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Nr. 71 - Sommer 2019

Normandie: an Bord der Marité von Granville zu den Chausey-Insel Alpen: Évian: das Gedächtnis des Wassers Morvan: eine Geschichte von Ammen und Pflegekindern Baskenland: Château d'Abbadia, eine Inspiration für den Wiederaufbau von Notre-Dame? Heinz Stahlschmidt: der Deutsche, der den Hafen von Bordeaux rettete Chantals Rezept: le gâteau basque

Normandie: an Bord der Marité von Granville zu den Chausey-Insel
Alpen: Évian: das Gedächtnis des Wassers
Morvan: eine Geschichte von Ammen und Pflegekindern
Baskenland: Château d'Abbadia, eine Inspiration für den Wiederaufbau von Notre-Dame?
Heinz Stahlschmidt: der Deutsche, der den Hafen von Bordeaux rettete
Chantals Rezept: le gâteau basque

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UNTERWEGS IN FRANKREICH Baskenland<br />

Antoine d’Abbadie verstehen.<br />

Die Dinge gingen<br />

schnell voran: Ende Mai begann<br />

Viollet-le-Duc mit den<br />

ersten Skizzen auf der Basis<br />

der Pläne des ursprünglichen<br />

Architekten, die er jedoch modifizierte.<br />

Ende Juni stimmte das<br />

Ehepaar Abbadie dem Beginn der<br />

Arbeiten zu. Diese dauerten 20 Jahre,<br />

bis 1884. Viollet-le-Duc starb allerdings<br />

bereits 1879 und hatte demzufolge nie<br />

die Gelegenheit, Schloss Abbadia in seiner<br />

Vollendung zu sehen.<br />

Der Bau von Château d’Abbadia war ein<br />

Projekt, bei dem Viollet-le-Duc zwar zunächst<br />

die Fehler des Vorgängers ausmerzen musste, das<br />

aber ansonsten ganz seinen Ambitionen entsprach, zumal das Ehepaar<br />

Abbadie Vorschlägen gegenüber absolut offen war. Zum ersten Mal<br />

fühlten sich Viollet-le-Duc und sein Architekturbüro – und vor allem<br />

Edmond Duthoit, der sämtliche Arbeiten überwachte – bei einem Bau<br />

vollkommen frei. Die Situation war nicht mit den öffentlichen Aufträgen<br />

für die Restaurierung von historischem Kulturerbe und den damit<br />

verbundenen Zwängen zu vergleichen. Der Begriff « Kulturerbe » war<br />

in Frankreich damals gerade aufgekommen und sorgte für viele Diskussionen.<br />

Nach der Französischen Revolution hatten die Franzosen<br />

plötzlich festgestellt, dass zahlreiche öffentliche und religiöse Gebäude<br />

beschädigt, geplündert oder gar zerstört worden waren. Bis Viollet-le-<br />

Duc die eingestürzten Mauern der großartigen Zitadelle von Carcassonne<br />

wieder restaurierte, hatten diese beispielsweise als Steinbruch für den Bau von Häusern<br />

gedient. Was die Kathedralen anging, so hatte sich bereits vor der Revolution niemand mehr um<br />

sie gekümmert. Im ganzen Land wiesen deren Dächer zahlreiche Löcher auf, waren die Decken<br />

teilweise eingestürzt. Hier und da waren zwar Ansätze für die Restaurierung unternommen<br />

worden, so auch für Notre-Dame de Paris, deren Chor beispielsweise<br />

von Ludwig XV. (1<strong>71</strong>0-1774) renoviert wurde. Doch angesichts einer<br />

fehlenden Auseinandersetzung mit dem Begriff « Kulturerbe » war er dabei<br />

nur nach seinem eigenen Gutdünken vorgegangen, hatte den Hauptaltar<br />

zerstören und dort eine Skulpturengruppe aufstellen lassen, in der er selbst<br />

betend vor der Jungfrau dargestellt war. Die Kreuzgewölbe wurden damals<br />

mit einem Marmorfurnier verkleidet. Mit einer solchen Vorgehensweise<br />

war Ludwig XV. bei Weitem nicht der Einzige gewesen. An der Wende<br />

zum 19. Jahrhundert war jedoch als Reaktion darauf in der französischen<br />

Gesellschaft die Bewegung der Romantik, die die Epoche des Mittelalters<br />

schätzte und sich daher für den Schutz mittelalterliche Kunst und Architektur<br />

einsetzte, entstanden. Victor Hugo (1802-1885) war einer der Ersten, der sein<br />

Werk in den Dienst dieser Bestrebungen stellte. « Krieg den Zerstörern! Wir<br />

müssen dem Hammer Einhalt gebieten, der das Gesicht des Landes entstellt! »,<br />

rief er vor der Veröffentlichung von Notre-Dame de Paris (« Der Glöckner von<br />

Notre-Dame ») im Jahr 1831 aus. Dieses Werk wurde ein enormer Erfolg und<br />

legte den Grundstein für eine echte Auseinandersetzung mit dem Begriff<br />

« Kulturerbe ».<br />

Viollet-le-Duc und Antoine d’Abbadie hatten sich ganz der Liebe zum<br />

Mittelalter und dem Wunsch, das Kulturerbe zu schützen, verschrieben.<br />

Beide hatten eine Vorliebe für den neugotischen Stil. Antoine<br />

d’Abbadie war von dem verblüffenden Wissen Viollet-le-Ducs über<br />

die gotische Architektur und von der Art, wie es ihm gelungen<br />

68 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2019</strong>

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