Nr. 71 - Sommer 2019
Normandie: an Bord der Marité von Granville zu den Chausey-Insel Alpen: Évian: das Gedächtnis des Wassers Morvan: eine Geschichte von Ammen und Pflegekindern Baskenland: Château d'Abbadia, eine Inspiration für den Wiederaufbau von Notre-Dame? Heinz Stahlschmidt: der Deutsche, der den Hafen von Bordeaux rettete Chantals Rezept: le gâteau basque
Normandie: an Bord der Marité von Granville zu den Chausey-Insel
Alpen: Évian: das Gedächtnis des Wassers
Morvan: eine Geschichte von Ammen und Pflegekindern
Baskenland: Château d'Abbadia, eine Inspiration für den Wiederaufbau von Notre-Dame?
Heinz Stahlschmidt: der Deutsche, der den Hafen von Bordeaux rettete
Chantals Rezept: le gâteau basque
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie<br />
Das Betreten der Brücke der Marité, des größten hölzernen<br />
Dreimasters Frankreichs, ist für jeden ein unvergleichliches<br />
Erlebnis. Das Abenteuer beginnt morgens, noch bevor sich der<br />
Anker hebt, und setzt sich auf offener See fort, wo jeder, der<br />
möchte, der Mannschaft zur Hand gehen kann. Eine in ihrer Art<br />
einzigartige, gesellige und zugleich lehrreiche Erfahrung.<br />
Es gibt Verabredungen, die man um nichts in der Welt<br />
versäumen würde. Diese hier gehört dazu. Der Bestätigungsmail<br />
für unseren außergewöhnlichen Tagesausflug<br />
haben wir entnommen, dass das Einschiffen auf die<br />
Marité um genau 8 Uhr am Hafenquai in Granville vorgesehen<br />
ist und dass das Schiff um 19 Uhr wieder dort anlegt.<br />
Der Text präzisiert zudem: « Bitte finden Sie sich 15 bis 20<br />
Minuten vorher ein. » Vorsorglich haben wir die Nacht in<br />
einem Hotel im Stadtzentrum verbracht und machen uns<br />
von dort aus um 7 Uhr zu Fuß auf den Weg zum Hafen.<br />
Wie ebenfalls in der Nachricht empfohlen, haben wir einen<br />
kleinen Rucksack mit Sandwich, Obst und Mineralwasser<br />
für das Picknick am Mittag dabei. Badekleidung und Handtuch<br />
fehlen selbstverständlich ebenfalls nicht. Der Himmel<br />
ist strahlend blau, die Voraussetzungen sind also bestens, um<br />
den Tag in vollen Zügen zu genießen. Der Angestellte an<br />
der Hotelrezeption sagt uns im Übrigen beim Gehen, dass<br />
wir doppeltes Glück haben: nicht nur wegen des schönen<br />
Wetters, sondern vor allem, weil wir einen Tag auf der Marité<br />
verbringen werden. Uns ist wohl bewusst, dass dies ein<br />
Traum vieler Liebhaber von Großseglern und ein nicht gerade<br />
alltägliches Erlebnis ist. Daher muss man einen Platz<br />
für einen solchen Ausflug aufs Meer auch mehrere Monate<br />
im Voraus reservieren. Das haben wir getan.<br />
Nach einem rund 15-minütigen Fußmarsch erreichen<br />
wir den Hafen. Mit Schrecken fällt uns plötzlich ein, dass<br />
in der Mail nicht angegeben ist, wo im Hafen sich die Marité<br />
genau befindet, und dass wir es zudem versäumt haben,<br />
uns danach zu erkundigen. Als wir um die Ecke des letzten<br />
Gebäudes vor dem Hafen biegen, sind wir erleichtert:<br />
Die drei riesigen Masten des Schiffes kann man<br />
aus der Ferne unmöglich übersehen! Vor dem<br />
Segelschiff warten bereits rund 30 Personen.<br />
Beim Näherkommen stellen wir fest, dass wir<br />
offensichtlich nicht die Einzigen sind, die von<br />
der Größe der Marité beeindruckt sind. Es ist<br />
ein erheblicher Unterschied, ob man das Schiff<br />
auf einem Foto betrachtet oder direkt davor<br />
steht. Instinktiv schauen alle nach oben, um die<br />
Seeleute zu beobachten, die sich geschickt und<br />
gelenkig wie Akrobaten von Mast zu Mast, von<br />
Segel zu Segel bewegen und den Ausflug auf<br />
das offene Meer vorbereiten.<br />
Die Mannschaft – die aus nur sechs Personen<br />
besteht, was uns angesichts der beeindruckenden<br />
Länge von 45 Metern wenig erscheint<br />
– fordert einige Minuten vor 8 Uhr alle auf,<br />
über die Gangway an Bord zu kommen. Jeder<br />
von uns wird mit einem breiten Lächeln und<br />
einem herzlichen « Willkommen an Bord »<br />
begrüßt. Doch vor der « Abfahrt » folgt erst noch eine<br />
« Sicherheitsunterweisung ». Humorvoll übernehmen die<br />
jungen Seeleute Ausdrücke, die üblicherweise mechanisch<br />
an Bord eines Flugzeugs deklamiert werden: « Die Notausgänge<br />
befinden sich in der Mitte der Maschine » … Das<br />
sorgt für einige Lacher. Wir sind uns sicher, dass auf der<br />
28 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2019</strong>