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Nr. 62 - Frühling 2017

Drôme: wandern auf den Spuren der Hugenotten Baie de Somme: Die Abbaye de Saint-Riquier Le Havre: 500 Jahre, das will gefeiert werden ! Bretagne: Brest und Roscoff Elsass: Kirrwiller: 520 Einwohner und die drittgrößte Music Hall Frankreichs Chantals Rezept: Poulet fermier basse température à l'ail

Drôme: wandern auf den Spuren der Hugenotten
Baie de Somme: Die Abbaye de Saint-Riquier
Le Havre: 500 Jahre, das will gefeiert werden !
Bretagne: Brest und Roscoff
Elsass: Kirrwiller: 520 Einwohner und die drittgrößte Music Hall Frankreichs
Chantals Rezept: Poulet fermier basse température à l'ail

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UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />

Oben: Die wertvolle<br />

Samenbank des<br />

Konservatoriums und<br />

Pflanzen, die hier<br />

gezüchtet wurden.<br />

praktisch ausgestorben sind.<br />

Trotz der Überschaubarkeit hat man<br />

den Eindruck, im Laufe des Besuchs von<br />

einer Welt in die nächste einzutauchen.<br />

Der Golfstrom und der Felsen scheinen<br />

einige botanische Wunder zu bewirken.<br />

Dies ist auf jeden Fall die Ansicht von<br />

Delphine Cabanis, die hier seit rund<br />

zwölf Jahren arbeitet – immer mit derselben<br />

Leidenschaft. « Schauen Sie », sagt sie<br />

zu uns, « nehmen Sie beispielsweise diesen<br />

Eukalyptusbaum. Alle Botaniker werden<br />

Ihnen sagen, dass zu Füßen eines solchen<br />

Baumes nichts wächst. Nun, hier ist das<br />

anders. Und bei den südafrikanischen Zuckerbüschen<br />

ist es ebenso: Nicht einmal<br />

im Conservatoire Botanique National in<br />

Brest, das ja nicht weit entfernt ist, wachsen<br />

sie richtig. Unsere sind wunderschön!<br />

Man hat herausgefunden, dass der Felsen<br />

tagsüber die Wärme speichert und sie<br />

nachts wieder abgibt. In Verbindung mit<br />

dem Golfstromeinfluss, durch den wir im<br />

Sommer nicht viel Feuchtigkeit und im<br />

Winter keinen Frost haben, ergibt dies ein<br />

ideales Mikroklima. »<br />

Man spürt genau, dass die Vegetation<br />

hier absolut prioritär ist, auch auf die<br />

Gefahr hin, dass sie manchmal über den<br />

Besucher dominiert, der sich bei seinem<br />

Spaziergang dann vielleicht bücken muss,<br />

um einem Ast, einer Pflanze auszuweichen<br />

oder um eine besondere Blüte, ein<br />

Gras zu betrachten. Das hat nichts mit<br />

den breiten, gepflegten (manchmal vielleicht<br />

sogar zu sehr gepflegten) Wegen<br />

in anderen Gärten zu tun … Aber gerade<br />

das macht den Charme dieses Gartens<br />

aus, der ganz anders als andere Gärten<br />

ist. « Viele Pflanzen samen von selbst aus,<br />

überall ein bisschen », bestätigt Delphine<br />

Cabanis. « Wir möchten aber bewusst diese<br />

etwas wilde Seite erhalten. »<br />

Und doch sagt man sich beim Anblick<br />

des Gartens: welche Arbeit! Man erkennt<br />

sofort, dass das kleine Team unablässig<br />

arbeitet und weder Anstrengungen noch<br />

den Zeitaufwand scheut. Die Arbeit<br />

wird sorgfältig ausgeführt, man<br />

sieht, dass die Menschen<br />

diesen Ort wirklich in ihr<br />

Herz geschlossen haben.<br />

Der Einsatz chemischer<br />

Produkte kommt nicht<br />

in Frage, zu<br />

groß ist<br />

dafür der Respekt vor den Pflanzen, den<br />

Tieren und den Menschen. Und wie<br />

Delphine Cabanis dann anmerkt, während<br />

wir den Gipfel des Felsens erreichen, von<br />

dem aus man einen wunderbaren Ausblick<br />

auf das Meer hat: « Es ist viel schöner und<br />

sinnvoller, die paar Brennnesseln zwischen<br />

den Pflanzen wachsen zu lassen, damit<br />

sie bestimmte Schmetterlinge anziehen,<br />

die dann die Blumen bestäuben … Einen<br />

‹ grünen Daumen › gibt es auf jeden Fall<br />

nicht. In einem Garten ist alles eine Frage<br />

von Beobachtung und Geduld. Das beweist<br />

uns dieser Garten jeden Tag. »<br />

Vor dem Ausgang hat der Verein eine<br />

kleine Baumschule eingerichtet, in dem<br />

er Pflanzen aus eigener Kultur anbietet.<br />

Abgesehen davon, dass die Preise ausgesprochen<br />

moderat sind, hat man hier die<br />

Gelegenheit, einige Raritäten zu finden,<br />

die in einer klassischen Baumschule eher<br />

selten angeboten werden. Gartenfreunde<br />

wissen das nur zu gut: Sie kommen oft<br />

von weit her, um den Garten zu besichtigen<br />

und einige Pflanzen zu kaufen.<br />

Wir entscheiden uns für eine Tibouchina,<br />

einen Strauch, der die Besonderheit hat,<br />

dass er Frost bis -6° C aushält und von<br />

Oktober bis Februar mit wunderschönen<br />

violetten Blüten übersät ist. Beim Gehen<br />

fragt uns die Frau an der Kasse: « Wo soll<br />

er gepflanzt werden? » Wir erklären ihr,<br />

dass die Pflanze nach Bordeaux reisen<br />

wird, wo ein eher gemäßigtes Meeresklima<br />

herrscht. Die Kassiererin sieht<br />

uns zweifelnd an. « Denken Sie, dass das<br />

keine gute Idee ist? », fragen wir beinahe<br />

beunruhigt. « Doch, doch », antwortet sie<br />

uns. « Aber ich mag diese Pflanzen sehr.<br />

Ich muss sicher sein, dass sie glücklich<br />

sind …» Diese Bemerkung erstaunt uns<br />

durch ihre Offenheit. Offensichtlich sind<br />

in der Bretagne Liebe und Leidenschaft<br />

für Gärten keine leere Worthülse … Wir<br />

bezahlen und gehen mit unserer Pflanze.<br />

Seien Sie beruhigt, der Tibouchina geht<br />

es sehr gut. Sie hat den ganzen Winter<br />

unaufhörlich geblüht. Und trotz ihres<br />

brasilianischen Ursprungs<br />

hat sich mit<br />

ihr ein kleines<br />

Stück Bretagne<br />

in unserem<br />

Garten<br />

breitgemacht!<br />

64 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>

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