir ein Schloss 38<br />
Blois: Ein Schloss der Geheimnisse und Intrigen 36<br />
Le Mans: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Wein: Chinon, ein Wein für alle Fälle 34<br />
Château de Villandry: Die 10 schönsten Gärten Frankreichs 32<br />
Azay-le-Rideau: Ein Juwel der Renaissance 27<br />
Loire-Schlösser: Skandale, Anekdoten, Petitessen 20<br />
Hotel<br />
Troglobodo: Wohnen in der Höhle 31<br />
6 Normandie <strong>Nr</strong>.<br />
Oscar Niemeyer: Mit Frankreich auf Du und Du 48<br />
Mont-Saint-Michel: Der Wunsch, eine Insel zu werden 48<br />
Normandie: Heimat des Impressionismus 45<br />
Genuss: Die AOC der Normandie 39<br />
44<br />
42<br />
40<br />
44<br />
41<br />
35<br />
34<br />
32<br />
10 Ideen... ...für die Normandie 37<br />
Rouen: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Mont-Saint-Michel: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Dieppe: Die Stadt und das Meer 34<br />
Livarot: Das Brot der armen Leute 32<br />
Jardin Botanique de Vauville – Die 10 schönsten Gärten<br />
Frankreichs<br />
Mémorial: Ein Museum für den Frieden 31<br />
Die fantastische Reise zur Ile de Tatihou 28<br />
Die Ruinenreste der Abtei von Jumièges 23<br />
Honfleur: Hafenromantik und Künstlerflair 20<br />
Hotel<br />
Domaine de la Corniche, Rolleboise (Giverny) 36<br />
7 Bretagne <strong>Nr</strong>.<br />
Ploumanac’h: Die Magie der bretonischen Nordküste 48<br />
Vitré, Fougères, Combourg, Château des Rochers-Sévigné:<br />
Mittelalterliche Festungen und literarische Vermächtnisse<br />
Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze<br />
(Teil 2: Westfrankreich)<br />
Bürgerbewegung: Libérez les menhires 42<br />
Genuss: Die AOC der Bretagne 40<br />
Abbaye de Daoulas: Kloster der Kultur und der Heilpflanzen 39<br />
Golfe du Morbihan: Ein typisch bretonisches Naturerlebnis 35<br />
Ile d'Ouessant: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Ile de Sein: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Ile-aux-Moines: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Belle-Ile-en-Mer: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Jardins de l'Abbaye de Daoulas – Die 10 schönsten Gärten<br />
Frankreichs<br />
Jardins du Château de la Ballue – Die 10 schönsten Gärten<br />
Frankreichs<br />
Pointe du Raz: Das Ende der Welt 31<br />
Ile de Bréhat 29<br />
Hotel<br />
Castel Beau Site, Ploumanac’h 48<br />
8 Nördliche Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />
Ile d‘Oléron, Ile de Ré, Ile Madame, Ile d‘Aix, Fort Boyard: Reif<br />
für die Insel(n)<br />
Loire-Mündung: Kunst am Fluss 45<br />
Nantes: Im Westen viel Neues 44<br />
EU-Hauptstadtjahre: 2013: Nantes und Marseille werden<br />
europäische Hauptstädte<br />
Cognac: Von betrunkenen Spinnen und verdächtig schwarzen<br />
Fassaden<br />
Radfernweg: Velodyssey, immer am Atlantik entlang 41<br />
10 Ideen... für Ferien am Meer 40<br />
Abteien, die sogar Kinder begeistern 40<br />
Marais Poitevin: Die grünen Kanäle des Marais Poitevin 38<br />
Likör: Angélique de Niort, Likor aus einer Heilpflanze 38<br />
Futuroscope: Zukunftspark mit rosiger Zukunft 37<br />
Zukunftspark mit rosiger Zukunft 36<br />
Ile d'Yeu: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Ile de Ré: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Clisson: Ein Stück Italien im Westen Frankreichs 32<br />
Hotel<br />
Hôtel Napoléon, Ile d‘Aix 46<br />
Logis Saint-Martin, Saint-Maixent-l'Ecole 37<br />
9 Südliche Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />
Wein: Jurade de Saint-Emilion 47<br />
Bordeaux 2.0 46<br />
32<br />
47<br />
45<br />
32<br />
32<br />
46<br />
43<br />
42
Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze<br />
(Teil 2: Westfrankreich)<br />
Radfernweg: Velodyssey, immer am Atlantik entlang 41<br />
Chantals Rezept: Cannelés 41<br />
10 Ideen... für Ferien am Meer 40<br />
Wein: Château Bardins 37<br />
Gironde: Wie Vauban eine Flussmündung abriegelte 36<br />
Stadtentwicklung: Bordeaux, eine Stadt mit Ambitionen 35<br />
Genuss: Gâteau basque 34<br />
Baskenland: Saint-Jean-Pied-de-Port, ein baskisches<br />
Schmuckstück<br />
Serie: Städtevergleich (2) Bordeaux versus Toulouse 32<br />
Bassin d'Arcachon: Auf den Spuren der Austernzüchter 28<br />
Périgord: Auf den Spuren von Jacquou le Croquant 23<br />
10 Zentralfrankreich / Pyrenäen <strong>Nr</strong>.<br />
Clermont-Ferrand: Aufbruch aus schwieriger Position 47<br />
Toulouse: Zu Besuch bei Airbus 46<br />
Östliche Pyrenäen: Le Train Jaune, ein Zug als Wahrzeichen 45<br />
