UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie 30 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2019</strong>
Überfahrt eine gute Stimmung herrschen wird. Nachdem die Leinen losgemacht sind, verlässt die Marité in ruhiger Fahrt den Hafen von Granville. Matthieu, der Kapitän, hat vom hinteren Bereich des Schiffes aus den Motor angeworfen. Dieser wird an diesem Tag aber nur wenige Minuten in Betrieb sein, denn das Glück ist uns eindeutig hold: Wir haben nicht nur einen sonnigen Tag erwischt, der Wind ist ebenfalls präsent! Kaum haben wir den Hafen verlassen, bitten die Seeleute, denen man bei jeder Geste anmerkt, wie vertraut sie mit allen Manövern sind, um freiwillige Helfer. Mittlerweile befinden wir uns auf offener See, die Segel müssen also gehisst werden, um die Kraft des Windes zu nutzen. Es wird ernst. Alle sehen sich etwas skeptisch an. Wer wagt es? Außer uns heben schließlich noch einige andere die Hände. Ein Matrose gibt uns die Anweisung gleichzeitig an bestimmten Tauen zu ziehen, um die Segel nach oben zu ziehen. Das sieht zwar einfach aus, aber ein mehrere Hundert Quadratmeter großes Segel hat ein ziemliches Gewicht! Zu unserem großen Erstaunen sind die Segel dennoch schnell gehisst. Sofort spüren wir die Kraft des Windes, der die Marité vorwärtstreibt. Das Holz des alten Segelschiffes knarrt, es ist ein magischer Moment. Nach einiger Zeit ruft Matthieu alle Teilnehmer zusammen, da er uns einige Informationen zur Überfahrt geben will. Bei einer Tasse Kaffee erfahren wir, dass wir die Chausey-Inseln in etwa eineinhalb bis zwei Stunden erreichen werden. Bis dahin kann sich jeder auf der Marité dort niederlassen, wo er möchte: auf der Brücke oder in einem großen Raum unter Deck. Wer will, kann den Seeleuten bei der Arbeit helfen, man kann fotografieren, lesen oder ganz einfach die Umgebung betrachten … Da das Abenteuer, sich auf diesem traditionellen Segelschiff als Seemann zu betätigen, offenkundig reizvoll ist, entscheiden sich fast alle – ob jung oder alt – dafür, an Deck zu bleiben. Obwohl einige immer wieder der Mannschaft bei bestimmten Handgriffen unter die Arme greifen, bleibt dazwischen genug Zeit, das Meer zu betrachten und darüber zu staunen, wie schnell wir vorwärtskommen. Gleichzeitig erfahren wir mehr über die Geschichte der Marité. Die Tatsache, dass das Schiff immerhin fast 100 Jahre alt ist, macht das Erlebnis des heutigen Tages noch einmaliger. Die « Geburtsstunde » des Traditionsseglers schlug 1923. Heute stellt er ein wahres Prunkstück des französischen maritimen Erbes dar, denn zum einen ist es der größte noch fahrtüchtige Dreimaster aus Holz und zum anderen ein echtes Meisterwerk der Schiffsarchitektur: majestätisch, elegant und robust. Darüber hinaus ist die Marité der letzte französische Terre-neuvier (« Neufundländer »), wie man die Fischerboote aus der Bretagne und der Normandie nannte, die meermonatige Fischfangexpeditionen auf die andere Seite des Atlantiks, an die Küsten Nach dem Verlassen des Hafens werden die Segel gehisst; es geht los in Richtung Chausey-Inseln. Knapp zwei Stunden später erreicht die Marité die Sandbänke und Granitformationen des Archipels. Es ist Zeit, den Anker zu werfen. Diejenigen, die möchten, werden mit einem Schlauchboot übergesetzt. Spazierengehen, baden, angeln … alles ist möglich. Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2019</strong> · 31