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Nr. 71 - Sommer 2019

Normandie: an Bord der Marité von Granville zu den Chausey-Insel Alpen: Évian: das Gedächtnis des Wassers Morvan: eine Geschichte von Ammen und Pflegekindern Baskenland: Château d'Abbadia, eine Inspiration für den Wiederaufbau von Notre-Dame? Heinz Stahlschmidt: der Deutsche, der den Hafen von Bordeaux rettete Chantals Rezept: le gâteau basque

Normandie: an Bord der Marité von Granville zu den Chausey-Insel
Alpen: Évian: das Gedächtnis des Wassers
Morvan: eine Geschichte von Ammen und Pflegekindern
Baskenland: Château d'Abbadia, eine Inspiration für den Wiederaufbau von Notre-Dame?
Heinz Stahlschmidt: der Deutsche, der den Hafen von Bordeaux rettete
Chantals Rezept: le gâteau basque

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FRANKREICH HEUTE Geschichte<br />

Oben: Heinz und Henriette während einer Reportage von Patrick Le Gall, die 2002 von France 3 Limoges ausgestrahlt wurde.<br />

Rechts: Die Rue Raze, wo heute der Markt stattfindet; Archivbilder vom Sprengstofflager nach der Explosion am 22. August 1944.<br />

in die Marine eingetreten, bei Operationen in der Nordsee<br />

mehrmals knapp mit dem Leben davongekommen und<br />

mit der Kriegsmedaille und dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet<br />

worden. Er schien – so dachte man jedenfalls<br />

– von der nationalsozialistischen Ideologie überzeugt zu<br />

sein, in Wirklichkeit hatte sein militärisches Engagement<br />

für ihn und seine Familie eher « wirtschaftliche » Beweggründe,<br />

da sein Vater 1937 bei einem Fahrradunfall ums<br />

Leben gekommen war. Seit 1941 war Heinz Stahlschmidt<br />

in Bordeaux stationiert, und da er sich dort zum Experten<br />

für Sprengstoffe und Minenräumung entwickelt hatte,<br />

war ihm die Verantwortung für das dortige Waffen- und<br />

Sprengstofflager übertragen worden. Seine Vorgesetzten<br />

schätzten ihn. Sie wussten, dass er gut mit der französischen<br />

Sprache vertraut war und von den Bewohnern<br />

Bordeaux‘ geschätzt wurde – vor allem von denjenigen,<br />

die er regelmäßig in der Bar « L’Ancre d’Or » am Quai des<br />

Chartrons traf – und dachten, das könne vielleicht von<br />

Vorteil sein.<br />

Die Militärchefs ahnten allerdings nicht, wie sehr<br />

sich Heinz Stahlschmidt inzwischen mit Bordeaux verbunden<br />

fühlte. Und nicht nur mit der Stadt, sondern vor<br />

allem auch mit einer jungen Französin namens Henriette<br />

Buisson (1922-2017). Durch sie lernte er Bordeaux und<br />

die Bordelesen kennen. Mutig, wenngleich diskret, lebten<br />

die beiden etwas, was die meisten Menschen damals nicht<br />

nur für unmöglich, sondern schlichtweg für verboten einstuften:<br />

eine deutsch-französische Liebesbeziehung. Das<br />

Vertrauen innerhalb dieser Beziehung – die zwangsläufig<br />

offiziell gar nicht existierte – wurde immer größer. Henriette<br />

offenbarte Heinz sogar ein streng gehütetes Geheimnis<br />

und machte ihn mit mehr oder weniger engen Freunden<br />

bekannt, die Mitglied der Widerstandsbewegung in<br />

Bordeaux waren.<br />

Als die Vorgesetzten Heinz über die Pläne für die<br />

Zerstörung des Hafens von Bordeaux in Kenntnis setzten<br />

und ihm diese Aufgabe übertrugen, wusste er sofort,<br />

dass er diesen Befehl nicht ausführen würde. Das kam für<br />

ihn überhaupt nicht infrage! Wie er genau vorgehen würde,<br />

wusste er zunächst jedoch nicht, das sollte sich dann<br />

einige Monate später – genauer gesagt am 10. August<br />

1944 – eher « per Zufall » ergeben. Seit Mai hatten die<br />

Einwohner von Bordeaux beunruhigt und machtlos die<br />

Vorbereitungen für eine Sprengung des Hafens durch die<br />

deutschen Besatzer verfolgt. Die Gespräche im « L’Ancre<br />

d’Or » drehten sich folglich an jenem Tag einmal mehr um<br />

dieses Thema. Heinz, der das Vertrauen der regelmäßig<br />

anwesenden Hafenarbeiter besaß, verstand das nur zu gut.<br />

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er sich auf Fragen nach den<br />

Absichten der Deutschen stets sehr zurückhaltend und<br />

76 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2019</strong>

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