Gouffre de Padirac: Der Erdmitte ein Stückchen näherkommen 44<br />
Wellness in den Bergen: Nach dem Sport die Erholung 43<br />
Pastell: Das blaue Gold 43<br />
Guéwen a testé... Pastellworkshop 43<br />
Bastiden: Die neuen Städte des Mittelalters 42<br />
Genuss: Die AOC der Auvergne 38<br />
Viaduc de Garabit 37<br />
Umweltschutz: Kettensägenmassaker am Welterbe Canal<br />
du Midi<br />
Albi: Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Serie: Städtevergleich (2) Bordeaux versus Toulouse 32<br />
Loirequelle: Wo alles beginnt 27<br />
Pic-du-Midi: Eine Nacht zwischen Himmel und Erde 27<br />
Corrèze: Die Gärten der Colette 20<br />
Hotel<br />
Grand Hôtel Le Turenne, Périgord 47<br />
Le Grand Balcon, Toulouse 42<br />
Hôtel parc beaumont, Pau 27<br />
11 Alpen / Rhône-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Montélimar & Umgebung: Eine Reise zwischen gestern und 46<br />
morgen<br />
Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze<br />
(Teil 1: Ostfrankreich)<br />
Lyon & Umgebung: Eine Reise zu den städtebaulichen Utopien<br />
des 20. Jahrhunderts<br />
Wellness in den Bergen: Nach dem Sport die Erholung 43<br />
Tradition: Guignol, kleine Helden aus Lyon 43<br />
Drôme-Tal: Ein Geheimtipp zwischen Provence und Alpen 42<br />
Wein: Clairette de Die 42<br />
Genuss: Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />
Grignan. Im Land der schönen Briefe: eine Reise nach Grignan 40<br />
Wein: Lirac, das «mediterranste» Weinanbaugebiet im<br />
Rhône-Tal<br />
Jardin Zen d'Erik Borja: Auf der Suche nach dem verlorenen<br />
Garten<br />
Gastronomie: Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />
Tourismus: Trends für den Winterurlaub 2011/12 36<br />
Genuss: L'O Provençale: Olivenöl aus Nyons 36<br />
Genuss: Nougat aus Montélimar 35<br />
Ardèche: Zu den schönsten Dörfern der Ardèche 34<br />
Mont Blanc: Alpine Winterfreuden 31<br />
Vogelpark von Villars-les-Dombes 28<br />
Ardèche: Ein Departement voller Überraschungen 23<br />
Hotel<br />
Cour des Loges, Lyon 44<br />
Manoir de la Roseraie, Grignan 40<br />
Avenue Lodge Hotel, Val d'Isère 28<br />
Helvie, Val-les-Bains, Ardèche 23<br />
l’ermitage, Lyon 18<br />
45<br />
32<br />
36<br />
44<br />
44<br />
40<br />
39<br />
12 Languedoc-Roussillon <strong>Nr</strong>.<br />
Saint-Guilhem-le-Désert: Wenn ein Krieger zum Klosterbruder<br />
wird<br />
Stadtentwicklung: Montpellier, ein Synonym für Dynamik 47<br />
Pyrenäen: Le Train Jaune, ein Zug als Wahrzeichen 45<br />
Pont du Gard: Altes Aquädukt erfrischend jung 41<br />
Céret & Collioure: Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />
Umweltschutz: Kettensägenmassaker am Welterbe Canal<br />
du Midi<br />
Bambouseraie de Prafance – Die 10 schönsten Gärten<br />
Frankreichs<br />
Montpellier: Eine Stadt im Aufbruch 27<br />
Nîmes: Römische Baudenkmäler und mediterrane<br />
Lebensfreude<br />
Côte Vermeille: Die rote Küste 20<br />
Hotel<br />
Château L’Hospitalet, Narbonne 20<br />
13 Côte d’Azur / Provence <strong>Nr</strong>.<br />
Monaco: Die unglaubliche Saga eines kleines Fürstentums 47<br />
Grasse: Der Duft einer Hauptstadt 45<br />
Les Baux-de-Provence: Die unerwarteten Reize eines viel<br />
besuchten Dorfes<br />
Camping: Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze<br />
(Teil 1: Ostfrankreich)<br />
EU-Hauptstadtjahre: 2013: Nantes und Marseille werden<br />
europäische Hauptstädte<br />
Drôme-Tal: Ein Geheimtipp zwischen Provence und Alpen 42<br />
Orange: Eine Stadt spielt Theater 42<br />
10 Ideen... für Ferien am Meer 40<br />
Bormes-les-Mimosas: Wo Blumen wie Königinnen verehrt<br />
werden<br />
10 Ideen... für die Provence 39<br />
Ile de Port-Cros: Kleine Trauminsel im Mittelmeer 38<br />
Domaine du Rayol: Die Geschichte eines ungewöhnlichen<br />
Parks<br />
Eze: Wo die Berge ins Meer fallen 35<br />
Ile de Porquerolles: Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Dentelles de Montmirail: Mit dem Mountainbike durch das<br />
kleine Gebirge<br />
Nizza: Frühlingsgefühle einer Diva 32<br />
Avignon: Ein Tag in der Stadt der Päpste 31<br />
Serie: Städtevergleich (1) Lyon versus Marseille 31<br />
Wanderung: Auf Schusters Rappen durch die Provence 29<br />
Jean Cocteau zwischen Nizza und Menton 28<br />
Baux-de-Provence: Ein kleines Weingebiet wird groß 28<br />
Hotel<br />
Mas du Grand Vallon, Côte d’Azur 45<br />
Clarion Grand Hôtel Aston, Nizza 41<br />
B Design & Spa, Le Paradou 39<br />
Château de la Messardière, Saint-Tropez 35<br />
Attrap'Rêves, Allauch (Provence) 33<br />
Dolce Frégate, Saint-Cyr-sur-Mer 15<br />
