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Nr. 62 - Frühling 2017

Drôme: wandern auf den Spuren der Hugenotten Baie de Somme: Die Abbaye de Saint-Riquier Le Havre: 500 Jahre, das will gefeiert werden ! Bretagne: Brest und Roscoff Elsass: Kirrwiller: 520 Einwohner und die drittgrößte Music Hall Frankreichs Chantals Rezept: Poulet fermier basse température à l'ail

Drôme: wandern auf den Spuren der Hugenotten
Baie de Somme: Die Abbaye de Saint-Riquier
Le Havre: 500 Jahre, das will gefeiert werden !
Bretagne: Brest und Roscoff
Elsass: Kirrwiller: 520 Einwohner und die drittgrößte Music Hall Frankreichs
Chantals Rezept: Poulet fermier basse température à l'ail

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UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />

Einige Impressionen aus<br />

dem Jardin exotique et<br />

botanique von Roscoff und<br />

die Gärtnerei, in der man<br />

Pflanzen kaufen kann.<br />

kommt, obwohl sie dafür ihr schweres<br />

Instrument mehrere Hundert Meter<br />

weit tragen muss. Manchmal gibt sie<br />

sogar zur großen Freude der Parkbesucher<br />

improvisierte Konzerte mit<br />

anderen Musikern. Eine Information,<br />

die uns im Übrigen von Stammbesuchern<br />

bestätigt wurde.<br />

Doch der wahre Schatz des Gartens<br />

liegt etwas abseits. Dort muss man für<br />

den Eintritt bezahlen, aber das lohnt sich<br />

allemal. Dieser Schatz ist das Conservatoire<br />

Botanique National de Brest, vor allem<br />

seine Tropengewächshäuser. Sie beherbergen<br />

die dichteste Konzentration vom<br />

Aussterben bedrohter Pflanzen in Frankreich:<br />

Von den mehr als 500 Pflanzen, die<br />

unter den riesigen Glasdächern wachsen,<br />

sind 95 % vom Aussterben bedroht!<br />

Dieser einzigartige Ort zeigt sehr<br />

gut, wie ausgesprochen aufgeschlossen<br />

die Bretonen gegenüber der Welt des<br />

Gartens sind. Frankreich hat zwar mit elf<br />

Einrichtungen auf seinem Territorium, in<br />

denen mehr als 300 Menschen beschäftigt<br />

sind, ein ausgedehntes Netzwerk an<br />

botanischen Konservatorien, doch das in<br />

Brest ist etwas Besonderes unter ihnen:<br />

Es ist das einzige, das im großen Umfang<br />

auf internationaler Ebene agiert, indem es<br />

Projekte zur Erhaltung von Spezies umsetzt,<br />

die vor allem auf Inseln (Madagaskar,<br />

Kanaren, Madeira, Haiti …) bedroht<br />

sind. Manchmal ist eine Pflanzenart<br />

derart in Gefahr und die Dringlichkeit<br />

derart groß, dass die Erhaltung vor Ort<br />

nicht mehr möglich ist. Die Entnahme<br />

und Überführung der Pflanze – oder<br />

zumindest der letzten Samenkörner – in<br />

das Konservatorium in Brest ist oft das<br />

allerletzte Mittel, um zu verhindern, dass<br />

diese Spezies definitiv vom Erdboden verschwindet.<br />

Dafür sind das besondere Klima<br />

in der Bretagne in Verbindung mit der<br />

Organisation der Gewächshäuser im Vallon<br />

du Stang-Alar und dem Know-how<br />

der Mitarbeiter des Konservatoriums ein<br />

wesentlicher Trumpf, was Botaniker auf<br />

der ganzen Welt zu schätzen wissen. Das<br />

hat nicht zuletzt die Erfahrung gezeigt.<br />

Insofern hat man bei einem Besuch<br />

der Gewächshäuser die Gelegenheit, einige<br />

botanische Schätze zu sehen, wie beispielsweise<br />

Cylindrocline lorencei, eine von<br />

der Insel Mauritius stammende Spezies.<br />

Sie war in der freien Natur ausgestorben<br />

und lange Zeit nur<br />

in zwei Gärten auf der ganzen<br />

Welt präsent: hier in Brest und<br />

in England in den berühmten<br />

Londoner Kew Gardens. 1977 hatte<br />

ein Botaniker des Conservatoire Botanique<br />

National de Brest die glorreiche Idee, die<br />

Samen der letzten Pflanzen zu sammeln,<br />

die es noch auf Mauritius gab. Daraufhin<br />

wurden Samenproben an verschiedene<br />

botanische Gärten auf der ganzen Welt<br />

verschickt, doch nirgendwo gelang es, sie<br />

zu kultivieren. Selbst in Brest starben die<br />

wenigen Pflanzen, die gezüchtet werden<br />

konnten, schließlich ab. Das Konservatorium<br />

entschied daraufhin, die verbliebenen<br />

Samen so lange einzufrieren, bis man<br />

neue Lösungsansätze entwickelt hatte,<br />

und dann einen neuen Versuch zu starten.<br />

Dies war schließlich in den 90er-Jahren<br />

der Fall: Durch Isolation und Kultivierung<br />

lebensfähiger Teile von aufgetauten<br />

Samenkörnern in vitro gelang es Wissenschaftlern<br />

des Konservatoriums, ganze<br />

Pflanzen zu regenerieren. Heute kann<br />

man die über zwei Meter großen Exemplare<br />

in den Gewächshäusern bestaunen.<br />

Ein toller Erfolg! Dies gilt umso mehr, als<br />

dass 2012 ein Programm zur Wiedereinführung<br />

auf der Insel Mauritius begonnen<br />

werden konnte.<br />

Über solche einmaligen Exemplare<br />

hinaus besitzt das botanische Konservatorium<br />

von Brest aber eine Besonderheit, die<br />

für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist.<br />

Wir hatten jedoch das Privileg, Zutritt zu<br />

bekommen, um einige Fotos zu machen.<br />

Jeder, der diese abgelegenen Räume betritt,<br />

könnte denken, vor « normalen »<br />

Tiefkühlschränken zu stehen. Das ist<br />

nicht ganz unrichtig. Doch genau genommen<br />

steht man vor einer der weltgrößten<br />

Samenbanken bedrohter Pflanzenarten:<br />

4 Tiefkühlschränke beherbergen sorgsam<br />

bei -18° C mehr als 5000 Lots mit Samen,<br />

die hier seit 1976 eingelagert werden. 350<br />

Spezies darunter sind quasi kurz vor dem<br />

Aussterben. Jedes Lot kann, je nach Größe,<br />

bis zu mehrere Zehntausend Körner<br />

enthalten …<br />

60 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>

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