Nr. 62 - Frühling 2017
Drôme: wandern auf den Spuren der Hugenotten Baie de Somme: Die Abbaye de Saint-Riquier Le Havre: 500 Jahre, das will gefeiert werden ! Bretagne: Brest und Roscoff Elsass: Kirrwiller: 520 Einwohner und die drittgrößte Music Hall Frankreichs Chantals Rezept: Poulet fermier basse température à l'ail
Drôme: wandern auf den Spuren der Hugenotten
Baie de Somme: Die Abbaye de Saint-Riquier
Le Havre: 500 Jahre, das will gefeiert werden !
Bretagne: Brest und Roscoff
Elsass: Kirrwiller: 520 Einwohner und die drittgrößte Music Hall Frankreichs
Chantals Rezept: Poulet fermier basse température à l'ail
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France<br />
Ein Lesetipp,<br />
um noch tiefer<br />
einzusteigen<br />
Für alle diejenigen, die (auf<br />
Französisch) noch tiefer in die<br />
Geschichte von Nithard und die<br />
Entdeckung der französischen<br />
Sprache eintauchen möchten, hat der Schriftsteller<br />
Pascal Quignard kürzlich einen Roman mit dem Titel Les<br />
Larmes veröffentlicht. Dieser ist gespickt mit historischen<br />
und legendären Fakten und zeichnet die Geschichte von<br />
Nithard und seinem Zwillingsbruder Hartnid nach. Die<br />
beiden Vornamen sind ihr gegenseitiges Anagramm, da<br />
Zwillinge in der damaligen Zeit Namen tragen mussten, die<br />
jeweils an den anderen erinnern. Der Gedankengang des<br />
Autors ist zwar manchmal nur schwer nachzuvollziehen, er<br />
beschreibt jedoch die Ereignisse mit so großer Präzision, dass<br />
man das Gefühl hat, den Serments de Strasbourg persönlich<br />
beizuwohnen: « Es war an einem Freitag, dem 14. Februar<br />
842, es schneite …» Welch ein Glücksfall, auf diese Weise die<br />
Geburt einer Sprache präzise bestimmen zu können!<br />
Pascal Quignard, Les Larmes,<br />
Éditions Grasset, ISBN 978-2246861799<br />
beiden Söhne Angilberts, Nithard (800-ca. 844/45 oder<br />
858/59), wurde seinerseits Laienabt von Saint-Riquier,<br />
der Abtei, die sein Vater so verherrlicht hatte. Er sollte<br />
ebenfalls auf bedeutende Art das Schicksal dieser außergewöhnlichen<br />
Abtei prägen …<br />
Hier ruht Nithard, der erste französische Schriftsteller<br />
Wie sein Vater gehörte Nithard einer gewissen karolingischen<br />
Elite an, die der Macht sehr nahestand. Das<br />
hatte seinen Grund, denn er war am Hof in Aachen aufgewachsen<br />
und hatte drei Könige als Cousins: Lothar I.<br />
(840-855), Ludwig der Deutsche (808-876) und Karl der<br />
Kahle (823-877). Er kannte den Hof also gut. Doch vor<br />
allem seine Arbeit als Schriftsteller ist in diesem Zusammenhang<br />
ganz besonders interessant. Da König Karl der<br />
Kahle die Vorliebe Nithards für das Schreiben kannte<br />
und ihm voll und ganz vertraute, übertrug er ihm 841 die<br />
Aufgabe, die « Ereignisse (seiner) Zeit » schriftlich niederzulegen.<br />
Nithard wurde damit zum zuverlässigen Zeugen<br />
seiner Epoche und schrieb ein wichtiges Werk: Historiae.<br />
Damit hätte sein Beitrag zur Literatur enden können.<br />
Dass dem nicht so war, ist seinem ganz besonderen Wagemut<br />
zu verdanken: 842 brach er nämlich beim Schreiben<br />
eines seiner Texte – Les Serments de Strasbourg (Die Straßburger<br />
Eide) – mit dem bislang üblichen Usus, ausschließlich<br />
in lateinischer Sprache zu schreiben. Ganz bewusst,<br />
wie beim Stein von Rosette, schrieb beziehungsweise<br />
42 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>