14 Korsika <strong>Nr</strong>.<br />
Genuss: Die AOC Korsikas 43<br />
10 Ideen... für Ferien am Meer 40<br />
15 Überseegebiete (DOM/TOM) <strong>Nr</strong>.<br />
Französisch-Guayana: Natur, Geschichte, Raumfahrt 37<br />
Martinique: Entdeckungen in einer Postkartenidylle 31<br />
Weitere Themen<br />
Gesellschaft & Alltag<br />
Fußball-EM 2016: Frankreich im Stadienbaurausch 48<br />
Stadtentwicklung: Montpellier, ein Synonym für Dynamik 47<br />
Umwelt: Lavendel der Provence in Gefahr 46<br />
47<br />
36<br />
32<br />
23<br />
44<br />
44<br />
43<br />
39<br />
36<br />
34<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Franzosen und Gesellschaftsspiele:<br />
Ein Markt mit Steigerungspotential<br />
Verkehr: Neuer Trend: Der Bahnhof wird zum Flughafen 44<br />
Gewalt auf Korsika: Die Revolution der Frauen geht weiter 44<br />
EU-Hauptstadtjahre: 2013: Nantes und Marseille werden<br />
europäische Hauptstädte<br />
Shopping: Winterschlussverkauf, der andere Wintersport 43<br />
Interview: Michel Chevalet, der Mann, der den Franzosen die<br />
Wissenschaft erklärt<br />
Kriminalität: Angst über der Stadt 42<br />
Bürgerbewegung: Libérez les menhires 42<br />
Interview: Jean Viard, der Mann, der Frankreich beobachtet 41<br />
Stadtentwicklung: Architektonischer Aufbruch an der Seine 40<br />
Berufe: Simone Hérault, die Stimme Frankreichs 40<br />
Berühmtheiten: Die 100 bekanntesten Franzosen 39<br />
Frankreichbild: Frankreichs Image in der Welt 39<br />
Berufe: Die Unsterblichen, die 40 Wächter der französischen<br />
Sprache<br />
Berufe: Der Präfekt, lebendes Symbol des Zentralismus 38<br />
Berufe: Carien, Startänzerin im Lido 37<br />
Tourismus: Trends für den Winterurlaub 2011/12 36<br />
Berufe: Félisa, Gardienne in Paris 36<br />
Spendenbereitschaft: Wie großzügig sind die Franzosen? 35<br />
Laizität: Ein Thema von immerwährender Aktualität 34<br />
Ladenöffnungszeiten: Wird der Sonntag zum Werktag 34<br />
Serie: Städtevergleich (4): Metz versus Nancy 34<br />
Frauen: Madame Glückspilz? Die Situation der französischen<br />
Frauen<br />
Serie: Städtevergleich (2): Bordeaux versus Toulouse 32<br />
Serie: Städtevergleich (1): Lyon versus Marseille 31<br />
Mona Ozouf: Bretonin, Französin und Europäerin 31<br />
Es lebe die Elite!: Frankreichs Grandes Ecoles 29<br />
Fußball: Ist der Ball denn auch in Frankreich rund? 29<br />
Frankophonie: Eine Situationsanalyse 28<br />
Krieg auf vier Rädern: Die Debatte um das Quad 27<br />
Versailles: Traditionelle Berufe hinter historischen Mauern 23<br />
Gedenkkultur: Darf der Staat in die Geschichtsschreibung<br />
eingreifen?<br />
Politik<br />
Verkehrspolitik: Die Wiederentdeckung der Langsamkeit 47<br />
Hochschulpolitik: Teaching in English? Oh mon Dieu! 46<br />
Deutsch-Französische Freundschaft: Wenn eine Freundschaft<br />
zum Ritual wird<br />
Interview: Gregor Gysi und Frankreich 43<br />
Machtverhältnisse: Alles nach links 41<br />
Medien: Die politische Ausrichtung französischer Medien 40<br />
Volksabstimmungen: Modethema im Wahlkampf 39<br />
Fünf Jahre Sarkozy: Zeit für eine Bilanz 38<br />
François Hollande: Der neue Präsident? 37<br />
Umweltschutz: Kettensägenmassaker am Welterbe Canal<br />
du Midi<br />
Präsidentschaftswahl 2012: Die Kultur als Wahlkampfthema 35<br />
Stadtentwicklung: Bordeaux, eine Stadt mit Ambitionen 35<br />
Laizität: Ein Thema von immerwährender Aktualität 34<br />
TGV: Wieviel Hochgeschwindigkeit kann sich Frankreich<br />
leisten?<br />
Marine Le Pen: Das «neue» Gesicht des französischen<br />
Rechtsextremismus<br />
Staatsbankette: Wenn die Politik durch den Magen geht 29<br />
Plages de gauche, plages de droite: Urlaub in politischen<br />
Farben<br />
Frankophonie: Eine Situationsanalyse 28<br />
In Mamas oder Papas Fußstapfen: Kinder französischer<br />
Politiker in der Politik<br />
Frédéric Mitterrand: Der neue französische Kulturminister 23<br />
Licht und Kerzen: Lyon gratuliert Leipzig zum Wendejubiläum 23<br />
Umweltpolitik: Frankreich wagt die erneuerbaren Energien 20<br />
Subventionen: Wissen die Franzosen die EU überhaupt zu<br />
schätzen?<br />
Wirtschaft<br />
Monnaie de Paris: Pessac, hinter den Kulissen der Euro-<br />
Münzprägung<br />
Umwelt: Lavendel der Provence in Gefahr 46<br />
45<br />
43<br />
42<br />
39<br />
32<br />
20<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
44<br />
36<br />
34<br />
32<br />
28<br />
27<br />
20<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
47
Tourismus: Hauptsache außergewöhnlich 40<br />
Tourismus: Futuroscope, Zukunftspark mit rosiger Zukunft 37<br />
