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Nr. 71 - Sommer 2019

Normandie: an Bord der Marité von Granville zu den Chausey-Insel Alpen: Évian: das Gedächtnis des Wassers Morvan: eine Geschichte von Ammen und Pflegekindern Baskenland: Château d'Abbadia, eine Inspiration für den Wiederaufbau von Notre-Dame? Heinz Stahlschmidt: der Deutsche, der den Hafen von Bordeaux rettete Chantals Rezept: le gâteau basque

Normandie: an Bord der Marité von Granville zu den Chausey-Insel
Alpen: Évian: das Gedächtnis des Wassers
Morvan: eine Geschichte von Ammen und Pflegekindern
Baskenland: Château d'Abbadia, eine Inspiration für den Wiederaufbau von Notre-Dame?
Heinz Stahlschmidt: der Deutsche, der den Hafen von Bordeaux rettete
Chantals Rezept: le gâteau basque

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den gültigen Normen, glich aber überhaupt nicht mehr<br />

dem ursprünglichen « Neufundländer ». Mehrere Jahre<br />

lang wurde der Dreimaster dafür eingesetzt, Passagiere<br />

im Stockholmer Schärengarten, im Baltischen Meer und<br />

in der Nordsee herumzuschippern. 1998 beschlossen die<br />

beiden Schweden, sich aus familiären Gründen von der<br />

Marité zu trennen. Allerdings wollten sie sie nicht jedem<br />

x-Beliebigen überlassen und lehnten sogar ein Kaufangebot<br />

von Bill Gates ab, der von dem Schiff angetan war.<br />

In Frankreich, wo die Marité noch immer in den Köpfen<br />

der Menschen präsent war, begann eine regelrechte<br />

Mobilmachung, um sie wieder ins Land zurückzuholen.<br />

Unter der Führung des Skippers Gérard d’Aboville gründeten<br />

mehrere öffentliche Körperschaften und Vereine<br />

eine Interessenvereinigung, die am 12. Mai 2004 als<br />

Käufer für die Marité fungierte. Im Januar 2006 kam das<br />

Schiff nach Cherbourg ins Trockendock zur Instandsetzung.<br />

Sechs Jahre lang wurden beeindruckende Arbeiten<br />

durchgeführt, bis die Marité im Juni 2012 schließlich<br />

wieder in See stechen und ihr « neues Leben » entdecken<br />

konnte: Botschafter für das französische Knowhow<br />

in Sachen Restauration von Traditionsseglern beziehungsweise<br />

von maritimem Kulturerbe im weitesten<br />

Sinne zu sein. Ein Leben, das sie heute noch führt!<br />

Während wir diesen Erläuterungen lauschen, fällt<br />

uns auf, dass die Marité in der Tat bis ins kleinste Detail<br />

in einem einwandfreien Zustand ist. Da hören wir auch<br />

schon den Kapitän sagen, dass es Zeit ist, die Segel einzuziehen<br />

und vor Anker zu gehen. Wir bemerken in der<br />

Tat, dass die ersten Felsen der Inselgruppe zu sehen sind.<br />

Wir kommen genau im richtigen Moment an, nämlich<br />

mit der Flut, sodass der Weg in eine kleine Bucht frei ist,<br />

wo wir vor Anker gehen. Die Stille ist beeindruckend.<br />

Weit und breit kein Motor, kein Geräusch, abgesehen vom<br />

Plätschern des Wassers gegen den Schiffsrumpf. Das Meer<br />

ist unglaublich klar. Es ist großartig. Zwei Schlauchboote<br />

bringen alle, die möchten, auf die Hauptinsel des Archipels.<br />

Dort kann man am Strand picknicken, herrliche<br />

Sandbänke erkunden, Jagd auf Muscheln machen oder<br />

baden. Wir entscheiden uns für diese Option, während<br />

andere es vorziehen, an Bord der Marité zu bleiben, sich in<br />

ein gutes Buch zu vertiefen oder ganz einfach die einmalig<br />

schöne Landschaft zu genießen.<br />

Zur vereinbarten Zeit, als die Flut wieder steigt und<br />

die Sandbänke erneut im Wasser verschwinden, holen die<br />

Schlauchboote uns « Abenteurer », als die wir uns einige<br />

Stunden lang gefühlt haben, wieder ab und bringen uns<br />

zur Marité zurück. Während wir unsere Erlebnisse austauschen,<br />

werden ein leckerer Kuchen und ein Cidre – aus<br />

der Normandie, woher auch sonst? – serviert. Es herrscht<br />

eine angenehme, gesellige Stimmung. Als Matthieu darauf<br />

hinweist, dass es Zeit für die Rückfahrt ist, muss er<br />

nicht einmal mehr um freiwillige Helfer bitten. Wir kennen<br />

uns schließlich inzwischen aus und sind bereit, die<br />

Segel zu hissen! Auch die Rückfahrt ist ein magisches Erlebnis,<br />

zumal sogar Delfine auftauchen und sich im Kielwasser<br />

der Marité vergnügen. Einer der Matrosen erklärt<br />

uns, dass hier eine große Population dieser Meeressäuger<br />

lebt. Bei der Ankunft im Hafen von Granville sehen einige<br />

von uns auf die Uhr: Es ist genau 19 Uhr! Unglaublich!<br />

Ein Musterbeispiel an Pünktlichkeit! Die Gezeiten zwingen<br />

einem einen absolut präzisen Rhythmus auf. Wie alle<br />

anderen bedauern auch wir, dass man dieses unvergessliche<br />

Erlebnis, den Aufenthalt an Bord der Marité, nicht<br />

einfach verlängern kann!<br />

Bei Einsetzen der Flut<br />

gehen alle wieder an<br />

Bord. Nach einer kleinen<br />

Stärkung werden die<br />

Segel erneut gehisst.<br />

Es geht zurück nach<br />

Granville, wo die<br />

Marité gegen Abend<br />

den Hafen erreicht.<br />

Steckbrief der Marité<br />

Länge ü. a.: 45 m<br />

Breite: 8 m<br />

Gewicht: 230 t<br />

Wasserlinienlänge: 33 m<br />

Tiefgang: 3,6 m<br />

Segelfläche: 650 m² – 15 Segel<br />

Motor: 460 PS<br />

Mannschaft: 6 Personen<br />

Für die Restaurierung<br />

eingesetzte Hölzer:<br />

• Miliciaholz aus Gabun (aus<br />

nach haltig bewirtschafteten<br />

Wäldern)<br />

• Eichenholz aus Wäldern des<br />

De parte ments Orne (Normandie)<br />

und aus dem Park des Château<br />

de Ver sailles (Ile-de-France)<br />

• Pinienholz aus Oregon (USA)<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2019</strong> · 35

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