Nr. 71 - Sommer 2019
Normandie: an Bord der Marité von Granville zu den Chausey-Insel Alpen: Évian: das Gedächtnis des Wassers Morvan: eine Geschichte von Ammen und Pflegekindern Baskenland: Château d'Abbadia, eine Inspiration für den Wiederaufbau von Notre-Dame? Heinz Stahlschmidt: der Deutsche, der den Hafen von Bordeaux rettete Chantals Rezept: le gâteau basque
Normandie: an Bord der Marité von Granville zu den Chausey-Insel
Alpen: Évian: das Gedächtnis des Wassers
Morvan: eine Geschichte von Ammen und Pflegekindern
Baskenland: Château d'Abbadia, eine Inspiration für den Wiederaufbau von Notre-Dame?
Heinz Stahlschmidt: der Deutsche, der den Hafen von Bordeaux rettete
Chantals Rezept: le gâteau basque
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Überfahrt eine gute Stimmung herrschen wird.<br />
Nachdem die Leinen losgemacht sind, verlässt die<br />
Marité in ruhiger Fahrt den Hafen von Granville.<br />
Matthieu, der Kapitän, hat vom hinteren Bereich des<br />
Schiffes aus den Motor angeworfen. Dieser wird an<br />
diesem Tag aber nur wenige Minuten in Betrieb sein,<br />
denn das Glück ist uns eindeutig hold: Wir haben nicht<br />
nur einen sonnigen Tag erwischt, der Wind ist ebenfalls<br />
präsent! Kaum haben wir den Hafen verlassen, bitten die<br />
Seeleute, denen man bei jeder Geste anmerkt, wie vertraut<br />
sie mit allen Manövern sind, um freiwillige Helfer.<br />
Mittlerweile befinden wir uns auf offener See, die Segel<br />
müssen also gehisst werden, um die Kraft des Windes zu<br />
nutzen. Es wird ernst. Alle sehen sich etwas skeptisch an.<br />
Wer wagt es? Außer uns heben schließlich noch einige<br />
andere die Hände. Ein Matrose gibt uns die Anweisung<br />
gleichzeitig an bestimmten Tauen zu ziehen, um die Segel<br />
nach oben zu ziehen. Das sieht zwar einfach aus, aber<br />
ein mehrere Hundert Quadratmeter großes Segel hat ein<br />
ziemliches Gewicht! Zu unserem großen Erstaunen sind<br />
die Segel dennoch schnell gehisst. Sofort spüren wir die<br />
Kraft des Windes, der die Marité vorwärtstreibt. Das<br />
Holz des alten Segelschiffes knarrt, es ist ein magischer<br />
Moment.<br />
Nach einiger Zeit ruft Matthieu alle Teilnehmer zusammen,<br />
da er uns einige Informationen zur Überfahrt<br />
geben will. Bei einer Tasse Kaffee erfahren wir, dass<br />
wir die Chausey-Inseln in etwa eineinhalb bis<br />
zwei Stunden erreichen werden. Bis dahin kann<br />
sich jeder auf der Marité dort niederlassen, wo<br />
er möchte: auf der Brücke oder in einem großen<br />
Raum unter Deck. Wer will, kann den Seeleuten<br />
bei der Arbeit helfen, man kann fotografieren,<br />
lesen oder ganz einfach die Umgebung betrachten<br />
… Da das Abenteuer, sich auf diesem traditionellen<br />
Segelschiff als Seemann zu betätigen,<br />
offenkundig reizvoll ist, entscheiden sich fast alle<br />
– ob jung oder alt – dafür, an Deck zu bleiben.<br />
Obwohl einige immer wieder der Mannschaft<br />
bei bestimmten Handgriffen unter die Arme greifen,<br />
bleibt dazwischen genug Zeit, das Meer zu<br />
betrachten und darüber zu staunen, wie schnell wir<br />
vorwärtskommen. Gleichzeitig erfahren wir mehr<br />
über die Geschichte der Marité. Die Tatsache, dass<br />
das Schiff immerhin fast 100 Jahre alt ist, macht<br />
das Erlebnis des heutigen Tages noch einmaliger.<br />
Die « Geburtsstunde » des Traditionsseglers schlug 1923.<br />
Heute stellt er ein wahres Prunkstück des französischen<br />
maritimen Erbes dar, denn zum einen ist es der größte<br />
noch fahrtüchtige Dreimaster aus Holz und zum anderen<br />
ein echtes Meisterwerk der Schiffsarchitektur: majestätisch,<br />
elegant und robust. Darüber hinaus ist die Marité<br />
der letzte französische Terre-neuvier (« Neufundländer »),<br />
wie man die Fischerboote aus der Bretagne und der<br />
Normandie nannte, die meermonatige Fischfangexpeditionen<br />
auf die andere Seite des Atlantiks, an die Küsten<br />
Nach dem Verlassen des<br />
Hafens werden die Segel<br />
gehisst; es geht los in Richtung<br />
Chausey-Inseln. Knapp zwei<br />
Stunden später erreicht<br />
die Marité die Sandbänke<br />
und Granitformationen des<br />
Archipels. Es ist Zeit, den Anker<br />
zu werfen. Diejenigen, die<br />
möchten, werden mit einem<br />
Schlauchboot übergesetzt.<br />
Spazierengehen, baden,<br />
angeln … alles ist möglich.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2019</strong> · 31