Austernkrise: Sterben Frankreichs Austern aus? 32<br />
Guide Michelin: Eine Deutsche an der Spitze der französischen<br />
Gastronomiebibel<br />
Olympia 2012: Wie Frankreichs Norden von den Spielen in<br />
London profitieren will<br />
Flughäfen: Welche Zukunftsperspektiven haben Frankreichs<br />
Flughäfen<br />
Kunst & Kultur<br />
Musée Matisse: Kunstgenuss auf dem platten Land 47<br />
Interview: Götz Alsmann in Paris 46<br />
Interview: Patricia Kaas 45<br />
Museen: Frankreichs Museen auf der Überholspur 45<br />
EU-Hauptstadtjahre: 2013: Nantes und Marseille werden<br />
europäische Hauptstädte<br />
ST-ART: Eine Kunstmesse zwischen den Welten 38<br />
Céret & Collioure: Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />
Musée Rodin: Der Charme eines Künstleranwesens mit<br />
einzigartigem Garten<br />
Französisches Historisches Museum: Ein Projekt schlägt hohe<br />
Wellen<br />
Pariser Philharmonie: Wenn Politik von der Realität eingeholt<br />
wird<br />
Mémorial Caen: Ein Museum für den Frieden 31<br />
Jean Cocteau an der Côte d'Azur: Jean Cocteau zwischen<br />
Nizza und Menton<br />
Die afrikanische Seele von Paris: Interview mit Alain<br />
Mabanckou<br />
Chanson: Dalida, unsterbliche Ikone des französischen<br />
Chansons<br />
Lebensart<br />
Tradition: Toulouse im Zeichen des Veilchens 47<br />
Guignol: Kleine Helden aus Lyon 43<br />
Shopping: Le Bon Marché, eine Pariser Institution feiert ihren<br />
160. Geburtstag<br />
Bunte Töpfe: Keramik aus Vallauris 28<br />
Genuss<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC des Limousin 48<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC Burgunds 46<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC der Pays de la Loire 45<br />
Trüffel in Sarlat-la-Canéda: Schwarze Diamanten 44<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC von Provence-Alpes-Côte<br />
d’Azur<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC Korsikas 43<br />
29<br />
27<br />
21<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
43<br />
35<br />
31<br />
31<br />
28<br />
27<br />
20<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
41<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
44<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC des Elsass 42<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC der Bretagne 40<br />
Gastronomie: Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC der Normandie 39<br />
Serie: Frankreichs AOC: Die AOC der Auvergne 38<br />
Rillettes: Einfach, deftig, köstlich 37<br />
L'O Provençale: Olivenöl aus Nyons 36<br />
Nougat: Süßigkeit aus Montélimar 35<br />
Gâteau basque: Traditionelles Gebäck aus dem Baskenland 34<br />
Livarot: Das Brot der armen Leute 21<br />
Ti'Punch & Planteur: Der Charme der Antillen in zwei Cocktails 31<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen<br />
Hauptstadt (6): Designrestaurants<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen<br />
Hauptstadt (4): Weinbars<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen<br />
Hauptstadt (3): Ungewöhnliche Restaurants<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen<br />
Hauptstadt (2): Restaurants mit Ausblick<br />
Esskultur: Fastfood erobert Frankreich 23<br />
Poulet de Bresse: Ein Huhn, ein Mann, eine Leidenschaft 20<br />
Weine & Spirituosen<br />
Weinfarbe: Eine kleine Weinfarbenkunde 48<br />
Jurade de Saint-Emilion 47<br />
Ein asiatischer Winzer im Bordelais 46<br />
Ratgeber: Die Kunst des Karaffierens und Dekantierens 45<br />
Les Grés de Montpellier 44<br />
Picon: «Un Picon-Bière, s'il vous plaît» 43<br />
Cognac: Von betrunkenen Spinnen und verdächtig schwarzen<br />
Fassaden<br />
Clairette de Die: Der Schaumwein für glückliche Menschen 42<br />
Lagerung: Tipps zum Aufbewahren von Wein 41<br />
Bier: Schattendasein oder Geheimtipp? 40<br />
Lirac: Das «mediterranste» Weinanbaugebiet im Rhône-Tal 40<br />
Wein & Gesundheit: Vive le vin! Vive la santé! 39<br />
Angélique de Niort: Likor aus einer Heilpflanze 38<br />
Château Bardins: Ein kleines Familien-Weingut in Pessac-<br />
Léognan<br />
Cognac: Eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte 36<br />
Saint-Véran: Erschwinglicher Spitzenwein aus Burgund 35<br />
Vinexpo: Die Welt des Weins zu Gast in Frankreich 35<br />
Chinon: Ein Wein für alle Fälle 34<br />
Crème de Cassis: Ein Getränk, das kein großes Brimborium<br />
um sich macht<br />
Saint-Pourçain: Wein von der Tafel der Mächtigen 29<br />
31<br />
29<br />
28<br />
27<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
42<br />
37<br />
32<br />
Vin jaune & Vin de Paille: Die geheimnisvollen Weine des<br />
Juras<br />
Rum: Hochprozentiges aus Übersee 23<br />
Bier: Ein überraschend französisches Produkt 20<br />
Chantals Rezepte<br />
Soupe à l’oignon gratinée 48<br />
Gratin de légumes du jardin 47<br />
Gaspacho de tomates et fraises 46<br />
Fondant au chocolat au coeur de framboises 45<br />
Quiche sans pâte 44<br />
Coq au vin 43<br />
Poires safranées et ses tuiles à l'orange 42<br />
Cannelés 41<br />
Gazpacho de tomate 40<br />
Crème brûlée à la fleur d'oranger 39<br />
Velouté de laitue 38<br />
Tarte aux rillettes 37<br />
Liqueur d'estragon 36<br />
Gratin dauphinois 35<br />
Salade au crottin de chèvre chaud 34<br />
Huitres chaudes à la fondue de poireaux et son sabayon 32<br />
Parmentier de canard 31<br />
Moules à la crème 29<br />
Soupe de fraises 28<br />
Méli-Mélo d’avocat et melon 27<br />
Baba au rhum 23<br />
Jarrets de porc à la sauge et au romarin 20<br />
27<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Eine Übersicht aller jemals erschienenen Themen, also auch der ausverkauften<br />
Ausgaben, finden Sie im Internet: www.frankreicherleben.de<br />
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KULTURSCHOCK<br />
Ich habe<br />
alle Zeit des<br />
Sommers!<br />
Wie man in französischen<br />
Supermärkten einen<br />
Rausschmiss riskiert<br />
Supermärkte sind zum Einkaufen super einfach.<br />
Weltweit läuft das schließlich nach den gleichen Regeln:<br />
Waren selbst aus dem Regal nehmen und in<br />
den Korb legen, zur Kasse fahren, bezahlen, fertig. Und das<br />
Ganze auch noch schnell. Doch halt, zumindest in Sachen<br />
Tempo muss man in Frankreich deutliche Abstriche machen,<br />
wenn es ums Kassieren und Bezahlen geht. Nirgendwo<br />
sonst auf der Welt erscheinen mir Verkäuferinnen derart<br />
unmotiviert und entsprechend langsam beim Vorbeischieben<br />
der Ware an den Scannern. Egal, wie lang die<br />
Schlange wird, das Personal ist die Ruhe selbst und das<br />
Wort Eile ist ihm definitiv unbekannt. Auch die Kunden<br />
stehen lammfromm an und keiner käme auf die Idee, die<br />
Öffnung einer weiteren Kasse zu verlangen oder zu maulen.<br />
Ganz anders scheint mir die Situation in Deutschland<br />
zu sein. Ob Aldi, Lidl oder Penny – in hohem Tempo wird<br />
der Einkauf des Kunden über das Kassenband befördert.<br />
Man schafft es kaum, die Dinge einzupacken oder wieder<br />
in den Korb zu legen, schon heißt es: « 39,90! Mit Karte<br />
oder bar? » Ist man nicht schnell genug, etwa beim Geld<br />
hervorkramen, gibt es einen kollektiven, gereizten Blick<br />
der anderen Einkäufer. Um das Portemonnaie zu suchen,<br />
hatte man ja genug Zeit, als man an der Kasse anstand.<br />
Gnadenlos geht es weiter, der Nächste ist dran.<br />
Eigentlich ist gar nicht nachvollziehbar, wieso die sicherlich<br />
nicht übermäßig bezahlten Kassierdamen und<br />
-herren einen solchen Tempo-Ehrgeiz an den Tag legen.<br />
Deutsche Effizienz, die uns im Blut liegt? Die man einfach<br />
drauf hat, ob bezahlt oder freiwillig, wie seitens der Kunden,<br />
die freiwillig vorsortieren und möglichst schnell aus<br />
der Kassenzone verschwinden? Ein Phänomen. Das Tempo<br />
an der Kasse nimmt übrigens merklich ab, sobald es<br />
sich um die besseren Supermärkte handelt. Es ist aber immer<br />
noch rasant, wenn man es mit Frankreich vergleicht.<br />
Dass ein gemächliches Tempo für Franzosen ganz<br />
normal und kein Problem ist, durfte ich in einer speziellen<br />
Lektion noch einmal lernen. Dabei kamen mein deutscher<br />
Pragmatismus und leichte Zeitknappheit erschwerend<br />
hinzu. Doch der Reihe nach.<br />
Als ich mich auf dem Rückweg zum Flughafen auf<br />
Korsika befand, ergriff ich die letzte Chance, noch einige<br />
typisch französische Leckereien zu erstehen. Ich hielt<br />
vor einem großen Supermarkt. Schnell hatte ich, ohne<br />
Einkaufskorb, vom Käse bis zur Flasche Wein alles auf<br />
dem Arm und näherte mich der Kassenzone. Drei Kassen<br />
offen, je mit zwei Kunden davor, mit jeweils randvollem<br />
Einkaufswagen. Ich entschied mich für die Kasse, wo<br />
einer der anstehenden Kunden lediglich 20 Packungen<br />
Katzenstreu kaufen wollte. Einmal das Produkt an den<br />
Scanner halten, Packungen zählen, mal 20 eintippen und<br />
schon sollte auch eine langsame Verkäuferin diesen Wagen<br />
absolviert haben, dachte ich. Der Katzenstreukäufer<br />
ließ mich zu meiner Überraschung auch noch vor. Umso<br />
besser. Ich packte meine zehn einzelnen Produkte aufs<br />
Band. Und hatte nun Zeit, den Kassierprozess mit der<br />
einzigen Kundin vor mir zu beobachten.<br />
Mit Bedacht nahm die Kassiererin die einzelnen Waren<br />
in die Hand und scannte die Preise. Insgesamt achtmal<br />
kamen ihr irgendwelche Aufkleber für Sofortrabatt in die<br />
Quere. Bei dieser typisch französischen und furchtbar<br />
zeitfressen Marketing-Nummer muss das Personal an der<br />
Kasse zur Aktivierung der Ermäßigung stets irgendetwas<br />
anderes tun, mal scannen, mal was tippen, mal in ein Heftchen<br />
schauen und eine Zahlenkombination abgleichen.<br />
Auf jeden Fall musste meine Kassiererin die Aufkleber<br />
abziehen. Doch nichts Hilfreiches war zur Hand, also mit<br />
spitzen Fingernägeln fummeln. Ab und zu galt es, einen<br />
nicht funktionierenden Strichcode per Hand abzutippen.<br />
94 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Dann kommt die erste ausgefallene Ware, wo auch die erfahrene<br />
Verkäuferin nicht sofort den Preis kennt: Was kosten<br />
denn diese Woche die Kartoffeln? Fix – äh, natürlich<br />
in aller Ruhe – mal im Handbuch nachsehen…<br />
Ich sehe den Berg der noch nicht gescannten Waren<br />
und mir fällt schlagartig ein, wo ich bin: in einem französischen<br />
Supermarkt. Effizienz adé. Und dann noch<br />
diese zusätzliche Zeitlupe, die wohl häufig auf heißen<br />
Mittelmeerinseln das Bewegungsmuster der Menschen<br />
bestimmt. Ich kalkuliere, wieviel Zeit mir bis zu meinem<br />
Flug noch bleibt. Das könnte knapp werden. Doch<br />
schließlich sind alle Waren eingescannt, ich schöpfe<br />
Hoffnung. Die Kundin reicht jetzt drei unterschiedliche<br />
Gutscheine herüber, von vorherigen Einkäufen und aus<br />
Anzeigen in der Zeitung. Das darf doch nicht wahr sein!<br />
Ein klarer Fall von Coupon-Pest, die uns in Deutschland<br />
in dieser verschärften Form bisher erspart blieb. Die Kassiererin<br />
bearbeitet jeden Gutschein mit der gebührenden<br />
Intensität. Weitere drei Minuten vergehen. Endlich ist der<br />
endgültige Betrag ermittelt: 287 Euro. Der Wagen war<br />
wirklich voll.<br />
Erleichtert atme ich auf, doch zu früh gefreut. Die<br />
Kundin denkt gar nicht ans Bezahlen, sondern beginnt,<br />
im Schneckentempo kleine Einkaufstaschen hervorzukramen.<br />
Diese sollen wohl die vor ihr liegenden Einkäufe<br />
für die nächsten drei Monate aufnehmen. Wie lange soll<br />
das jetzt dauern? Das Missverhältnis von Stauraum und<br />
Warenmenge fällt mir sofort auf. Könnte sie nicht wenigstens<br />
alles in den Einkaufswagen werfen und beiseite<br />
fahren? Mir platzt jetzt doch der Kragen. Ich suche mein<br />
Schulfranzösisch zusammen und sage möglichst höflich:<br />
« Könnten Sie bitte schon mal bezahlen, damit ich drankommen<br />
kann? » Wie bitte!? Lag es an meiner schlechten<br />
Aussprache oder an meiner Unverschämtheit, das Unmögliche<br />
zu verlangen? Sowohl die Kundin als auch die<br />
Kassiererin schauen mich entgeistert an.<br />
« J’ai tout le temps d’été! » bekomme ich von der Dame<br />
mit dem 287 Euro-Korb an den Kopf geworfen. Sie habe<br />
alle Zeit des Sommers. Den Rest verstehe ich nicht genau,<br />
nur, dass sie sich das nicht bieten lassen muss und<br />
in aller Ruhe ihren Einkauf verstauen werde. Auch die<br />
Verkäuferin ist erbost. Sie klärt mich energisch auf, dass<br />
für Menschen mit solcher Eile die Schnellkasse gedacht<br />
sei. Ich schaue mich nochmals um und frage mich, wie<br />
eine andere Kasse schneller sein kann, wenn dort Kunden<br />
mit ebensolchen, randvollen Einkaufswagen stehen wie<br />
hier. Ein Schild mit « Bitte maximal zehn Produkte » oder<br />
ähnliches entdecke ich auch nicht.<br />
Bescheiden stammele ich eine Entschuldigung vor<br />
mich hin. Die Kundin ist indessen so großzügig, ihre Kreditkarte<br />
einzuschieben und die Bezahlung abzuschließen.<br />
Gott sei Dank, ich bin dran! Mein Minikauf geht übers<br />
Band. Obwohl ich sofort alles in eine Tüte packe, werde<br />
ich lautstark ermahnt, die Kundin « nicht zu derangieren »<br />
oder ihre Waren zu verschieben, die sie nun gemütlich<br />
einpackt. Kundin und Verkäuferin sind weiterhin lebhaft<br />
im Gespräch über mich und dieses ungehobelte Auftreten.<br />
Hilfe, was habe ich angerichtet! Mit unbarmherziger<br />
Effizienz störte ich die lokale Einkaufskultur. Ich wollte<br />
mit System und « Mitdenken » die Dinge beschleunigen,<br />
die außer mir niemand beschleunigen will.<br />
Nun, die Sache habe ich lebend überstanden, ich renne<br />
aus dem Supermarkt zum Auto. Nicht auszudenken, wenn<br />
ich den Mann mit dem Katzenstreu auch noch vor mir<br />
gehabt hätte. Auch der meines Erachtens einfachste Kassiervorgang<br />
hätte hier wohl eine ungeahnte, zeitraubende<br />
Wendung genommen und mein Flugzeug wäre ohne mich<br />
abgeflogen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 95
GUÉWEN A TESTÉ<br />
Guéwen a testé …<br />
... Segway-Fahren<br />
Schon seit einigen Jahren sieht man auf Frankreichs Straßen<br />
Segways. Bisher war ich jedoch nie auf die Idee gekommen,<br />
dieses ungewöhnliche Fortbewegungsmittel selbst auszuprobieren,<br />
bis ich mit einem Kollegen auf Geschäftsreise war<br />
und er Schmerzen im Knie hatte. Ein Segway wurde plötzlich<br />
die rettende Idee, die Stadt trotzdem zu erkunden.<br />
Was ist ein Segway?<br />
Wie teuer ist eine Anmietung?<br />
Der Segway ist ein elektrisch<br />
angetriebenes Transportmittel für<br />
eine Person, das über zwei Räder,<br />
aber nur eine Achse verfügt. Man<br />
kann damit bis zu 20 Stundenkilometer<br />
erreichen, ohne sich<br />
verausgaben zu müssen. Je nach<br />
Modell beträgt die Reichweite<br />
bis zu 40 Kilometer. Zum<br />
Wiederaufladen der Batterien<br />
braucht man nicht mehr als eine<br />
Steckdose.<br />
Braucht man einen<br />
Führerschein?<br />
In Frankreich ist kein Führerschein<br />
für das Fahren mit einem<br />
Segway erforderlich. Man<br />
muss allerdings mindestens 14<br />
Jahre alt sein und sollte zwischen<br />
45 und 120 Kilo wiegen.<br />
Wo kann<br />
man Segways mieten?<br />
In fast allen französischen Städten, insbesondere in denen,<br />
die gerne von Touristen besucht werden, findet man<br />
inzwischen Läden, die Segways vermieten. Oft hilft ein<br />
Blick auf die Internetseite der örtlichen Tourismuszentrale,<br />
um die nächste Verleihstation zu finden. Viele Orte stellen<br />
dieses ungewöhnliche Angebot für Erkundungstouren inzwischen<br />
in den Vordergrund. In den meisten Fällen ist es<br />
möglich, Segways das ganze Jahr über anzumieten. Aber<br />
natürlich macht eine Tour mehr Spaß, wenn es draußen<br />
schön und warm ist.<br />
Das variiert natürlich von Verleiher<br />
zu Verleiher und von Stadt zu<br />
Stadt. Grob sollte man mit 30 Euro<br />
pro Stunde rechnen. Im ersten Moment<br />
erscheint das Fahren mit einem<br />
Segway also als recht teures Vergnügen.<br />
Man darf aber nicht den Spaß<br />
vergessen, den man bei einer Segway-<br />
Tour hat. Außerdem kommt man flott<br />
voran, so dass man viel mehr von einer<br />
Stadt sehen kann, als wenn man nur zu<br />
Fuß unterwegs wäre. Wer sich einen<br />
Segway kaufen will, muss um die 7.000<br />
Euro auf den Tisch legen.<br />
Wie schwer ist das Fahren<br />
mit einem Segway?<br />
Es ist gar nicht schwer. Zunächst<br />
einmal wird man als Anfänger normalerweise<br />
nicht allein auf die Straße<br />
gelassen. Je nach Gruppengröße fahren<br />
ein oder mehrere Begleiter mit. Bevor es<br />
losgeht, erhält man zudem eine ausführliche<br />
Einführung. Es wird einem genau<br />
erklärt, wie Segways funktionieren und was man beachten<br />
muss. Steht man dann erst einmal auf den Dingern, ist<br />
der Reflex am Anfang trotzdem, dass man versucht, das<br />
Gleichgewicht zu halten. Dabei ist dies gar nicht notwendig,<br />
da ein Segway von ganz allein die Balance hält. Zum<br />
Losfahren beugt man sich leicht nach vorne, zum Abbiegen<br />
nach rechts bzw. links. Nach einiger Zeit gewöhnt man sich<br />
so gut an den Segway, dass man sich sogar traut, ein paar<br />
Stufen damit zu bewältigen. Wir hatten jedenfalls einen<br />
Höllenspaß und das Knie meines Kollegen war dankbar,<br />
nicht laufen zu müssen.<br />
96 · Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong>
Impressum<br />
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Presse; Dr Jan Grasshoff, Globus Medien • S.32-38: Dr Jan Grasshoff, Globus Medien<br />
• S.40-41: Hotel les bains de Cabourg, DR • S.42-44: Dr Jan Grasshoff, Globus Medien<br />
• S.45: Emmanuel Lattes, Mairie de Vichy • S.48-54: Dr Jan Grasshoff, Globus Medien<br />
• S.56-63: Winfried Ressler, Globus Medien • S.64-65: G. Brown, Ajc Presse • S. 66:<br />
Corderie Royale de Rochefort, DR, G. Brown, Ajc Presse; Association Hermione-La<br />
Fayette • S.67-70: G.Brown, Ajc Presse • S.74-75: Serge Robin, Ajc Presse • S.76: Visty,<br />
Fotolia.com • S.79: Susanne Ziegler • S.80: Shock, Fotolia • S.82-83: Maurice Albert,<br />
Ajc Presse • S.84-85: DR • S.86-87: Festival les Goûts uniques - Château des ducs<br />
de Bretagne, Nantes, Septembre 2012, dans le cadre du Voyage à Nantes 2012, Le<br />
goût et les couleurs; Serge Robin, Ajc Presse; Bernard Renoux, La Cantine du Voyage,<br />
Nantes, création Le Voyage à Nantes 2013; Festival les Goûts uniques, Angers, Juillet<br />
2012, dans le cadre de Voyage à Nantes 2012, Le goût et les couleurs; Mâche nantaise,<br />
Nantes (Loire-Atlantique), le goût et les couleurs / Le Voyage à Nantes • S.88: Festival<br />
les Goûts uniques, Chateau des Ducs de Bretagne, Nantes, Septembre 2012, dans le<br />
cadre du Voyage à Nantes 2012, Le goût et les couleurs; Restaurant Les Chants d’Avril,<br />
Nantes (Loire-Atlantique), le goût et les couleurs, le Voyage à Nantes • S.94-95:<br />
Chantal Cobac pour Frankreich erleben • S.96: Serge Robin, Ajc Presse • S.98: Dr Jan<br />
Grasshoff, Globus Medien; S.Robin, Ajc Presse; G.Brown, Ajc Presse<br />
Leserbriefe<br />
Seit vielen Jahren tummeln wir<br />
uns am Meer von Leucate und in der<br />
Provence. Genauso lange lesen wir<br />
Ihre Zeitschrift mit Begeisterung!!<br />
Ganz Frankreich mit seiner Sprache<br />
und den Menschen interessieren<br />
uns. Wir fühlen uns hier wie zu<br />
Hause. Vor mir liegt Ihre Zeitschrift<br />
<strong>Nr</strong>. 47 mit dem Artikel « Romantik<br />
pur in Saint-Guilhem-le-Désert ».<br />
Wir haben Ihre Empfehlung in die<br />
Tat umgesetzt und bei 26 Grad einen<br />
Tag im Hinterland verbracht.<br />
Zauberhaft... Wir können nur<br />
schwärmen! Leider hatten wir das<br />
Badezeug vergessen, das Baden im<br />
aufgestauten Hérault wäre der krönende<br />
Abschluss gewesen. Es wird<br />
ein zweites Mal geben, im März/<br />
April <strong>2014</strong>, wenn wir gesund bleiben.<br />
Zu Ihrer Kenntnis: Wir sind 71<br />
und 77 Jahre alt.<br />
Holk & Anne Sandvoß, Hildesheim<br />
Mit viel Freude las ich das letzte<br />
Frankreich-erleben-Magazin, insbesondere<br />
die Architekturbeiträge<br />
Niemeyer, EM-Stadien und Lyon-<br />
Confluence. Das Magazin hebt sich<br />
erfreulich von anderen Reisemagazinen<br />
ab. Einen kleinen Verbesserungsvorschlag<br />
möchte ich aber<br />
doch machen: Zu dem Sète-Artikel<br />
gehört für mich zwingend eine kleine<br />
Stadtplanabbildung, in der die<br />
beschriebenen Orte vermerkt sind.<br />
Felix Beukemann, per E-Mail<br />
Selbst Pressemann, empfehle ich<br />
Ihnen, in jedem Heft eine Reportage/Schilderung<br />
oder einen Bericht<br />
über Partnerschaften zwischen<br />
deutschen und französischen Städten<br />
zu bringen! Jede dieser Partnerschaften<br />
ist individuell und reizvoll<br />
und bringt Ihnen womöglich aus<br />
diesem Bereich Leser und Abos. Ich<br />
weiß, wovon ich rede, weil ich selbst<br />
einer der Begründer und bis heute<br />
Aktiver einer solchen Jumelage bin!<br />
1975 wurde unsere Partnerschaft<br />
zwischen Monschau/Eifel und<br />
Bourg-Saint-Andéol am Ufer der<br />
südlichen Rhône begründet.<br />
Heinz Stollenwerk, Monschau<br />
Herzlichen Glückwunsch zu<br />
dem Titelbild der letzten Ausgabe<br />
(Ploumanac’h). Als ich das Magazin<br />
im Briefkasten vorfand, wollte ich<br />
am liebsten gleich die Koffer packen<br />
und in meine geliebte Bretagne fahren.<br />
In Ploumanac’h war ich schon<br />
einige Male. Ich habe mich exakt<br />
in Ihrer Schilderung wiedergefunden.<br />
Die Küste dort ist wirklich ein<br />
Ort, der süchtig machen kann. Toll<br />
fand ich übrigens auch den Artikel<br />
in der Ausgabe davor, in dem es um<br />
Burgen aus dem Mittelalter ging.<br />
Sie haben vollkommen Recht: Das<br />
schöne Inland der Bretagne kommt<br />
leider oft viel zu kurz. Ich freue<br />
mich auf hoffentlich viele weitere<br />
Reportagen aus der Bretagne.<br />
Monika Hinrichsen, per E-Mail<br />
Kompliment an Chantal: Die<br />
Zwiebelsuppe war wie eigentlich<br />
alle ihre Rezepte wieder super lecker!<br />
Mein Mann freut sich immer<br />
besonders, wenn wieder eine neue<br />
Ausgabe und damit ein neues Rezept<br />
erscheint, das ich ihm dann<br />
nachkoche.<br />
Brigitte Scholz, Zürich<br />
Hat Ihnen unser Magazin gefallen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge oder<br />
Anregungen? Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />
Per E-Mail: leserbriefe@frankreicherleben.de<br />
Per Brief: Frankreich erleben - Leserbriefe<br />
Globus Medien GmbH · Metzer Straße 12 · 10405 Berlin<br />
Per Fax: +<strong>49</strong> (0)30 920372065<br />
LESERBRIEFE · IMPRESSUM<br />
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2014</strong> · 97
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